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Veröffentlicht am 30.08.2022

Keine ganz stimmige Mischung

Das Dunkle bleibt
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„Das Dunkle bleibt“ ist eine Coproduktion aus den Federn von William McIlvanney und Ian Rankin. Es handelt sich um die unvollendete Prequel zu McIlvanneys Inspector-Laidlaw-Reihe, deren Vollendung sich ...

„Das Dunkle bleibt“ ist eine Coproduktion aus den Federn von William McIlvanney und Ian Rankin. Es handelt sich um die unvollendete Prequel zu McIlvanneys Inspector-Laidlaw-Reihe, deren Vollendung sich Ian Rankin annahm. Das Ergebnis ist ein nicht ganz überzeugendes Gemisch zweier hervorragender Autoren.

Mit Inspector Laidlaw hat William McIlvanney einen unangepassten Charakter geschaffen, der mit seiner ganz eigenen Art auf Glasgows Straßen für Gerechtigkeit sorgt: ein Einzelgänger, der gerne unkonventionell arbeitet und ein erstaunlich gutes Verhältnis zur Glasgower Unterwelt pflegt. In „Das Dunkle bleibt“ muss er dabei mit besonderem Bedacht vorgehen, denn der Mord an einem zwielichtigen Anwalt schlägt hohe Wogen und droht, einen Bandenkrieg zu entfachen.

Im Vergleich zu McIlvanneys anderen Büchern der Reihe bleibt Laidlaw in „Das Dunkle bleibt“ regelrecht blass. Seine typischen Verhaltensweisen sind alle da, aber sie sind weniger raffiniert umgesetzt und eingebunden, und auch sein typischer teils trockener, teils rauer Humor kommt zu kurz. Hinzu kommt ein Kriminalfall, der zwar durchaus Spannung aufkommen lässt, aber oft wenig strukturiert wirkt: Trotz der relativen Kürze des Buchs taucht eine Unmenge von (Neben-)Charakteren auf, die einen beim Lesen schnell den Überblick verlieren lassen und eine Identifikation mit einzelnen Figuren erschweren. Zwar halten die Ermittlungen schlussendlich noch einige Überraschungen bereit, aber ein echtes Erfolgsgefühl stellt sich dabei nicht ein. Auch McIlvanneys sonst so rau-poetische Sprache wirkt in der Prequel verwässert.

Am Ende dieses Noir-Krimis bleibt leider nur die ernüchternde Feststellung, dass man McIlvanneys Manuskript besser in seiner Schreibtischschublade gelassen und sich stattdessen an seinen ausgereiften Romanen erfreut hätte. Leider kein begeisterndes Buch!

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Veröffentlicht am 11.07.2022

Mehr Lokal als Lokalkrimi

Die Leiche am Deich
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In „Die Leiche am Deich“ lässt Joost Jensen in einem beschaulichen friesischen Dörfchen ein Mutter-Tochter-Gespann in einem Mordfall ermitteln: die Brauerin Gesine und ihre Tochter Wiebke, ihres Zeichens ...

In „Die Leiche am Deich“ lässt Joost Jensen in einem beschaulichen friesischen Dörfchen ein Mutter-Tochter-Gespann in einem Mordfall ermitteln: die Brauerin Gesine und ihre Tochter Wiebke, ihres Zeichens Polizistin vor Ort. Was als uriger Regionalkrimi mit viel lokalem Flair beginnt, wird jedoch leider schnell ermüdend und eintönig.

Am Sünnumer Strand wird die Leiche der Frau des örtlichen Groß-Milchbauern angespült. Gesine, von ihrer Kundschaft liebevoll „Tüdelbüdel“ genannt, mischt sich ohne großes Zögern in die Ermittlungen ein, die eigentlich ihre Tochter Wiebke führen soll – die ist gar nicht erfreut davon, weist ihre Mutter jedoch auch nicht in ihre Schranken. Der Mordfall selbst ist einigermaßen unspektakulär, und so richtig Interesse an den Ermittlungen will auch nicht aufkommen. Dafür ist man als Leser*in viel zu abgelenkt von der Überdosis Lokalkolorit, wobei „Lokal“ hier im doppelten Wortsinn zu verstehen ist. Denn eine ganze Menge Seiten gehen für das ausschweifende Lob und den Genuss des örtlichen Tüdelbräus drauf. Das mag zu Beginn noch recht urig sein, aber mit sich häufenden Kneipenszenen und untermalendem Geplänkel sorgt diese Form des Humors bald nur noch für Augenrollen.

