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Veröffentlicht am 27.06.2021

Fangarme der Mafia

Der Tintenfischer
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Der Tintenfischer – Commissario Morello ermittelt in Venedig – Wolfgang Schorlau

Das ist der zweite Band einer Krimireihe, wobei ich den ersten nicht kannte und das für mich kein Problem darstellte.

Alles ...

Der Tintenfischer – Commissario Morello ermittelt in Venedig – Wolfgang Schorlau

Das ist der zweite Band einer Krimireihe, wobei ich den ersten nicht kannte und das für mich kein Problem darstellte.

Alles beginnt mit dem versuchten Selbstmord eines jungen Nigerianers, der sich im coronabedingt menschenleeren Venedig von einer Brücke stürzt. Antonio Morello und seine Kollegin Anna Klotze können ihn retten und geraten unversehens in ein Geflecht aus sizilianischer und nigerianischer Mafia. Die beiden reisen Hals über Kopf nach Sizilien, der Heimat Morellos. Dort allerdings warten seine alten Feinde der Mafia bereits darauf, ihm den Garaus zu machen.

Dieser Krimi ist sehr politisch und sehr gut recherchiert. Es gibt zahlreiche wissenswerte Fakten zu aktuellen Themen unserer Zeit. Doch auch das italienische Lebensgefühl kommt nicht zu kurz. Insbesondere der kulinarische Genuss spielt eine wichtige Rolle. Hinten im Buch werden dazu sogar noch die passenden Rezepte geliefert. Herrlich!

Morello und Anna Klotze sind angenehm authentische und sympathische Ermittler, zwischen denen es humorvoll knistert. Der Schreibstil ist dabei gehoben und sehr passend.

Die ein oder andere glückliche Wendung kann man mit Sicherheit als unwahrscheinlich kritisieren. Irgendwie kommen die beiden immer wieder nur um Haaresbreite davon. Aber egal – für mich hat das insgesamt schon gepasst!

Eine Lektüre, die ich sehr genossen habe. Auf jeden Fall werde ich diese Reihe im Auge behalten! Sehr gute 4 Sterne von mir!

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Veröffentlicht am 25.06.2021

Über die Verwicklungen der Liebe

Schicksal
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Schicksal – Zeruya Shalev

Zeruya Shalev ist eine bekannte Stimme israelischer Literatur, auch wenn dies für mich ihr erster Roman war. Erwartet habe ich geschichtliche Hintergründe über das Land Israel ...

Schicksal – Zeruya Shalev

Zeruya Shalev ist eine bekannte Stimme israelischer Literatur, auch wenn dies für mich ihr erster Roman war. Erwartet habe ich geschichtliche Hintergründe über das Land Israel und das heutige Zusammenleben zwischen den Religionen und Kulturen. Dass eben dies meiner Meinung nach zu kurz kommt, ist mein größter Kritikpunkt.

Atara sucht nach dem Tod ihres Vaters Meno dessen erste Frau Rachel auf, mit der er gemeinsam im Untergrund gekämpft hatte. Von ihr erhofft sie sich Antworten über die Vergangenheit des Vaters, dem sie nie nahekommen konnte. Das ist die Ausgangssituation dieses Romans. Bald konzentriert sich der Fokus der Geschichte jedoch auf die abgekühlte Ehe Ataras. Shalev beschreibt diese Szenen einer enttäuschten Liebe sehr authentisch und realitätsnah. Es ist eine lesenswerte, gnadenlos ehrliche Sicht auf diese Beziehung. Eine Liebe auf dem Seziertisch quasi. Dann kommt es zu einer Katastrophe und ab diesem Zeitpunkt entwickelt sich die Handlung leider kaum noch weiter. Gerade der Handlungsstrang um Rachel gerät sehr in den Hintergrund. Und so gerät diese Geschichte zu einer Beziehungsanalyse und Aufarbeitung diverser Kindheitstraumata. Das ist durchaus lesenswert, könnte im Prinzip aber überall spielen. Das Potenzial des Schauplatzes Israel sehe ich leider etwas verschenkt.

