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Veröffentlicht am 24.09.2021

Brandgefährliche Ermittlungen

Simsons Füchse
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Gleich als ich das Buch zur Hand nahm, beeindruckte mich die edle Hardcover-Ausführung. Es sticht aus der Masse der Taschenbuchausgaben eindeutig hervor. Das Cover, das eine Feuersbrunst und eine Menschengruppe ...

Gleich als ich das Buch zur Hand nahm, beeindruckte mich die edle Hardcover-Ausführung. Es sticht aus der Masse der Taschenbuchausgaben eindeutig hervor. Das Cover, das eine Feuersbrunst und eine Menschengruppe zeigt, die diesem Element machtlos ausgeliefert scheint, stimmt ausgezeichnet auf den Kriminalfall ein.
Worum geht es? Seit Jahren gibt es im Münsterland Brandanschläge auf Bauernhöfe, die mehr oder weniger große Sachschäden verursachen, diesmal gibt es erstmals ein Brandopfer, das - wie man rasch feststellt - zuvor erschossen wurde. Die polizeilichen Ermittlungen stoßen auf Aktivitäten rechtsextremistischer Kreise, aber auch auf Zusammenhänge, die bis in die Nachkriegszeit zurückgehen.
Es war mein erster Krimi mit Hauptkommissar Friedrich von Coes. Obwohl ich bei Band 3 in diese Reihe eingestiegen bin, kam ich nicht nur in den Kriminalfall selbst problemlos hinein, sondern auch in die Privatsphäre der Familie von Coes.
Der Fall entwickelt sich sehr langsam, verlangt viel Kleinarbeit der Polizei, die auf massiven Widerstand der rechten Szene stößt und gefahrvolle Situationen heraufbeschwört, für das Team und sogar bis ins private Umfeld der Ermittler. Die damit verbundene Brutalität und Bedrohung, die Machtlosigkeit und Realitätsnähe empfand ich als beklemmend und schockierender als so manchen blutrünstigen, aber rein fiktiven Thriller. In krassem Gegensatz dazu steht der liebevolle Umgang innerhalb der Familie von Coes, was mich wiederum begeisterte, ebenso wie auch die harmonische Zusammenarbeit im Team von Friedrich von Coes. Man gerät als Leser in ein Wechselbad der Gefühle.
Das Buch ist größtenteils im Dialogstil verfasst, was ich als lebendig empfinde; man fühlt sich als anwesender Zuhörer, als Mitglied der Gesprächsrunde.
Die Charaktere sind sehr anschaulich ausgearbeitet. Obwohl mir aus Unkenntnis der Vorgängerbände gewisse Entwicklungen der Protagonisten fehlen, konnte ich mich dennoch gut in sie hinein versetzen, ihre Emotionen nachempfinden und ihre Handlungen nachvollziehen.
Die eher maßvolle Spannung ergibt sich an und für sich von Anfang durch die Suche nach dem Mörder des Brandopfers, nach dem Brandstifter, auch in den früheren Fällen, insbesondere überhaupt nach den Motiven für die Brandanschläge, doch im Zuge der Entwicklungen, der Geschehnisse gibt es darüber hinaus sehr wohl einige Gänsehautmomente.
Das Buch hat mir ob der realitätsnahen Thematik zwar nicht uneingeschränktes Lesevergnügen bereitet, doch würde ich gerne mehr über die sympathischen Protagonisten erfahren. Somit wurde meine Neugierde auf weitere Werke des Autors geweckt.

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Veröffentlicht am 23.08.2021

Wahre Kriminalfälle, eingebettet in viel Zeitgeschichte

Fantom
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Den roten Faden und die Basis bilden wahre Kriminalfälle, eine Serie von Banküberfällen und der Fall eines Erpressers, der Anschläge auf die Bundesbahnen ausübt.
Ich hatte etwas Mühe, in die Geschichte ...

