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Veröffentlicht am 04.06.2021

Sehr interessante Erkenntnisse

Das Leben ist einfach, wenn du verstehst, warum es so schwierig ist
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Manchmal laufen einem Bücher genau zur richtigen Zeit über den Weg. Dieses hier ist so ein Buch.Wie es weiter geht, wenn man das Gefühl hat, dass nichts mehr geht… das ist manchmal die alles entschiedene ...

Manchmal laufen einem Bücher genau zur richtigen Zeit über den Weg. Dieses hier ist so ein Buch.Wie es weiter geht, wenn man das Gefühl hat, dass nichts mehr geht… das ist manchmal die alles entschiedene Frage…

Holger Kuntze konnte mich tatsächlich gleich von der ersten Seite an packen. Mir hat gefallen, dass er das Thema mit Humor angeht, aber dennoch dem Leser immer vermittelt, dass er ihn ernst nimmt.

“Verstehen Sie dieses Kapitel bitte nicht falsch. Ich will Ihnen nicht Ihre Krise klein- oder schönreden. Oder sagen: “Stell dich nicht so an.” Ich will aber sehr deutlich darauf hinweisen, dass Sie in der Krise weniger in der Kontrolle Ihrer Reaktionen sind, als Sie glauben, und uralte, evolutionäre Mister und Hirnreaktionsprogramme ablaufen, die umgekehrt die Kontrolle über Sie übernehmen.” (S. 52)

Der Autor, ausgebildeter Psychotherapeut, holt den Leser bei Null ab. Das ist etwas, was mir gefällt. Einige der Zusammenhänge kenne ich bereits, da schon mehr Bücher und Seminare zum Thema Resillienz gelesen bzw. gemacht habe. Dennoch ist es gut, sich immer wieder vor Augen zu führen, woher einige Reaktionen kommen und dass man diese erstmal schwer steuern kann. Kampf oder Flucht ist tief in uns verankert.

Spannend fand ich in diesem Zusammenhang, dass der Autor aufzeigt, dass unser Gehirn für die heutige Zeit nicht gemacht ist. Wir haben uns weiterentwickelt, vor allem die Technik hat sich stark weiterentwickelt, aber unser Gehirn, das steht nach wie vor in der Steinzeit, was den Reflex Kampf oder Flucht angeht. Ein Gehirn, welches auf die heutige Zeit eingestellt wäre, müsste anders funktionieren. Bei mir stützt es das Gefühl, das ich schon seit einiger Zeit habe, dass die heutige Zeit zu schnelllebig ist und wir dafür eigentlich nicht gemacht sind.

Nach einem einführenden Teil (ungefähr ein Drittel des Buches) geht es an die Übungen. Denn, wir wir alle wissen, ändert sich nichts, wenn wir nur darüber lesen. Machen, wieder machen, nochmal machen und verinnerlichen. Das ist das Geheimnis der Veränderung. Ganz schön schwierig, auch das wissen wir alle.

Die Übungen gefallen mir gut. Sie sind nicht schwierig, also es ist nicht schwierig, sie zu verstehen. Was die Umsetzung angeht sieht es dann teilweise anders aus. Der innere Schweinehund… Dennoch kann ich sagen, dass der Autor den Leser an die Hand nimmt und ihm leicht zu verstehende Übungen an die Hand gibt.Im dritten Teil werden diese Übungen mit Listen unterstützt, die man immer wieder zur Hand nehmen kann.

Eins sei noch dazu gesagt, wie es auch der Titel sagt, geht in diesem Buch nicht darum, Menschen mit ernsthaften psychischen Erkrankungen zu helfen. Es geht um Menschen, die sich aus welchem Grund auch immer in einer Krisensituation befinden. Das Buch kann Anregungen geben, das Leben wieder in die Hand zu nehmen.

Mich hat vor allem der Satz “Planen Sie lieber weniger, als mehr, und erreichen Sie dieses Weniger.“, sehr angesprochen. Das ist irgendwie eine gute Erkenntnis. Es geht dabei darum, selbstwirksam zu sein und wahrzunehmen, was man schafft. Nicht sich zu überfordern, indem man so viel plant, dass man es vermutlich sowieso nicht schaffen kann.

