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Veröffentlicht am 05.04.2021

Abschluss der Vanitas-Trilogie

VANITAS - Rot wie Feuer
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Carolin musste Wien verlassen und ist nun zurück in Frankfurt, der Stadt, in der sie einst vom BKA in den russischen Karpin-Clan eingeschleust wurde. Um endlich frei zu sein, muss sie sich der Leute entledigen, ...

Carolin musste Wien verlassen und ist nun zurück in Frankfurt, der Stadt, in der sie einst vom BKA in den russischen Karpin-Clan eingeschleust wurde. Um endlich frei zu sein, muss sie sich der Leute entledigen, die nie aufhören werden, sie zu suchen. Dazu schmiedet sie einen lebensgefährlichen Plan nach dem anderen, um die Karpins auszuspionieren und den armenischen Malakyan-Clan gegen sie aufzuhetzen.

„Rot wie Feuer“ ist der dritte und letzte Teil der Vanitas-Trilogie. Nachdem sich die Situation in den vorherigen Bänden immer weiter zugespitzt hatte, war ich nun gespannt auf Carolins nächste Schritte. In Frankfurt angekommen prüft sie erst einmal die Lage und macht eine erschreckende Entdeckung im Hinblick auf Robert, ihrem Kontakt vom BKA, mit dem sie in Wien über Blumenbotschaften kommunizierte. Außerdem bringt sie in Erfahrung, welche Karpins in der Stadt sind und ihren Geschäften nachgehen.

Nachdem Carolin die Ausgangssituation in Frankfurt überprüft hat, steigt die Spannung schnell an, denn sie beginnt mit einer gefährlichen Täuschung. Schritt für Schritt zettelt sie einen Clankrieg an, in den sie selbst unter falscher Identität hineingezogen wird. In den ersten beiden Bänden gab es jeweils einen Fall, in dem die Polizei ermittelt hat und Carolin auf ihre Art an Informationen gelangt ist. Nun spielt die Polizei keine Rolle mehr und sie ist ganz auf sich allein gestellt.

Die ersten beiden Bände sollte man auf jeden Fall gelesen haben, um die Motivation hinter Carolins Handeln zu verstehen. Man weiß bereits, dass es sich bei den Karpins um einen Clan handelt, der keine Gnade kennt. Auch die Malakyans sind keine angenehmen Zeitgenossen. Es gibt einige Tote in diesem Buch, die auf grausame Weise ums Leben kommen. Die entsprechenden Schilderungen sind nichts für schwache Nerven und ich habe es mir beim Lesen lieber nicht zu genau vorgestellt.

„Vanitas. Rot wie Feuer“ ist das große Finale der Trilogie rund um die Frage, ob es Carolin gelingt, die Ausgangsbedingungen für ein Leben zu schaffen, in dem sie nicht mehr gejagt wird. Für meinen Geschmack hätte es auch etwas weniger brutal zugehen können, aber ein Clankrieg ist eben nichts für Zimperlinge. Die Geschichte hat noch einige Überraschungen in petto, die ich gelungen fand. Vanitas-Fans sollten sich diesen letzten Band nicht entgehen lassen!

Veröffentlicht am 05.04.2021

Wo ist Lara?

Ungehorsam
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In Berlin herrschen hochsommerliche Temperaturen, und immer wieder ziehen Klimademonstrationen durch die Stadt. Auch Rebekkas Tochter Lara hat oft an ihnen teilgenommen. Doch nun ist sie seit drei Tagen ...

In Berlin herrschen hochsommerliche Temperaturen, und immer wieder ziehen Klimademonstrationen durch die Stadt. Auch Rebekkas Tochter Lara hat oft an ihnen teilgenommen. Doch nun ist sie seit drei Tagen spurlos verschwunden, nachdem sie mit einer Freundin im Kino war. Diese behauptet jedoch, von nichts zu wissen. Rebekka kann nicht einfach abwarten, ob die Polizei doch noch etwas herausfindet. Als sie merkt, dass ihr alter Rucksack und Schlafsack aus dem Keller verschwunden sind und ihr nächtliche Besucher einen ersten Anhaltspunkt liefern, begibt sie sich auf die Suche. Diese führt sie zu Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die im Kampf gegen die Erderwärmung, Waldbrände und weitere Missstände mehr als Worte einsetzen...

