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Veröffentlicht am 08.08.2022

Emotional, aber zu oberflächlich

In fünf Jahren
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Inhalt:
In der Nacht nach ihrer Verlobung hat die New Yorker Anwältin Dannie einen Traum. Oder ist es eine Vision? Sie wacht auf: An einem Tag, fünf Jahre in der Zukunft. In einer anderen Wohnung, in ...

Inhalt:
In der Nacht nach ihrer Verlobung hat die New Yorker Anwältin Dannie einen Traum. Oder ist es eine Vision? Sie wacht auf: An einem Tag, fünf Jahre in der Zukunft. In einer anderen Wohnung, in einem fremden Bett, mit einem neuen Mann.
Das Vorkommnis wirft Dannie aus der Bahn und gleichzeitig kann sie sich niemandem anvertrauen. Weder ihrem Verlobten noch ihrer besten Freundin Bella. In den folgenden Jahren hängt der Traum drohend über Dannies ansonsten nahezu perfektem Leben. Diese gerät endgültig aus den Fugen, als der Mann, den sie einst im Traum gesehen hat, plötzlich wahrhaftig vor ihr steht: Als neuer Freund ihrer besten Freundin.

Meine Meinung:
„Dies ist eine Liebesgeschichte. Aber nicht die Liebesgeschichte, die Sie erwarten.“ Das ist das Versprechen, das „In fünf Jahren“ den Lesenden macht. Ich habe im Vorfeld einige andere Rezensionen gelesen, die mir den Eindruck gegeben haben, dass das Buch dieses Versprechen auch einhalten kann.
Und ja, es stimmt. Man liest hier wirklich nicht die Geschichte, die sich aufdrängt, wenn man den Klappentext sieht. Ich liebe den Ansatz der Autorin, zu überraschen und in der ein oder anderen Weise vielleicht auch Augen zu öffnen, für Dinge, die wir als zu selbstverständlich annehmen.
Unglücklicherweise bin ich nicht ganz zufrieden mit der Umsetzung dieses Ansatzes. Ich finde die Protagonisten (Dannie, Bella und die beiden Männer in ihrem Leben) zu stereotyp und nur sehr oberflächlich ausgearbeitet. Sie wirken nicht wie richtige Menschen, weil einzelne Charaktereigenschaften zu stark überbetont werden und sie quasi vollständig zu definieren scheinen. Obwohl das Buch auch immer wieder ernstere Themen anspricht und diese mich definitiv emotional erreichen konnten, werden sie zu wenig in die Tiefe gehend aufarbeitet. Möglicherweise ist ein Grund dafür die relativ überschaubare Seitenanzahl der Geschichte. Immer wieder wirken Szenen klischeehaft, die Figuren agieren wie Abziehbilder.
Es ist merkwürdig: Weil mir die Geschichte, die Handlung selbst, wirklich ans Herz gegangen ist. Es ist die Art und Weise, wie sie erzählt wurde, die mich irgendwie unzufrieden zurückgelassen hat. Ich denke, anders dargestellt, hätte „In fünf Jahren“ viel mehr glänzen können.

Fazit:
Nichtsdestotrotz würde ich sagen, dass „In fünf Jahren“ ein nicht ganz leichtes, aber vielleicht sanftes und ganz bestimmt sehr passendes Buch, für einen gemütlichen Sommerabend auf der Terrasse ist. Ein bisschen erinnert es mich an eine amerikanische TV-Serie aus den Neunzigern. Vielleicht ist es zu überzeichnet, vielleicht gibt es ein paar zu viele Klischees, am Ende sitzt man trotzdem schluchzend auf dem Sofa.

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Veröffentlicht am 02.08.2022

C'est la vie

Das Glück auf der letzten Seite
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Inhalt:
Anne-Lise findet in einem kleinen Hotel an der bretonischen Küste das unveröffentlichte Manuskript eines Romans. Die Geschichte berührt sie und weil eine Notiz mit der Adresse des Autors angefügt ...

