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Veröffentlicht am 27.02.2021

"Zeit, Ebbe und Flut wartet auf niemand." (Sprichwort)

Die vier Gezeiten
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2008 Insel Juist. Dr. Eduard Kießling soll aufgrund seiner besonderen Verdienste für die Insel im familieneigenen Hotel „de Tiden“ das Bundesverdienstkreuz verliehen werden. Kurz vor der Verleihung erhält ...

2008 Insel Juist. Dr. Eduard Kießling soll aufgrund seiner besonderen Verdienste für die Insel im familieneigenen Hotel „de Tiden“ das Bundesverdienstkreuz verliehen werden. Kurz vor der Verleihung erhält Familie Kießling unerwarteten Besuch in Form der jungen Neuseeländerin Helen, die auf der Such nach ihrer Mutter und das Ebenbild von Eduards Frau Adda ist. Während sich Eduard, Schwiegermutter Johanne, Ehefrau Adda und die Töchter Marijke, Frauke und Theda sich vom ersten Schock erholen, wird insgeheim auch gerätselt, wer wohl die Mutter von Helen ist…
Anne Prettin hat mit „Die vier Gezeiten“ einen unterhaltsamen und spannenden Familienroman vorgelegt, der vor historischem Hintergrund so manches Geheimnis in sich birgt. Der flüssige, bildgewaltige und gefühlvolle Schreibstil reißt den Leser von Beginn an mit und lässt ihn durch einen Tagebucheintrag von Wanda aus dem Jahr 1978 schon einen spannenden Einstieg erleben, der Rätsel aufgibt. Die Geschichte springt im Wechsel mit der Gegenwart 2008 immer wieder in der Zeit zurück, so dass der Leser im Wechsel schicksalshafte Momente der Protagonistinnen Johanne, Adda und Helen ab dem Jahr 1934 hautnah miterleben darf. Deren Lebensgeschichten zeigen nach und nach einige Parallelen auf, doch ihre geheimen Wünsche drehen sich alle um die Sehnsucht nach Liebe, und Glück, aber vor allem um das eigene Seelenheil. Das Leben spielt sich hauptsächlich auf der Insel Juist, aber auch in Dresden während des Zweiten Weltkrieges ab. Die Autorin bringt so manches Thema aufs Tablett, denn es geht nicht nur um Judenverfolgung, Dresdens Bombardierung und DDR-Flucht, Demenz, ungewollte Schwangerschaft, sondern auch um die sich verändernde Rolle der Frau über die Jahrzehnte. Die Handlung wird sehr stimmungsvoll umrahmt von den malerischen Beschreibungen der kleinen Nordseeinsel, die für den Leser das Meeresrauschen und die Windböen, aber auch die Gezeiten sowie die Inselgemeinschaft miterlebbar machen. Der Spannungsbogen schraubt sich während der Geschichte immer weiter in die Höhe, um am Ende in einem wahren Showdown zu enden.
Facettenreiche, lebendig Charaktere mit differenziert geschaffenen menschlichen Ecken und Kanten können den Leser von Anfang an glaubhaft überzeugen, der sich im „de Tiden“ einnistet und dort den Erinnerungen lauscht und in der Gegenwart mitfiebert. Johanne ist eine Frau ihrer Generation, hart, unbeugsam und nach vielen Schicksalsschlägen vor allem auf Status bedacht. Sie trägt eine Maske, die sich erst nach und nach von ihr löst. Adda war eine hoffnungsvolle Frau, bis sie von ihrer Mutter in die Enge getrieben wurde und ihr eigenes Glück aufgab. Eduard ist ein arroganter Gockel, dessen Welt sich hauptsächlich um ihn dreht und der ständig betüddelt und angebetet werden will. Marijke ist selbstbewusst, weltoffen und freundlich, geht ihren ganz eigenen Weg. Helen ist auf der Suche nach ihren Wurzeln und bringt bei den Kießlings so manchen Stein ins Rollen. Addas bester Freund Onno ist eine Seele von Mensch, der Freundschaft wirklich lebt, jedoch machtlos zusehen muss, wie er das Liebste verliert. Aber auch Joost, Gustav, Wilhelm, Wanda, Frauke und Theda haben ihren festen Platz in dieser fesselnden Geschichte.
„Die vier Gezeiten“ besticht mit einer packenden Familiengeschichte, die gespickt ist mit vielen Geheimnissen, die sich nach und nach dramatisch an die Oberfläche drängen. Ein Buch wie die Gezeiten selbst – voller Höhen und Tiefen, die der Leser hautnah mitdurchlebt. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 27.02.2021

"Kriegsschauplatz" Savoy

Das Savoy - Geheimnisse einer Familie
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1940 London. Die 33-jährige Violet Mason hat vor einigen Jahren von ihrem Großvater Sir Laurence Wilder die Führung des Nobelhotels „Savoy“ übernommen. Da inzwischen der Zweite Weltkrieg wütet und der ...

