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Veröffentlicht am 05.07.2021

Führst du ein gutes Leben?

Die Mitternachtsbibliothek
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Allgemeines:

Matt Haig ist vielen von euch vermutlich als Bestsellerautor ein Begriff. Im Februar 2021 ist in meinen Augen eines seiner bisher bemerkenswertesten Bücher bei Droemer Knaur erschienen: ...

Allgemeines:

Matt Haig ist vielen von euch vermutlich als Bestsellerautor ein Begriff. Im Februar 2021 ist in meinen Augen eines seiner bisher bemerkenswertesten Bücher bei Droemer Knaur erschienen: Die Mitternachtsbibliothek. Das gebundene Buch hat 320 Seiten und richtet sich an erwachsene Leserinnen. Im Laden ist es ein Hingucker, man möchte direkt wissen, was sich wohl hinter der spannenden Kombination aus Titel und Cover verbirgt.

Inhalt:

„Stell dir vor, auf dem Weg ins Jenseits gäbe es eine riesige Bibliothek, gesäumt mit all den Leben, die du hättest führen können. Buch für Buch gefüllt mit den Wegen, die deiner hätten sein können.

Hier findet sich Nora Seed wieder, nachdem sie aus lauter Verzweiflung beschlossen hat, sich das Leben zu nehmen. An diesem Ort, an dem die Uhrzeiger immer auf Mitternacht stehen, eröffnet sich für Nora plötzlich die Möglichkeit herauszufinden, was passiert wäre, wenn sie sich anders entschieden hätte. Jedes Buch in der Mitternachtsbibliothek bringt sie in ein anderes Leben, in eine andere Welt, in der sie sich zurechtfinden muss. Aber kann man in einem anderen Leben glücklich werden, wenn man weiß, dass es nicht das eigene ist?“ (Quelle: Droemer Knaur)



Meine Meinung:

Matt Haig ist ein Bestsellerautor mit einer großen Fanbase. Ich muss sagen, dass ich mich nicht zu ebendieser zähle. Ab und zu lese ich eines seiner Bücher, aber vielfach wurden sie mir durch riesige Werbekampagnen oder zu viel Medienpräsenz auf Instagram und anderen Portalen beinahe angepriesen, sodass meine Erwartungen an sie häufig zu hoch waren oder ich mich erschlagen fühlte. Mit Die Mitternachtsbibliothek ging es mir tatsächlich ganz anders. Sobald ich das Buch in der Vorschau entdeckt hatte, war mir klar, dass ich es gerne lesen wollte. Irgendwie strahlte es etwas Magisches, Besonderes, einen Zauber aus, über den ich mehr erfahren wollte.

Hätte ich mich dich für ein anderes Studium entscheiden sollen? Wäre ein Besuch bei XY heute nicht sinnvoller gewesen? Blau oder Grün? Die „Was wäre wenn-Frage“ begleitet uns täglich. Je nachdem, wie viel Raum wir ihr persönlich geben, hat sie größeren oder geringeren Einfluss auf unser Leben. So auch in Haigs Geschichte. Protagonistin Nora führt ein wenig erstrebenswertes Dasein. Sie ist der Meinung, dass sie zu viele falsche Entscheidungen getroffen hat, die sie schlussendlich an den Punkt unerträglicher Einsamkeit geführt haben. Durch eine selbst herbeigeführte Notsituation gelangt sie leider nicht ins erwünschte Jenseits, sondern (im Geiste) in die Mitternachtsbibliothek und steht nun wirklich vor der Wahl.. Unter Anleitung einer Bibliothekarin darf sie in mögliche Leben hineinschauen, Entscheidungen anders oder erneut treffen und erleben, welche Konsequenzen diese für sie hätten. Sobald sie jedoch in einem Leben unglücklich wäre, würde sie zurück in die Mitternachtsbibliothek gelangen. Klingt eigentlich wie eine Traumvorstellung, oder?

Nora probiert im Laufe der Handlung verschiedenste Szenarien aus, erkennt sich selbst kaum wieder und muss schnell einsehen, dass viele Entscheidungen sie unglücklich gemacht hätten. Stets fehlte ihr Etwas, war anders als vorgestellt oder erträumt. Auch ihr Umfeld und ihr Beruf unterscheiden sich immer. Sowohl ihre Beziehungen zu einem möglichen Partner als auch die zu ihrer Familie fallen davon abhängig, wie Nora in ihrem Leben entschieden hat, aus.