Inhalt:
Anne-Lise findet in einem kleinen Hotel an der bretonischen Küste das unveröffentlichte Manuskript eines Romans. Die Geschichte berührt sie und weil eine Notiz mit der Adresse des Autors angefügt ist, kontaktiert sie diesen per Brief. Es stellt sich heraus, dass Sylvestre sein Buch vor vielen Jahren verloren hat und es selbst nie beendet hat. Eine unbekannte Person muss ihn zwischenzeitlich entdeckt und selbstständig das Ende der Geschichte ergänzt haben. Anne-Lise ist nun neugierig geworden und begibt sich auf Spurensuche. Sie will die Reise des geheimnisvollen Manuskripts nachvollziehen und stößt bei ihrer Suche auf viele Menschen, deren Leben durch die Zeilen nachhaltig verändert worden sind.

Meine Meinung:
Es hätte doch so schön sein können. Selbst jetzt, während ich meine eigene Inhaltszusammenfassung der Geschichte schreibe, denke ich noch, dass sich „Das Glück auf der letzten Seite" doch wirklich großartig anhört. Aber irgendwie hat das Buch meine Erwartungen dennoch nicht erfüllt.
Es handelt sich um einen Briefroman. Allein über diese Tatsache habe ich mich anfangs sehr gefreut, denn ich finde Briefeschreiben sehr romantisch und glaube, dass man in Briefen wunderbare Geschichten erzählen kann.
Bei „Das Glück auf der letzten Seite“ funktioniert diese Textform nur leider nicht wirklich. Die Briefe, die hier ausgetauscht werden, sind sehr kurz und Anne-Lise kommuniziert mit vielen unterschiedlichen Protagonisten.
Einerseits führt das dazu, dass die Figuren nicht wirklich gut ausgearbeitet sind und ihre Persönlichkeiten eher stereotyp wirken. Da ist die quirlige beste Freundin, der charmante Engländer, die junge Frau aus schlechten Verhältnissen, die ein schlimmes Schicksal erleidet, etc. Ich habe ja prinzipiell nichts gegen die Verarbeitung von gewissen Klischees, aber die Autorin hat hier meines Erachtens zu wenig aus den klassischen Schablonen herausgeholt.
Andererseits habe ich manchmal aufgrund der Zeitsprünge und der unterschiedlichen Briefwechsel etwas den Überblick verloren und war mir oft nicht sicher, an welchem Punkt der Reise wir uns gerade eigentlich befinden. Da wird dann beispielsweise auf ein Ereignis Bezug genommen, das ich vorher kaum registriert habe, weil es innerhalb eines Briefs nur so kurz angerissen wird.
Positiv hervorheben möchte ich den Frankreichflair, den ich in Geschichten immer wieder liebe und auch in dieser wirklich bezaubernd finde. Auch diese Atmosphärik ist ja ein Klischee, aber eines das ich mir gezielt in Romanen aussuche. Außerdem ist das Cover wirklich wunder- wunderschön. Eine Augenweide für jedes Bücherregal.

Fazit:
Zusammenfassend kann man sagen: Das Buch ist mir zu flach und gleichzeitig zu kompliziert. Das hört sich in dieser Kombination merkwürdig an, ich weiß. Aber ich glaube, an der ein oder anderen Stelle mehr Tiefe hätte für mehr Verständnis sorgen können.
Es tut mir wirklich leid. Ich wollte „Das Glück auf der letzten Seite“ so gerne mögen, aber die Geschichte konnte mich letztlich nicht erreichen. Manchmal ist es im (Lese)leben einfach so, dass man sich in einen Text nicht einfindet.

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Veröffentlicht am 02.07.2022

Die Rettung einer anderen Welt

Der Mann, der vom Himmel fiel
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Inhalt:
Thomas Newton revolutioniert das moderne Amerika mit seinen Ideen. Doch er ist kein außergewöhnlich intelligenter Mensch, sondern ein menschlich fühlender und denkender Außerirdischer. Seine Mission ...

Inhalt:
Thomas Newton revolutioniert das moderne Amerika mit seinen Ideen. Doch er ist kein außergewöhnlich intelligenter Mensch, sondern ein menschlich fühlender und denkender Außerirdischer. Seine Mission ist es die Welt zu retten. Und zwar nicht unsere, sondern seine. Ein hochentwickelter Planet, dessen Bevölkerung der Menschheit weit voraus ist und es trotz ihrer Intelligenz geschafft hat ihren Lebensraum beinahe zugrunde zu richten. Newton glaubt nun durch wirtschaftlichen Erfolg als Geschäftsmann auf der Erde, seine Spezies retten zu können.

