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Veröffentlicht am 12.05.2021

Morde in der Provence

Verhängnisvolles Lavandou (Ein-Leon-Ritter-Krimi 7)
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Das Cover dieses Kriminalromans von Remy Eyssen verbreitet Urlaubsstimmung und lässt vor dem inneren Auge des Lesers diese wunderschöne Landschaft entstehen. Das wird unterstützt durch die exakten Landschaftsbeschreibungen, ...

Das Cover dieses Kriminalromans von Remy Eyssen verbreitet Urlaubsstimmung und lässt vor dem inneren Auge des Lesers diese wunderschöne Landschaft entstehen. Das wird unterstützt durch die exakten Landschaftsbeschreibungen, sodass man sofort in dieses Idyll eintauchen möchte. Aber leider steht all das in krassem Gegensatz zu den grauenvollen Funden. Zunächst wird die Leiche eines etwa zehnjährigen Jungen, bekleidet mit einem Mädchenkleid und stark geschminkt, in einem Plastiksack am Strand entdeckt. Kurz darauf geschehen sehr brutale Morde an angesehenen Bürgern dieser Gegend. Und es kommt noch schlimmer: 3 weitere, ältere, Kinderleichen werden entdeckt! Hängt alles mit dem Tod eines Kindes vor 20 Jahren zusammen? Der sympathische Rechtsmediziner, Dr. Leon Ritter, hat seine eigenen akribischen Recherchemethoden und gerät dadurch ständig mit dem Polizeichef Zerna in Konflikt. Dieser ist äußerst arrogant und autoritätshörig. Eyssen hat nicht nur diese Charaktere lebendig und detailliert beschrieben. Hinzu kommen der übereifrige und vorurteilsbehaftete Polizist, Masclau, sowie die alteingesessenen Kunden des Bistros, die Lokalkolorit verbreiten und dem Rechtsmediziner auf subtile Weise versuchen, Einzelheiten zu den Kriminalfällen zu entlocken. Ihr Verhalten lässt einen oft schmunzeln und steht im krassen Gegensatz zu den blutrünstigen Mordfällen. Ritters Lebensgefährtin, die stellvertretende Polizeichefin, Isabel Morell, bildet mit ihrer 17-jährigen Tochter Lilou, den familiären Rahmen für den stillen und ruhigen Pathologen und gibt ihm Rückhalt und Kraft für seine riskanten Vorgehensweisen. Privatleben und Polizeiarbeit stehen dabei in einem ausgewogenen Verhältnis. Die Kapitel sind recht kurz und ermöglichen eine rasante Leseweise. Der Spannungsbogen wird im Prolog angeheizt, bleibt durch viele Verwicklungen, Ungereimtheiten und eine oft geheimnisvolle Atmosphäre durchgängig erhalten und nimmt gegen Ende äußerst lebendig an Fahrt auf. Alles wird in einem sehr flüssigen und angenehm zu lesenden Schreibstil präsentiert. Dieser atmosphärische Krimi ist etwas Besonderes und hat mir äußerst gut gefallen. Die Vorgängerbände muss ich unbedingt auch lesen!

Veröffentlicht am 07.03.2021

Berlin, Zufluchtsort

Nächstes Jahr in Berlin
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Die Siegessäule auf dem Cover impliziert bildgewaltig die große Bedeutung Berlins während der Nazizeit, denn für viele Heimatvertriebene war die Hauptstadt gewissermaßen ein “Leuchtfeuer in der Dunkelheit”, ...

Die Siegessäule auf dem Cover impliziert bildgewaltig die große Bedeutung Berlins während der Nazizeit, denn für viele Heimatvertriebene war die Hauptstadt gewissermaßen ein “Leuchtfeuer in der Dunkelheit”, ein Zufluchtsort.
Da es Verwandten von mir ähnlich ergangen ist wie der Protagonistin, nämlich Flucht und Orientierungslosigkeit während der Nachkriegszeit, so ist der Realitätsgehalt des Werkes für mich sehr präsent, was sicherlich bei vielen Lesern der Fall ist, deren Angehörige oder sie selbst diese furchtbare Zeit der Verschleppungen, Vergewaltigungen, Morde, Hunger und Angst durchlebt haben.
Nach dem Tode der Mutter erzählt die Autorin, was sie von der Lebensgeschichte ihrer Mutter Rose weiß. In der Idylle der ostpreußischen Landschaft aufgewachsen, muss sie kurz vor Kriegsende fliehen, denn die Russen “stehen vor der Tür”. Sie flieht nach Schwaben, heiratet, bekommt eine Tochter, ist jedoch ständig depressiv und verbittert, denn sie trauert ihrer alten Heimat nach. Deshalb kann sie kein fröhlicher, ausgeglichener Mensch sein. Ihre Erfahrungen haben sich stark auf das Verhältnis zu ihrer Tochter ausgewirkt, das durch Emotionslosigkeit und Distanziertheit geprägt ist. Nach dem Tod der Mutter nimmt in die Autorin, Astrid Seeberger, dieses Ereignis zum Anlass, das Verhältnis zu ihrer Mutter aufzuarbeiten. Sie erfährt viel bisher Ungesagtes über ihre Mutter, und somit schafft sie Verständnis für deren Verhalten, was auch bei dem Leser eintritt, denn dieser Charakter wurde brillant beschrieben.
Erzähltechnisch finden viele Sprünge und wechselnde Settings statt, die dem Leser einiges an Konzentration abverlangen. Die Buchthematik wurde gut umgesetzt. Der Erzählstil ist oft sehr metaphorisch und einfühlsam, aber auch kalt und distanziert. Hier finden wir kurze, abgehackte Sätze neben anspruchsvollen Konstruktionen, was den Seelenzustand und das Mutter - Tochter Verhältnis gut herausarbeitet.
Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen, zumal auch ich innerhalb meiner Familiengeschichte bisher Verschwiegenes in meine Vita integrieren konnte.