Persönlich wollte ich während des Lesens auf keinen Fall mit ihr tauschen. Sie lernt Facetten ihrer Selbst kennen, die für sie unvorstellbar waren. Natürlich sind das auf der einen Seite positive Eigenschaften, auf der anderen Seite aber auch negative, mit denen sie nicht leben möchte. Vielleicht stellt man sich vor, dass man einen kleinen Fehler beheben kann und das Leben ganz anders verlaufen wäre. Nora muss die Erfahrung machen, dass sie zwar ebendiesen Fehler beheben kann, gleich darauf aber wieder einen macht, der die gleiche Auswirkung auf ihr Leben hat. Ich glaube, dass es auch mit unseren persönlichen Entscheidungen so ist. Vielleicht mag man sich in einer Situation minimal anders entscheiden, der Ausgang ist trotzdem ähnlich oder führt zu ähnlichen Ergebnissen.

Obwohl man erahnen kann, wie dieses Buch ausgeht, ist man vom Ende der Geschichte nicht enttäuscht. Es passt zu der schlussendlich lebensbejahenden Stimmung, der Gedankenwelt, die Haig erschaffen hat. Vielleicht sollte der ein oder andere von uns mal ein bisschen darüber nachdenken, dass schon kleine Entscheidungen unser Lebensglück positiv beeinflussen und dass wir einen nicht zu unterschätzenden (positiven) Einfluss auf das Leben anderer haben, den wir manchmal nicht ansatzweise erahnen können oder wollen.

Fazit:

Ein Buch für Träumer
innen und Menschen, die gerne in Geschichten über das Leben versinken.

Veröffentlicht am 04.07.2021

Märchenhafte Fantasy

Das Mädchen und der Winterkönig
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Allgemeines:

Das Mädchen und der Winterkönig ist als zweiter Teil einer Trilogie im November 2020 im Heyne Verlag erschienen. Das Taschenbuch hat 480 Seiten und ist dem ersten Band sehr ähnlich ...

Allgemeines:

Das Mädchen und der Winterkönig ist als zweiter Teil einer Trilogie im November 2020 im Heyne Verlag erschienen. Das Taschenbuch hat 480 Seiten und ist dem ersten Band sehr ähnlich gestaltet.

Wieder einmal wäre es sinnvoll gewesen, den Titel des Buches im Deutschen nicht zu verändern. Ich möchte nicht zu viel verraten, wenn man sich den originalen Titel (The girl in the tower) aber genau anschaut, weiß man ein Rätsel des Buches sehr viel schneller zu lösen…

Inhalt:

„Wasja hat es geschafft: Sie hat ihr Zuhause vor dem Untergang bewahrt, indem sie einen Pakt mit Väterchen Frost einging. Doch jeder Pakt hat seinen Preis, und nun muss Wasja bitter für die Hilfe des Winterdämons bezahlen. Als Hexe verschrien, wird sie aus dem Dorf gejagt und durchstreift fortan in Männerkleidung das riesige Zarenreich. Immer an ihrer Seite ist ihr geliebter Hengst Solowej, der schneller ist als der Wind. Als Wasja eines Tages eine berühmt-berüchtigte Räuberbande in die Flucht schlägt, ruft sie der Prinz an den Hof nach Moskau, wo sie als Held gefeiert wird. Schnell wird Wasja – dank der Ratschläge des Winterdämons – zur engsten Vertrauten des Prinzen. Doch niemand am Hof darf je erfahren, dass der tapfere Kämpfer aus dem klirrend kalten Norden eigentlich eine junge Frau ist …“ (Quelle: Bloggerportal)

Meine Meinung:

Dieses Buch ist wie ein Sog. Sobald man die erste Seite gelesen hat, befindet man sich in Rus, in einer Welt der klirrenden Kälte, der Magie und der Andersartigkeit. Als Leserin fühlt man sich sowohl zeitlich als auch räumlich in eine dem ehemaligen Zarenreich ähnliche Welt hineinkatapultiert. Der Zauber dieser Welt ist das, was die Lektüre zu einem Leseerlebnis macht. Man möchte mehr von dem Zauber, mehr von Wasja, mehr von Väterchen Frost inhalieren.