Meine Meinung:
Ich habe „Das Damengambit“ von Walter Tevis geliebt und war dementsprechend sehr neugierig auf dieses Buch. Leider konnte der Autor mich mit der Geschichte um Thomas Newton dieses Mal nicht mehr überzeugen. Walter Tevis’ Ideen sind auch dieses Mal außergewöhnlich und das Potenzial für einen großartigen Roman ist definitiv da. Die Umsetzung gefällt mir jedoch in einigen Aspekten nicht. Die außerirdische Welt, aus der Newton kommt, wird mir zu wenig erklärt. Dadurch ergeben sich für mich Fragen und Logikprobleme. Außerdem habe ich Schwierigkeiten mit dem Blickwinkel, aus dem einige Figuren gezeichnet werden. Der ist mir zu eindimensional. Die Feinheiten in den Charakterbeschreibungen, wie sie bei „Das Damengambit“ vorhanden sind, fehlen mir hier ganz eindeutig. Ich hätte mir an dieser Stelle mehr Komplexität erhofft, vor allem auch auf der Metaebene. Spannend ist es immer dann geworden, wenn der Text davon erzählt, wie Newton als Außerirdischer die Menschen sieht. Aber das steht gar nicht so sehr im Mittelpunkt der Geschichte. Wird es Newton gelingen seine Heimat zu retten? Das ist die zentrale und sicherlich sehr spannende Frage dieses Romans. Aber die Art und Weise, wie sie geklärt wird, finde ich nicht so spannend erzählt, wie ich es mir erhofft habe. Tatsächlich musste ich mich ab einem gewissen Punkt nicht zwingen, aber doch schon überreden weiterzulesen. Der berühmte Lesesog war nicht da. Nichtsdestotrotz ist „Der Mann, der vom Himmel fiel“ kein schlechtes Buch gewesen, es ist in der Gänze nur unter meinen Hoffnungen und Erwartungen zurückgeblieben. Ich gebe zu, dass diese auch sehr hoch gesteckt waren. Aber Thomas Newton als Protagonist ist einfach keine Beth, die mich so mitgerissen und in all ihren Facetten überzeugt hat. Da war kein Funke, der auf mich überspringen konnte.

Fazit:
Ach, ich hätte mir so gewünscht, dass ich es mögen würde, nachdem mir „Das Damengambit“ so gut gefallen hat. Man merkt trotz allem auch „Der Mann, der vom Himmel fiel“ an, dass Tevis ein großartiger Schriftsteller ist. Der Text wird flüssig und bildhaft erzählt, aber es fehlt inhaltlich einfach an Substanz und Emotion, um mich wirklich mitreißen zu können.

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Veröffentlicht am 11.07.2021

Ehrlichkeit und Schwäche

Betreff: Falls ich sterbe
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Inhalt:
Carolinas Sohn ist wenige Monate alt, als sie Aksel, ihren Lebensgefährten und Vater ihres Babys, eines Morgens tot im gemeinsamen Bett vorfindet. Carolina fällt daraufhin in ein tiefes Loch, weiß ...

Inhalt:
Carolinas Sohn ist wenige Monate alt, als sie Aksel, ihren Lebensgefährten und Vater ihres Babys, eines Morgens tot im gemeinsamen Bett vorfindet. Carolina fällt daraufhin in ein tiefes Loch, weiß nicht mehr wie sie mit sich und ihrem Leben zurechtkommen soll. Doch Freunde und Familie sind für sie da. „Betreff: Falls ich sterbe“ ist ein autobiographischer Roman, in dem die Autorin von den Monaten und Jahren vor und nach Aksels Tod erzählt.

Meine Meinung:

Das Buch wirkt deutlich dicker, als es tatsächlich ist. Die Kapitel sind sehr kurz und lassen sich schnell lesen. Es gibt zwei Erzählstränge, die jeweils abwechselnd bedient werden. Der erste beginnt mit dem Kennenlernen von Carolina und Aksel, verfolgt ihre Beziehung und endet bei seinem Tod. Der zweite beginnt bei Aksels Tod, schildert die nervenaufreibende Zeit danach und geht schließlich in das Leben über, das Carolina sich irgendwann wieder aufbaut.