Mir hat vor allem der erste Teil geholfen, der mir ziemlich interessante Einsichten geschenkt hat und mich Zusammenhänge hat erkennen lassen. Die Übungen sind leicht verständlich, liegen mir aber ehrlich gesagt nicht so ganz. Ich glaube, um an mir zu arbeiten brauche ich eher eine Gruppe, jemanden, der mir sagt oder vorlebt, wie es geht. Ich bin nicht so gut darin, aus Büchern zu lernen.

Insgesamt vergebe ich gerne 5 Sterne für ein spannendes Buch, dass den Anfänger in der Krisenbewältigung da abholt, wo er steht. Die Krise wird vom Autor nicht klein geredet, sondern ernst genommen. Die aufgezeigten Zusammenhänge sorgen dafür, dass man seine Krise ein kleines Stück weit bearbeiten kann.

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Veröffentlicht am 04.06.2021

Ein gelungener Abschlussband

Die Fotografin - Das Ende der Stille
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Was habe ich auf diesen fünften und letzten Band der Reihe hingefiebert. Mit der Geschichte um die Fotografin Mimi Reventlow hat mich Petra Durst-Benning sowas von gefangen genommen und ich wurde auch ...

Was habe ich auf diesen fünften und letzten Band der Reihe hingefiebert. Mit der Geschichte um die Fotografin Mimi Reventlow hat mich Petra Durst-Benning sowas von gefangen genommen und ich wurde auch beim fünften Band nicht enttäuscht.

Mimi geht es nun weiter nach Amerika. Wieder ein großer Schritt im Leben dieser großartigen Frau. In Amerika treffen wir eine alte Bekannte wieder. Chrystal Kahla, die früher Christel Merkel hieß und die wir natürlich kennen. Zunächst geht es auch weniger um Mimi, als um Christel und ihr Leben. Ich muss sagen, dass mir dieser Strang wirklich gut gefallen hat. Ich mochte sie ja nicht immer wirklich gerne und vielleicht mag ich sie auch heute noch nicht, aber ihr Leben ist auf jeden Fall spannend. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland geht es auch wieder mehr um Mimi. Mir gefällt, dass sie ein wirklich rundes Leben führt, das sie immer weiter vorwärts bringt. Mimi ist eine Frauenfigur, die ich tief bewundere.

Im anderen Erzähltstrang treffen wir auf Alexander Schubert. Wow! Was für ein toller Strang. Nachdem ich ihn als Paon ja absolut nicht mochte, macht er in diesem Band eine tolle Entwicklung durch. Kann Alexander wirklich noch ein toller Mensch werden? Seine neue Liebe Lena scheint mir dafür zu sorgen, dass er große Schritte in seiner Entwicklung dahin macht. Das hat mir wirklich gut gefallen. Alexander hat in meinen Augen die größte Entwicklung in der kürzesten Zeit durchgemacht.

Auch von Anton erfahren wir in diesem Band viel. Ich fand ihn teilweise ein bisschen selbstsüchtig, aber man muss auch berücksichtigen, was Anton im ersten Weltkrieg durchlitten hat. Ich konnte nachvollziehen, dass er eine sinnvolle Aufgabe im Leben braucht. Trotzdem hätte er etwas mehr Verständnis für Mimi an den Tag legen dürfen, schließlich war in den vorhergehenden Bänden er der Freigeist, der sich nicht anbinden ließ.

Der Schreibstil von Petra Durst-Benning ist, wie wir ihn aus den vorherigen Bänden gewohnt sind. Leicht und locker zieht er mich durch die Geschichte und ich hatte mal wieder ein Buch in der Hand, das ich nicht weglegen konnte. Ich schlug Seite um Seite um und tauchte durch den lebendigen Erzählstil wieder in das Amerika und das Deutschland des beginnenden 20. Jahrhunderts ein. Jeder der inzwischen lieb gewonnenen Figuren konnte ich mir vor meinem inneren Auge vorstellen. Man mag sie gar nicht gehen lassen.

