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Veröffentlicht am 18.07.2021

„Die Hoffnung ist es, die die Liebe nährt.“ (Ovid)

Wenn die Hoffnung erwacht
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1947 Regensburg. Nora kommt aus einem behüteten, katholischen Apothekerhaushalt und darf die letzte Nacht des Jahres auf Einladung ihrer Freundin auf einer deutsch-amerikanischen Silvesterfeier verbringen. ...

1947 Regensburg. Nora kommt aus einem behüteten, katholischen Apothekerhaushalt und darf die letzte Nacht des Jahres auf Einladung ihrer Freundin auf einer deutsch-amerikanischen Silvesterfeier verbringen. Dort ist die junge Frau nicht nur überwältig von den aufgetischten Speisen, die so kurz nach dem Krieg für sie etwas Besonderes sind, sondern findet an dem Abend auch ihr persönliches Glück in dem amerikanischen Soldaten William Bowman, von dem sie bald ein Kind erwartet. Als William die Abkommandierung nach Amerika erhält, bleibt die schwangere Nora allein zurück und muss sich dem Zorn ihres Vaters stellen, der sie am liebsten sofort an einen anderen verschachern möchte, um seine Apotheke zu retten. Doch Nora macht da nicht mit, hofft sie doch immer noch, dass William sein Versprechen einlöst und bald zu ihr zurückkehrt. Sie flüchtet mit ihrem kleinen Sohn Will kurzerhand nach München, wo sie über eine Zufallsbegegnung in das Haus der Familie von Wolf und Helene Wagner kommt…
Lilli Beck hat mit „Wenn die Hoffnung erwacht“ einen emotionsgeladenen fesselnden historischen Roman vorgelegt, der nicht nur die Nachkriegszeit wie auf Knopfdruck im Kopf des Lesers lebendig werden lässt, sondern auch mit einer Geschichte aufwartet, die den Leser während der Lektüre durch eine wahre Achterbahn der Gefühle jagt. Der flüssige, bildgewaltige und berührende Erzählstil lässt den Leser schnell an Noras Seite sinken, wo er an ihren Fersen klebt und eine bittersüße Geschichte miterleben darf. Becks Schilderungen der Nachkriegszeit sind so plastisch, dass der Leser ein wahres Kopfkino erlebt beim Beschreiten der mit Trümmern gesäten und von Ausgebombten Häuser gesäumten Münchener Straßen. Während ihrer packenden Geschichte weiß die Autorin sowohl Resignation als auch Hoffnungsschimmer auf gekonnte Weise miteinander zu verbinden. Drei unterschiedliche Perspektiven geben dem Leser konstant einen guten Rundumblick, wobei nicht nur der Spannungslevel immer mehr gesteigert wird, sondern er gedanklich immer wieder Szenen durchspielt und für diverse Probleme auf Lösungsmöglichkeiten spekuliert. Der Leser folgt mal Nora, mal dem Verleger Wolf Wagner und dann Wagners Neffe, dem Fotografen Luis Doll, die alle Einfluss auf Noras Geschichte haben. Informativ eingebunden ist die Entstehung einer neuen Zeitschrift und gibt dem Leser einen kurzen Einblick in die Verlagswelt. Die gesellschaftlichen Regeln und Normen sind von der Autorin ebenso gut mit ihrer Geschichte verwebt und spiegeln das damalige Leben sehr realitätsnah wieder, wo es Frauen und vor allem ledige Müttern in einer männerdominierten Welt nicht leicht gemacht wurde.
Auch bei ihren Charakteren beweist Beck ein glückliches Händchen, denn sie sprühen voller Leben, wirken in ihrem Handeln und Tun sehr authentisch und glaubwürdig, so dass der Leser sich nur zu gern in ihrer Mitte wiederfindet und sie begleitet. Nora ist eine junge und lebenslustige Frau, die sich nicht unterkriegen lässt und deren Kampfgeist spürbar ist. Mutig geht sie ihren Weg, wobei sie auch viel Glück mit den Menschen hat, die ihren Weg säumen. Ihr Vater ist ein Patriarch, der nur an sich und sein Umfeld denkt. Wolf und Helene Wagner haben einige Schicksalsschläge zu verkraften, doch haben sie sich ihr warmherziges und fürsorgliches Wesen bewahrt. Luis ist ein herzensguter Kerl, der alles für Nora tun würde. Aber auch Celia, Marlene, William und vor allem Gollnik tragen zum Spannungslevel in dieser Geschichte bei.
„Wenn die Hoffnung erwacht“ ist durch und durch eine Geschichte mit Suchtpotential, ein fesselnder Pageturner, angefüllt mit Spannung, historischen Details, Liebe, tragischen Familienschicksalen, Notlügen und vor allem ganz viel Hoffnung, den man nicht aus der Hand legen kann. Wer großes Kopfkino sucht, ist hier genau richtig. Absolute Leseempfehlung – besser geht es nicht! Chapeau!!!