1940 London. Die 33-jährige Violet Mason hat vor einigen Jahren von ihrem Großvater Sir Laurence Wilder die Führung des Nobelhotels „Savoy“ übernommen. Da inzwischen der Zweite Weltkrieg wütet und der britische Geheimnis im Hotelkeller Quartier bezogen hat, ist auch Violet gezwungen, alle Kräfte aufzubieten, um die luxuriösen Wünsche ihrer internationalen Klientel weiterhin zu befriedigen, was ihr zunehmend schwerer fällt. Auch ihr momentaner Gesundheitszustand macht ihr zu schaffen, denn sie hat sich von ihrem alten BBC-Chef Max, einem verheirateten Mann schwängern lassen, dessen Frau im Buckingham Palace ein und ausgeht. Die Lage wird noch brenzliger, als sich ausgerechnet der britische König George VI seinen Besuch im Savoy ankündigt, und das Hotel offenbar auf der Liste der zu befeuernden Ziele für die deutschen Luftangriffe steht…
Maxim Wahl hat mit „Geheimnisse einer Familie“ den dritten Band seiner historischen Serie rund um die Londoner Luxusherberge „Savoy“ vorgelegt. Durch den flüssigen und bildhaften Erzählstil checked der Leser schnell wieder im traditionsreichen Nobelhotel ein, um dort die Zeit während des Zweiten Weltkrieges mitzuerleben und Violet sowie die Angestellten bei dem Bestreben zu beobachten, das Hotel in diesen unruhigen Zeiten auf Kurs zu halten. Farbenfroh wandelt man in der opulent gestalteten Lobby umher, sieht den Gästen bei An- und Abreise zu, während man ihre Garderobe mustert. Die Handgriffe der Bediensteten, um es den Besuchern so angenehm wie möglich zu machen, sind vielfältig und werden fast unsichtbar erledigt. Selbstbewusst und engagiert setzt sich Violet über die damaligen Konventionen hinweg und stellt für die Position des Chefbutlers sogar eine Frau ein. Die Beschaffung von Gütern wie Seife, Blumenschmuck und besondere Lebensmittel glich einer Mammutaufgabe und zwingt auch Violet bisweilen in die Knie. Der britische Geheimdienst hat einen Stützpunkt im Keller eingerichtet, um von dort auch die Gästezimmer abzuhören, damit ihnen keinerlei Information den Krieg betreffend entgeht. Der Autor verwebt die damalige politische Lage mit der Geschichte des Hotels und erschafft damit einige Spannungsmomente.
Gut ausgestaltete Charaktere mit glaubwürdigen menschlichen Eigenheiten können den Leser schnell überzeugen, der sich ihnen gern anschließt, um ihr Schicksal mitzuverfolgen. Violet ist engagiert, selbstbewusst und hat nicht das Wohlgefühl der Gäste auf ihrer Prioritätenliste, sondern auch ein Auge auf ihr Personal. Innerlich allerdings fühlt sie sich verzweifelt und in einer aussichtslosen Lage. Kränklich und zudem schwanger, ohne öffentlich einen Vater präsentieren zu können, was zur damaligen Zeit ihren Ruf empfindlich beschädigen kann, weiß sie sich kaum einen Rat und muss doch nach außen stark sein.
Mit „Geheimnisse einer Familie“ öffnen sich zum dritten Mal die Pforten des noblen Londoner Savoy-Hotels und unterhält mit historischem Hintergrund, einiger Dramatik sowie illustren Gästen. Kurzweiliges Lesevergnügen mit verdienter Empfehlung!