Da hilft es auch wenig, dass Gesine nicht unbedingt als Sympathieträgerin daherkommt: Sie überschreitet in einem fort Grenzen, stets in der festen Überzeugung, das stehe ihr zu, und ohne Rücksicht darauf, was ihre Alleingänge anrichten können. Sogar ihre eigene Tochter bringt sie mehrfach in arge Bedrängnis, ohne irgendeine Form von Schuldbewusstsein zu zeigen. Dabei erweisen sich ihre Einmischungen durchweg als überflüssig – sie zeigen nur, dass sie ihrer Tochter die Lösung des Falls nicht zutraut. Überhaupt enthält „Die Leiche am Deich“ erstaunlich wenig Krimi-Handlung, sodass sich ein Gefühl von Mitfiebern nicht so recht einstellt. Das Buch schafft es nicht, Spannung zu erzeugen, sondern verharrt eher auf komischen Elementen und dem erwähnten Lokalkolorit.

Wer Friesland und die örtliche Kneipenkultur mag, wird vielleicht in „Die Leiche am Deich“ eine kurzweilige Lektüre für zwischendurch finden. Krimi-Fans wird dieses Buch allerdings vermutlich nicht zu begeistern wissen.

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Veröffentlicht am 13.02.2022

Ein wenig nachvollziehbarer Krimi voll unmotivierter Action

Im Auge des Zebras
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„Im Auge des Zebras“ von Vincent Kliesch entstammt der Reihe um den Ermittler Severin Boesherz, dessen Schülerin Olivia Holzmann hier in seine Fußstapfen tritt. Vorweg sei gesagt: Ich habe die anderen ...

„Im Auge des Zebras“ von Vincent Kliesch entstammt der Reihe um den Ermittler Severin Boesherz, dessen Schülerin Olivia Holzmann hier in seine Fußstapfen tritt. Vorweg sei gesagt: Ich habe die anderen Bände um diese Charaktere nicht gelesen, sodass es mir möglicherweise an Hintergrundwissen mangelt. Für sich genommen, konnte mich der Roman aber leider gar nicht überzeugen.

Aufhänger der Geschichte sind gleich zwei Verbrechen, die auf recht konstruierte Weise miteinander verknüpft werden: Die Eltern von sieben Jungen werden zum gleichen Zeitpunkt bestialisch ermordet, die Kinder entführt, und der Drogenboss Sokolov scheint irgendetwas damit zu tun zu haben. Olivia Holzmann, eine toughe Ermittlerin im Liebesrausch, deren neuer Freund ihr jeden Wunsch von den Augen abliest, versucht, Informationen aus Sokolov zu pressen, kommt damit aber nicht besonders viel weiter und wendet sich stattdessen an ihren Mentor Boesherz. Der möchte seiner Protegée eine Lehre erteilen und verweigert ihr die Unterstützung, obwohl es um Menschenleben geht. Pech gehabt!

So „motiviert“, ermittelt Olivia auf eigene Faust und muss bald feststellen, dass der aktuelle Fall eng mit einer Jahre alten ähnlichen Entführung zusammenhängt, bei der ein Zwillingspaar erst in letzter Sekunde gerettet werden konnte. Die Spur ist heiß, aber die Uhr tickt und das Leben der Kinder steht auf dem Spiel.

Abgesehen von Boesherz’ völlig fehlgeleiteten Erziehungsmaßnahmen schafft es auch keine andere der Figuren, mir als Leserin so recht ans Herz zu wachsen. Dafür sind die Szenenwechsel zu rapide, die Handlungsstränge zu wirr, und in die Länge gezogene Action-Szenen rauben möglicher Charakterentwicklung den Platz. Der Stil ist hier und da etwas holprig, mit einer Mischung aus wenig bildhafter Sprache und teils umständlichen Schachtelsätzen, die den Lesefluss zusätzlich mindern. Spannung will sich (trotz des an sich sehr interessanten Rätsels, das im Vordergrund stehen sollte) nicht so recht einstellen, und eine Reihe teils irrelevanter Handlungsstränge sorgt für Verwirrung.

Leider kann Vincent Kliesch mit „Im Auge des Zebras“ nicht überzeugen, obwohl der eigentliche Fall und seine Lösung eine durchaus interessante Grundidee bieten. Dieses Potenzial wird jedoch überlagert von Schwächen in puncto Struktur, Handlungsablauf und Sprache, sodass das Leseerlebnis schnell in Vergessenheit geraten wird. Schade!

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Veröffentlicht am 19.07.2021

Ein melancholischer Roman, dem es an (sprachlicher) Leichtigkeit fehlt

Auszeit
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Von „Auszeit“ habe ich mir sehr viel erhofft und leider nur sehr wenig mitgenommen. Die Identifikation mit der Protagonistin Henriette, die mit ihrem Leben und ihrer Dissertation ringt und nach einer Abtreibung ...