Sprachlich bewegt sich Frau Shalev auf höchstem Niveau. Literarisch hochwertig und poetisch entführt sie ihre Leser tief in die Gedankenwelt ihrer weiblichen Protagonistinnen Atara und Rachel. Es ist ein Lesegenuss. Schade nur, dass mich die Entwicklung der Handlung nicht ebenso begeistern konnte. Deshalb gibt es von mir hier 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 18.06.2021

Netter Frauenroman

Hinter den Wolken leuchtet ein neuer Tag
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Hinter den Wolken leuchtet ein neuer Tag – Liane Wilmes

Vorab muss ich erwähnen, dass es sich hierbei um einen klassischen Frauen-Unterhaltungsroman handelt, eine Liebesgeschichte eben.

Gerade zu Beginn ...

Hinter den Wolken leuchtet ein neuer Tag – Liane Wilmes

Vorab muss ich erwähnen, dass es sich hierbei um einen klassischen Frauen-Unterhaltungsroman handelt, eine Liebesgeschichte eben.

Gerade zu Beginn ist mir der recht einfache, teils etwas plumpe Schreibstil aufgefallen. Auf Formulierungen wie: „sie ahnte nicht, was am nächsten Tag passieren würde…“ kann ich eigentlich gut verzichten. Auch die Handlung ist im Prinzip doch recht vorhersehbar. Aber wie gesagt, das ist eine Geschichte fürs Herz. Und dahingehend hat mich Frau Wilmes spätestens in der zweiten Hälfte doch überzeugt.

Eine nette Liebesgeschichte mit viel Herzschmerz, zur Abwechslung habe ich das wirklich sehr genossen. Deshalb von mir 4 Sterne, auch wenn es mit dem literarischen Wert nicht weit her ist.

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Veröffentlicht am 18.06.2021

Interessante Dystopie

New York Ghost
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New York Ghost – Ling Ma
Das hier ist eine Dystopie, die gerade in Corona-Zeiten sehr bedrückend wirkt. Nein, es geht hier nicht um einen Virus, sondern um einen tödlichen Pilz, der das Shen-Fieber hervorruft ...

New York Ghost – Ling Ma
Das hier ist eine Dystopie, die gerade in Corona-Zeiten sehr bedrückend wirkt. Nein, es geht hier nicht um einen Virus, sondern um einen tödlichen Pilz, der das Shen-Fieber hervorruft und nahezu die gesamte Bevölkerung ausgelöscht hat. Hat man sich erstmal infiziert, gibt es keine Hoffnung mehr. Jeder Leser muss selbst wissen, ob er in der aktuellen Situation Lust auf eine derartige Story hat.
Candace Chen lebt und arbeitet in der Metropole New York. Obwohl das Shen-Fieber um sich greift und viele Überlebende aufs Land fliehen, bemerkt sie kaum, wie sich die Stadt rapide leert. Aus einer chinesischen Einwandererfamilie stammend, besitzt sie keine Wurzeln in der neuen Heimat. Als eine der allerletzten verlässt sie schließlich doch New York und schließt sich einer Gruppe von Überlebenden an.
Dieser Roman ist in drei Erzählsträngen angelegt. Die Gegenwart behandelt die Flucht aus New York und die Reise mit der Überlebendengruppe, deren Konflikte, etc. Es ist knallhart erzählt mit einigen recht brutalen Szenen. Dann gibt es noch einen Strang, der nur wenige Wochen, bzw. Monate früher angesiedelt sein dürfte. Hier wird das (Arbeits-)Leben von Candace skizziert. Man erfährt, wie das Fieber um sich greift, die Stadt immer leerer wird. Ein dritter Handlungsstrang geht zurück bis in die Kindheit von Candace in China und die Umsiedlung mit den Eltern. Diesen dritten Teil, der auch immer wieder eingeflochten wird, hätte ich persönlich jetzt nicht gebraucht. Es hat sich mir nicht erschlossen, warum die Infos über ihre Herkunftsfamilie für das weitere Geschehen relevant sein sollten.
Besonders interessant fand ich, dass diese Pilzsporen über billige chinesische Konsumgüter in die ganze Welt verteilt wurden. Zum Einen natürlich doch wieder der chinesische Ursprung des Corona-Virus, vor allen Dingen aber ist es eine beißende Kritik am Kapitalismus der immer wieder ganz deutlich zur Sprache kommt. Obwohl Candace sich des Problems durchaus bewusst ist, hält sie, scheinbar mangels Alternativen, bis zum Schluss verbissen an ihrem Job fest. Angesichts der leeren Stadt eine groteske Vorstellung.
Idee und Hintergrund fand ich also extrem interessant und lesenswert. Bereits des Öfteren ist es mir allerdings passiert, dass ich beim Lesen asiatischer Autoren eine gewisse Distanz nicht überbrücken konnte. Candace blieb mir fremd, ihre Gefühle spielen nur eine untergeordnete Rolle, ihre Handlungen sind von daher nicht immer nachvollziehbar. Die Handlung ist spannend, teils brutal, oft recht offenherzig erzählt (gerade was sexuelle Kontakte in der Großstadt betrifft), trotzdem ist da eine Sachlichkeit, die mich zum Außenstehenden machte, mich nicht so ganz in die Geschichte hineinließ.
Wer Endzeitstorys und Geschichten über Pandemien mag, ist hiermit sicherlich gut bedient. Ling Ma hat eine kluge und anspruchsvolle Dystopie geschrieben, der ich noch viele Leser wünsche. 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 30.05.2021

