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Veröffentlicht am 12.04.2021

Manus manum lavat – aus einer Notlage erwächst ein neues Team

Lockvogel
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Ihr Freund Felix hat die junge Schauspielschülerin Toni nicht bloß verlassen, er hat all ihre Ersparnisse und Schmuck gestohlen. Ihn soll der Detektiv Edgar Brehm suchen. Doch sie kann sich sein Honorar ...

Ihr Freund Felix hat die junge Schauspielschülerin Toni nicht bloß verlassen, er hat all ihre Ersparnisse und Schmuck gestohlen. Ihn soll der Detektiv Edgar Brehm suchen. Doch sie kann sich sein Honorar nicht leisten. Brehm erhält gleichzeitig einen großen Auftrag, er soll dem bekannten Starregisseur Untreue nachweisen. Dafür benötigt er Hilfe. Einen Lockvogel. Er engagiert Toni als Hilfe. Es entsteht eine Win-Win-Situation.
Die beiden Protagonisten haben sofort mein Herz gewonnen. Der kränkliche, ebenfalls vor finanziellen Problemen stehende Detektiv und die aufgeweckte, noch etwas leichtfertige und bedenkenlos in Situationen schlitternde Toni wachsen zu einem effektiven Team zusammen, das sich auf freundschaftlicher Basis immer näher kommt. Gerade die mangelnde Professionalität der beiden, dieses Tollpatschige, Chaotische, das Unvollkommene, alles verpackt in einen Schuss Humor, macht die beiden so sympathisch und für mich den Krimi reizvoll.
Auch die übrigen Hauptfiguren finde ich gut typisiert, wie die nur auf Äußerlichkeiten und ihre eigene Schönheit reduzierte Gattin des Regisseurs, die vernachlässigte, revoltierende Tochter, die liebevolle Oma usw.
Es verwickeln sich mehrere Handlungsfäden ineinander: die Suche nach Felix und dem gestohlenen Geld, die Aufdeckung allfälliger Affären des Regisseurs und der rätselhafte Tod eines Kellners während einer Party dieses Regisseurs.
Die Spannung und das Lesevergnügen bei diesem Kriminalroman ergeben sich durch die Vielzahl an Spuren, Verwicklungen, die überraschenden Wendungen, unerwarteten Ereignisse. Man rätselt unwillkürlich mit, tappt mit den Ermittlern im Dunkeln, wird irregeführt und ist schließlich total verblüfft, als sich alles aufklärt und sich alle Fäden lösen.
Zudem hat die Autorin auch sehr geschickt die #Me-Too-Debatte mit der Handlung verbunden.
Der Krimi ist flüssig geschrieben, man ist sofort in der Geschichte. Die eher kurz gehaltenen Kapitel enden meist mit genau jenem Spannungsmoment, der einen quasi zum Weiterlesen nicht nur animiert, sondern beinahe zwingt.
Last but not least liebe ich als Wienerin natürlich in Wien spielende Krimis besonders, wo ich im Geiste die Protagonisten an den Örtlichkeiten begleiten kann.
Ich hoffe, es werden noch weitere interessante Fälle mit diesem Ermittlerduo folgen.

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Veröffentlicht am 08.04.2021

Mörderischer Spuk, ausgezeichnetes historisches Ambiente, ein Streich mit fatalen Folgen

Abt Jerusalem und die Hohe Schule des Todes
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Diesmal ließ ich mich mit einem Kriminalfall ins Jahr 1754 zurück versetzen. An die Hohe Schule, das Collegium Carolinum in Braunschweig.
An diesem Buch gefielen mir ganz besonders die detaillierten und ...

Diesmal ließ ich mich mit einem Kriminalfall ins Jahr 1754 zurück versetzen. An die Hohe Schule, das Collegium Carolinum in Braunschweig.
An diesem Buch gefielen mir ganz besonders die detaillierten und sehr anschaulichen Alltags-Schilderungen des Schulbetriebs, der Menschen am Markt, im Theater, beim Maskenball, auch der Klassenunterschiede. Man versinkt problemlos in eine andere Epoche. Dazu trägt auch die sprachliche Komponente bei, das Einfließen diverser lateinischer Ausdrücke, altmodischer Worte wie exquirieren, Journale oder parlieren sowie etwas Mundart. Der Schreibstil ist flüssig, das Interesse, die Spannung bleibt ungebrochen.
Es geschehen rätselhafte Mordfälle, die man höheren Orts zu vertuschen versucht. Ein junger aufmerksamer Student, ein Bauernsohn, der dank eines Stipendiums die Schule besuchen darf und als Außenseiter unter all den eingebildeten adeligen Burschen einen schweren Stand hat, macht jedoch so seine Beobachtungen und wird derart misstrauisch, dass er auf eigene Faust Ermittlungen anstellt, Intrigen und Machenschaften aufdeckt. Letztlich sind die Fälle gelöst und man wird mit einem unerwarteten Ende überrascht.
Die Charaktere der Protagonisten sind gut gezeichnet; die Eigenschaften wie auch die Handlungsweisen der mächtigen Reichen sind ebenso nachvollziehbar, wie jene der unterdrückten, ihnen ausgelieferten und um ihre Existenz ringenden Menschen.