Von „Auszeit“ habe ich mir sehr viel erhofft und leider nur sehr wenig mitgenommen. Die Identifikation mit der Protagonistin Henriette, die mit ihrem Leben und ihrer Dissertation ringt und nach einer Abtreibung versucht, Frieden mit sich und der Welt zu schließen, schien zu Beginn noch möglich, löste sich aber schnell in die allgegenwärtige Leere des Romans auf.

Hannah Lühmann stellt das Innenleben ihrer Protagonistin intensiv in den Vordergrund, die sich gemeinsam mit ihrer Freundin Paula eine Auszeit in einer Waldhütte nimmt und über die Vergangenheit reflektiert. Während Henriette zu Beginn ihre nachvollziehbaren Ängste und Unsicherheiten beklagt und mich als Leserin dabei emotional sehr mitnimmt, driftet der Roman leider bald in Monotonie und Bedeutungslosigkeit ab. Henriettes Handeln und Denken scheint keinen tieferen Sinn zu haben, stattdessen ist der Text ständig von schweren Andeutungen überfrachtet, die vorgeben, Bedeutung zu haben, es aber selten tun. Da ist zum Beispiel Henriettes Dissertationsthema, der Werwolf, der sich durch den Text zieht und in einem Wolfsgehege gar in Erscheinung tritt, jedoch keine wirkliche Signifikanz hat. Auch Henriettes Erinnerungen wirken meist banal, bedeutungsleer, obwohl sie in der Sache durchaus brisant sind (die Affäre mit einem verheirateten Mann, die eine Abtreibung zur Folge hat, die Unsicherheit, die richtigen Berufsentscheidungen getroffen zu haben).

Als Roman, der den Zeitgeist einer Generation abbilden möchte, will dieses schmale Büchlein einfach zu viel. Als psychologisches Porträt einer einzelnen Person kann es noch interessant sein, die Identifikation mit dieser Person fällt jedoch trotz des großen Potenzials dafür so schwer, dass ich als Leserin schnell das Interesse an Henriette verloren habe. Ihr individuelles Trauma lässt sich eben gerade nicht auf eine ganze Generation übertragen, und so bleibt „Auszeit“ ein Buch, das mir nichts mit auf den Weg geben kann.

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Veröffentlicht am 27.04.2021

Weniger Krimi, sondern eher regionaler Lifestyle-Roman

Mord auf Provenzalisch
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„Mord auf Provenzalisch“ von Serena Kent wird ganz klar als Cosy-Krimi vermarktet – die meisten LeserInnen werden das Buch wohl als Urlaubslektüre kaufen oder zum Wegträumen, wenn der Urlaub ausfällt. ...

„Mord auf Provenzalisch“ von Serena Kent wird ganz klar als Cosy-Krimi vermarktet – die meisten LeserInnen werden das Buch wohl als Urlaubslektüre kaufen oder zum Wegträumen, wenn der Urlaub ausfällt. So bin auch ich an den Roman herangegangen und hatte entsprechend eher geringe Erwartungen – die leider trotzdem nicht erfüllt wurden.

Ein kurzer Abriss der Handlung: In diesem zweiten Band um die Hobby-Detektivin Penny, eine Engländerin, die in die Provence ausgewandert ist, rückt die provenzalische Kunstszene in den Vordergrund, als ein lokaler Künstler auf spektakuläre Weise vergiftet wird. Penny mischt sich halbherzig in die Ermittlungen ein, ist aber eigentlich mit Hausrenovierung, Cellospielen, Essen und sozialen Events bereits mehr als ausgelastet.

Genau darin liegt auch das Hauptproblem des Romans: Es gibt zu viel Drumherum. Essens- und Landschaftsbeschreibungen wechseln sich mit Gesprächen über Kleidung und Figur ab, sozialer Status und Aussehen stehen ständig im Vordergrund. Dass nebenher in der Kunstszene gemordet wird, bleibt lange eine Randerscheinung und ist begleitet von ausführlichen, oft spießig anmutenden Auslassungen über die Lächerlichkeit moderner Kunst.

Wer in diesem Buch eher einen Frauenroman mit einer kleinen Krimi-Komponente erwartet, der wird sicher fündig. Denn Pennys Leben in der gehobenen französischen Gesellschaft und der damit verbundene Lifestyle wird großzügig auserzählt. Auch Provence-LiebhaberInnen kommen mit ausschweifenden Landschafts- und Ortsbeschreibungen auf ihre Kosten. Wer sich einen Cosy-Krimi mit leichtem Provence-Flair gewünscht hat, wird allerdings eher enttäuscht von diesem Buch sein.

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