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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.09.2021

Auf den Punkt erzählt

Land in Sicht
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Inhalt

Jana ist Mitte Zwanzig und bei der Suche nach ihrem Vater, den sie bisher nicht kennt, fündig geworden. Er ist Kapitän auf einem Kreuzfahrtschiff auf der Donau. Auf diesem Schiff, dessen Gäste ...

Inhalt

Jana ist Mitte Zwanzig und bei der Suche nach ihrem Vater, den sie bisher nicht kennt, fündig geworden. Er ist Kapitän auf einem Kreuzfahrtschiff auf der Donau. Auf diesem Schiff, dessen Gäste sich im Alter sechzig plus befinden, bucht sie kurzerhand eine Reise. Sechs Tage hat sie Zeit ihren Vater Milan kennenzulernen und herauszufinden, was für ein Mensch er ist.

Doch als sie ihre Reise antritt, ist sie nicht mehr sicher, ob es eine gute Idee war.

Meinung

Jana ist eine unstete und unsichere Person, die aller Wahrscheinlichkeit nach Bindungsprobleme hat, was sich nicht nur auf Liebes-, sondern auf alle Beziehungen in ihrem Leben auswirkt. Ihren Vater kennt sie nicht, doch die Väter ihrer Freundinnen hat sie genau beobachtet. Sensibel schildert die Autorin Janas kindliche Sicht auf Väter und die Vorstellung, die sie sich von ihrem eigenen macht. Janas Beziehung zu ihrer Mutter könnte man als distanziert beschreiben. Ab und an klingt durch, Jana gibt ihrer Mutter die Schuld am den fehlenden Vater, allerdings ist es nur mein Gefühl, wirklich präzise gesagt wird es nicht.

Bisher hat Jana sich planlos durch ihr Leben treiben lassen. Nun da sie herausgefunden hat, wer ihr Vater ist, hat sie die Hoffnung etwas über sich zu erfahren. In dieser Hoffnung schwingt auch der Wunsch mit, dass, wenn sie ihre Wurzeln gefunden hat, auch selbst welche schlagen kann. Und das wünscht man ihr als Leser:in aus tiefsten Herzen.

Obwohl Jana im Vorfeld genau überlegte, wie sie als weitaus Jüngste auf dem Schiff weniger auffällt, geht dieser Plan nicht auf und beschert dem Roman manche Situationskomik. Die Szenen sind urkomisch und tragen dennoch eine gewisse Tragik in sich. Der präzise Erzählstil lässt Unnötiges aus, zeugt jedoch von einer wunderbaren Beobachtungsgabe. Das vorsichtige Herantasten an den Vater ist schnörkellos und voller nüchterner Emotion erzählt. Wir nehmen teil an Janas Zweifeln, ihrer Unsicherheit, die mit dem Wunsch endlich ihren Vater kennenzulernen kämpfen. Jedes Kapitel beschreibt einen Tag auf dem Fluss.

Mich hat der Debütroman von Ilona Hartmann hervorragend unterhalten. Ich habe gelacht, ich habe mitgefühlt.

Fazit

Ein gelungener Debütroman. Witzig, tiefgründig und ehrlich.

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Veröffentlicht am 29.06.2021

Spannend bis zum letzten Wort

Ein Wort, um dich zu retten
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Meinung

Zu Beginn des Romans „Ein Wort, um dich zu retten“ beschreibt der Autor das Leben eines Schriftstellers, Nathan Fawles. Es sind Zeitungsartikel über ihn, Interviews mit ihm, die ein Bild eines ...

Meinung

Zu Beginn des Romans „Ein Wort, um dich zu retten“ beschreibt der Autor das Leben eines Schriftstellers, Nathan Fawles. Es sind Zeitungsartikel über ihn, Interviews mit ihm, die ein Bild eines Schriftstellers entstehen lassen, der sich plötzlich aus der Öffentlichkeit zurückzog und das Schreiben aufgab. Dem gegenüber steht Raphaël Bataille, dessen erster Roman eine Reihe von Absagen erhalten hat und der nun auf die Meinung seines schriftstellerischen Idols hofft. Ein naiver und gutgläubiger junger Mann, der voller Enthusiasmus auf die Insel kommt.

Auf den ersten Blick scheint Fawles ein Eigenbrödler zu sein, der die Gesellschaft anderer nicht sonderlich schätzt. Umso überraschender ist es, als er Mathilde in sein Haus lässt, obwohl er weiß, dass sie Journalistin ist. Es ist bis zum Ende nicht zu durchschauen, welche Absichten Mathilde verfolgt. Nur eines ist mir sofort klar gewesen, sie verfolgt nicht die gleichen Motive, wie ihre journalistischen Kollegen.