Den roten Faden und die Basis bilden wahre Kriminalfälle, eine Serie von Banküberfällen und der Fall eines Erpressers, der Anschläge auf die Bundesbahnen ausübt.
Ich hatte etwas Mühe, in die Geschichte hineinzukommen. Die vielen Personen. Die vielen, scheinbar nicht mit dem Fall zusammenhängenden Geschichten.
Abgesehen von einigen Kapiteln aus der Täterperspektive, wo man vor allem einiges über das Leben und die Vorgangsweise des Erpressers und Bombenlegers erfährt und somit stets mehr weiß als die Polizei, steht die realitätsnah geschilderte Polizeiarbeit im Mittelpunkt, die nur schleppend vorangeht und von zahlreichen Misserfolgen geprägt ist – einerseits, weil die Täter immer wieder Pausen einlegen, andererseits weil auch das Kompetenzgerangel innerhalb des Polizeiapparats sich hemmend auswirkt. Obwohl dieser Wechsel zwischen Täter- und Ermittlerperspektive die Handlung belebt, bleibt die Spannung dennoch etwas auf der Strecke, vielleicht auch, weil man ja den Täter kennt, das Miträtseln entfällt.
Mit hinein verwoben sind etliche zeitgeschichtlich relevante Ereignisse während des Ermittlungszeitraums, wie der Schahbesuch in Deutschland, das geteilte Deutschland, Studentenunruhen, der Vietnamkrieg. Auch die fiktive Familiengeschichte des Kommissars, der die Ermittlungen leitet, spielt facettenreich in die Handlung hinein, wie dessen Kindheit oder der Selbstmord der jüdischen Mutter, sowie die Verschickung seiner jüdischstämmigen Schwester in die USA.
Die Handlung spielt Ende der 60er Jahre – da gab es keine Recherchen im Internet, kein Mobiltelefon, keine ständigen DNA-Analysen, da telefonieren die Kriminalbeamten noch von Telefonzellen mit dem Präsidium. Ich empfinde es auch immer wieder wohltuend, in ein Leben ohne überflutende Technik katapultiert zu werden.
Positiv anmerken möchte ich, dass ich die Landkarte sehr hilfreich fand, um nachzuverfolgen, wo der Erpresser seine Anschläge verübte bzw. die Polizei bei den missglückten Lösegeldübergaben durch die Gegend schickte. Etwas schwierig empfand ich die Vielzahl an involvierten Polizeibeamten: Ich denke, ein Personenregister hätte mir geholfen, die Übersicht zu bewahren.
Obwohl ich vieles informativ fand und der ermittelnde Kommissar durchwegs meine Sympathie hatte, hat mich das Buch leider nicht so richtig gepackt, vielleicht auch, weil ich als Österreicherin zu wenig Bezug zu den historischen Ereignissen in Deutschland habe.

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Veröffentlicht am 17.08.2021

Man muss sie einfach lieben, diese drei Lamas

Die Lama-Gang. Mit Herz & Spucke 1: Ein Fall für alle Felle
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Das Cover hatte mich sofort verzaubert. Drei hinreißend süße Lamas, ein weißes, ein schwarzes und ein braun geschecktes mit großen leuchtenden Augen! Für einen Alpaka-Fan wie mich war es sofort klar: dieses ...

Das Cover hatte mich sofort verzaubert. Drei hinreißend süße Lamas, ein weißes, ein schwarzes und ein braun geschecktes mit großen leuchtenden Augen! Für einen Alpaka-Fan wie mich war es sofort klar: dieses Buch will ich lesen! Dass es sich um ein Kinderbuch handelt, habe ich vor lauter Begeisterung gar nicht erkannt .
Also habe ich mir das Buch spontan bestellt. Erst als ich es in Händen hatte, merkte ich: es ist ein Kinderbuch, ein Kinderbuch mit entzückenden Zeichnungen.