Ob Sommer oder gemütliche Wintertage, Katherine Arden kreiert eine Stimmung, die ihresgleichen sucht. Auch in diesem zweiten Band erschafft sie diesen besonderen Zauber, der ihrem Auftaktband von der ersten Seite an innewohnte.

Die Ereignisse knüpfen direkt an die des ersten Bandes an. Wasja wird als Hexe aus ihrem Dorf vertrieben und muss ihren Weg durch die verschneiten, eisigen russischen Wälder antreten. Im Unterschied zum ersten Band überschlagen sich die Ereignisse dabei beinahe. Wie viele starke Frauen ihrer Zeit wählt Wasja von nun an das Auftreten als Mann, um nicht länger in der Rolle, die einer Frau der damaligen Zeit zugeschrieben wurde, gefangen zu sein. Diese Rolle durchbricht sie an einigen Stellen, obwohl man sich da als Leser
in auch nicht so sicher sein kann…

Arden führt Wasja an verschiedene Handlungsorte und auch Väterchen Frost, dem Frostdämon Morosko, begegnen wir wieder. Seine Figur ist für mich von großer Faszination umgeben. Arden gelingt es, ihn unnahbar und als das, was er ist, darzustellen und gleichzeitig eine gewisse Identifikation mit ihm herzustellen. Er ist kein Love-Interest, den man ihn einem solchen Buch vielleicht erwarten würde. Diese Bezeichnung für ihn zu verwenden, wäre mehr als unpassend. Ardens Bücher sind der Fantasy für junge Leser deutlich entwachsen, sie stellen die Beziehung zwischen Wasja und Väterchen Frost sehr viel differenzierter und nicht klischeebeladen (Mädchen, böser Dämon, große Liebe) dar. Man könnte beinahe sagen, dass Wasja in ihrer abenteuerlichen, geistersehenden und ausbrechenden Rolle eine Art Symbiose mit Morosko eingeht, um in der Welt ewigen Winters zu überleben.

Wasja verweilt jedoch nicht, sie bricht auf, gelangt an den Moskauer Hof. Dort beginnen Ränkespiele und Heldentum Wasjas Zeit einzunehmen. Ihr Geheimnis könnte ihren Tod bedeuten, gleichzeitig ist sie das erste Mal frei. Frei zu leben, wie sie es sich vorstellt und frei, Dinge zu tun, die sie sich immer gewünscht hat. Das Böse ist nie weit entfernt und so wird auch Wasja vermutlich von ihrer Vergangenheit eingeholt. Mehr möchte ich euch dazu aber nicht verraten.

Arden gelingt es vorzüglich, das Gefühl zu erwecken, dass ihre düstere und mystische Geschichte der Realität entspricht. Genau so habe ich mir den Hof des Zaren vorgestellt. Der Glaube an Geister und alte Sagen, die Mischung aus Fiktion und Realität … Die Autorin kombiniert diese beiden Elemente geschickt und lässt so einen zweiten Band mit einer märchenhaften Seele entstehen, der dem ersten in nichts nachsteht. Ich warte voller Vorfreude auf den dritten Band, der unter dem Titel Die Hexe und der Winterzauber, im November erscheinen wird.

Fazit:

Wer Märchen und russische Sagen mag, sollte diese Trilogie unbedingt lesen. Ich würde sie für junge, erwachsene Leser*innen empfehlen, die gerne märchenhafte Fantasy mit einem Hauch Düsternis und Kälte lesen.

Veröffentlicht am 04.07.2021

Fortsetzung wird sehnsuchtsvoll herbeigesehnt

Das Vermächtnis der besonderen Kinder
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Allgemeines:

Als fünfter Band in einer sechsteilig angelegten Reihe ist Das Vermächtnis der besonderen Kinder im November 2020 in der Verlagsgruppe Droemer Knaur erschienen. Das Hardcover hat ...

Allgemeines:

Als fünfter Band in einer sechsteilig angelegten Reihe ist Das Vermächtnis der besonderen Kinder im November 2020 in der Verlagsgruppe Droemer Knaur erschienen. Das Hardcover hat 384 Seiten und ist optisch passend zu den bisher erschienenen Teilen der Reihe gestaltet.