Veröffentlicht am 18.07.2021

"Das Einzige, wofür es sich zu kämpfen lohnt, ist die Familie." (Lincoln Burrows)

Erntejahre
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Eva bringt 1958 Tochter Bettina zur Welt, die schon als dreijähriges Mädchen durch den Bau der Berliner Mauer miterleben muss, wie diese ihre Familie unweigerlich in Stücke reißt. Ihre Großmutter Constanze ...

Eva bringt 1958 Tochter Bettina zur Welt, die schon als dreijähriges Mädchen durch den Bau der Berliner Mauer miterleben muss, wie diese ihre Familie unweigerlich in Stücke reißt. Ihre Großmutter Constanze muss mit Clemens im Osten bleiben und ist unerreichbar, während Bettina im Westen aufwächst und sich schon bald politisch engagiert und der Friedensbewegung anschließt. Als eines Tages in den 70er Jahren ihr bisher unbekannter amerikanischer Halbbruder auftaucht, muss Bettina feststellen, dass sie viel zu wenig über ihre eigene Familiengeschichte weiß. Ihre Neugier ist geweckt und lässt Bettina nicht eher los, als bis sie Antworten erhalten hat…
Izabelle Jardin hat mit „Erntejahre“ den Abschlussband ihrer historischen Wartenburg-Saga vorgelegt, der in punkto Spannung und Dramatik sowie exzellent recherchiertem Hintergrund den beiden Vorgängerromanen in nichts nachsteht und sich diesmal auf Constanzes Enkelin bzw. Evas Tochter Bettina konzentriert. Der flüssige, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser erneut zu einer Zeitreise ein, die sich von 1958 bis ins Jahr 2004 erstreckt. Die Geschichte erstreckt sich über zwei Handlungsstränge, wobei der eine Bettina begleitet, während der andere Großmutter Constanze eine Bühne bietet und der Leser so erfährt, was ihr und Clemens alles widerfährt. Mit Bettina erlebt der Leser eine junge Frau, die gern Journalistin werden will und ebenso wie ihre Mutter politisch engagiert ist. Jardin hat akribisch recherchiert und den damaligen historischen Hintergrund wunderbar mit ihrer Handlung verwoben. So darf der Leser nicht nur hautnah den verstörenden Mauerbau miterleben, der eine Schneise durch Deutschland schlägt und Familien voneinander trennt. Auch der Vietnamkrieg, die Olympischen Spiele 1972 in München mit dem Attentat auf die israelischen Sportler, die Flugzeugentführung der „Landshut“, die RAF-Anschläge sowie das Nuklearunglück in Tschernobyl und viele andere geschichtlich relevanten Ereignisse sind in den Roman eingezogen, um der Handlung den zustehenden realistischen Rahmen zu geben. Nicht nur Bettinas Nachforschungen in die familiäre Vergangenheit bringen genügend Spannungsmomente, vor allem die Erlebnisse von Constanze und Clemens in der ehemaligen DDR bringen beim Leser eine Achterbahn der Gefühle hervor, die vor allem von Entsetzen, Unglauben und Wut geprägt ist.
Auch bei ihren Protagonisten hat Jardin wieder besonderes Talent bewiesen, denn alle sind sehr lebendig und mit menschlichen Ecken und Kanten in Szene gesetzt, so dass der Leser sich gern an ihre Fersen heftet, weil er sich ihnen verbunden fühlt und bereits als alte Freunde betrachtet. Bettina ist eine Protagonistin, die einem schnell ans Herz wächst, denn sie überzeugt durch ihre offene Art, Mut und Stärke sowie einem festen Willen. Constanze kann man für ihr Durchhaltevermögen nur bewundern, vor allem, wenn man um ihre Geschichte weiß und wieviel zu aushalten musste. Eva ist diesmal eher eine Randerscheinung, doch hat sie Bettina in ihrer Entwicklung stark geprägt und somit indirekt Einfluss auf deren Handlungsweise. Alle drei Frauen stehen für die Dinge ein, die ihnen am Herzen liegen und weichen auch Widerständen nicht aus. Aber auch Clemens, Wilhelm, Mathias und einige mehr tragen mit ihren Episoden zur Intensität der Handlung bei.
„Erntejahre“ ist ein wunderbarer Abschluss, vollgepackt mit einer spannenden, teils dramatischen Handlung sowie geschichtlichen Momenten, die der Leser während der Lektüre hautnah miterleben darf. Anrührend, fesselnd und vor allem nachklingend hat die Geschichte eine absolute Leseempfehlung verdient!