Die Rolle des Charakters Raphaël ist mir nach der Beendigung des Romans nicht ganz schlüssig. Zum einen ist er einer der Erzähler, der noch voller Idealismus steckt, den sein Vorbild längst verloren hat. Zum anderen ist er im Prinzip nur jemand, der Informationen aus den neuen Medien sammelt. Da Fawles keinen Internetzugang besitzt, ist Raphaël ihm natürlich eine Hilfe. Im Zusammenhang der Erzählung scheint mir Raphaël Schicksal sinnlos und damit unverständlich. Jedoch ist es für mich die einzige, kleine Ungereimtheit im Roman.

Was sehr beschaulich beginnt, entwickelt sich im weiteren Verlauf in eine erschreckende Geschichte über Verrat, Korruption und Verlust. Hinzu kommen noch schreckliche Verbrechen, die teils aus einem großen Schmerz heraus verübt wurden. Nur sehr langsam lichtet der Roman den Nebel, der die Verbrechen umgibt und legt stückchenweise die Wahrheit in all ihren grausamen Facetten frei. Ab der Buchhälfte konnte ich es kaum noch aus der Hand legen, zu groß war meine Neugier, wie die Geschichte sich weiterentwickeln wird.

Es ist Mussos Markenzeichen seinen Erzählungen immer neue Wendungen zu geben, damit es dem/der Leser:in unmöglich ist, das Ende auch nur ansatzweise vorherzusehen. Das schätze ich an seinen Romanen. Auch dieses Mal wurde ich nicht enttäuscht. Die Abgründe seiner Figuren zeigen sich meist erst gegen Ende des Buches. Geschickt wechselt der Autor die Erzählperspektive, sodass wir nach und nach die Charaktere besser kennenlernen. Mussos Charaktere sind in ihrem Handeln und Denken sehr lebensnah gezeichnet. „Ein Wort, um dich zu retten“ beginnt mit Zeitungsartikeln und Interviews von Nathan Fawles, wird dann weiter aus Raphaëls Perspektive erzählt. Später ist Fawles der Erzähler, gefolgt von Mathilde sowie vom Polizist der Insel. Durch diese Wechsel erfahren wir das, was wir zu dem Zeitpunkt wissen sollen. Ich mag diese Perspektivwechsel, denn sie unterbrechen nie meinen Lesefluss, sondern halten die Spannung aufrecht.



Fazit

Spannend, ausgefeilt bis ins kleinste Detail.

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Veröffentlicht am 06.06.2021

Poetische Schreibweise, unübersichtliche Handlung

Sieben Richtige
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Meinung

Der Roman „Sieben Richtige“ besteht aus einzelnen Episoden, die Handlung ist das Leben. Die Wege der Figuren kreuzen sich mal bewusst, mal unbewusst. Auf eine gewisse Weise sind alle miteinander ...

Meinung

Der Roman „Sieben Richtige“ besteht aus einzelnen Episoden, die Handlung ist das Leben. Die Wege der Figuren kreuzen sich mal bewusst, mal unbewusst. Auf eine gewisse Weise sind alle miteinander verbunden. Die Charakter des Romans erlebt Einschnitte und Schicksalsschläge, sind meist dazu gezwungen auf das Leben reagieren, statt zu agieren. Die einzelnen Episoden sind miteinander verflochten, ein Erzählstrang greift in den nächsten. Von besondere Bedeutung für alle Geschichten ist das Überleben der kleinen Greta, die zu Beginn einen schweren Unfall erleidet.

Das Buch teilt sich in sechs Hauptkapiteln mit einer unterschiedlichen Anzahl von Unterkapiteln auf. In einer herrlichen, poetischen Sprache erzählt der Autor von den Erlebnisse seiner Figuren. Dabei fokussiert er sich auf die kleinen Dinge des Lebens, die am Ende doch die größten Veränderungen hervorbringen. Es sind die fast unsichtbaren, kleinen Details, welche der Autor in wundervoller Weise beschreibt.

In der Gegenwart beginnend, springen die Geschichten im Verlauf des Buchs weit in die Zukunft und dann wiederum in die Vergangenheit. Mich hat dieses Hin und Her der Zeiten oftmals aus meinen Lesefluss gebracht. Häufig musste ich wieder zurückblättern, um mir Zusammenhänge noch einmal vor Augen zu führen. Auch wenn der Schreibstil des Romans mich berührte, empfand ich die Handlungen häufig als ein großes Durcheinander. Die Idee des Romans habe ich verstanden, dennoch ist die Umsetzung für mich nur bedingt gelungen.