Sollte ich eine Altersempfehlung für die Reihe um die besonderen Kinder aussprechen, würde ich die Bücher jungen Erwachsenen ab 16 Jahren und allen anderen Erwachsenen, die gerne einzigartige Fantasy lesen, empfehlen.

Der nächste Teil der Reihe wird voraussichtlich der abschließende Band sein. Vermutlich schreibe ich aus dem Grund, dass Leserinnen von Ransom Riggs das ursprünglich bereits nach drei Teilen der Reihe annahmen und zum Glück aufatmen und weiterlesen durften. Vielleicht passiert das ja noch einmal.

Meine Rezension zum vorhergehenden Band findet ihr hier: https://zeilenliebe.com/2019/05/01/der-atlas-der-besonderen-kinder/ . Alle anderen Rezensionen könnt ihr über die Suche nach den entsprechenden Titeln ebenfalls auf meinem Blog entdecken.

Inhalt:

„Auf dem Totenbett beauftragt der geheimnisvolle H – Jacobs letzte Verbindung zu seinem geliebten Großvater Abe – Jacob mit einer unmöglichen Mission: Er soll die Besondere Noor Pradesh zu einer geheimnisvollen Verbündeten namens V bringen, von der Jacob nur den Namen kennt. Noor steht im Mittelpunkt einer uralten Prophezeiung, die den Untergang aller Besonderen vorhersagt. Sie wird von mächtigen Gegnern gejagt und die wenigen Hinweise, die Jacob zu V führen sollen, sind mehr als verwirrend. Gefangen zwischen alten Feinden und einer neuen Bedrohung, wird die Zeit knapp für Jacob und seine Freunde …“ (Quelle: Verlagsseite Droemer Knaur)

Meine Meinung:

Nach wie vor lässt Riggs immer wieder alte Fotografien den Fließtext unterbrechen. Viele von ihnen haben seit Beginn der Reihe etwas Unheimliches, andere hingegen sind einfach faszinierend. Immer haben sie einen Bezug zu gerade oder kurz darauf Gelesenem und stets einen historischen Hintergrund. Es handelt sich nicht um Fotomontagen oder nachträglich bearbeitete Bilder, sondern um Bilder, deren Hintergrund manchmal unerklärlich, rätselhaft oder tragikomisch erscheint.

Jacob Porter ist inzwischen ein junger Mann, den alle Leser
innen in ihr Herz geschlossen haben. So entwickelte er sich von dem anfangs so unsicheren Jüngelchen im Laufe der Reihe zu einem starken Charakter, zu dem seine Freunde aufblicken können. Nach und nach entstand dabei ein eigener Wille, den der gute Herr Porter in diesem Band außergewöhnlich häufig durchsetzt. Seine Versuche sind zwar nicht immer von Erfolg gekrönt, dennoch bemerken wir als Leserinnen, dass er immer mehr zu einem Anführer der besonderen Kinder wird. Er übernimmt Verantwortung, ist dabei nach wie vor waghalsig und gerät gewissermaßen in ein Gefühlschaos, welches Ransom Riggs sehr gekonnt auflöst. Mitnichten entsteht hier eine Liebesgeschichte, die ein Dreieck bildet oder deren Ausgang man bereits mit den ersten Seiten erahnen kann. Riggs knüpft an zarte Gefühle an, die sich im Laufe der Geschichte verändern und die zu etwas werden, was wir nicht geahnt haben.

Auch in diesem Teil der Reihe, der nahtlos an die Erlebnisse des vorherigen anknüpft, erleben die besonderen Kinder gemeinsame Abenteuer. Dabei werden sie immer eigenständiger und lassen sich nichts sagen. An manchen Stellen scheint es, als ob das ein großer Fehler ist. Letzten Endes lernen die Kinder durch ihre Abenteuer jedoch, was es bedeutet, füreinander einzustehen, eine Familie zu sein und auch Verluste hinzunehmen. Ich schreibe von Kindern.. Leser
innen der Reihe ist natürlich klar, dass die Protagonisten zwar wie Kinder aussehen, aber außer Jacob und Noon alle wesentlich älter sind. Dieses Alter zu bemerken, würde ich mir an einigen Stellen intensiver wünschen. In diesem Buch geht Riggs zwar etwas stärker darauf ein, behält dabei den Fokus jedoch auf einer bestimmten Protagonistin. Vielleicht sieht Riggs aber auch eher von einer Thematisierung des Alters ab, um die Authentizität der Beziehungen der einzelnen Charaktere nicht zu stören.