Frieder

Der große Sommer
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Der große Sommer – Ewald Arenz

Das scheint das Jahr der Sommer-Bücher zu sein. Zumindest hab ich in den letzten Monaten einige davon gelesen und auch dieses hier konnte mich wieder in meine Jugend zurückversetzen ...

Der große Sommer – Ewald Arenz

Das scheint das Jahr der Sommer-Bücher zu sein. Zumindest hab ich in den letzten Monaten einige davon gelesen und auch dieses hier konnte mich wieder in meine Jugend zurückversetzen und ehrlich begeistern.

Es sieht nicht gut aus für Frieder. Um das Schuljahr doch noch zu bestehen, muss er in Mathe und Latein in die Nachprüfung. Das bedeutet, die Familie fährt ohne ihn in den Urlaub. Frieder ist zum Lernen beim gestrengen Großvater verdonnert. Tolle Aussichten. Und doch wird es am Ende ein toller Sommer. Denn er hat seine Schwester Alma und den besten Freund Johann, außerdem das Mädchen Beate, das er im Bad kennenlernt. Auch der Großvater mit seiner spröden Art entpuppt sich als ganz in Ordnung. Es passiert viel in diesen sechs Wochen. Frieder lernt die Liebe kennen und den Tod – und noch vieles mehr. Ein typischer coming-of-age-Roman eben. Aber schön.

Ewald Arenz hatte mich mit seinem unaufgeregten Schreibstil bereits ab der ersten Seite. Ich saß mit Frieder und Johann im Klassenzimmer. Es ist die Rückgabe des letzten, alles entscheidenden Tests – eine Sechs in Latein. Und wer kennt es nicht, dieses bange Gefühl aus der eigenen Schulzeit. Es war alles wieder da. Frieder ist ein ganz gewöhnlicher Jugendlicher mit ganz normalen Sorgen und Problemen. Herr Arenz hat ganz offensichtlich ein Gefühl dafür und versetzt seine Leser unmittelbar zurück in die eigene Jugend.

Ich habe diesen Roman sehr gerne gelesen und sehr genossen. Trotz allen Lobes gibt es von mir aber dennoch nur 4 Sterne. Zum Einen, weil der Erzählstil sowohl plottechnisch als auch sprachlich etwas raffinierter hätte sein können. Zum Anderen, weil gerade in diesem Jahr ein Buch mit ganz ähnlichen Themen erschienen ist, das mich noch deutlich mehr begeistern konnte: Hard Land von Benedikt Wells.

Nichts destotrotz – eine große Leseempfehlung von mir!

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