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Veröffentlicht am 10.05.2021

Asbach und Schogetten

Sturmvögel
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„Sturmvögel“ ist die Geschichte von Emmy, und es ist die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Vierzehn ist Emmy, als sie ihr Zuhause, eine kleine Nordseeinsel, verlassen muss, um im fernen Berlin als Dienstmädchen ...

„Sturmvögel“ ist die Geschichte von Emmy, und es ist die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Vierzehn ist Emmy, als sie ihr Zuhause, eine kleine Nordseeinsel, verlassen muss, um im fernen Berlin als Dienstmädchen zu arbeiten. Es ist das Jahr 1921, und das Schlimmste kommt noch.

Doch vorher lernt sie Hauke kennen, den freundlichen, aber charakterschwachen Sohn einer befreundeten Familie. Mit ihm streift sie durch das Berlin der 20er Jahre. Immerhin, er heiratet sie, als Emmy das erste Kind von ihm erwartet. Den Krieg aber muss sie ohne ihn durchstehen.

Drei Kinder bringt Emmy durch: die disziplinierte Hilde, den kindlich-unnützen Otto und die lebenslustige Nachzüglerin Tessa. Es sind die 90er, und Otto wühlt in Mutters Keller, auf der Suche nach vermeintlich vergessenen Schätzen.

Die wahren Kostbarkeiten, auf die er stößt, erkennt er nicht. Murmeln sind da in einer Schublade, ein Engel mit nur einem Flügel, eine verschrumpelte Schachtel Ernte 23 und die Asbach-Holzkiste.

Ach ja, der Weinbrand. Deutscher Cognac, der so nicht heißen durfte. Und die Schogetten, die Emmy so gern isst. Portionierte Schokolade als Pralinenersatz. Beides steht fürs Ja zum Leben, das Weitermachen, weil Aufgeben keine Alternative ist, und für den kleinen Genuss, der nicht viel kosten muss, auf den aber jeder sein Anrecht hat.

Zwar spielt die Geschichte in den 90er Jahren, doch wirklich spannend sind die Rückblicke. Wer „Altes Land“ gut fand, wird „Sturmvögel“ in einem Zug durchlesen.

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Veröffentlicht am 25.04.2021

Kunterbunte Anarcho-Seeräubertruppe

Paradise Pirates
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Die Paradiese Pirates beweisen, dass eine gemischte Truppe mit eigenwilligen Individuen mindestens erfolgreicher, auf jeden Fall aber sehr viel spaßiger ist als ein Haufen gleichartiger Befehlsempfänger.

Eine ...

Die Paradiese Pirates beweisen, dass eine gemischte Truppe mit eigenwilligen Individuen mindestens erfolgreicher, auf jeden Fall aber sehr viel spaßiger ist als ein Haufen gleichartiger Befehlsempfänger.

Eine kunterbunte, anarchische Mannschaft ist es, mit der Kapitän Scratch in See sticht: Da ist Bump, die Känguruhfrau, dazu die Biber Gunner und Gnash, Bob, das Zwergnilpferd, der kluge Flamingo Wade, das kochende Krokodil Marzipan und dann natürlich Salty, das Eichhörnchen.

Salty hat den abgehalfterten Dachs-Kapitän in einer Schänke aufgetrieben, denn er braucht dringend Hilfe: Die Füchse haben seine Freundin Ozeane entführt und auf die Totenkopfinsel gebracht. Im Tausch gegen das Eichhörnchen wollen sie Salty um seine Schatzkarte bringen.

Jetzt machen Scratch und Salty die sagenumwobene „Menagerie“ wieder flott, die einst im Paradise-Archipel umherfuhr und ihre Beute - natürlich - mit den Armen geteilt hat. Die Mannschaft von damals ist nun unter dem neuen Namen „Paradise Pirates“ mit von der Partie.

Hier steht die Handlung klar im Vordergrund, es passiert richtig viel und die konsequent angewendeten maritimen Begriffe machen das Geschehen glaubhaft und spannend. Dass die Piraten auf die Tierwelt heruntergebrochen sind, garantiert auch schreckhafteren Kindern einen Lesegenuss.

Ein paar Sätze mehr zur Herkunft und zu den Eigenarten der Paradies Pirates wären schön gewesen, die gibt es hoffentlich in den Folgebänden.

Die 140 Seiten starke, durchgehend farbig illustrierte Seeräubergeschichte eignet sich gut zum Lesen und Vorlesen für Kinder von sieben bis zehn. Teil zwei ist für Januar 2022 angekündigt.

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Veröffentlicht am 29.01.2021

Ein Goldjunge ermittelt

Die Spur zum 9. Tag
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„Die Spur zum 9. Tag“ ist ein flotter Kinder-Krimi um einen ziemlich wohlgeratenen Zwölfjährigen, der in den Ferien neue Freunde findet und mit ihnen einen echten Schurken dingfest macht.

Bene ist ein ...

„Die Spur zum 9. Tag“ ist ein flotter Kinder-Krimi um einen ziemlich wohlgeratenen Zwölfjährigen, der in den Ferien neue Freunde findet und mit ihnen einen echten Schurken dingfest macht.