Mit Noor tritt eine neue Protagonistin in die einnehmende Geschichte ein, deren Fähigkeiten wahrhaftig besonders sind. Anfangs zögerlich, aber dann intensiver wird sie von den besonderen Kindern in die Gruppe aufgenommen und lernt, was es bedeutet, ein besonderes Kind zu sein. Die Geschichte rund um Noor bildet einen neuen Handlungsstrang in der Besonderenwelt. Die Suche nach V, die Clans und die Suche nach Frieden für alle Besonderen dominieren in diesem Buch. Was es ganz genau mit der Prophezeiung auf sich hat, wissen wir auch nach der Lektüre nicht. Zu hoffen ist, dass es Riggs gelingt, seine neuen Handlungsstränge und die andere Richtung, die die Reihe mittlerweile einschlägt, im finalen Band zu einem würdigen Abschluss zu führen. Es sei denn… er möchte vielleicht doch noch weiterschreiben.. Da hätte ich natürlich nichts dagegen.

Fazit:

Aufschlagen, lesen, träumen, erleben, zuklappen, nachdenken, die Fortsetzung herbeisehnen.

Veröffentlicht am 09.05.2021

Uneingeschränkte Empfehlung

Die Wahrheit der Dinge
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Allgemeines:

Die Wahrheit der Dinge ist das zweite Buch von Markus Thiele. Es ist im April 2021 im Benevento Verlag als Hardcover erschienen und umfasst 240 Seiten. Die Handlung fußt auf realen Fällen. ...

Allgemeines:

Die Wahrheit der Dinge ist das zweite Buch von Markus Thiele. Es ist im April 2021 im Benevento Verlag als Hardcover erschienen und umfasst 240 Seiten. Die Handlung fußt auf realen Fällen. Ein umfangreiches Nachwort hierzu gibt einen vertiefenden Einblick.

Inhalt:

„Wo beginnt Schuld, wo endet Gerechtigkeit? Frank Petersen, Strafrichter aus Leidenschaft, ist überzeugt von der Unfehlbarkeit des Rechts. Seine Urteile, so sein Selbstverständnis, sind objektiv und gerecht. Bis eines Tages sein Leben völlig aus den Fugen gerät. Und er plötzlich über sich selbst richten muss. Ein umstrittenes Urteil löst heftige Kritik an Petersen aus, selbst seine Familie wendet sich von ihm ab. Der Vorwurf seiner Frau, er sei selbstherrlich, voreingenommen und lasse sich von Vorurteilen leiten, ist ein vernichtender Schlag für ihn, der ein altes Trauma aufreißt: Corinna Maier, die in seinem Gerichtssaal den rechtsradikalen Mörder ihres Sohnes erschossen hat, bevor Petersen sein Urteil verkünden konnte. Mit einem Mal steht alles in Frage: seine Integrität als Richter, als Ehemann, als Vater. Aus seiner Sicht gibt es nur einen Ausweg: Er muss sich selbst mit Fragen konfrontieren, die er sich nie zu stellen getraut hat …“ (Quelle: Benevento Verlagsseite)

Meine Meinung:

Beim Lesen des Klappentextes ist sofort die Erinnerung an Marianne Bachmeier da, die den Mörder ihres Kindes im Gerichtssaal erschoss. Da kommt Beklemmung auf, denn man konnte sie verstehen, auch wenn Selbstjustiz der falsche Weg ist.

Man ist sofort mittendrin in diesem Fall. Die Geschichte beginnt mit dem letzten Tag einer Gerichtsverhandlung, an dem eine Frau den Angeklagten erschießt. Diese Frau hatte einen ganz besonderen Grund dafür, den man nach und nach erfährt.

Der Erzähler führt den Leser sehr direkt in die Handlung ein. Er beschreibt nüchtern, was an diesem letzten Verhandlungstag passiert. Gerade diese Erzählweise lässt große Betroffenheit entstehen.

Frank Petersen, Strafrichter, macht eine Lebenskrise durch. Seit dem Prozess im Jahr 1991 treibt ihn etwas um.