Zu Beginn des Buches wartet Rebekka seit drei Tagen in ihrer Wohnung auf die Rückkehr ihrer Tochter. Sie hat sich krank schreiben lassen und hofft, dass Lara plötzlich vor der Türe steht. Doch mit dem Fortschreiten der Zeit wird diese einfache Lösung immer unwahrscheinlicher. Ist ihr etwas zugestoßen oder ist sie abgehauen? Die Polizei hat eine Suchmeldung herausgegeben, Rebekkas Mann Daniel macht sich beruflich auf den Weg nach Hamburg. Können sie denn wirklich nichts tun? Als Leser spürt man Rebekkas wachsende Verzweiflung deutlich und ebenso ihren Wunsch, irgendetwas zur Suche beizutragen.

Zwei Hinweise sorgen nach kurzer Zeit dafür, dass Rebekka aktiv wird. Zum einen findet sie heraus, dass zwar in Laras Zimmer nichts fehlt, aber im Keller ein alter Rucksack und Schlafsack nicht mehr auffindbar sind. Indizien dafür, dass Lara möglichst unauffällig verschwinden wollte. Ein Flyer an ihrer Haustür nennt außerdem den Namen einer Kneipe und eine Uhrzeit - endlich eine Spur, der Rebekka folgen kann. Sie findet dort zwar nicht Lara, dafür aber eine Gruppe Jugendlicher und junger Erwachsener, die laut auf Missstände aufmerksam machen und Aktionen vorbereiten.

Rebekkas Versuche, Mitgliedern der Gruppe mögliche Informationen über Laras Verbleib zu entlocken, stoßen auf taube Ohren. Dabei ist nicht klar, ob sie nichts wissen oder nichts preisgeben wollen. Gut konnte ich verstehen, dass die Beschwichtigungen Rebekka gegenüber, Lara werde sich zur gegebenen Zeit bestimmt melden, ihren Drang weiterzusuchen nicht mindern. Sie beginnt, ihre Rolle als Mutter und ihr Verhalten gegenüber Lara zu reflektieren. Was hätte sie anders machen können? Hat sie die Wünsche ihrer Fünfzehnjährigen nicht ernst genug genommen? War es falsch, fest einzuplanen, dass Lara ihr Abitur macht?

Mit der Zeit erfährt man als Leser mehr über die Gruppe der Aktivisten, deren Spur Rebekka folgt. Deren Verhalten zeugt von Ungehorsam, denn bei ihren Aktionen brechen sie Regeln und geraten mit der Polizei aneinander, um Aufmerksamkeit auf die Themen zu lenken, für die sie sich einsetzen. Aber heiligt der Zweck die Mittel? Die Aktivitsten greifen zu zunehmen radikaleren Mitteln, mit denen sie Menschenleben gefährden. Gerne hätte ich noch mehr über die Geschichte einzelner Mitglieder erfahren. Was ist ihre Motivation und welche Erlebnisse haben sie dazu gebracht, sich an ökoterroristischen Aktionen zu beteiligen?

„Ungehorsam“ legt seinen Fokus vor allem auf die Gedanken und Gefühle von Rebekka, der nach dem Verschwinden ihrer Tochter klar wird, dass sie den Bezug zu ihr schon lange verloren hat. Der Roman bringt ins Nachdenken über die Kluft zwischen den Generationen und wie diese in den Dialog treten könnten. Vor allem aber fiebert man mit, ob Rebekka und Lara noch eine Chance erhalten werden.

Veröffentlicht am 20.03.2021

Was es in den 1960ern hieß, ein uneheliches Kind zu bekommen

Das Fräulein mit dem karierten Koffer
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Sabine ist im im Jahr 1964 neunzehn Jahre alt und arbeitet als Sekretärin. In zwei Jahren wird sie volljährig und endlich unabhängiger von ihrer Mutter Brigitte und deren neuem Mann Heinz, mit dem sie ...

Sabine ist im im Jahr 1964 neunzehn Jahre alt und arbeitet als Sekretärin. In zwei Jahren wird sie volljährig und endlich unabhängiger von ihrer Mutter Brigitte und deren neuem Mann Heinz, mit dem sie gar nicht zurecht kommt. Die beiden verbieten ihr den Umgang mit ihrer Nachbarin Rena, die im gleichen Alter ist wie Sabine und deren Mutter alleinerziehend ist. Doch Sabine gibt nichts auf die Warnungen vor schlechtem Umgang und lässt sich von Rena das Münchener Nachtleben zeigen.