Der Beginn des Buchs hat mir ausgesprochen gut gefallen, da ich solche Episoden Romane gerne lese. Jedoch wurden mir die Verbindungspunkte der Figuren im weiteren Verlauf des Romans zu konfus. Je größer die Zeitsprünge in die Zukunft wurden, desto unübersichtlicher wurden die jeweiligen Handlungsstränge. Der Roman startet in der Gegenwart und endet im Jahr 2050 (oder später?). Irgendwann habe ich die Überblick verloren und es war mir zu mühsam ständig zurückzublättern.


Fazit

Der Sprachstil hat mich begeistert, jedoch gilt das nicht für die Erzählung an sich. Zu viele Wechsel sowohl in den Zeitebenen als auch bei den agierenden Figuren, sodass ich des Öfteren den Überblick beim Lesen verloren haben.

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Veröffentlicht am 20.04.2021

Die Geschichte kommt zu oft vom Weg ab

Als wir uns die Welt versprachen
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Meinung

Die Autorin Romina Casagrande hat sich einem unpopulären und schrecklichen Thema angenommen, den Schwabenkindern. Jahrhunderte lang wurde Kinder der armen Bergbauern aus Südtirol an reichen Großbauern ...

Meinung

Die Autorin Romina Casagrande hat sich einem unpopulären und schrecklichen Thema angenommen, den Schwabenkindern. Jahrhunderte lang wurde Kinder der armen Bergbauern aus Südtirol an reichen Großbauern in Schwaben verkauft. Manche Kinder sahen ihre Heimat und ihre Eltern nie wieder. Auch als unter Mussolini dieser Handel untersagt wurde, gab es weiterhin illegale Wanderungen über die Alpen. Federführend war dabei die katholische Kirche, deren Dorfpfarrer meinten, sie täten den Armen etwas Gutes. In Schwaben angekommen, wurden die Kinder wie Sklaven angeboten. Auf den Höfen erwartete die Kinder nicht nur schwere, harte Arbeit, sondern auch Missbrauch und Demütigung.

Dem war damals auch Edna ausgesetzt. Glücklicherweise fand sie einen guten Freund, Jacob, der auf sie aufpasste. Jacob war ihr Halt, auch wenn er sie nicht vor allem beschützen konnte. In Rückschauen erinnert sie Edna an die Zeit auf dem Hof und an Jacob. So erfahren wir Leser:innen, wie das Leben der Schwabenkinder auf dem Hof aussah und was Edna als zehnjährige erlebte. Eines Tages ersteht Jacob einen Papagei, einen Paradiesvogel, der zur lebendig gewordenen Hoffnung der beiden Kinder wird. Sie schmieden einen Plan um fortzulaufen. Sie wollen mit Emil um die Welt ziehen. Doch es kommt anders.

Ednas Erinnerungen verlaufen meist chronologisch, sodass wir auch erst zum Schluss erfahren, warum Jacob und Edna auf ihrer Flucht getrennt wurden. Die Erlebnisse auf dem Hof schildert die Autorin oftmals aus der naiven Sichtweise der zehnjährigen Edna. Dadurch wirkt das Geschehene nicht weniger schrecklich und grausam, doch es mildert die harten Worte, die Erwachsene dafür hätten, ab. Ich habe bei den Episoden der Vergangenheit sehr mitgelitten und musste das Buch öfters aus der Hand legen, um das Schicksal sacken zu lassen. Die Handlungen heute und damals fließen wunderbar ineinander über, ohne zu verwirren.

Ednas Reise entbehrt nicht allerlei skurriler Begegnungen. Von einem, im Wohnwagen lebenden, Motorradfahrer über eine Schamanin mit Jura Studium oder einem Städter, der pilgert, um über den Verlust seines Partners hinwegzukommen. Den größten Teil der Strecke, dieser beschwerlichen Reise, geht sie zu Fuß. Natürlich kann man darüber streiten, ob es überhaupt möglich ist, dass eine Neunzigjährige den Weg über die Alpen schafft, dennoch halte ich es für durchaus denkbar. Edna hat viel erlebt in ihrem Leben, sie ist zäh, sie hat einen starken Willen und der versetzt bekanntlich Berge – oder überwindet sie. Allerdings wird es manchmal etwas abstrus und wirr, sowie ihre Fahrt im Gepäckraum eines Busses oder die ungeklärte Verfolgungsjagd mit der Polizei.

