Cover-Bild Gute Nachbarn
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20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Droemer
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Familienleben
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 352
  • Ersterscheinung: 01.06.2021
  • ISBN: 9783426282519
Therese Anne Fowler

Gute Nachbarn

Roman
Nicole Seifert (Übersetzer)

Ein Gesellschaftsroman, den man nicht aus der Hand legen kann, weil er auf schmerzliche Weise unsere heutige Zeit verhandelt.

In Oak Knoll, einem Vorort in North Carolina, ist das Leben noch in Ordnung: Die Nachbarschaft ist grün und der Zusammenhalt zwischen den Nachbarn eng. Hier zieht die alleinerziehende Forstwirtschaftlerin Valerie Alston-Holt ihren Sohn Xavier groß. Er ist ein Musiktalent und das College-Stipendium ist ihm so gut wie sicher. Dennoch hat er zu kämpfen, denn Valerie ist schwarz, Xaviers Vater weiß, und er selbst passt nirgends so richtig hin.
Als auf dem Grundstück nebenan die Whitmans mit ihren Töchtern einziehen, verändert sich langsam, aber stetig die Gemengelage in dem kleinen Vorort. Sie sind die scheinbar perfekte weiße Familie, die den amerikanischen Traum lebt. Doch ganz so einfach ist es nicht, denn hinter der Fassade verbirgt sich manches Geheimnis. Manchmal braucht es nur noch eine sterbende Eiche und eine Teenager-Liebe, um eine hübsche Nachbarschaft von einer Katastrophe erschüttern zu lassen.
Mit chirurgischer Präzision nimmt Therese Anne Fowler ihre Charaktere Stück für Stück auseinander und zeichnet mit ihrem Roman ein erschreckendes Bild des heutigen Amerika, das noch immer von Rassismus, Sexismus und Vorverurteilungen geprägt ist. Ein Buch, über das man sprechen möchte.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.07.2021

Toller Roman

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„Gute Nachbarn“ finden sich in vielen Orten, so auch in Oak Knoll, einem kleinen Städtchen in North Carolina. Leider passen aber nicht immer alle Nachbarschaftskonstellationen zusammen. Valerie Alston-Holt, ...

„Gute Nachbarn“ finden sich in vielen Orten, so auch in Oak Knoll, einem kleinen Städtchen in North Carolina. Leider passen aber nicht immer alle Nachbarschaftskonstellationen zusammen. Valerie Alston-Holt, eine verwitwete afroamerikanische Ökologie-Professorin, und ihr Sohn Xavier, der bald aufs College gehen wird, wohnen schon sehr lang in ihrem schönen Haus mit großem Garten mitten im Ortskern von Oak Knoll. Der Blickfang des Grundstücks ist eine wundervolle alte Eiche, die der ganze Stolz von Valerie ist. Dieser Baum wird jedoch zur Ursache einer Verkettung unglücklicher Ereignisse als die neuen Nachbarn, Familie Whitman, neben Valerie einziehen. Brad Whitman, das Familienoberhaupt, ist ein Unternehmer, der es geschafft hat, nicht nur finanzielle Unabhängigkeit, sondern auch lokale Berühmtheit zu erlangen. Er und seine Frau sowie die beiden Töchter sind weiß, was in Amerika – wie ihr wisst – oft von Vorteil ist und im Buch auch eine bedeutsame Rolle spielen wird. Im Klappentext heißt es: „Manchmal braucht es nur noch eine sterbende Eiche und eine Teenager-Liebe, um eine hübsche Nachbarschaft von einer Katastrophe erschüttern zu lassen.“ Und genau das passiert hier – in Oak Knoll – in diesem Roman.
„Gute Nachbarn“ ist überwiegend ein sehr ruhiges Buch, das auf mich aber sofort einen unheimlich starken Sog ausgeübt hat. Therese Anne Fowler seziert hier Stück für Stück ihre Charaktere und gleichzeitig auch die amerikanische Gesellschaft. Vorurteile, Rassismus, Sexismus, Nachhaltigkeit… dieser Roman steckt voller großer Themen, die uns immer noch und immer wieder vor Herausforderungen stellen und nachdenklich stimmen. Obwohl sich die Autorin dabei auch an Klischees bedient, empfand ich dies nicht störend und ihr gezeichnetes Szenario auch keinesfalls unrealistisch. Trotz der leisen Töne vermittelt die Autorin viel Spannung und bereitet den Leser langsam auf die sich anbahnende Katastrophe vor.
Besonders gut gefiel mir der Erzählstil. Die Geschichte wird überwiegend von einem neutralen Erzähler wiedergegeben. In manchen Passagen jedoch berichtet die namenlose Nachbarschaft, die man als Leser nicht weiter kennenlernt, in der ersten Person Plural von den Geschehnissen und wendet sich dabei regelmäßig direkt an den Leser. Die Sichtweise von außen und die direkte Ansprache machen es besonders spannend, da hier oft Andeutungen fielen, die die Spannung mächtig anheizten. Hier ein Beispiel:
„Sie hütete seit fünf Monaten ein Geheimnis, ein Geheimnis, von dem nicht mal der Mensch, um den es ging, wusste, dass sie es wusste. Ein beunruhigendes und widerwärtiges Geheimnis, wie Sie sicher ebenfalls finden werden, sobald Sie die Details kennen.“ Seite 158
So unlogisch es auch klingt, trotz der Spannung, die das Buch beinahe zum Bersten bringt, weiß man als Leser worauf es hinausläuft. Es gibt also keine großen Überraschungen, aber doch einige kleine Details, die weiter zu fesseln wissen.
Etwas störend empfand ich tatsächlich die eingefügten Rückblenden im Roman. Man erfährt zu jeder Figur Hintergründe. Diese sind auch absolut essentiell, da man die Handlungen der Figuren sonst sicher nicht so gut nachvollziehen könnte. Leider wirkten diese Hintergründe jedoch immer etwas sperrig und brachen den Lesefluss bei mir.
Das letzte Drittel das Buchs bekam dann richtig Tempo und hat meinen Herzschlag definitiv beschleunigt und einige Tränchen hat es mich auch verdrücken lassen. Der Abschluss des Buchs ist großartig zu Ende erzählt. Richtig gut.
Ein toller gesellschaftskritischer Roman, der mich vor allem durch seine besondere Erzählweise fesseln konnte! Fans von „Desperate Housewives“ würde ich das Buch sofort empfehlen. Ich denke jedoch, es wird polarisieren und nicht jedem so gut gefallen wie mir. Gesellschaftskritik meets „Romeo & Julia“ fasst es in meinen Augen am besten zusammen. Ob das auch euren Geschmack trifft, müsst ihr entscheiden. Mir spukt das Buch auf jeden Fall auch eine Woche später noch im Kopf herum. Well done, Therese Anne Fowler!