Die Geschichte ist wieder spannend und einfach rund. Vor allem der Erzählsprung um Mimi in Amerika hat es mir sehr angetan. Die letzten rund 100 Seiten spielen 10 Jahre später als die restliche Geschichte und Petra Durst.Benning runde für jede ihrer Figuren die Geschichte sehr liebevoll ab. Bei mir sind wirklich keine Wünsche offen geblieben. Ich habe bei jeder der wichtigen Figuren eine Vorstellung, wie es mit ihrem Leben weitergehen wird.

Ich mag es, wenn Autoren wissen, wann Schluss sein muss und Reihen nicht immer weiter ausschlachten, bis es nicht mehr auszuhalten ist. Von daher bin ich zwar traurig, dass ich Mimi und ihre Mitstreiter jetzt ziehen lassen muss, aber ich bin auch froh, dass Petra Durst-Benning eine wundervolle Reihe geschaffen hat, die mich absolut zufrieden zurück lässt. Von mir für die gesamte Reihe eine Leseempfehlung. Ich habe jeden einzelnen Band geliebt.

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Veröffentlicht am 16.05.2021

Unglaublich spannende Dystopie

Dark Palace – Zehn Jahre musst du opfern
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Das Buch hatte ich tatsächlich auf der Wunschliste, als es 2018 erschienen ist, wie das aber manchmal so ist wanderte es nach hinten. Dann las ich einige eher nicht so begeisterte Rezensionen, was mich ...

Das Buch hatte ich tatsächlich auf der Wunschliste, als es 2018 erschienen ist, wie das aber manchmal so ist wanderte es nach hinten. Dann las ich einige eher nicht so begeisterte Rezensionen, was mich auch nicht dazu brachte, das Buch zu kaufen. Vergessen habe ich es aber nie und nun endlich zugeschlagen. Ich muss sagen: Ich hätte es früher kaufen sollen! Ich bin schwer begeistert und total in der von Vic James geschaffenen Welt gefangen. Dafür habe ich jetzt das Glück, dass ich alle drei Bände hintereinander weg lesen kann. Das ist auch nicht schlecht.

Die Geschichte ist wirklich heftig. Sowohl im Sinne von körperlich brutal, als auch emotional brutal. Das System, dass jeder Gewöhnliche irgendwann in seinem Leben zu 10 Jahren Sklavenarbeit antreten muss ist unglaublich menschverachtend. Man fragt sich, warum sich die Menschen nicht dagegen auflehnen. Nach und nach erfährt man aber immer mehr, wozu die Menschen mit Geschick (sowas wie Magie) fähig sind. Die normalen Leute haben einfach keine Chance. Das machte mich zeitweise ziemlich mutlos.

Die Geschichte wird aus Sicht mehrerer Protagonisten erzählt (vor allem aus Sicht von Luke, Abi, Gavar und Bouda, aber auch kurz aus Leahs Sicht, Euterpes und Silyens Sicht).

Luke ist derjenige, dessen Geschichte ich am spannendsten Fand. Nicht nur deswegen, weil er der Einzige der Familie ist, der nicht mit auf das Herrenhaus Kyneston darf, sondern in die Sklavenstadt Millmoor muss, Donnern auch, weil er der spannendste Charakter ist. Mit seinen gerade mal 17 Jahren dürfte er eigentlich gar nicht ohne seine Familie in die Sklavenzeit gehen, da er nicht volljährig ist. Leider interessiert das die Verantwortlichen nicht.

Abigail, genannt Abi, ist Lukas große Schwester. Sie versucht, die Fäden der Familie zusammen zu halten. Leider wirkt sie ab und an aber etwas farblos. Durch sie erhalten wir aber gute Einblicke in das Leben auf Kyneston und begleiten sie, ihre Eltern und ihre kleine Schwester Daisy. Daisy ist unglaublich süß und hat als Kindermädchen von Gavars Tochter Leah eine Sonderstellung im Haushalt.