Veröffentlicht am 20.02.2021

Unruhige politische Zeiten in Hamburg

Große Elbstraße 7 – Liebe in dunkler Zeit
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1934-1945 Hamburg. Die Villa in der Elbstraße ist noch immer das Zuhause von Dr. Viktoria zur Haiden, wenn auch ihr Elternhaus inzwischen ziemlich abgewohnt ist. Aufgrund einer Erkrankung musste sie ihre ...

1934-1945 Hamburg. Die Villa in der Elbstraße ist noch immer das Zuhause von Dr. Viktoria zur Haiden, wenn auch ihr Elternhaus inzwischen ziemlich abgewohnt ist. Aufgrund einer Erkrankung musste sie ihre Anstellung im Eppendorfer Krankenhaus niederlegen, was ihr sehr zu schaffen macht, da sie zusätzlich noch um ihren Mann trauert. Da kommt der Besuch ihres Bruders Benno gerade recht, der in New York als Maler lebt und seine Tochter Florence mitbringt, die ebenfalls ausgebildete Ärztin ist. Gemeinsam mit Viktoria wollen sie der alten Villa zu neuem Glanz verhelfen und engagieren mit dem jüdischen Architekten Aron einen Fachmann. Florence hat schon bald ihr Herz an den jungen Mann verloren. Doch auch in Hamburg weht bereits der hasserfüllte braune Parolenwind der Nazis durch die Straßen und vernebelt die Köpfe der Menschen…
Wolf Serno hat mit „Liebe in dunkler Zeit“ den Folgeband über die Villa in der „Große Elbstraße 7“ vorgelegt. Der flüssige und bildhafte Erzählstil führt den Leser auch diesmal in das historische Hamburg, wo ihm Einlass in das Leben der Arztfamilie zur Haiden gewährt wird. Viktoria hat in den letzten Jahren als praktizierende Ärztin gearbeitet, ist jedoch nun erkrankt und zudem in Trauer. Nach langem Auslandsaufenthalt stattet ihr Bruder Benno in Begleitung seiner inzwischen erwachsenen Tochter Florence seiner Heimatstadt einen Besuch ab und zieht bei Viktoria in die Familienvilla ein. Doch Hamburg hat sich verändert, die judenfeindliche Politik der immer mehr an Einfluss gewinnenden Nazis wabert durch die Straßen und findet immer mehr Anhänger. Viktoria, Benno und Florence allerdings pflegen lieber Kontakt zu manch skurrilem Einwohner, der den Nazis aufgrund seiner Andersartigkeit und seiner Ansichten ein Dorn im Auge ist. Die bildhaften Beschreibungen erlauben dem Leser eine Zeitreise in die Vergangenheit, um sich in der St. Pauli-Kneipe „Tor zur Hölle“ unters Volk zu mischen und diesem bei ihrem Treiben zuzuschauen sowie ihre Ansichten aufzusaugen. Der Autor verbindet gekonnt wahre Ereignisse mit seiner fiktiven Erzählung und stellt die politische sowie gesellschaftliche Lage Hamburgs gut dar.
Die Charaktere sind glaubhaft skizziert und mit menschlichen Ecken und Kanten ausgestattet. Auf den Leser wirken sie lebendig und authentisch, so dass er sich gern unter sie mischt, um die Ereignisse hautnah mitzuerleben. Viktoria ist eine offene und selbstbewusste Frau, die immer Stärke und Mut bewiesen hat. Doch ihre Erkrankung zwingt sie, sich zurückzunehmen. Auch der Verlust ihres Ehemannes hängt ihr nach und lässt sie manchmal verzweifelt und kraftlos wirken. Benno hat seinen Wunsch, Maler zu werden, verwirklicht. War er früher noch ein Träumer, so wirkt er nun rundum zufrieden, optimistisch und ist zudem ein stolzer, liebevoller Vater. Florence hat gerade erst ihr Studium zur Ärztin beendet und findet in Aron ihre erste große Liebe. Kneipenwirt Willi Höller bietet als Brummbär vielen Kitzbewohnern einen sicheren und vor allem urigen Hafen, wo das Miteinander oberstes Gebot ist und gepflegt wird. Aron ist ein talentierter Architekt, der allerdings aufgrund seines religiösen Hintergrunds bald ins Visier der Nazis geraten könnte.
„Liebe in dunkler Zeit“ überzeugt neben einem guten recherchierten historischen Hintergrund vor allem mit einer Familiengeschichte, die in politisch brisanten und unruhigen Zeiten zusammensteht. Für die farbenprächtige und unterhaltsame Geschichte gibt es eine verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 20.02.2021

Aufbruch in eine neue Zeit

Saale Premium - Der Himmel über dem Weinschloss (Die Weinschloss-Saga 3)
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1945. Nach dem Krieg ziehen auf dem im russischen Sektor liegenden Weingut- dunkle Wolken auf, denn Hedda und ihre Tochter Elisabeth dürfen zwar weiterhin im Schloss wohnen, doch aufgrund der Enteignung ...

