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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.10.2021

Beeindruckend und aufwühlend

Die Enkelin
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Als Kaspar eines Abends aus seiner Buchhandlung nach Hause kommt, findet er seine Frau tot in der Badewanne vor. War es Selbstmord oder ein Unfall? Birgit hatte Depressionen und Alkoholpropleme. Und wie ...

Als Kaspar eines Abends aus seiner Buchhandlung nach Hause kommt, findet er seine Frau tot in der Badewanne vor. War es Selbstmord oder ein Unfall? Birgit hatte Depressionen und Alkoholpropleme. Und wie Kasper aus ihren Aufzeichnungen erfährt, hatte sie auch ein Geheimnis. Er macht sich auf die Suche und begibt sich auf die Spuren der Vergangenheit seiner Frau. Diese Spuren führen ihn in den Osten Deutschlands zu einer völkischen Gemeinschaft, zu Svenja, Birgits Tochter, die sie nach deren Geburt in der damaligen DDR zurückgelassen hat. Und die Spuren führen somit auch zu Svenjas 14-jähriger Tochter Sigrun, der Enkelin von Birgit.

Bernhard Schlink hat mit "Die Enkelin" wieder einen großartigen Roman geschrieben. Mit einer ruhigen, klaren Sprache, die doch gleichzeitig so wuchtig und beeindruckend ist, erzählt er aus dem Leben des Buchhändlers Kaspar. Erzählt rückblickend über dessen Studentenzeit. Wir erfahren, wie Kaspar in der ehemaligen DDR in den 60er Jahren Birgit kennengelernt und ihr zur Flucht in den Westen verholfen hat.
In der Gegenwart treffen wir auf eine Gemeinschaft rechtsradikaler Menschen. Wir treffen auf die Familie von Sigrun und lernen deren extreme Ansichten kennen.
Kaspar bemüht sich um seine Stief-Enkelin und möchte ihr die Augen öffnen für seine Welt. Dabei stellt sich die Frage: Inwieweit dürfen wir eingreifen in die Welt der anderen, in deren Leben, ihre Ansichten?

Mich hat dieses Buch absolut begeistert und berührt. Es gehört definitiv zu meinen Lese-Highlights dieses Jahres.

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Veröffentlicht am 19.08.2021

Einfach wieder wunderbar

Die Wunderfrauen
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Luise, Annabel, Marie und Helga - das sind die Wunderfrauen. Kennenlernen durften wir sie bereits im ersten Band "Alles, was das Herz begehrt", der in den 50er Jahren spielt. "Von allem nur das Beste" ...

Luise, Annabel, Marie und Helga - das sind die Wunderfrauen. Kennenlernen durften wir sie bereits im ersten Band "Alles, was das Herz begehrt", der in den 50er Jahren spielt. "Von allem nur das Beste" entführte uns dann in die 60er. Und mit "Freiheit im Angebot" wird die Trilogie nun komplett. Wir reisen zurück in die 70er Jahre, in die Zeit der Hippies, und sind unter anderem zum Beispiel bei den Olympischen Spielen in München dabei.

Stephanie Schuster schafft es mit ihrem Schreibstil immer wieder, einen auf eine  Zeitreise zu schicken, bei der man komplett in die Geschichte eintauchen kann.
Mich haben die vier Wunderfrauen und ihre Familien wieder sehr berührt und in ihren Bann gezogen. Ob am Starnberger See, wo der Roman hauptsächlich spielt, in Paris oder in Berlin. Man fühlt sich direkt vor Ort.

Wieder integriert zwischen einzelnen Kapiteln sind Anmerkungen und Notizen aus "Luises-Ladenkundealbum" und ebenso gibt's wieder eine Spotify-Playlist mit Songs aus den 70ern. Einfach mal reinhören, es lohnt sich. Und natürlich lesen! Alle drei Bände sind absolut empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 30.06.2021

Aufwühlend und beruhigend zugleich

Der Brand
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Rahel und Peter - beide um die 50 und bereits viele Jahre verheiratet. Sie haben zwei erwachsene Kinder. Der Sohn ein Selbstläufer, der mitten im Leben steht und alles geregelt bekommt. Die Tochter ...

Rahel und Peter - beide um die 50 und bereits viele Jahre verheiratet. Sie haben zwei erwachsene Kinder. Der Sohn ein Selbstläufer, der mitten im Leben steht und alles geregelt bekommt. Die Tochter schon als Teenager schwierig, was sich im Erwachsenenalter mit zwei kleinen Kindern und Problemen in der Ehe nicht geändert hat.
Eine Berghütte in Bayern sollte das Urlaubsdomizil für Rahel und Peter im Sommer der Pandemie werden. Kurz vor Reisebeginn bekommt das Ehepaar die Nachricht, dass die Hütte abgebrannt sei, der Urlaub muss storniert werden. Gleichzeitig kommt ein Hilferuf einer alten Freundin, deren Mann einen Schlaganfall hatte. Ruth aus der Uckermark sucht dringend jemanden, der sich um ihren Hof kümmert, während sie für ihren Mann in der Reha da sein muss.
Rahel und Peter machen sich also auf den Weg  nach Brandenburg.