Silyen Jardine ist der jüngste der Jardine Geschwister. Es gibt noch den Erben des Hauses, den ältesten Bruder Gavar und den mittleren Bruder Jenner, der völlig aus der Art geschlagen ist, da er über keinerlei Geschick verfügt. Jenner war mir im ersten Band derjenige, der am sympathischen erschien. Auch wenn es einfach viel zu viele wichtige Figuren in diesem Buch gibt, um sie alle erwähnen zu können, möchte ich noch kurz etwas zu Bouda sagen.

Bouda, ebenso eine Ebenbürtige mit Geschick, wie die Familie Jardine. Erbin des Hauses Maltravers und zukünftige Gattin von Gavar Jardine. Bouda ist von den Ebenbürtigen fast die einzige Figur, die man von Anfang bis Ende gut einschätzen kann. Sie ist machthungrig und geht für ihre Ziele über Leichen. Ob sprichwörtlich oder wörtlich wird sich noch herausstellen…

Die Geschichte ist von Anfang an extrem spannend und die Spannung wird die gesamte Zeit über hoch gehalten. Nicht immer weiß man so ganz genau, wer Freund und wer Feind ist. Stimmungen und Meinungen ändern sich oder werden nicht ausgesprochen. Zum Ende hin nimmt die Geschichte eine Wendung, die ich so nicht erwartet habe, die mich aber total überzeugt hat.

Trotz der phantastischen Elemente des Geschicks steht die politische Entwicklung klar im Vordergrund. Das geschaffene System ist derart menschenverachtend, dass man sich eigentlich dagegen zur Wehr setzen muss. Vic James arbeitet sehr schön heraus, mit welchen nur geringen Mitteln sich die breite Masse gegen eine durch ihr Geschick den Massen trotzdem überlegene zahlenmäßig kleine Oberschicht auflehnen kann. Erschreckend, aber sehr real.

Der Schreibstil von Vic James reißt den Leser mit. Er ist brutal, aber gerade noch auszuhalten. Ich bin da ehrlich gesagt eher etwas zart besaitet und wenn es mir zu doll wird, dann überspringe ich auch schonmal eine Szene. Das musste ich hier nicht tun. Es war gerade so an der Grenze des Erträglichen.

Ich habe das Buch innerhalb von 2 Tagen gelesen und muss sagen, dass ich bisher eine spannende, gut durchdachte Geschichte verpasst habe. Von mir gibt es 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 16.05.2021

Überaus gelungene Fortsetzung

Die Hafenschwester (2)
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Band 2 spielt deutlich nach Band 1. Es sind einige Jahre ins Land gezogen. Martha und Paul sind verheiratet und haben 3 wunderbare Kinder. Nachdem sie Cholera-Epidemie in Band 1 gut überstanden ist, steht ...

Band 2 spielt deutlich nach Band 1. Es sind einige Jahre ins Land gezogen. Martha und Paul sind verheiratet und haben 3 wunderbare Kinder. Nachdem sie Cholera-Epidemie in Band 1 gut überstanden ist, steht nun der erste Weltkrieg vor der Tür.

Auch in diesem Band ist Martha, die Hafenschwester, natürlich die Hauptperson. Was mir an Martha richtig gut gefällt ist, dass die Autorin sie nicht unfehlbar gemacht hat. An der einen oder anderen Stelle legt sie Verhaltensweisen an den Tag, die mir nicht unbedingt gefallen habe, die sie aber menschlich machen. Martha ist ein authentischer Mensch mit Ecken und Kanten. Ihre schlechte Seite ist, aus meiner Sicht, die Überheblichkeit, die sie teilweise an den Tag legt. Nicht, dass sie sich wirklich über andere erhebt, aber sie strahlt manchmal aus, dass sie der Ansicht ist, dass sie am Besten weiß, was für die Menschen in ihrer Umgebung gut ist. So begegnet sie der Frau Ihres Bruders, Li-Ming, zunächst mit sehr viel Mißtrauen. Insgesamt ist Martha aber nach wie vor der Mensch, den wir aus dem ersten Band kennen. Unerschrocken setzt sie sich für die Belange der Schwächeren ein.