Im letzten Drittel eröffnet die Autorin einen unnötigen Erzählstrang um Adeles Familie. Sinn und Zweck dieses Strangs hat sich mir bis zum Schluss nicht erschlossen. Mich hat er verwirrt, den Fokus der Geschichte verrückt und alles künstlich in die Länge gezogen. Edna stellt sich ihren Dämonen der Vergangenheit, damit hätte das Buch beendet sein sollen. Ich verstehe, dass die Autorin Zuversicht vermitteln möchte, aber das hätte auf andere, kürzere Weise geschehen können. Max und Lukas sind für mich auf dieser Reise zwei vollkommen unnötige Charaktere, ebenso wie deren Probleme. Die reine Konzentration auf Edna und Jacob wäre ausreichend und richtig gewesen, so habe ich mich streckenweise ziemlich gelangweilt, weil ich kein Verständnis hatte, warum ich mich mit Adeles Familie beschäftigen soll. Ich war davon so genervt, dass ich die letzten Seiten nur noch überflogen habe.

Die Rückblenden sind absolut gelungen. Ich konnte mir das Leben auf dem Hof gut vorstellen. In der Gegenwart fehlt es mir oftmals an Tiefgang. So hätte ich gerne mehr über Ednas Leben nach ihrer Rückkehr nach Südtirol erfahren. Die alte Dame bleibt mir das Buch über fremd. Sie ist für mich nicht greifbar, weil es ihr an Kontur, an wahrem Charakter fehlt. Nur weil ich über ihre Liebe zum Garten oder ihre Sternsammlung Bescheid weiß, ist das für mich noch kein tiefer gehendes Kennenlernen. Zu Beginn hatte ich den Eindruck sie sei etwas senil, dann hielt ich sie trotz ihres Alters für ziemlich naiv, aber richtig warm wurde ich mit der alten Edna nie. Mir fehlen die Verknüpfungspunkte von der jungen zu der alten Edna. Auch bei den Abenteuern und Begegnungen auf ihrer Reise wäre weniger mehr gewesen. Es ist etwas zu viel des Guten, wie beispielsweise die Fahrt im Gepäckraum und die darauffolgende Jagd nach Emil.


Fazit

Die grauenhaften Bedingungen, unter denen die Schwabenkinder zu leiden hatten, sollten öfters Platz in Romanen finden. Der Roman konnte mich nicht vollends überzeugen. Teils zu oberflächliche Charaktere, teils fehlt mir die Sinnhaftigkeit. Die Erzählung verlor sich immer wieder in Nebenstränge, was dazu führte, dass sie kein Ende zu finden schien. Guter Ansatz, leider kommt die Geschichte zu oft vom Weg ab.

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Veröffentlicht am 05.04.2021

Unterhaltende Zeitreise, aber nicht überragend

Hard Land
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Im Sommer 1985 wird Sam sechzehn, ist zum ersten Mal verliebt und seine Mutter stirbt an einem Gehirntumor.
Um seine Ferien nicht nutzlos verstreichen zu lassen und auf keinen Fall zu seiner Tante nach ...

Im Sommer 1985 wird Sam sechzehn, ist zum ersten Mal verliebt und seine Mutter stirbt an einem Gehirntumor.
Um seine Ferien nicht nutzlos verstreichen zu lassen und auf keinen Fall zu seiner Tante nach Kansas geschickt zu werden, nimmt Sam einen Aushilfsjob im örtlichen Kino an. Für Sam ist es der Beginn eines unvergesslichen Sommers, in dem er Freundschaften schließt und erfährt, zu was er fähig ist, wenn er seine Ängste überwindet. Doch über all den wundervollen neuen Erfahrungen, schwebt die lebensbedrohliche Krankheit seiner Mutter. Der Sommer 1985 wird Sam für immer verändern.



Meinung



Benedict Wells hat sich für seinen Roman Hard Land von den bekannten 80iger Jahre Teenager Filmen, wie beispielsweise „Breakfast Club“ oder „Pretty in Pink“, inspirieren lassen. Der Roman gliedert sich in vier Episoden; Die Wellen, der Streich, die Prüfung, die Pointe, mit jeweils unterschiedlicher Kapitelanzahl.