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Veröffentlicht am 06.04.2021

Eine grausame Tat aus reiner Habgier

Kommissar Gennat und die Tote im Reisekorb
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Dank des flüssigen und leicht lesbaren Schreibstils war ich nach wenigen Seiten schon voll ins Berlin des Jahres 1916 versetzt. Auch wenn ich als Wienerin, die noch nie in Berlin war, bei Straßennamen ...

Dank des flüssigen und leicht lesbaren Schreibstils war ich nach wenigen Seiten schon voll ins Berlin des Jahres 1916 versetzt. Auch wenn ich als Wienerin, die noch nie in Berlin war, bei Straßennamen oder genannten Bezirksteilen keinen Wiedererkennungseffekt verspürte, wurde dennoch die Atmosphäre der Stadt für mich fühlbar – einerseits das noch geschäftige Treiben dort, wo die Reichen und Schönen unterwegs waren, andererseits die Tristesse in jenen Vierteln, wo die Armen lebten, die kaum genug zu essen hatten.
Der der Handlung zugrunde liegende Kriminalfall hat sich 1916 tatsächlich zugetragen. Er wurde von der Autorin gekonnt ausgeschmückt. Sie hat dem historisch belegten Kommissar Gennat den Journalisten Kaminski an die Seite gestellt, der ein wenig in die Polizeiarbeit hinein schnuppern möchte. Beide haben eine sympathische Ausstrahlung und wachsen zu einem hervorragenden Team zusammen: der junge, ambitionierte Journalist und der routinierte, den anderen in seiner Ungestümtheit bremsende Kriminalist. Mit von der Partie ist auch Lissy, Kaminskis Ehefrau, die sich sozial engagiert und den beiden so manchen Kontakt zu den Armen, der Polizei gegenüber oft verschreckten und zurückhaltenden Bevölkerung ebnet.
Was zunächst wie ein Vermisstenfall aussieht, entpuppt sich nach Auffinden der Frauenleiche in einem Reisekorb als ein grausamer Mord. Bereits die Identifizierung erweist sich als schwierig, immerhin verfügte man vor über 100 Jahren weder in der Polizeiarbeit noch punkto Medien über jene Möglichkeiten, die wir heute haben. Manche Menschen lasen nicht einmal eine Zeitung! Sich ehemaliger Zustände bewusst zu werden, ist für mich stets einer der interessantesten Aspekte eines historischen Romans.
Als bekannt ist, um wen es sich bei der Toten handelt, stellt sich bald heraus, dass sie sich etliche Feinde gemacht und keinen einwandfreien Lebenswandel geführt hat. Hartnäckig verfolgen Gennat und Kaminski mehrere Spuren, spüren einige Verdächtige auf, als Leser rätselt man mit, gerät mit den Ermittlern in die Irre und wird letztlich von der Lösung des Falles doch noch überrascht.
Die Handlung ist exzellent aufgebaut, der Spannungsbogen bleibt stets intakt, man mag gar nicht mehr aufhören zu lesen. Ich fand auch die sprachliche Umsetzung optimal, der Berliner Dialekt war sparsam eingesetzt, trug nichtsdestotrotz sehr zur Authentizität bei. Geschickt floss in die Ermittlungen auch das Gesellschaftsbild ein, die Auswirkungen des Krieges, die Lebensmittelknappheit, die Verarmung der Kriegswitwen, die prekären Wohnverhältnisse der armen Bevölkerung im Gegensatz zu den pompösen Villen der Reichen, der Zeitgeist, die damalige Stellung der Frau, sie hatten kein Wahlrecht, sie durfte nur bestimmte Berufe ausüben, bereits damals aufkommende Vorurteile mancher Bevölkerungsschichten gegen Juden wie Kaminski und vieles anderes mehr.
Es ist ein exzellent recherchierter und fesselnder Roman, den ich wärmstens empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 04.04.2021

Spannung mit Gefühl - Schüsse in der Nacht, die das Leben verändern

Kollateralschaden
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Dies war der erste Krimi, den ich von diesem Autor gelesen habe, auch der erste, der in Linz spielt. Wär wohl an der Zeit, diese Stadt einmal zu besuchen.
Obwohl es sich hierbei um Band 3 einer Serie handelt, ...