Er lebt gezwungenermaßen in Erinnerungen an das glückliche Familienleben in dem nun leeren Haus und versteht nicht, warum seine Frau eine Auszeit möchte; beziehungsweise, er versteht es eigentlich doch. Wird dieses Buch doch eher eine Geschichte über eine verlorene Ehe oder wird

es wirklich um einen Prozess, ein Verbrechen gehen? Das wird noch zu sehen sein. Momentan sieht es so aus, als würde der Autor die Spannung langsam aufbauen, um den Leser mitzunehmen in den Gedankenkosmos des Richters.

Petersen ist wirklich voller Selbstzweifel. Er sucht sich Rat bei einem ehemaligen Studienkollegen, bei seiner Vorgesetzten, auch bei seiner inneren Stimme und seinen Gedanken. Er merkt, dass es nicht gut läuft für ihn. Er, der kompetente Richter, war es bisher gewohnt, dass seine Urteile eindeutig waren und zweifelsfrei anerkannt worden. Aber seit diesem Vorfall im Gerichtssaal, der der einige Jahre zurückliegt, geht es bergab mit Frank Petersen – zumindest aus seiner Sicht. Er weiß nicht, ob er noch die fachliche Qualifikation besitzt, auf die er immer so stolz war. Er zweifelt, obwohl seine Vorgesetzte ihm sagt, wie sehr sie ihn und seine Urteilskraft schätzt. Frank Petersen scheint an einem Scheideweg seines Lebens zu stehen.

Markus Thiele hat einen wirklich guten Schreibstil. Er verwendet viele Bilder und Metaphern, die aber nicht überzogen oder überladen sind, sondern das Bild, das er dem Leser vor Augen führen will, sehr gut unterstützen.

Die Wahrheit der Dinge ist ein Buch, erzählt aus der Perspektive eines Mannes in den mittleren Jahren, eines Richters, der nicht mehr weiß, ob sein Beruf für ihn der richtige ist. Wir haben hier also unter anderem einen Coming-of-Age Roman, der sich nicht auf einen pubertären jungen Mann bezieht, sondern auf einen, der mitten im Leben und mitten im Beruf steht und es eigentlich wissen müsste.

Der Roman hat Rückblenden in die Jahre ab 1989, die eine wichtige Rolle für das Verstehen der Figuren spielen. Ein aktueller Fall lässt Petersen immer wieder an die Vergangenheit denken. Er hat Urlaub und denk darüber nach seinen Beruf an den Nagel zu hängen, da er nicht mehr weiß, ob das, was er tut, richtig oder falsch ist.

Je länger man dieses Buch liest desto besser wird ist. Marc Thiele fragt nach den grundsätzlichen Überlegungen, die, ein Mensch anstellt, der Moral und Ehre, aber auch Recht und Unrecht in Frage stellt. Dabei wird deutlich, dass es nie den Königsweg gibt, sondern auch immer rechts und links des Weges geguckt werden muss. Thiele nimmt sich hier also ein Thema vor, das auch in der heutigen Zeit oder gerade in der heutigen Zeit eine wichtige Rolle spielt. Darf man sich über das Gesetz erheben? Gibt es die eine Wahrheit? Wie kann es gelingen für Recht und Ordnung in einer Demokratie zu sorgen, ohne Menschen Unrecht zu tun? Ein Dilemma, aus dem man so leicht keinen Ausweg, geschweige denn eine richtige Antwort findet.

Das Thema Rassismus bildet die große Rahmenhandlung dieses Buches. Alles sehr überzeugend und zum Nachdenken anregend. Großartig!

Fazit:

Ich kann Die Wahrheit der Dinge uneingeschränkt empfehlen.

Veröffentlicht am 07.01.2021

Spannendes Abenteuer für große und kleine Leser

Endling - Weggefährten und Freunde
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Allgemeines:

Endling – Weggefährten und Freunde ist der zweite Band einer mehrteilig angelegten Reihe. Als Hardcover ist dieser Teil im Juli 2020 in der Reihe Hanser bei dtv erschienen.

Das Buch hat ...

Allgemeines:

Endling – Weggefährten und Freunde ist der zweite Band einer mehrteilig angelegten Reihe. Als Hardcover ist dieser Teil im Juli 2020 in der Reihe Hanser bei dtv erschienen.

Das Buch hat 384 Seiten und wird ab einem Lesealter von 11 Jahren empfohlen. Der dritte Band der Reihe wird im Juli 2021 bei dtv erscheinen. Er ist als das letzte große Abenteuer der Freunde angekündigt.