Veröffentlicht am 17.07.2021

Schulalltag in Zeiten des politischen Wandels

Die Alster-Schule - Zeit des Wandels
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1930-1939 Hamburg. Die junge, lebenshungrige Lehrerin Felicitas Marquardt ist ambitioniert und beseelt von dem Gedanken, ihre Schüler zum selbständigen Denken zu ermuntern und so deren Talente hervorzuholen ...

1930-1939 Hamburg. Die junge, lebenshungrige Lehrerin Felicitas Marquardt ist ambitioniert und beseelt von dem Gedanken, ihre Schüler zum selbständigen Denken zu ermuntern und so deren Talente hervorzuholen und zu fördern. Gewaltsames Einbläuen und strenger Drill kommen für sie nicht in Frage. So hält sie es auch an der Alster-Schule, wo sie mit Hilfe der Fürsprache durch Studienfreund Emil eine Anstellung bekommen hat. Während Emil allerdings heimlich in sie verliebt ist und sich mehr von ihr erhofft, steht Felicitas mehr der Sinn nach Freiheit und Selbstbestimmung. Ihre zurückhaltende Freundin Anneliese, die ebenfalls an der Schule unterrichtet, hat dagegen ein Auge auf Emil geworfen und kann sich nichts Schöneres vorstellen, als eine eigene Familie zu haben. Das stellt die Freundschaft zwischen den beiden Frauen auf eine Bewährungsprobe. Als die Nazis immer mehr an Macht gewinnen, ziehen deren Parolen und Regeln auch bald an der Alster-Schule ein und verlangen von allen eine Entscheidung, auf welcher Seite sie stehen wollen…
Julia Kröhn hat mit „Zeit des Wandels“ den ersten Band ihrer historischen „Alster-Schule“-Dilogie vorgelegt, der nicht nur mit einer spannenden Handlung aufwarten kann, sondern auch mit einer akribischen Hintergrundrecherche vollends überzeugen kann. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zu einer Reise in die Vergangenheit ein, wo er sich in der Weimarer Republik wiederfindet, sich an Felicitas Fersen heftet und gemeinsam mit ihr eine fesselnde Zeit erlebt. Die akribische Recherche der Autorin macht sich schnell bezahlt, denn der Leser erhält einen guten Einblick in die damaligen Zustände an den Schulen, wo den Kindern der zu lernende Stoff stupide nach Lehrbuch eingetrichtert wurde und sie zudem auch noch körperlich gezüchtigt wurden. Felicitas ist ihrer Zeit weit voraus, denn sie möchte die Kinder beim Lernen nicht unter Druck setzen, sondern deren Wissen spielerisch hervorholen und ihre Talente fördern, so dass ihnen das Lernen Spaß macht und sie keinen Zwang darin sehen. Die Machtergreifung der Nazis hat auch dem Schulbetrieb einiges abverlangt, denn die Lehrer waren gezwungen, deren Gedankengut „unter die Schüler“ zu bringen. Auch an der Alster-Schule muss der Leser gemeinsam mit Felicitas erleben, dass kritische und auch jüdische Lehrer sowie Schüler nicht mehr erwünscht waren, sogar Gewalt ausgeübt wurde und sogar Felicitas‘ engste Freunde sich von dem Nazigedankengut einlullen ließen. Kröhn beschreibt dies alles so plastisch, dass beim Leser sofort das Kopfkino anspringt und man Geschichte leibhaftig mitverfolgt. Die durch die Nazis hervorgerufene und gewünschte Spaltung der Gesellschaft ist im Mikrokosmos Schule wunderbar mitzuverfolgen.
Die Charaktere sind facettenreich ausgestaltet und inszeniert, sie zeichnen sich durch menschliche Eigenschaften aus und machen es dem Leser leicht, ihnen zu folgen. Felicitas ist für ihre Zeit bereits eine emanzipierte, selbstbewusste und mutige Frau, die für ihre Prinzipien eintritt und ein selbstbestimmtes Leben führen will. Sie ist offen, impulsiv, freundlich und warmherzig. Emil ist ein netter, aber unsicherer Mann, der sich von den Naziparolen einfangen lässt. Anneliese ist eine ruhige, eher zurückhaltende und naive Frau, deren Hauptziel im Leben eine eigene Familie ist. Levi ist ein empathischer und fürsorglicher Mann, der sich um andere kümmert, aber er ist auch Jude und bekommt als einer der ersten die Macht der Nazis zu spüren.
Mit „Zeit des Wandels“ ist Julia Kröhn ein wunderbarer Start ihrer Dilogie gelungen. Neben einer exzellenten historischen Recherche besticht das Buch durch eine spannende und berührende Handlung, die den Leser mitnimmt, ihn bis zum Ende nicht mehr loslässt und er sich fragt, wie es wohl weitergehen wird. Absolute Leseempfehlung für einen Pageturner mit tollem Kopfkino!