Eines Tages lernt sie in der Diskothek den Studenten Michael kennen, der aus reichem Hause stammt. Die beiden beginnen, miteinander auszugehen, und er verschafft ihr einen aufregenden neuen Job. Auch die Anti-Baby-Pille will er ihr besorgen. Als Sabine die Packung in den Händen hält weiß sie jedoch, dass es schon zu spät ist. Sie bringt das Kind unehelich zur Welt und muss sich den vorwiegend unerfreulichen Konsequenzen stellen...

In den 1960er Jahren war es nicht nur mit einem gesellschaftlichen Stigma verbunden, ein uneheliches Kind zu bekommen. Zusätzlich erhielt die Mutter vom Staat einen gesetzlichen Vormund und wurde oft gedrängt, das Kind zur Adoption aufzugeben. In solch einer Situation findet sich die Protagonistin des Buches wieder, nachdem ihr Freund Michael sie nach der Bekanntgabe, nicht abtreiben zu wollen, verlässt.

Claudia Kaufmann schildert eindringlich, wie schwer es Frauen in einer solchen Situation gemacht wurde. Obwohl zu einer Schwangerschaft immer zwei gehören sind sie es, die von der Gesellschaft ausgegrenzt wurden. In Sabines Fall steht sie ohne Bleibe da, beim Arztbesuch und im Krankenhaus wird sie unmöglich behandelt und ihr Vormund erweist sich als manipulativer Altnazi.

Zum Glück hat Sabine Freunde, die ihr in dieser schweren Zeit zur Seite stehen. Doch auch sie haben ihr Päckchen zu tragen. Ihr Freund Holger, bei dem sie eine Weile unterkommen kann, ist homosexuell. Das ist zu jener Zeit noch immer strafbar, und Jahre zuvor hat er schlimmste Erfahrungen gemacht, die ein Trauma hinterlassen haben.

Das Tempo zieht zunehmend an und der Wandel, der in der Gesellschaft allmählich stattfindet, wird geschildert. Sabine kämpft für ihr persönliches Glück und beruflichen Erfolg und war gespannt, ob sie sich ein Leben ganz nach ihren Vorstellungen einrichten kann. Für meinen Geschmack ging es an mancher Stelle jedoch zu schnell voran.

„Das Fräulein mit dem karierten Koffer“ nimmt den Leser mit ins Jahr 1964 und zeigt auf, was es zu jener Zeit hieß, ein uneheliches Kind zu bekommen. Der Roman ist gut recherchiert und bietet ein kurzweiliges Leseerlebnis, bei dem man mitfiebern kann und ins Nachdenken gebracht wird.

Veröffentlicht am 06.03.2021

Ein goldener Käfig oder ein Leben in Armut?

Die Verlorenen
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London, November 1747: Bess lebt mit ihrem Vater und ihrem Bruder in einer kleinen Wohnung im Schatten des Fleet-Gefängnisses. Als Krabbenverkäuferin verdient sie nicht viel, sodass sie ihr Neugeborenes ...

London, November 1747: Bess lebt mit ihrem Vater und ihrem Bruder in einer kleinen Wohnung im Schatten des Fleet-Gefängnisses. Als Krabbenverkäuferin verdient sie nicht viel, sodass sie ihr Neugeborenes nicht durch den Winter bringen könnte. Schweren Herzenz gibt sie ihre Tochter Clara im Foundling Hospital ab mit dem festen Versprechen, sie wieder zu sich zu holen, wenn ihre Situation das erlaubt.

Sechs Jahre später ist es so weit. Bess hat zwei Pfund gespart, für sie ein kleines Vermögen, und will Clara zu sich holen. Doch im Foundling Hospital muss sie erfahren, dass ihre Tochter gar nicht dort ist. Einen Tag nach ihrer Abgabe wurde sie wieder abgeholt, und zwar angeblich von ihr selbst. Wer hat sich für sie ausgegeben und warum? Als sie einen Hinweis findet, schmiedet sie einen riskanten Plan...

Das Cover des Romans zeigt eine Frau mit Kind, die in einem verschlossenen Käfig steht. Was hinter diesem Bild steckt enthüllt sich im Laufe der Geschichte. Zunächst aber begleitet der Leser Bess bei ihrem schweren Entschluss, ihre Tochter in die Obhut anderer zu bringen, um ihr Überleben zu sichern. Sie führt wie viele andere Londoner ein Leben in Armut und ist Tag für Tag in der Stadt unterwegs, um als Krabbenverkäuferin ein paar Münzen zu verdienen.