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Veröffentlicht am 06.08.2021

wer Nachbarn hat

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Oak Knoll ist ein kleiner Ort im Süden der USA. Damit ist eigentlich bereits vorgegeben, um was für einen Gesellschaftsroman es sich handelt und meine Erwartungen wurden auch weitgehend erfüllt.

Eine ...

Oak Knoll ist ein kleiner Ort im Süden der USA. Damit ist eigentlich bereits vorgegeben, um was für einen Gesellschaftsroman es sich handelt und meine Erwartungen wurden auch weitgehend erfüllt.

Eine afro-amerikanische Familie und ihre hellhäutigen neuzugezogenen Nachbarn geraten aneinander. Hier treffen Kulturen und Vorurteile aufeinander und das Ganze liest sich wie eine Mischung aus Realsatire und Drama. Die Darsteller sind für meinen Geschmack fast etwas zu stereotyp besetzt und die Handlung schreitet vorhersehbar und frustrierend stringent voran. Man weiß, wo das Alles hinführen wird und teilweise musste ich das Buch weglegen, weil einige Protas mich mit ihrem Verhalten richtig wütend machten.

Gute Nachbarn sind es nicht. Aber man sieht mal wieder, wie ein Nachbarschaftsstreit um einen Baum ausarten und in einem Ekszess enden kann.

Veröffentlicht am 03.06.2021

Vorurteile töten

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In Oak Knoll ist das Leben ruhig und beschaulich, die Nachbarn habe ein gutes Verhältnis untereinander und es herrscht ein freundschaftliches Miteinander. Und dann wird der Alltag durcheinander gewirbelt, ...

In Oak Knoll ist das Leben ruhig und beschaulich, die Nachbarn habe ein gutes Verhältnis untereinander und es herrscht ein freundschaftliches Miteinander. Und dann wird der Alltag durcheinander gewirbelt, denn mit den Whitmans zieht eine neureiche Familie in den Ort, die mit Prunk und Protz ihren Reichtum zur Schau stellt. Nach außen herrscht eitel Sonnenschein, doch hinter den Türen schwelt es. Als sich Juniper und Xavier ineinander verlieben ziehen dunkle Wolken über den Ort und es bahnt sich eine Katastrophe an...

Gute Nachbarschaft ist wichtig, um sich Zuhause wohl zufühlen und der kleine Plausch über den Gartenzaun bietet Abwechslung, Anregung und gehört einfach dazu. Aber was passiert, wenn sich plötzlich zwei Parteien gegenüberstehen, die unterschiedlicher nicht sein können, das zeigt Therese Anne Fowler in ihrem Buch "Gute Nachbarn" auf sehr eindrucksvolle Weise - hier prallen Vorurteile von gut situiert und gesellschaftlich angesehen auf Valerie Alston-Holt, die zwar mit ihrem Gehalt auskommt, aber nicht in Saus und Braus leben kann. Mit diesem Manko könnte sie eigentlich ganz gut leben, wäre da nicht die offensichtliche Abneigung gegen ihre dunkle Hautfarbe, die von Brad Whitman zwar hinter vorgehaltener Hand, aber dennoch recht unverhohlen präsentiert wird.