Im Zentrum der Geschichte stehen allein Carolina, Aksel und ihr Sohn Ivan. Carolina erzählt in der zweiten Person, sie spricht den toten Aksel direkt an. Die Nebenfiguren werden nicht näher benannt oder charakterisiert. Sie sind bloß „meine Stiefmutter“, „dein Bruder“, „seine Tochter“. Das hat mich vor allem im Mittelteil, als Familie und Freunde in Carolinas Trauer doch so präsent waren, sehr irritiert.

Beeindruckt hat mich an dem Buch, mit welcher Ehrlichkeit die Autorin versucht, sich selbst, Aksel, ihre Beziehung, das Muttersein und ihre Trauer zu beleuchten. Und da wären wir auch schon beim größten Problem. Die Beziehung, die hier geschildert wird, ist in meinen Augen höchst dysfunktional. So dysfunktional, dass ich mich des Öfteren bei dem Gedanken ertappt habe, dass doch einer von den beiden dieses ganze Übel bitte beenden möge. Die Beziehung von Carolina und Aksel und ihre Probleme, vor allem im Bezug auf Kinderwunsch und Schwangerschaft, wird äußerst detailliert seziert, während in den zwischengeschobenen Kapiteln gleichzeitig Carolinas Trauerphase stattfindet. Mit diesem Wechsel bin ich nicht gut zurechtgekommen.

Carolina erzählt ihre Geschichte weiter, bis zu dem Punkt, an dem sie beginnt, sich ein neues Leben nach Aksel aufzubauen. Dieses Leben ist mit neuen Menschen und neuen Problemen verknüpft. Irgendwie schafft es die Geschichte hier einen Bogen zu spannen, weil diese Schwierigkeiten die genaue Verkehrung der Situation mit Aksel sind.

Apropos Bogen: Schade fand ich auch, dass die titelgebende Email im Laufe der Geschichte nicht intensiver thematisiert wird.

Fazit:

Es war nicht mein Buch. Mir haben die Nebenfiguren gefehlt. Ein greifbares soziales Gefüge. Ein Fokus. Der große Pluspunkt der Geschichte ist ihre Ehrlichkeit und vielleicht bin ich selbst einfach nicht in der entsprechenden Lebensphase, um diese wertschätzen zu können. Für mich ist es nicht das richtige Buch zum Thema Trauer und Schicksalsschläge gewesen, weil es einfach zu viele schwierige Nebenschauplätze behandelt. Trotzdem muss man herausstellen, dass das Leben nun einmal häufig so ist, wie es hier geschildert wird. Es tut weh und man läuft im Kreis. Aber als Roman, habe ich mir damit wahnsinnig schwergetan.

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Veröffentlicht am 23.02.2021

Viele Köche verderben den Brei

Die Bücherfrauen
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Ich liebe Bücher! Und ich bin eine Frau. Also bin ich wohl auch eine Bücherfrau. Der Titel des Romans hat mich sehr angesprochen, dementsprechend glücklich war ich darüber, „Die Bücherfrauen“ in einer ...

Ich liebe Bücher! Und ich bin eine Frau. Also bin ich wohl auch eine Bücherfrau. Der Titel des Romans hat mich sehr angesprochen, dementsprechend glücklich war ich darüber, „Die Bücherfrauen“ in einer Leserunde besprechen zu dürfen. Leider hat mich der Inhalt ratlos zurückgelassen.

Inhalt:
Kansas, 2008: Die Bibliothekswissenschaftlerin Angelina (39) kehrt in die Heimatstadt ihres Vaters zurück, um dort ihre Dissertation zu beenden. Sie forscht bereits seit zehn Jahren über die sog. Carnegie-Bibliotheken und erhofft sich das Tagebuch ihrer längst verstorbenen Großmutter zu finden, die einst am Bau einer solchen Bibliothek beteiligt war. Die Künstlerin Traci (26) verschlägt es ebenfalls nach New Hope. Sie soll Kunst am Kulturzentrum der Stadt unterrichten, das mittlerweile in den Räumlichkeiten der ehemaligen Bibliothek untergebracht ist. Ihre Referenzen hat Traci dafür gefälscht. Sie will verbergen, dass sie gar nicht wirklich studiert hat. Und dann ist da auch noch Gayle, eine Frau aus der Nachbarstadt Prairie Hill. Durch einen Tornado hat sie ihre ganze Existenz verloren