Der Schreibstil von Melanie Metzenthin ist, wie gewohnt, sehr bildhaft und mitreißend. Sie schilderte alle Orte und Situationen so, dass ich keinerlei Probleme hatte, sie mir vorzustellen. Ich wurde erneut förmlich in die Geschichte gezogen und wanderte mit Martha und ihren Lieben durch Hamburg.

Die Geschichte entwickelt sich stetig vorwärts und weist keine Längen auf. Es geht Schlag auf Schlag. Nach einer relativ sorglosen Zeit bei Milli in Amerika geht es mit raschen Schritten auf den ersten Weltkrieg zu. Auch Paul wird, sehr unerwartet, in den Krieg eingezogen und kommt mit schwersten Verletzungen wieder.

An der Figur von Paul ist es Melanie Metzenthin ausgesprochen gut gelungen, die Verzweiflung, aber auch die sich wieder anbahnende Hoffnung zu zeigen. Aufgrund der schwere der Verletzungen war ich gewillt, Paul zuzugestehen, aufzugeben. Sein Schicksal ist so hart, dass man das wirklich nur schwer verkraften kann. Hier zeigt sich aber auch, dass die Liebe einer Familie und von guten Freunden einen Menschen tragen kann.

Zunächst ist es Martha, die Moritz, der ebenso schwer gezeichnet, wie Paul, nur deutlich früher, aus dem Krieg heimgekehrt ist, etwas von ihrer Kraft abgeben muss. Und vielleicht gerade deswegen weil sie beide ein ähnliches Schicksal teilen, schafft Moritz es, Paul viel Kraft zu geben. Wer hätte das gedacht? Moritz, der sonst eher locker durchs Leben schlurfte, entwickelt sich zu einem tollen Mann. Ihn hat die Autorin eine großartige Entwicklung durchmachen lassen.

Spannend fand ich zu sehen, wie sich das politische Interesse und das Engagement von Martha und Paul weiterentwickeln. Im ersten Band noch sehr offensiv, wobei aber auch eher ungebunden und vor allem kinderlos, sind sie im zweiten Band auch weiterhin stark politisch interessiert. An der einen oder anderen Stelle erkennt man aber, dass die beiden auch hin und her gerissen sind, zwischen der Verantwortung für ihre Kinder und dem politischen Engagement. Wie weit kann man such engagieren, wenn man Repressalien befürchten muss, wenn man aber auch drei kleine Kinder zu versorgen hat? Dieser Spur geht die Autorin anhand von Paul und Martha nach.

Alles in allem kann ich euch auch den zweiten Band rum die Hafenschwester Martha Studt nur ans Herz legen. Ein gut recherchierter, wunderbar ausgearbeiteter Roman, der von mir volle 5 Sterne bekommt.

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Veröffentlicht am 16.05.2021

Spannend

Die Hafenschwester (1)
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Melanie Metzenthin hat sich inzwischen zu meiner Lieblingsautorin im Bereich des historischen Romans entwickelt. Sie schreibt so lebhaft, dass ich die Figuren immer vor mir sehen kann und sie einfach ins ...

Melanie Metzenthin hat sich inzwischen zu meiner Lieblingsautorin im Bereich des historischen Romans entwickelt. Sie schreibt so lebhaft, dass ich die Figuren immer vor mir sehen kann und sie einfach ins Herz schließen muss. Dabei legt sie, auch wenn es sich um fiktive Figuren handelt, Wert auf eine authentische Darstellung der Zeit, in der ihre Figuren leben.

Die Geschichte um Martha spielt im historischen Hamburg, kurz vor Ende des 19. Jahrhunderts. Hamburg ist von uns aus gesehen die nächste Großstadt und so fühlte ich mich dem Setting gleich noch ein bisschen mehr verbunden.