Dies war der erste Krimi, den ich von diesem Autor gelesen habe, auch der erste, der in Linz spielt. Wär wohl an der Zeit, diese Stadt einmal zu besuchen.
Obwohl es sich hierbei um Band 3 einer Serie handelt, kam ich nicht nur problemlos in die Handlung, sondern fand mich auch mit dem Ermittlerteam rasch zurecht.
Bereits auf den ersten Seiten fallen die verhängnisvollen Schüsse. Vor den Augen von Major Vierziger werden dessen Freundin Conny schwer verletzt und ein Journalist getötet.
Major Vierziger muss nun trotz seiner Angst um das Leben seiner Partnerin gemeinsam mit seiner Kollegin Dr. Glück den Todesschützen ausforschen. Zunächst erscheint ein Racheakt an Vierziger wahrscheinlich und die beiden anderen Opfer als Kollateralschaden, doch der Fall entwickelt sich komplizierter als geahnt, da der Journalist in einigen brandheißen Themen recherchiert hatte. Es geht um Doping, Betrug und Unterschlagungen bei einer Spendeninstitution sowie um Kindesmissbrauch. Doch immer wieder führen Spuren ins Leere, so manches Vergehen kann den Verdächtigen zwar angelastet werden, doch bis letztlich der wahre Mörder entlarvt werden kann, packt einen die exzellent aufgebaute Handlung mit laufend neuen Entwicklungen, überraschenden Ereignissen und Wendungen.
Zudem ist der Schreibstil leicht und flüssig. Die Charaktere sind anschaulich und gut vorstellbar geschildert. Es agiert ein sympathisches, effizientes, gut eingespieltes Ermittlerteam, wo man sehr menschlich miteinander umgeht.
Das Buch ist nicht nur von Spannung geprägt, sondern man spürt auch deutlich die Ängste und Sorgen Vierzigers, seine Liebe zu seiner im Koma liegenden Partnerin. Diese Facette eines Kriminalromans, vor allem auch das ungewöhnliche Ende, empfand ich als berührend, traurig und hoffnungsvoll optimistisch gleichermaßen. Letzteres auch im Sinne einer erhofften Fortsetzung der Serie.

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Veröffentlicht am 02.04.2021

Nostalgische Mittelmeer-Kreuzfahrt, spannend und unterhaltsam

Dampfer ab Triest
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Ich habe mich ab der ersten Seite in diesem Buch wohl gefühlt. Das lag nicht nur an dem historischen Ambiente, das der Autor hervorragend schildert, sondern auch an den sympathischen Protagonisten, vor ...

Ich habe mich ab der ersten Seite in diesem Buch wohl gefühlt. Das lag nicht nur an dem historischen Ambiente, das der Autor hervorragend schildert, sondern auch an den sympathischen Protagonisten, vor allem an dem für die k.u.k. Monarchie außergewöhnlich fortschrittlich eingestellten Inspector Bruno aus Triest, und daran, dass durch die Reiseroute und das Feeling einer Kreuzfahrt eine Menge selbst erlebter Reiseerinnerungen in mir hochkamen.

Kurz zum Inhalt: Der Dampfer Thalia sticht von Triest aus in See, Ziel Konstantinopel. Es ist ein Luxusdampfer, an Bord befindet sich eine Schar betuchter Passagiere. Darunter auch Graf von Urbanau mit seiner Tochter. Da er an Land nur knapp einem Attentat entgangen war, soll der Triester Polizist Bruno Zabini inkognito für seine Sicherheit sorgen.

Dem Autor ist es nicht nur gelungen, in kurzweiliger Art und Weise historisches Flair zu vermitteln, sondern er verknüpft darin - locker verpackt in den Plaudereien der Passagiere an Bord - gesellschaftskritische und wissenschaftliche Informationen, erklärt die Funktion einer Dampfmaschine, weist auf die Erfindung von Zahnpasta in Tuben hin, thematisiert die damalige Stellung der Frau, das Wahlrecht, die Problematik des Vielvölkerstaates und die Tendenzen gewisser Völker, daraus auszubrechen.

Die Handlung plätschert nicht als reines Bordgeschehen dahin, man spürt sehr bald, dass ein Mensch darunter ist, der einen heimtückischen Plan hegt. Und nur allzu bald kommt Bruno Zabini auch zum Einsatz, eine spannende Jagd nach dem Attentäter beginnt, actionreich, bis letztlich Bruno den Fall zufriedenstellend löst.

Als Gegensatz zum düsteren Bösen, das an Bord lauert, erlebt man die heitere Seite des Lebens an Bord, das Luxuriöse, das Oberflächliche, auch Liebeleien und so manche private Probleme der Reisenden.

Der Erzähl- bzw. Schreibstil ist flüssig, trotz mancher antiquierter Ausdrücke, die jedoch wiederum die geschilderte Epoche authentischer machen. Die Charaktere sind vielschichtig dargestellt, mit ihren positiven aber auch weniger angenehmen Eigenschaften.

Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass ich das am Beginn angeführte Personenregister sehr hilfreich fand, ebenso wie die Erläuterung der historischen Hintergründe am Ende des Buches.

Mir hat dieser Roman sehr großes Lesevergnügen bereitet, hat vieles abgedeckt, Spannung, Romantik sowie Reiselust, und hat zudem meine historischen Kenntnisse erweitert.

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