Sam ist der Außenseiter. Seit die Familie seines besten Freundes weggezogen ist, weil es in Grady keine Arbeit mehr gibt, lebt er mit seinem Eltern ausgerechnet in einem Haus, das an den Friedhof grenzt. All das untermauert seine Stellung als Außenseiter und die Trostlosigkeit seiner Umgebung

Hinzu kommt die lebensbedrohliche Krankheit seiner Mutter, die den Teenager stark belastet. Der Autor hat ein feines Gespür für die Gefühlswelt des Jungen, der die Krankheit als stetige Bedrohung wahrnimmt. Wells versteht es Sams Angst eines Tages ohne seine Mutter dazustehen, aber auch die unbändige Wut drüber, eindrucksvoll in Wörter zu verpacken.

Umso so deutlicher wird der Gegensatz zu Sams bisherigen, von Angst geprägten Leben, als er in Kirstie, Cameron und Hightower neue Freunde findet. Nach und nach entdeckt Sam, dass auch seine neuen Freunde, die ihm so taff und cool erscheinen, ebenfalls ihre Päckchen zu tragen haben. Auch sie waren und sind nicht die selbstbewussten Menschen, die sie auf den ersten Blick scheinen. Durch diese Freundschaft beflügelt, stärkt sich Sams Selbstwertgefühl. Er probiert sich aus und wird mutiger.

Sams Verwandlung, wie er über sich hinauswächst, beschreibt der Autor in teils sehr poetischen Sätzen. Als Leser/in erlebt man den Sommer förmlich mit. Es ist ein Gefühl, als ob in diesen Wochen alles möglich wäre. Manch einer wird sich zurück erinnert haben, an einen Sommer, der für ihn unvergesslich ist. Genau dieses Gefühl lässt uns der Autor noch einmal erleben.

Bis das eintrifft, was der erste Satz des Romans schon eingeleitet hat; Sams Mutter stirbt. Ein schreckliches Ereignis, das Sam aus der Bahn wirft. Zuvor gibt es zwei Gespräche mit seiner Mutter, die eindringlich wiedergeben, wie eng die Bindung zwischen Mutter und Sohn ist. Ich bin froh, dass diese Gespräche stattfanden, denn für Sam waren sie meiner Ansicht nach sehr wichtig. Sams Reaktion und Gedankenwelt hat mich tief bewegt und zu Tränen gerührt, weil seine Trauer so unverfälscht beschrieben wurde, dass ich mich nicht unbeteiligt entziehen konnte.

Am Ende des Sommers muss sich Sam erst von seiner Mutter verabschieden und kurze Zeit später von seinen Freunden. Hightower und Kirstie besuchen das College und Cameron bricht zu einer Reise auf. Sam bleibt zurück. Es ist ein anderer Sam als noch zu Beginn des Sommers. Er ist erwachsener geworden.

Der Roman ist gut erzählt, dennoch fehlt es mir stellenweise an Tiefgang. Zudem wachsen einige Charaktere nicht aus ihren Klischees heraus, wie z.B. Kirstie, die mir als Figur nicht sonderlich sympathisch ist. In weiten Teilen hatte ich das Gefühl, das alles schon mal gelesen zu haben, was vor allem den ersten Abschnitt des Buches betrifft. Anders der Mittelteil, der hat mich begeistert und emotional mitgenommen. Dennoch gibt es immer wieder Stellen, die meiner Ansicht nach über das Ziel hinausschießen. Ein Beispiel hierfür ist die Prügelei vor der Beerdigung, die für mich keinen erkennbaren Sinn ergibt. Die Szene ist unnötig, einfach albern. Ebenso wirkten manche Formulierungen auf mich zu angestrengt. Poetische Sätze können sich ins Gedächtnis einbrennen, allerdings sollten sie in den Textfluss passen und nicht als konstruiertes Gebilde herausstechen. Wie zuvor betrifft diese Kritik den ersten Buchabschnitt.

Der Schluss zeigt sich sehr bemüht, die vermeintliche Erwartung der Leser/in zu erfüllen. Diese Bemühung ist in meinen Augen leider schief gelaufen. Es ist eine unglaubwürdige Inszenierung und versetzte meiner Begeisterung für die Geschichte einen ordentlichen Dämpfer. Das banale Ende hat mich ziemlich frustriert zurückgelassen.


Fazit



Ich habe Sam gerne durch diesen Sommer begleitet und zugesehen, wie er seinen Ängsten die Stirn bietet, um der zu werden, der er ist. Der Ton des Romans ist einfühlsam und ehrlich. Alles in allem eine unterhaltende Geschichte, die jedoch nichts Neues erzählt und nur selten an die genannten Vorbilder herankommt.

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