Bene ist ein Goldjunge. Klaglos geht er nach Duderstedt zur Oma, die er gar nicht richtig kennt, nur weil er partout nicht mit der Mutter nach Schweden fahren will. Und Oma Renate hat Haare auf den Zähnen! Sie ist eine von der Sorte, die die Fransen am Teppich kämmt. Bene hilft ihr dabei, was soll er auch machen. Selbst das Grab vom Opa geht er harken, und wenn es drauf ankommt, tut er sogar so, als würde er Aal in Aspik mögen.

Schnell freundet sich Bene mit Mia und Ole an. Sie kommen einem illegalen Welpenhandel auf die Spur und Bene erfährt am Ende Unglaubliches über seine eigene Familie.

Schön zu lesen ist die Geschichte von Bene, der mit beiden Beinen im Leben steht und sich auch von den Erwachsenen nicht aus der Ruhe bringen lässt – so schändlich ihre Taten auch sind und so unverständlich ihre Motive auch erscheinen. Die Kinder im Buch und die, die es lesen, erkennen: Die echten Übeltäter sind nicht immer die, die man dafür hält. Und umgekehrt.

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Veröffentlicht am 10.12.2020

Wer ist hier normal?

Mia und die aus der 19
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„Mia und die aus der 19“ feiert die Toleranz und beweist nebenbei, dass ein tüchtiges Abenteuer hinter jeder Ecke wartet.

Mia zum Beispiel muss dafür nur einmal die Wohngruppe in ihrer Straße besuchen. ...

„Mia und die aus der 19“ feiert die Toleranz und beweist nebenbei, dass ein tüchtiges Abenteuer hinter jeder Ecke wartet.

Mia zum Beispiel muss dafür nur einmal die Wohngruppe in ihrer Straße besuchen. Die Leute, die da wohnen, kommen anderen vielleicht komisch vor. Herr Rippel zum Beispiel, der sich mit einer Schwimmbrille auf der Stirn gefällt. Oder Herr Knick, der so gerne Cola trinkt. Oder die unverschämte Frau Schmock, die mit ihren Frechheiten ein Leben im Rollstuhl kompensiert.

Für die Nachwuchsdetektivin Mia dagegen ist die Wohngruppe in der Hausnummer 19 ganz normal. Als sie erfährt, dass der Kater von Herrn Schlottmeier weg ist, beschließt sie sofort, das Kätzchen wiederzufinden. Dabei erfährt Mia ganz viel Hilfe von den Bewohnern und sogar von ihrer besten Freundin Jil, die eigentlich gerade Superstar werden will, sich im Laufe der Geschichte aber doch als ganz patent herausstellt.

Das 160-Seiten-Buch ist ideal für Grundschulkinder, eignet sich aber auch gut zum Vorlesen und für ein Gespräch darüber, was eigentlich normal ist und was nicht.

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Veröffentlicht am 01.02.2024

Historisch exquisit, als Roman eher eintönig

Essex Dogs
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Dan Jones präsentiert uns einen Ausschnitt aus dem sogenannten Hundertjährigen anglo-französischen Krieg, in dem die englischen Könige ihre Ansprüche auf den französischen Thron gewaltsam durchsetzen wollten. ...

Dan Jones präsentiert uns einen Ausschnitt aus dem sogenannten Hundertjährigen anglo-französischen Krieg, in dem die englischen Könige ihre Ansprüche auf den französischen Thron gewaltsam durchsetzen wollten. Der Historiker beschreibt die Landung des Heers Edwards III 1346 in der Normandie durch die Brille einer zehnköpfigen Söldnertruppe und arbeitet sich etappenweise vor bis zur Schlacht von Crécy.

Von Ort zu Ort zieht der englische Trupp - Mörder, Diebe, Brandstifter, die den Krieg als Beruf betreiben. So ungeklärt, wie die rechtmäßige Regentschaft damals noch war, so unterschiedlich liegen die Interessen der Beteiligten. Den Kämpfern geht es um den Rausch und die Beute. Dem König und seinem Sohn um das Prestige und ihren Platz in den Geschichtsbüchern.

Hilfreich ist die Karte, die vor Beginn der Geschichte abgebildet ist, und auf der man den Fortschritt des englischen Heers nachvollziehen kann. Die Geschichte endet in Crécy, wo es Edward gelingt, einen historischen Sieg einzufahren.

Wer sein Geschichtswissen mit lebhaften Bildern und Episoden, die sich genau so hätten abspielen können, unterfüttern möchte, für den ist das Buch ein wahrer Schatz. Allen, die einen spannenden Abenteuerroman mit dramatischen Wendepunkten erwarten, sei dieses Buch nicht empfohlen. Dafür bleibt der Historiker Dan Jones zu sehr bei den Fakten. Zu eintönig sind die Episoden, zu sehr gleicht ein Angriff dem anderen, zu blass bleiben die Handelnden. Und selbst die zehn „Essex Dogs“, die mit der Zeit arg dezimiert werden, bieten uns als Romanfiguren wenig Abwechslung.

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