Daniela Krien beschreibt sehr treffend und realistisch überwiegend aus der Sicht von Rahel die Situation des Paares. Entstanden ist eine intensive Lektüre mit Tiefgang, die sich leicht und flüssig lesen lässt. Ein leises, melancholisches Buch, das besonders berührt, wenn man sich im gleichen Alter befindet, lange verheiratet ist und mit den Protagonisten mitfühlen kann
Nachdem mich von der Autorin bereits der Roman "Die Liebe im Ernstfall" sehr begeistert hat, wollte ich auch ihr neuestes Werk unbedingt lesen und wurde nicht enttäuscht.
Ein richtig gute Sommerlektüre, die ich uneingeschränkt empfehlen kann!

"Der Brand" ist im Diogenes Verlag erschienen und hat  272 Seiten.

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Veröffentlicht am 27.06.2021

Ein mitreißender Schmöker

Wenn die Hoffnung erwacht
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Regensburg 1947 - hier beginnt der neue Roman von Lilli Beck.
Nora begleitet ihre Freundin Hedi zu einem deutsch-amerikanischen Silvesterball. Heimlich, denn Noras Vater hätte ihr nie erlaubt, mit den ...

Regensburg 1947 - hier beginnt der neue Roman von Lilli Beck.
Nora begleitet ihre Freundin Hedi zu einem deutsch-amerikanischen Silvesterball. Heimlich, denn Noras Vater hätte ihr nie erlaubt, mit den Besatzern zu feiern. Zu ihnen gehört auch der US-Offizier William, in den sich Nora an dem Abend verliebt. Die beiden werden ein Paar, was sich anfangs noch verheimlichen lässt. Doch dann wird Nora schwanger und dazu kommt, dass William zurück muss in die USA. Noras Vater ist außer sich, hat aber letztendlich einen Plan, der das Ansehen der Familie wieder retten und ihr zu Geld verhelfen würde. Dieses Vorhaben ist so absurd für die junge Mutter, dass sie Hals über Kopf ihre Sachen packt und mit ihrem Kind nach München flieht. Dort begegnet sie auf der Straße der verwirrten Celia, Tochter der reichen Familie Wagner. Und das Schicksal nimmt seinen Lauf.

Lilli Beck entführt uns mit "Wenn die Hoffnung erwacht" in die Nachkriegszeit nach Regensburg und München. Der Schwarzmarkt boomt, in München ist die Möhlstraße berühmt dafür. Wer wertvolle Gegenstände besitzt, der kann hier nahezu alles tauschen - Kaffee, Nylonstrümpfe, Schokolade, Zigaretten - was das Herz begehrt.
Und Lilli Beck erzählt von einer Familie, die zwar ihren Besitz retten konnte, der es materiell an nichts fehlt, die im Krieg jedoch ihre Söhne verloren hat. Dieser Familie begegnet nun die junge Nora.

Ich habe diesen Schmöker regelrecht verschlungen. Ab der ersten Seite ist man mittendrin im Geschehen. Man fiebert und leidet mit der Protagonistin mit. Sehr bildlich und detailliert beschreibt Lilli Beck die damalige Zeit, die Jahre nach dem Krieg, die Probleme der Menschen und vor allem die Situation einer ledigen Mutter.
Die Geschichte bleibt bis zum Schluss absolut spannend, so dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann.
Ein sehr empfehlenswerter Schmöker!

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Veröffentlicht am 24.06.2021

Ein Buch zum Entschleunigen

Das Tal in der Mitte der Welt
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Eine kleine Shetlandinsel im Atlantik - nur wenige Menschen leben hier.
Unter anderem David, der dort aufgewachsen ist, mit seiner Frau Mary. Sandy, der auf der Insel sesshaft werden möchte. Alice, die ...

Eine kleine Shetlandinsel im Atlantik - nur wenige Menschen leben hier.
Unter anderem David, der dort aufgewachsen ist, mit seiner Frau Mary. Sandy, der auf der Insel sesshaft werden möchte. Alice, die einen Zufluchtsort sucht, nachdem ihr Mann gestorben ist. Ihr Alltag wird geprägt von den Jahreszeiten, von der Natur, dem stürmischen Atlantik.

Der schottische Autor Malachy Tallack ist in Shetland aufgewachsen. Er hat es geschafft, auf beeindruckende Weise ein Buch zu schreiben, das einerseits völlig leise und ruhig erscheint, und das doch so ausdrucksstark und voller Tiefgang ist. 2018 kam es auf die Shortlist des Highland Book Prize und wurde für den Royal Society of Literature Ondaatje Prize nominiert.
Ein Roman über das Leben, über Heimat, die Liebe, auch über Kummer und Schmerz.
Erinnert hat mich die Lektüre ein wenig an Elizabeth Strout. Auch ihre einzelnen Geschichten über Menschen sind zu einem Ganzen verwoben und ergeben ein stimmiges Bild.
Wer ein Buch sucht zum Entschleunigen, eine ruhige Lektüre, die völlig unspektakulär wirkt und doch so viel beinhaltet, dem kann ich "Das Tal in der Mitte der Welt" wärmstens empfehlen.

Der Roman ist im Luchterhand Verlag erschienen, wurde aus dem Englischen von Klaus Berr übersetzt und hat 384 Seiten.

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