Meine Meinung:
Ich betone das Alter der Protagonistinnen so sehr, weil das mit meinem Hauptproblem in Verbindung steht. Die zeitlichen Zusammenhänge sind für mich rätselhaft geblieben.
Das Buch spielt im Jahr 2008 und bezieht sich auf die Jahre 1910 und 1911, in denen die Bibliothek gebaut wurde, Angelinas Großvater starb und ihr Vater geboren wurde. Angelinas Familiengeschichte wurde in diese große Zeitspanne hinein erzählt und das ging meines Erachtens nicht auf. Ich möchte an dieser Stelle nicht detailliert auf das Warum eingehen, weil ich diese Rezension spoilerfrei halten möchte. Nur so viel sei gesagt: Ein Vater, der in sehr hohem Alter noch Kinder zeugt, spielt dabei eine Rolle.
Überhaupt bleibt Angelina als Protagonistin eher blass und wenig greifbar. Ihre Vergangenheit ist für mich nach wie vor unklar. Sie arbeitet seit zehn Jahren an ihrer Dissertation, ihre Recherchen scheinen jedoch noch ganz am Anfang zu stehen. Man erfährt einzig und allein, dass sie finanziell abhängig von ihrer emotional toxischen Mutter gewesen ist. Genauer beleuchtet wird aber auch das nicht.
Die Geschichte wechselt in kurzen Kapitel zwischen den Sichtweisen von Angelina, Traci und Gayle.
Traci war meine Lieblingsprotagonistin. Sie wurde als Baby in einer Mülltonne gefunden und hat einen sehr geringen Selbstwert. Von ihr hatte ich das klarste Bild. Die Liebesgeschichte zwischen ihr und einem einheimischen Künstler fand ich süß, wenn auch überstürzt. Gayle hingegen blieb vollkommen undurchsichtig. Ihre Kapitel sind kürzer als die der anderen und irgendwie farblos. Ihre Geschichte scheint losgelöst vom Hauptplot und ich habe vergeblich darauf gehofft, dass die Autorin sie irgendwann integriert.
An dieser Stelle kommen wir zu einem weiteren Problem des Buchs. Die Geschichte will zu viel auf einmal. Es gibt zahlreiche Probleme, die nur oberflächlich angerissen und dann zu schnell gelöst werden. Das Kulturzentrum, die Bibliotheken, die verfeindeten Städte, der Tornado, Angelinas Dissertation, Angelinas Vergangenheit, Tracis Vergangenheit, Tracis Lügen, ein schwerer Autounfall, Liebesgeschichten, emotional labile Teenager und und und.
„Die Bücherfrauen“ hat viele Zutaten, die eine tolle Geschichte braucht, aber am Ende schmeckt das Essen nicht richtig, weil der Fokus verloren gegangen ist.
Zusätzlich gestört hat mich, dass der Schreibstil der Autorin immer wieder zu einer unnötigen Dramatik neigt. Damit meine ich keine emotionalen Szenen, sondern dramatische Nebenschauplätze, auf die dann zu wenig eingegangen wird. Außerdem weint ständig jemand ohne nachvollziehbaren Grund.
Die Sprache ist ansonsten einfach, aber flüssig lesbar. Ab und zu gibt es ein paar holprige Formulierungen.
Abschließend möchte ich unbedingt noch deutlich machen, wie wunderschön ich die Aufmachung des Hardcovers finde. Es ist ein Schmuckstück in jedem Bücherregal. Ich liebe den texturierten Einband und das reduzierte Cover. Es ist ein Jammer, dass der Inhalt diesem tollen Äußeren nicht gerecht werden kann.

Fazit:
Ich habe gelesen, dass die Übersetzerin von „Die Bücherfrauen“ auch „City of Girls“ von Elisabeth Gilbert aus dem Fischer-Verlag übersetzt hat. Das habe ich letztes Jahr gelesen und abgöttisch geliebt. So ein wundervolles, atmosphärisches und kluges Buch über ein Frauenleben abseits der Konventionen seiner Zeit. Genau so etwas habe ich mir von „Die Bücherfrauen“ auch erhofft. Wenn ich Bücher lese, dann will ich sie immer, immer, immer mögen. Aber das gelingt mir hier einfach nicht recht.

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