Veröffentlicht am 27.02.2021

Raketen für Ägypten

Die Experten
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In den 60er Jahren möchte Präsident Nasser Ägypten die Vormachtstellung sichern. Er kurbelt die Raketen- und Flugzeugproduktion an, um die Aufrüstung gegen Israel voranzutreiben. Ägypten, eine ehemalige ...

In den 60er Jahren möchte Präsident Nasser Ägypten die Vormachtstellung sichern. Er kurbelt die Raketen- und Flugzeugproduktion an, um die Aufrüstung gegen Israel voranzutreiben. Ägypten, eine ehemalige britische Kolonie, soll technische Dinge in Zukunft selbst produzieren, deshalb werden viele westliche Experten ins Land geholt. Hier setzt die Familiengeschichte der Hellbergs an. Einer von diesen “Experten” ist der Flugzeugingenieur Hellberg, der mit seiner Familie aus finanziellen Gründen übersiedelt. Seiner sechzehnjährigen Tochter Rita verschafft er eine Stelle als Sekretärin bei der Raketenproduktion. Sie gerät ins Fadenkreuz verschiedener Geheimdienste und muss erkennen, dass Anschläge, Bomben, Misstrauen und Feindseligkeiten überhandnehmen! Wie in etlichen Romanen darf auch hier eine Liebesgeschichte nicht fehlen, denn Rita hat ein Verhältnis mit einem ägyptischen Ingenieur. Ab 1968, die Zeit der Studentenrevolte unter anderem in Deutschland, kommt es vermehrt zu Konflikten mit Israel. Dadurch wird die Situation für die Deutschen in Ägypten immer brenzliger. Für welche Seite wird sich Rita entscheiden?
Wir haben viele Spannungselemente, jedoch würde ich das Werk nicht als klassischen Thriller bezeichnen. Besonders frappierend empfand ich das Briefbombenattentat, als, in Ritas Beisein, die Kollegin erblindet und schwer verletzt wird.
Die Handlung wird in einem realhistorischen Hintergrund integriert. Bei dem Auftauchen wichtiger Persönlichkeiten wird oft zurückgegriffen auf deren Vergangenheit, zum Beispiel während des Naziregimes, wobei deutlich gemacht wird, dass etliche Nazigrößen im privaten wie im politisch/wirtschaftlichen Bereich in der neuen Bundesrepublik sowie im Ausland wieder sehr erfolgreich, da protegiert, tätig werden können.
Auch lässt uns die Autorin ihre Protagonisten und Protagonistinnen an deren direkten Assoziationen, auch in Form von Vor- und Rückblenden, teilhaben, die den Erzählstrang unterbrechen, dem Leser Konzentration abverlangen, aber den Zweck haben, die Erzählung nicht komplett linear, also eventuell eintönig, werden zu lassen. Es ist ferner interessant, dass Merle Kröger Geheimdienstberichte, Zeitungsausschnitte und Briefe, die sehr sorgfältig recherchiert sind (siehe auch das sehr detaillierte Quellenverzeichnis) in die Erzählung einfließen lässt.
Die Lektüre dieses Werkes hat mich sehr bereichert, denn die Geschichte der 60er Jahre war mir nicht mehr sehr präsent. Besonders neu war mir die Verflechtung ehemaliger Nazigrößen in vielen Bereichen.

Veröffentlicht am 07.02.2021

Mysteriöse Machenschaften in Windsor

Das Windsor-Komplott
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S. J. Bennet liefert uns eine Krimikomödie rund um die Queen und ihren Hofstaat. Dabei ist, zu einem besseren Verständnis, eine gewisse Grundkenntnis über die englische Kultur und das Königshaus sehr ...