Veröffentlicht am 17.07.2021

„Der beste Weg herauszufinden, ob man jemandem vertrauen kann, ist ihm zu vertrauen.“ (Ernest Hemingway)

Sophies Café
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Als Leah auf ihrer Reise in der Kleinstadt Rivertown in South Carolina Halt macht, hat sie bereits eine 10-jährige Odyssee von brutalen Misshandlungen und Gewalttaten durch ihren alkoholkranken Ehemann ...

Als Leah auf ihrer Reise in der Kleinstadt Rivertown in South Carolina Halt macht, hat sie bereits eine 10-jährige Odyssee von brutalen Misshandlungen und Gewalttaten durch ihren alkoholkranken Ehemann hinter sich. Eigentlich will sie sich dort nur etwas ausruhen und dann ihre Flucht fortsetzen, ist sie doch in dem Glauben, ihren Ehemann Brent in Notwehr erschlagen zu haben. Doch in Sophies Café findet sie in der Eigentümerin nicht nur eine Frau, die sie ohne Vorbehalte liebevoll umsorgt, sondern neben einem neuen Zuhause auch neue Freunde. Schon bald wohnt sie in einem Apartment und hilft Sophie in deren Café, wo sie auch den saloppen Anwalt Mason Crowley kennenlernt, der ihr voller Misstrauen begegnet, weil er eine schützende Hand über Sophie hält. Doch je mehr Leah sich in die Ortsgemeinschaft einbringt, umso mehr schwinden Crowleys Vorbehalte. Leah fühlt sich wohl in Rivertown, doch so wirklich will sie niemandem vertrauen. Wird es ihr mit Hilfe ihrer neuen Freunde gelingen, endlich ihr Glück zu finden und mit der Vergangenheit abzuschließen?
T. I. Lowe hat mit „Sophies Café“ einen Roman vorgelegt, der nicht nur mit einer sehr berührenden Geschichte unterhält, sondern auch mit viel Hoffnung und Warmherzigkeit überzeugen kann. Der flüssige, bildhafte und einfühlsame Erzählstil lädt den Leser von der ersten Silbe an ein, als Leahs unsichtbarer Schatten zu fungieren und so hautnah die Hölle mitzuerleben, die sie durch ihren Ehemann Brent erfahren muss. Die Tritte, Schläge, das Würgen und vor allem das Einsperren im Kleiderschrank schmerzt selbst den Leser körperlich bei der Lektüre und schürt das Entsetzen, wozu manche Menschen fähig sind. Leahs Verbleib in dieser Ehe bringt Unverständnis hervor, sogar Wut, doch kann man ihre Gedanken- und Gefühlswelt auch gut nachvollziehen, wenn man ihre Vergangenheit betrachtet. Die Autorin scheut sich nicht, ihre Handlung eindringlich an den Leser zu bringen, der bei vielen Szenen scharfe Bilder vor Augen hat. Mit