1945. Nach dem Krieg ziehen auf dem im russischen Sektor liegenden Weingut- dunkle Wolken auf, denn Hedda und ihre Tochter Elisabeth dürfen zwar weiterhin im Schloss wohnen, doch aufgrund der Enteignung gehört ihnen nichts mehr, ebenso wie den inzwischen dort einquartierten Flüchtlingen. Hedda bangt immer noch um Ehemann Hanno und Sohn Franz, von denen sie bisher kein Lebenszeichen hat. Elisabeth wird die Leitung des enteigneten Weingutes übertragen, doch ihre Ehe mit dem Pfarrer ist dem neuen Regime ein Dorn im Auge. Während Hedda sowie Elisabeth in der neugegründeten DDR sowohl Einschränkungen als auch Beobachtungen durch die Staatssicherheit ausgesetzt sind und mit der Trennung von ihren Lieben leben müssen, arbeitet Franz in rheinischen Ingelheim auf seinem eigenen Weingut. Erst 1989, als sich endlich die Grenzen öffnen, kann sich auch die Familie wieder in die Arme schließen…
Paula Seifert hat mit „Saale Premium – Der Himmel über dem Weinschloss“ den Abschlussband ihrer historischen Weinschloss-Trilogie vorgelegt, in dem sie erneut viele Ereignisse deutscher Geschichte miteinfließen lässt und ihre Auswirkungen anhand ihrer Familiengeschichte aufzeigt. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlsbetonte Erzählstil führt den Leser auf eine Zeitreise in die Vergangenheit, wo er auf einem heruntergekommenen Weingut einzieht, wo Hedda und Elisabeth alle Hände voll zu tun haben, ihren Familiensitz und damit ihr Auskommen zu sichern. Die neuen Befehlshaber haben sich nicht nur ihren Besitz angeeignet, sie sind gezwungen, mit vielen Flüchtlingen auf dem Gut zusammenzuleben. Die Gründung der DDR hatte für viele Menschen weitreichende Folgen, nicht nur in punkto Eigentum, sie wurden kontrolliert, beobachtet und drangsaliert. Das Misstrauen gegenüber dem Nächsten war groß, denn man konnte sich seiner Freunde nicht mehr sicher sein. Auch die Trennung von Familienmitgliedern ist ein Thema in diesem Buch. Viele konnten sich jahrelang nicht sehen, und auch diese Kontakte wurden argwöhnisch beäugt und nachverfolgt. Die bildhaften Beschreibungen der Autorin von Land und Leuten gibt dem Leser einen guten Eindruck über ihre damalige Lage und weckt Mitgefühl, denn alles wird mit einem leicht melancholischen Unterton erzählt.
Glaubwürdig gezeichnete Charaktere mit menschlichen Ecken und Kanten machen es dem Leser leicht, sich ihnen anzunähern und ihr Schicksal mit ihnen zu teilen. Hedda ist eine liebenswerte und starke Frau, die schon so manchen Schrecken durchgestanden hat. Die Enteignung ihres Familiensitzes versetzt ihr einen schweren Schlag. Doch sie lässt sich nicht hängen und weiter gemeinsam mit Tochter Elisabeth. Elisabeth ist eine Frau, die sich viel aus der Meinung anderer macht, so auch nicht bei der Wahl ihres Ehemannes, obwohl es sie und die Familie immer wieder in den Fokus der Oberen rücken lässt. Franz hat im Westen mit viel Fleiß sein Glück gemacht und ist Herr über ein eigenes Weingut. Die Trennung von der Familie ist auch für ihn nicht leicht. Ebenso spielt Thomas Hirsch eine Rolle in dieser Geschichte.
„Saale Premium – Der Himmel über dem Weinschloss“ ist ein würdiger Abschluss der Weingut-Trilogie. Wer sich für deutsche Geschichte interessiert, wird an dieser Romanreihe seine Freude haben, denn die Autorin hat ein talentiertes Händchen bewiesen, ihre fiktive Familiengeschichte mit authentischem Hintergrund zu versehen. Unterhaltsame Lesestunden, die eine verdiente Empfehlung verdienen.