Zunächst geraten wir mit der noch sehr jungen Martha und ihrer Familie in die Zeit der Cholera. Schon hier zeigt sich, dass Martha bereit ist, anzupacken und für sich und ihre Lieben einzustehen und zu tun, was eben nötig ist. Sie eignet sich das notwendige Wissen über Hygiene an, um ihre Familie möglichst gut durch die Zeit zu bringen. Schwere Schicksalsschläge bleiben dabei nicht aus, dennoch macht sie immer weiter. Schnell muss die noch nicht einmal volljährige junge Frau ihre Familie ernähren.

Im Laufe der Geschichte entdeckte ich immer mehr Seiten an Martha, die mich einfach in ihren Bann gezogen haben. Sie kommt aus einer einfachen Arbeiterfamilie, war sich der Liebe ihrer Eltern aber immer bewusst. Oft ist das mehr, als alles Geld der Welt. Trotz der nicht vorhandenen Bildung bildet sich sie jederzeit weiter, spitzt die Ohren, lernt von gebildeteren Menschen, als sie es ist, wie z. B. die Arztfrau Wilhelmine Schlüter oder später der reichen Erbin Lida Heymann und bildet sich ihre Meinung. Ganz besonders imponiert hat mir, dass sie ihre Freunde, und ganz besonders ihre Freundin Milli, die sich als Prostituierte durchschlagen muss, nie vergisst. Auch als sie zu einer ehrbaren Krankenschwester ausgebildet ist, vergisst sie ihre Herkunft nicht und ist bereit, sich auch wenn es ihrem Ansehen schadet, sich für ihre Freunde einzusetzen. Ja, von Martha kann man sich definitiv eine Scheibe abschneiden.

Das Setting im Gängeviertel Hamburgs ist beeindruckend. Man sieht das Elend der Arbeiter, die teils 72 Stunden schuften müssen und dabei grausame Unfälle erleben, richtig vor sich. Als es zu einem Streik kommt musste ich richtig mitleiden und ich war entsetzt, wie wenig es die Reichen interessiert. Hauptsache der Profit stimmt. Ob dabei Menschen zu Schaden kommen ist völlig egal.

Eine Sache hat ganz besonders etwas in mir bewegt. Schon oft habe ich in den sozialen Netzwerken gelesen, dass es heute viele junge Menschen gibt, die schon eine 40 Stunden Woche zu viel finden. Ja, ich gestehe, dass ich auch von zeit zu Zeit mit meinen 41 Stunden die Woche hadere und gerne etwas weniger arbeiten würde. Die damaligen Menschen kämpften für einen 12 Stunden Tag, für eine Absicherung der Familie nach einem Arbeitsunfall. Die Männer haben unter schwersten Bedingungen teils 72 Stunden durchgearbeitet. Und uns sind schon 8 Stunden zu viel? Wir sind heute alle gut abgesichert. Wer aus welchem Grund auch immer nicht arbeitet/ nicht arbeiten kann, den fängt das soziale Netzwerk in unserem Land auf. Ich bin manchmal nicht sicher, ob wir noch die richtigen Relationen haben. Mir persönlich hat das auf jeden Fall Stoff zum Nachdenken gegeben.

Der Schreibstil von Melanie Metzenthin ist bildhaft und mitreißend. Genau wie bei den Leisen Helden konnte ich auch die Geschichte um die Hafenschwester nicht aus der Hand legen. Die Autorin schafft es so schnell, einem die Figuren ans Herz zu schreiben, dass man einfach nur wissen will, was sie erleben, wie es mit ihnen weiter geht.

Dabei kommen auch die Nebenfiguren, wie die bereits erwähnte Milli, Marthas Vater Karl, Marthas späterer Ehemann Paul Studt oder ihre Kolleginnen Susanne, Carola und Auguste nicht zu kurz. Sie alle sind so ausgestaltet, dass man sie vor sich sieht. Vor allem die hochnäsige Auguste bringt viel Würze in die Geschichte. Ihr hätte ich gerne mal so richtig die Leviten gelesen. Aber das erledigt Martha ja in ausreichendem Maße. Das Mädel hat wirklich keine Angst vor niemandem.

Also ich kann euch auch diese Reihe nur ans Herz legen. Band 2 ist bereits erschienen und Band 3 erscheint im Herbst. Von mir gibt es gerne 5 Sterne.

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