Und dann habe ich es mehr oder weniger in einem Zug ausgelesen. Die drei Lamas wurden nicht nur so herzig gezeichnet, sie bestechen auch durch ihre liebenswerten Charaktere: das weiße, es heißt Petersilie, ist ein richtiges Mädchen, ein Prinzesschen, eine Diva. Das braune heißt Einstein. Er ist der vernünftigste, ist gutmütig, hat aber auch Witz und ist irgendwie der ruhrende Pol in der Runde. Das schwarze, es heißt Vokuhila, und kommt neu in die Runde, ist ein herzallerliebstes Bündel Leben, freundlich, verschmust, lebhaft, spontan und ein bisschen naiv. Mit einem Wort: man muss sie einfach lieben, diese drei!

Ja, natürlich, es leben auch Menschen auf dem Gut Erlenbach, ein Ehepaar, der Vater ist übrigens Polizist, mit zwei Töchtern, und sie bieten Lamawanderungen an, bei denen auch Nachbarskinder gerne mithelfen.

Und dann passiert ein Einbruch, bei dem zwar der Hausherr selbst ermittelt, aber nicht nur die Kinder versuchen, den Dieb zu finden, sondern auch die drei Lamas versuchen sich als Detektive. Gut, dass Vokuhila weiß, wie sie aus ihrer Koppel ausbüxen können, denn etwas Bewegungsfreiheit benötigen Detektive schon. Die Story ist einfallsreich und schlüssig gestaltet, vermittelt für Kinder auch, dass man gemeinsam vieles erreichen und schaffen kann, aber auch, dass sich Untaten nicht lohnen.

Ich habe sehr entspannende, unterhaltsame Lesestunden mit diesem Buch verbracht. Kann nur jedem empfehlen, so hie und da ein Kinderbuch zu lesen.

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Veröffentlicht am 24.07.2021

Mordsmäßige Umweltsünden

Mord au Vin (Claire Molinet ermittelt 1)
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Einerseits findet sich eine mumifizierte Leiche in den Dünen und Commandant Raoul Chenier ermittelt, andererseits sucht die junge Privatdetektivin Claire Molinet eine verschwundene Studentin.
Der flüssige ...

Einerseits findet sich eine mumifizierte Leiche in den Dünen und Commandant Raoul Chenier ermittelt, andererseits sucht die junge Privatdetektivin Claire Molinet eine verschwundene Studentin.
Der flüssige Schreibstil liest sich flott, die Spannung steigert sich kontinuierlich, je mehr die Nachforschungen vorangehen; es fehlt nicht an Verdächtigen und diversen Spuren und es wird umso interessanter, je mehr sich die beiden anfangs scheinbar unabhängigen Fälle von Claire und Raoul als zusammenhängend erweisen, bis sich schließlich in einem dramatischen Showdown alles klärt.
Die beiden Protagonisten - Raoul und Claire - fand ich sofort sympathisch, allerdings erfährt man meiner Meinung nach etwas zu wenig von ihnen, ihren Gefühlen und Gedanken, auch ihrem Vorleben, warum sich beide schwer tun, sich auf eine neue Beziehung einzulassen. Die Handlungen und Reaktionen der weiteren Charaktere sind durchaus nachvollziehbar und verständlich.
Das französische Flair wurde anschaulich eingefangen, durch die französischen Worte im Text, die Landschaftsbeschreibungen, die Kulinarik. Allerdings, wenn man wie ich Bordeaux nicht kennt, kann man sich, ohne sich eine Landkarte zu Hilfe zu holen, nur schwer orientieren. Ich hätte es sehr geschätzt, gäbe es – wie in anderen Regionalkrimis - eine Landkarte der Region im Buch.
Die Informationen über den Einsatz von Pestiziden im Weinbau stimmen einen nachdenklich. Wie sieht es denn mit jenem Wein aus, den man selber trinkt? Es handelt sich doch sicher nicht nur um ein Problem in Frankreich.
Mir hat das Buch in seiner Gesamtheit sehr gut gefallen. Eine ausgezeichnete Mischung. Die Handlung war gut aufgebaut, das Umwelt-/Weinbauthema war gut dosiert und sehr informativ eingebaut und last but not least mochte ich die beiden Ermittler. Das Ende lässt ahnen, hoffen, dass aus Claire und Raoul in Folgebänden nicht nur ein gut zusammen arbeitendes Team, sondern ein Paar wird – auch mit etwas mehr Emotionen. Ich freue mich schon auf die Fortsetzungen!