Veröffentlicht am 19.02.2021

"Gleichheit ist die Seele der Freundschaft." (Aristoteles)

Goldener Mohn
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1894 Amerika. Als ihre ehemalige afroamerikanische Amme Mattie im Sterben liegt, möchte Lisbeth ihre engste Vertraute aus der Kindheit noch einem sehen. So macht sie sich mit Tochter Sadie auf den Weg ...

1894 Amerika. Als ihre ehemalige afroamerikanische Amme Mattie im Sterben liegt, möchte Lisbeth ihre engste Vertraute aus der Kindheit noch einem sehen. So macht sie sich mit Tochter Sadie auf den Weg nach Chicago, wo sie neben Mattie auch auf deren Tochter Jordan und Enkelin Naomi treffen. Nach Matties Tod siedelt Jordan mit Tochter Naomi nach Oakland über in die greifbare Nähe zu Lisbeth Sadie und deren Familie. Jordan und Sadie fühlen sich eng verbunden und schon bald kämpfen sie Seite an Seite in einer Frauenbewegung gegen Rassen- und Klassenunterschiede, wobei Sadie immer mehr in Gefahr gerät…
Laila Ibrahim hat mit „Goldener Mohn“ die Fortsetzung von „Gelber Krokus“ und „Eine Handvoll Senfkörner“ vorgelegt, der die Geschichte von Lisbeth, ihrer Familie und Verbundenen fortsetzt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Schreibstil lädt den Leser zu einer Zeitreise ans Ende des 19. Jahrhunderts ein, um in einem Amerika zu landen, in dem die afroamerikanische Bevölkerung immer noch unterdrückt wird und die Weißen sich überlegen fühlen, obwohl die amerikanischen Bürgerrechte für alle gelten und in der Verfassung festgeschrieben sind. An der Seite der hellhäutigen Lisbeth erlebt der Leser die tiefe Verbundenheit und Liebe zu ihrer dunkelhäutigen Amme. Für Lisbeth macht die Hautfarbe keinen Unterschied, es ist fast so, als würde sie diese gar nicht sehen. Diesen Wesenszug hat sie auch auf ihre Tochter Sadie übertragen, die sich sofort mit Matties Tochter Jordan anfreundet und deren Beziehung sich schnell recht innig entwickelt, so wie es ihre Mütter vorlebten. Das Engagement der beiden Frauen in der Frauenbewegung ist nicht nur Sadies Ehemann ein Dorn im Auge, was Sadie aber nicht davon abhält, sich weiter einzubringen. Ibrahim beschreibt mit viel Gefühl und Empathie die Freundschaft zwischen Jordan und Sadie, lässt sich aber auch deutlich über die damals herrschenden Zustände in der Bevölkerung und die Benachteiligung von Frauen aus, die sie gut recherchiert hat.
Die Charaktere sind liebevoll und facettenreich skizziert, authentische menschliche Eigenheiten machen sie für den Leser glaubwürdig, der sich gern an ihre Fersen heftet, um ihr Schicksal eine Weile zu begleiten. Lisbeth ist eine warmherzige und fürsorgliche Frau, die sich nicht um Hautfarben schert, sondern ihre innige Freundschaft lebt. Ihre lange enge Vertraute Mattie ist ebenfalls eine Frau, die man so schnell nicht vergisst, ausgestattet mit einem großen Herzen und viel Liebe für diejenigen, die ihr anvertraut waren. Sadie ist ihrer Mutter Lisbeth sehr ähnlich, sie ist eine Kämpferin. Jordan ähnelt ihrer Mutter Mattie ebenfalls, sie setzt sich mit Sadie für Gleichheit und Gerechtigkeit, vor allem aber für die Gleichstellung von Frauen gegenüber Männern ein.
„Goldener Mohn“ unterhält mit einer gefühlvollen und gleichsam spannenden historischen Geschichte über eine Freundschaft, die sich über Rassenunterschiede hinwegsetzt und für die Abschaffung jener kämpft. Ein Tipp für jeden Interessenten: erst die Vorgängerbände lesen! Verdiente Empfehlung!