viel Empathie lässt sie Leah in ein liebevolles Umfeld gelangen und zeigt auf, dass es Menschen gibt, die für andere ohne Vorbehalte einstehen, sie nicht im Stich lassen und Nächstenliebe wahrhaft leben. Die zwischenmenschlichen Beziehungen in dem kleinen Ort sind ebenso überzeugend wie realistisch dargestellt, so dass sich der Leser schnell als Teil der Gemeinschaft empfindet und ihre Fürsorge wie eine warme Umarmung empfindet. Der christliche Glaube wird unter den Bewohnern gelebt, hier kümmert man sich umeinander, lässt niemanden mit seinen Sorgen allein und fängt die Gestrauchelten auf, um ihnen Trost zu spenden. Die Handlung ist von Hoffnung, Liebe und Vertrauen durchzogen.
Die Charaktere sind sehr authentisch in Szene gesetzt, wirken mit ihren Ecken und Kanten realistisch und lassen den Leser ganz nah an sich heran, was ihm das Mitfühlen und –fiebern sehr leicht macht. Leah ist eine Frau, die schon einige Schicksalsschläge verkraften musste. Dadurch fällt es ihr schwer, anderen zu vertrauen. Sie wirkt unnahbar, ist jedoch hilfsbereit, schlagfertig und auch fürsorglich. Sie muss erst wieder lernen, an sich selbst zu glauben und auch daran, dass nicht alle Menschen ihr schaden wollen. Sophie ist ein wahrer Menschenschatz, ohne Vorbehalte und mit viel Einfühlungsvermögen gesegnet, steht sie denen bei, die Hilfe benötigen. Mason Crowley ist ein Mann mit vielen Facetten, genießt das einfache Leben und sorgt sich um die, die er liebt, aber er ist auch ein knallharter Anwalt, der die Wahrheit herausfinden will. Ebenso überzeugen Protagonisten wie Shayna, Dr. Simmons und weitere mit ihren Auftritten und tragen viel zum Handlungsgeschehen bei.
„Sophies Café“ ist eine zu Herzen gehende Geschichte, die den Leser durch die gesamte Gefühlspalette jagt. Eine fesselnde Handlung sowie realistische Charaktere lassen während der Lektüre die Seiten regelrecht an den Fingern kleben. Wunderbar empathisch erzählt, ist hier eine absolute Leseempfehlung mehr als verdient!

Veröffentlicht am 10.07.2021

"Das macht die Berliner Luft so mit ihrem holden Duft..." (Bolten-Baeckers/Lincke)

Die Damen vom Pariser Platz
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1926 Berlin. Die humanistisch gebildete Gretchen lässt die Provinz hinter sich, um dem Ruf ihrer Freundin Henni in die schillernde Metropole zu folgen und dort ihrem Leben etwas mehr Pep zu geben. Nach ...