S. J. Bennet liefert uns eine Krimikomödie rund um die Queen und ihren Hofstaat. Dabei ist, zu einem besseren Verständnis, eine gewisse Grundkenntnis über die englische Kultur und das Königshaus sehr hilfreich. Der Plot ist ein heimtückischer Mord an einem russischen Pianisten, der als Selbstmord getarnt ist. Und all das nach einer Feier in Windsor Castle, unter den Augen des ausgeklügelten Sicherheitssystems!
Die Queen ist “ not amused” und beschließt, wie seit ihrer Jugend, Im Geheimen die Ermittlungen in die Hand zu nehmen, denn sie misstraut den Fähigkeiten des MI5 Direktors, der sie wie eine alte Dame behandelt und alle Fakten in Euphemismen verpackt, um sie nicht aufzuregen und zu schockieren.
Aber die Queen ist mit über 90 Jahren noch äußerst scharfsinnig, jedoch lässt sie das ihren Hofstaat nicht unbedingt merken. Obwohl in ihrem Leben Corgies und Pferde eine große Rolle zu spielen scheinen, ist sie durchaus in der Lage, ihre Geschäfte in vollem Umfang zu erledigen.
Die Autorin liefert uns einen differenzierten Schreibstil, der die einzelnen Figuren ihrer Funktion entsprechend auftreten und sprechen lässt.
Dabei kommt ihr Gemahl, Prinz Philipp besonders lustig rüber, denn er flucht gerne und sagt, wohl als Einziger, der Queen die unverblümte Wahrheit.
Rozie, die stellvertretende Privatsekretärin der Queen, entspricht sogar nicht dem Image eines Höflings. Sie hat nigerianische Wurzeln, hat beim britischen Militär gedient und in einer Bank gearbeitet. Da sie Nahkampf erprobt ist, und sich aus “kleinen Verhältnissen” hochgearbeitet hat, kann sich die Queen ihrer unbedingten Loyalität sicher sein, und sie quasi als Undercoverdetektivin einsetzen. Natürlich darf ihr Vorgesetzter nichts davon erfahren. So wird sie von der Queen zu gefährlichen und “delikaten” Missionen geschickt, damit die Queen im Hintergrund die Fäden ziehen kann und den Fall aufklärt, denn die Polizei und der Inlandsgeheimdienst verfolgen eine falsche Fährte. Die Queen spielt diesen Personen jedoch geschickt die von ihr herausgefundenen Informationen zu, so dass die Ermittler tatsächlich glauben, sie hätten den komplizierten Fall selbst gelöst. Die Queen würde natürlich niemals offiziell ermitteln, denn wozu sind ihre hochqualifizierten Angestellten denn da? Sie empfindet stille Befriedigung und ist “amused” über ihre Ermittlungstätigkeit. Der Leser lächelt mit ihr und wartet schon auf den nächsten Band dieser besonderen Krimikomödie.

Veröffentlicht am 25.10.2020

Kill me if you can

Capitana
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Die Capitana Lola Vasquez, eine junge Latina, ist eine vielschichtige Persönlichkeit. Sie ist die Chefin einer kleinen Gang in Los Angeles, die hauptsächlich mit Drogen handelt, diese jedoch nur an Latinos ...

Die Capitana Lola Vasquez, eine junge Latina, ist eine vielschichtige Persönlichkeit. Sie ist die Chefin einer kleinen Gang in Los Angeles, die hauptsächlich mit Drogen handelt, diese jedoch nur an Latinos in ihrem Bezirk verkauft, denn dort herrscht, wie oftmals in den USA, eine starke Trennung zwischen den einzelnen Ethnien. Die weißen, oftmals reichen Bürger in LA wohnen separat, in anderen Gegenden. Deshalb verbietet Lola es ihren Straßenverkäufern, an weiße Kids Drogen zu verkaufen, da deren Eltern das Geld für Spitzenanwälte hätten, im Falle des Geschnapptwerdens, ihre Kinder rauszuhauen, die Latinos aber unerbittlich zu verfolgen.
Als Person ist Lola zierlich und unscheinbar, also das Gegenteil einer imaginären Drogenkriminellen. Das Besondere an ihr ist, dass sie sich um die hilfsbedürftigen Nachbarn kümmert, ihnen Lebensmittel kauft oder mit der Miete aushilft. Es ist klar, dass diese Leute ihr ergeben sind und fast alles für sie tun würden. Sie hat eine Pflegetochter, Lucy, die sie liebevoll umsorgt, vom Drogenmilieu abschirmt, und auf eine Privatschule schickt.
Ein weiblicher Drogenboss ist sehr ungewöhnlich, besonders, da Lola sehr brutal sein kann, vor Mord und roher Gewalt nicht zurückschreckt. Auf keinen Fall will sie aber Gewalt gegen Frauen und Kinder tolerieren.
Dieser Charakter hat mich nicht voll überzeugt, denn ihre Vita wirkt zu konstruiert, um ein weiblicher Robin Hood, andererseits fast eine Laura Croft zu sein. Aber die Realität will Melissa Scrivner Love wohl auch nicht unbedingt darstellen, sondern sie will einen von der ersten Seite an spannenden Thriller lancieren, mit gekonnt schnörkelloser Sprache und hohem Tempo. Also ein spannendes Lesevergnügen mit Hollywoodflair, daher 5 Punkte

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