Sehr gut konnte ich ihren Schock nachvollziehen, als sie ihre Tochter endlich zu sich nehmen will und feststellen muss, dass jemand sie unter Vortäuschung falscher Tatsachen abgeholt hat. Ich erwartete eine lange Spurensuche, doch stattdessen bietet der Roman nach ein paar Kapiteln einen interessanten Twist und wechselt zusätzlich die Perspektive. Man lernt eine wohlhabende Frau namens Alexandra kennen, die ihr Haus nur für den wöchentlichen Kirchgang verlässt und sich in ihrem Haus eine eigene kleine Welt geschaffen hat.

Alexandras Leben in ihrem selbst geschaffenen goldenen Käfig steht in starkem Kontrast zu dem von Bess. Die gesellschaftliche Kluft zwischen den beiden Frauen wird gelungen dargestellt und ihr Aufeinandertreffen ist mit viel Brisanz verbunden. Für mich blieb die Geschichte unvorhersehbar und konnte mich immer wieder überraschen. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass die Motive für Alexandras Verhalten noch stärker herausgearbeitet werden. Die Schilderungen des Alltags im historischen London sind interessant, auf historische Ereignisse wird jedoch nicht eingegangen. Lediglich das Foundling Hospital hat es tatsächlich gegeben.

„Die Verlorenen“ von Stacey Halls nimmt den Leser mit ins London des 18. Jahrhunderts und bringt ins Nachdenken darüber, ob ein Leben in einem goldenen Käufig dem in Armut vorzuziehen ist oder nicht. Die Suche einer Mutter nach ihrer verlorenen Tochter ist nicht neu. Sie wird hier aber auf ansprechende Weise mit einigen Überraschungen erzählt.

Veröffentlicht am 28.02.2021

Über Männer, Kinder und dem Weg in die Sucht

Abhängigkeit
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"Abhängigkeit“ ist der dritte und letzte Teil der Kopenhagen-Trilogie. Nachdem ich Tove durch ihre Kindheit und Jugend gefolgt bin, ist sie nun eine verheiratete Frau. Doch der deutlich ältere Viggo F., ...

"Abhängigkeit“ ist der dritte und letzte Teil der Kopenhagen-Trilogie. Nachdem ich Tove durch ihre Kindheit und Jugend gefolgt bin, ist sie nun eine verheiratete Frau. Doch der deutlich ältere Viggo F., der ihr die Türen in die Welt der Schriftsteller geöffnet hat, ist als Ehemann eine Enttäuschung. Tove gründet den „Club der jungen Künstler“, über den sie neue Freunde findet und sich neu verliebt. Das Buch berichtet von ihren drei ersten Ehen und Scheidungen, dem Ringen mit der Kinderfrage und der zerstörerischen Medikamentensucht, mit der sie immer stärker zu kämpfen hat.

Der erste Band der Reihe war von philosophischen Gedanken und der Sehnsucht nach Freiheit geprägt, im zweiten Band schwankt Tove zwischen Hoffnung und Sorge und versucht, als Schriftstellerin Fuß zu fassen. Nun ist sie eine anerkannte Schriftstellerin, deren labiler Zustand immer deutlicher wird. Dieser dritte Band ist eine erschütternde und bedrückende Lektüre.

Im Original wurde dieses Buch unter dem Namen „Gift“ herausgebracht, was im Dänischen sowohl „verheiratet“ bedeutet als auch wie im Deutschen für Toxin steht. Die Jahre rauschen nur so an Tove vorbei, Liebhaber und Ehemänner kommen und gehen. Tove bekommt ein Kind, die zweite Schwangerschaft will sie jedoch beenden, was zu jener Zeit verboten war. Ihre Versuche, eine Abtreibung zu erwirken, sind ebenso starker Tobak wie die Beschreibungen ihres Wegs in die Medikamentensucht.

Der Erzählton ist nüchtern. Während die Sätze in „Kindheit“ noch dazu einluden, bei ihnen zu verweilen, hatte ich nun vor allem das Bedürfnis, schnell weiterzulesen, um Toves düstere Stunden hinter mir zu lassen und wieder zu hoffnungsvolleren Momenten zu kommen. Doch es bleibt bis zum Schluss ein Auf und Ab. Wer ihre Biographie kennt weiß, dass das auch nach der im Buch beschriebenen Zeit bis zu ihrem Tod mit nur 58 Jahren durch eine Überdosis Schlaftabletten so bleiben wird. Die Kopenhagen-Trilogie ist insgesamt ein eindringliches Leseerlebnis, wobei „Kindheit“ mit seiner poetischen Sprache besonders heraussticht.