1926 Berlin. Die humanistisch gebildete Gretchen lässt die Provinz hinter sich, um dem Ruf ihrer Freundin Henni in die schillernde Metropole zu folgen und dort ihrem Leben etwas mehr Pep zu geben. Nach dem Einzug als Untermieterin bei Frieda Notter, findet sie auf Umweg über den Schönheitssalon von Helen Broos eine Anstellung als Tippfräulein bei der geheimnisvollen und sagenumworbenen Nachtclubsängerin Isis mit dem von Narben entstellten Gesicht, die ihre Memoiren verfasst haben möchte. Von Beginn an bewundert Gretchen ihre neue Arbeitgeberin und rätselt, wer der selbstbewussten Sängerin wohl das Gesicht zerschunden haben könnte, denn Isis hat immer neue Geschichten darüber auf Lager. Derweil benimmt sich Henni Gretchen gegenüber völlig unmöglich, behandelt sie von oben herab und sonnt sich mit ihrem Pianisten-Freund Fred, der bei Gretchen schnell für Herzrasen sorgt. Zu Hennis Freundeskreis gehören zudem Erik und Stoffel. Schon bald ist Gretchen mitten im verrückten Berlin angekommen und erlebt so allerlei…
Joan Weng hat mit „Die Damen vom Pariser Platz“ einen wunderbar unterhaltsamen und temporeichen historischen Roman vorgelegt, der nicht nur die Goldenen Zwanziger im alten Berlin wieder zum Leben erweckt, sondern auch mit einer bunten Schar von Protagonisten aufwartet, die man als Leser sehr gern begleitet. Mit flüssigem und farbenprächtigem Erzählstil katapultiert Weng den Leser mitten hinein ins Geschehen, wo dieser sich Gretchen als Schatten an deren Fersen heftet, um ihren Neustart in der pulsierenden Metropole und deren Eroberung mitzuerleben. Schon bald taucht man ab in die Welt der Bohemiens und der (Über-)lebenskünstler und lernt illustre Gestalten wie die geheimnisvolle Sängerin Isis kennen, die mit großem Selbstbewusstsein ihre Gesichtsvernarbung vor sich her trägt und deren Ursache mit immer neuen Geschichten für andere zum Rätsel werden lässt. Eigentlich ist Gretchen ja ihrer Freundin gefolgt, vielleicht wäre sogar ihr Traum von einem Studium über kurz oder lang möglich, doch gerade Henni lässt sie von Beginn an ziemlich im Stich und trägt die Nase ziemlich weit oben. Die zwischenmenschlichen Beziehungen der unterschiedlichsten Protagonisten puschen die Geschichte immer weiter voran, so dass der Leser sich kaum von den Seiten lösen kann. Dabei ist die Entwicklung der diversen Charaktere wunderbar zu beobachten, und während man ihrer Berliner Schnauze lauscht, streift man mit ihnen durch die Künstlerszene oder das Nachtleben.
Die Charaktere sind so schillernd und bunt wie die Geschichte der Autorin, mit ihren Ecken und Kanten wirken sie sehr realistisch und ihrer Zeit angepasst. Der Leser fühlt sich schnell unter ihnen wohl und folgt ihnen auf Schritt und Tritt, um nicht einen Augenblick zu verpassen. Gretchen ist zu Beginn unbedarft und etwas naiv, dabei aber sehr gebildet. Sie braucht einige Zeit, um Selbstbewusstsein zu erlangen, doch ist sie immer liebenswürdig und gutmütig, was man einer auch auszunutzen weiß. Vermieterin Frieda ist eine Frau mit Herz und Schnauze, die das Leben pragmatisch sieht und sich nichts vormacht. Jedoch kommt es oftmals dann doch anders! Gretchens Freundin Henni ist eine arrogante, egoistische und gehässige Person, die in Wolkenkuckucksheim lebt und nicht damit rechnet, auch mal auf die Nase zu fliegen. Fred ist zwar ein Träumer, doch bleibt er auch Realist. Isis ist das personifizierte Mysterium, die sich immer wieder neu erfindet und dabei ein Selbstbewusstsein an den Tag legt, von dem sich so mancher etwas abschneiden könnte. Erik weiß, was er will, doch fehlt ihm noch der Mut, es offen für sich einzufordern.
„Die Damen vom Pariser Platz“ ist eine interessante Zeitreise ins Berlin der Zwanziger Jahre, wo der Leser auf Illustre Charaktere und allerlei Geheimnisse stößt und in rasantem Tempo von einem Schauplatz zum anderen jagt. Ein wunderbares Kopfkino, das bestens unterhält! Toll gemacht, absolute Leseempfehlung!