Sprachlos
Meine Gefühle für dieses Buch (und auch seinen Vorgänger) lassen sich nur schwer in Worte fassen. Weil ich nicht übertreiben möchte. Weil es andere überzeugen soll. Weil ich es nicht vorstellbar finde, ...
Meine Gefühle für dieses Buch (und auch seinen Vorgänger) lassen sich nur schwer in Worte fassen. Weil ich nicht übertreiben möchte. Weil es andere überzeugen soll. Weil ich es nicht vorstellbar finde, dass jemand diese Bücher nicht so dermaßen anbetungswürdig findet wie ich es tue. Weil ich möchte, dass diese Rezension glaubwürdig klingt, obwohl ich das Buch himmelhochjauchzend loben werde.
In meiner Lobeshymne möchte ich gar nicht allzu sehr auf die typischen Punkte wie Schreibstil und Spannungsbogen und dergleichen eingehen, denn wenn man in einer Geschichte versinkt und erst wieder auftauchen kann, sobald man das Wort "Danksagung" liest, dann achtet man nicht im Detail auf diese Dinge. Man ist zu sehr damit beschäftigt mit den Charakteren zu leiden, einem stockt der Atem bei jedem haarsträubenden Wortwechsel, ich war wirklich gefangen zwischen den Seiten.
Ich war gefangen zwischen Anthony und Matilda, was ich trotz meiner Vorfreude auf das Buch nicht unbedingt erwartet habe, denn besonders Anthony ist durch und durch ein Künstler, eine Leidenschaft, die ich nicht teile und deshalb in anderen Büchern bereits als nicht nachvollziehbar empfunden habe. Hier war es natürlich anders. Anthony hatte ich bereits in Fly & Forget liebgewonnen und die Autorin hat seine Hingabe zum Malen in einem Maße beschrieben, dass ich nicht anders konnte als jeden Pinselstrich zu fühlen, als führte ich selbst den Pinsel. Anthony konnte mich mit seinem Wesen für sich einnehmen, mit seiner Aufgeschlossenheit anderen gegenüber, mit seiner schwierigen Vergangenheit, mit seiner unerschütterlichen Hoffnung auf ein anderes Leben gepaart mit gewaltigen Selbstzweifeln. Anthony ist einfach jemand, den man lieben muss und der gleichzeitig doch ein klitzekleines Klischee ist. Die Figur des tragischen Künstlers ist dann doch recht verbreitet, aber wer sagt, dass das schlecht sein muss? Nena Tramountani hat dem "Klischee" jedenfalls einen ganz eigenen Stempel aufgedrückt und damit meinen neuen männlichen Lieblingscharakter im New Adult Bereich kreiert.
Neben dem lieben Herrn Anthony gibt es da natürlich noch Matilda. Matilda, die so ist, wie wir uns alle ganz tief im Innern wünschen zu sein, Matilda, die den Typen auf der Straße ihre Meinung sagt, wenn sie dumm angemacht wird, Matilda, die das anzieht, was sie möchte, weil es ihre verdammte Entscheidung ist, Matilda, die doch auch nur Angst vor etwas hat, aber doch so stark ist. Lasst uns alle ein bisschen mehr wie Matilda sein und die Welt ist ein besserer Ort. Neben ihrem Selbstbewusstsein war sie für mich auch durch ihr unzerstörbares Band zu ihrer besten Freundin Briony interessant, denn dadurch hat das Buch einen ungewöhnlichen Gewissenskonflikt thematisiert, den ich wirklich wichtig finde, da sonst selten davon erzählt wird. Matilda verliebt sich nämlich in den gleichen Typen, für den auch Briony Gefühle hat. Dadurch kommen im Laufe der Handlung Fragen auf, die das eigene Glück und seine Stellung gegenüber dem seiner Freunde, thematisieren und die damit wirklich zum Nachdenken anregen. Die damit verbundenen Gefühle, die auch Matilda im Buch durchlebt, wirkten für mich absolut greifbar und glaubwürdig, ich selbst fühlte mich in dem Konflikt gefangen und hätte keine Entscheidung treffen wollen.
Tatsächlich habe ich bis zum Ende nicht wirklich gewusst, wie das Buch ausgehen wird, obwohl ein Happy End natürlich das naheliegendste wäre. Die Autorin hat aber sowohl Handlung als auch Gefühl so perfekt dargestellt, dass ich mir stets unsicher war, was noch alles passieren kann.
Ich bin und bleibe der in meinen Augen größte Fan dieser Buchreihe und hätte am liebsten Band 3 sofort in meinen Händen, um nahtlos an Matildas und Anthonys Geschichte anzuknüpfen, auch wenn sie natürlich unabhängig voneinander sind. Aber ich bin gerade so tief in diesem Londoner WG-Leben der SoHo-Love-Reihe versunken, dass ich nicht auftauchen möchte...