Inhalt:

„Die Rebellion beginnt … und das Endling-Abenteuer geht weiter!

Es ist vielleicht ihr Schicksal, die Letzte ihrer Art, ein Endling, zu sein, und genau davor hat das Dalkinmädchen Byx Angst. Gemeinsam mit ihren Weggefährten Tobble, Khara, Renzo und Gambler ist sie auf der Reise hoch in den Norden Nedarras, wo andere Dalkins leben könnten – so erzählen es alte Legenden und machen Hoffnung. Zu fünft erleben die Freunde die atemberaubende Natur, sehen aber auch ein Land, das vor einer schrecklichen Prüfung steht. Denn Krieg liegt in der Luft, heraufbeschworen von den skrupellosen Herrschern Nedarras und Dreylands. Doch mit zunehmender Kriegsgefahr formiert sich auch Widerstand. Rebellen wollen das Furchtbare verhindern – an ihrer Seite: die mutige Byx.“ (Quelle: dtv Verlag)

Meine Meinung:

Das zweite Abenteuer der unterschiedlichen Freunde beginnt genau dort, wo das letzte geendet hat. Ein nahtloser Übergang ist gewährleistet. In diesem Genre finde ich das für junge Leser besonders schön. Obwohl die Erwartungen an den zweiten Band nach einem grandiosen Auftakt nicht hätten höher sein können, gelingt es Applegate erneut, mich zu überraschen und mitzureißen. Endling 2 ist definitiv ein Buch für jüngere Leser, die Geschichte fesselte mich dennoch ein weiteres Mal.

Die Reise der Weggefährten ist von Anfang an spannend. Sie werden auf unterschiedliche Pfade geführt, sei es durch die Suche nach den letzten Dalkins oder durch andere Aufgaben, die anstehen. Somit trennt sich die Gruppe relativ schnell, jedoch nicht aus Zwist. Ihre Pfade sind miteinander verschlungen und im Laufe der Geschichte finden einige von ihnen wieder zusammen.

Als Leser lernen wir das Land Nedarra im zweiten Band noch besser kennen. Detailliert beschriebene Landschaften erschaffen ein klares, fantasievolles Bild dieser Welt. Applegate entwickelt weiter, sie bleibt nicht bei dem stehen, was wir bereits aus dem ersten Band kennen.

Obwohl Endling 2 ein Kinder- und Jugendbuch ist, werden erneut komplexe Themen wie Macht und Herrschaft sowie die damit einhergehende Unterdrückung thematisiert. Das geschieht ohne den sprichwörtlichen erhobenen Zeigefinger. Für manchen Leser werden diese Begriffe klarer, für andere ist die Geschichte nur ein Abenteuer, von dem sie lesen. Und das ist auch gut so, so kann jeder die Geschichte auf seinem Leseniveau antizipieren. Insgesamt spielen Mut und Freundschaft ebenfalls eine große Rolle, die aufzeigt, dass es sinnvoller ist, friedliche Lösungen zu finden und dass viele Streitigkeiten auf nahezu sinnlosen Konflikten beruhen.

Im zweiten Band der Reihe ist mir der kleine Tobble noch mehr ans Herz gewachsen. Falls das überhaupt möglich war, macht er eine noch größere Entwicklung als im ersten Teil der Geschichte durch. Er wächst nicht nur über sich hinaus, er wird mit Sicherheit doppelt so groß… Eine Identifikation gelingt auch mit den anderen alten und neuen Figuren der Geschichte. Nicht nur ihre Stärken, die unterschiedlicher nicht sein könnten, nein, auch ihre Schwächen spielen eine Rolle. Die Botschaft ist hier eindeutig, dass es in Ordnung ist, nicht immer stark zu sein. Ebendiese Botschaft wird nicht vorausgesetzt, sondern muss von dem entsprechenden Charakter zunächst erlernt und verinnerlicht werden. Hättet ihr zum Beispiel gedacht, dass auch ein großer, mutiger Felijaga Angst hat?

Fazit:

Endling – Weggefährten und Freunde ist ein spannendes Abenteuer für große und kleine Leser! Dieser zweite Band beinhaltet eine wirklich gute Geschichte, die die Spannung auf den letzten Band der Trilogie enorm erhöht hat.