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Veröffentlicht am 09.07.2021

Geliehene Schönheit

Ein letzter Frühling am Rhein
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Worum geht es? Aufgrund eines anonymen Hinweises findet die Polizei ein junges, bildschönes Model vergiftet in seiner luxuriösen Wohnung, zusammen mit einer kryptischen Nachricht, deren Sinn und Entschlüsselung ...

Worum geht es? Aufgrund eines anonymen Hinweises findet die Polizei ein junges, bildschönes Model vergiftet in seiner luxuriösen Wohnung, zusammen mit einer kryptischen Nachricht, deren Sinn und Entschlüsselung sogar für den beigezogenen Psychologen eine Herausforderung darstellt.
Ich war nicht sofort in der Geschichte, aber von Seite zu Seite, von Kapitel zu Kapitel schätzte ich den Schreibstil, die bildhaften Schilderungen von Eindrücken, Gedanken und Beobachtungen immer mehr.
Der Fokus liegt in diesem Kriminalroman in der aufwändigen Kleinarbeit der Kriminalpolizei, in den Befragungen jener Personen, die das Umfeld der Ermordeten bildeten, auf der Suche nach dem Motiv, nach dem Mörder bzw. der Mörderin. Obwohl der Fall in der Gegenwart spielt, habe ich es als wohltuend empfunden, dass es in erster Linie auf die Befragungstechnik, die Kombinationsgabe und die grauen Zellen der Ermittler ankommt, und weniger auf DNA-Analysen, Ergebnisse der Spurensicherung oder Internetrecherchen.
Zu Beginn irritierte mich der religiöse Touch, doch die Thematik Gott – Kirche – Religion und Glaube zieht sich wie ein roter Faden durch die Handlung, machte zunehmend mehr Sinn und beschäftigt auch die Ermittler, die immer wieder auf die Diskrepanz zwischen der Herkunft der Toten - sie ist auf dem Land aufgewachsen und war stets streng gläubig - und der Oberflächlichkeit des Jetset-Lebens in der Modewelt stoßen, in der die junge Frau zwar hektisch und im Trubel existierte, letztlich jedoch einsam blieb.
Es schwebt eine gewisse Tristesse über der Lektüre, in Form der Gleichgültigkeit der Nachbarn, die in dem Mehrparteienhaus nebeneinander her leben, uninteressiert, nichts gehört und nicht gesehen haben (wollen).
Das überschaubare Ermittlerteam, es besteht lediglich aus Kriminalhauptkommissar Kilian Stockberger, Oberkommissarin Cosima Winkler und Kommissar Miko Reichenhall, erweckte meine Sympathie insbesondere durch deren Umgang miteinander, wo man sich durchaus auch mal aufzieht und auch nach Dienstschluss noch freundschaftlich Kontakt miteinander pflegt.
Die Charaktere – sowohl der Kriminalisten als auch der von ihnen Befragten – sind anschaulich dargestellt, wobei ich vor allem den fast poetischen Schreibstil so mochte, diese über das rein realistisch Äußerliche hinausgehenden Beschreibungen, wenn z.B. das Gehabe eines Ehepaares mit einem Affenpärchen verglichen wird. Dadurch erhält der Roman auch einen humorvollen Anstrich, bringt einen zum Schmunzeln.
Solche Sprachbilder, wie ich es für mich bezeichnet habe, ziehen sich durch das gesamte Buch, witzige Assoziationen, Gedanken, Kopfkino malende Wortschöpfungen, die mich begeisterten.
„Ein letzter Frühling am Rhein“, der Auftakt zu einer neuen Reihe, besticht in erster Linie sprachlich, weniger aufgrund der erzeugten Spannung, obwohl der Fall interessant ist und letztlich schlüssig gelöst wird.

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