Die Geschichte wir mit leisen Tönen, aber mit einer unmissverständlichen Botschaft von der Autorin erzählt und bereitet den Leser ganz langsam, fast schon schonend, auf die sich anbahnende Katastrophe vor. Immer ist unterschwellig eine Bedrohung zu spüren, die man fühlt, aber nicht greifen kann. Brad Whitman entpuppt sich nämlich im Verlauf der Erzählung nicht als der Saubermann mit weißer Weste, sondern er mutiert immer mehr zu einem regelrechten Monster mit hässlicher Fratze, das so eiskalt und berechnend ist. Er glaubt, mit Geld könne er alles erreichen - er manipuliert, wo er nur kann und schreckt auch nicht davor zurück, seine krankhaften Phantasien an seiner Stieftochter ausleben zu wollen. Dieser Mann ist das personifizierte Ekel, ein echtes A....und ich frage mich, wie man auf so einen Blender hereinfallen kann.

Die zarten Bande, die sich zwischen der weißen Juniper und dem dunkelhäutigen Xavier stricken, bieten unterschiedliche Sichtweisen und es gelingt der Schreibenden, dem Leser die Gefühls- & Gedankenwelt von beiden offen zulegen.

Die Geschichte steuert unweigerlich auf die Katastrophe zu, aber hier gibt es eingiges zu bekritteln - die Kapitel wirken an manchen Stellen sehr getragen und zähflüssig, auch wenn man erahnen kann, dass demnächst etwas ganz Furchtbares passieren wird. Es ist nicht unbedingt die fehlende Spannung, aber ab und zu wirkt die Erzählung, als habe die Autorin kurz innegehalten, um Luft für den großen Paukenschlag zu holen. Auch werden hier viele stereotype Abbilder der Figuren verwendet, um Brad als den erfolgreichen Selfmademan, Julia als seine treue Gattin und den Vorort als Heileweltkopie darzustellen - schon ganz oft in amerikanischen Filmen gesehen und daher nicht wirklich neu.

Der große Knall haut jeden Leser vom Stuhl und zeigt, wie Vorurteile, Rassismus und finanzieller Einfluss an "richtiger" Stelle Geschehnisse beeinflussen und das Bild der Öffentlichkeit prägen. Am
Ende fließen sogar Tränen, weil das zu ertragende Leid einfach so zu Herzen geht.

Ein Buch, das aufrüttelt, nachdenklich stimmt und trotzdem an Aktualität nichts eingebüßt hat .

#BlackLivesMatter

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Veröffentlicht am 13.02.2022

Und das Drama nimmt seinen Lauf...

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Die Geschichte, die uns Therese Anne Fowler erzählt, führt uns nach North Carolina ins beschauliche Örtchen Oak Knoll. Hier lebt die verwitwete, farbige Forstwissenschaftlerin Valerie Alston-Holt mit ihrem ...

Die Geschichte, die uns Therese Anne Fowler erzählt, führt uns nach North Carolina ins beschauliche Örtchen Oak Knoll. Hier lebt die verwitwete, farbige Forstwissenschaftlerin Valerie Alston-Holt mit ihrem Sohn Xavier. Die Nachbarschaft ist angenehm. Man hilft sich und ist füreinander da. In dem Viertel leben unterschiedliche Kulturen friedlich miteinander.

Doch die Gentrifizierung erfasst auch diesen kleinen Ort, und so entsteht auf dem Nachbargrundstück zu Valerie ein protziges Haus mit Pool, in das alsbald eine weiße Vorzeigefamilie mit 2 Kindern einzieht. Die Tragödie beginnt als Valerie feststellt, dass ihre alte Eiche, die ihr ganzer Stolz in ihrem Garten ist bei den Bauarbeiten zu Schaden gekommen ist und wohl absterben wird. Außerdem verliebt sich ihr Teenagersohn ausgerechnet in die Tochter der Nachbarfamilie Whitman, als sich die verärgerte Valerie überlegt bezüglich des Baumfrevels ihren Nachbarn zu verklagen.

Schon nach wenigen Seiten spürt man das Unheil näherkommen und tatsächlich spitzt sich der Konflikt immer mehr zu. Dachte die Nachbarin Julia am Anfang noch sie könne sich eine Freundschaft mit der interssanten Valerie vorstellen, ist davon bald keine Rede mehr. Das Buch hat ein besondere Erzählstimme, eine Art allwissende Wir Perspektive. Vielleicht ist es die Nachbarschaft, die hier spricht, man weiß es nicht. Leider kommentiert diese Erzählstimme die Ereignisse und legt dem Leser Schlussfolgerungen vor, die dieser durchaus in der Lage wäre selber zu ziehen. Das hat mir nicht gefallen, auch wenn ich das Buch ansonsten recht unterhaltsam fand und gerne gelesen habe. Auch an Klischees hat die Autorin nicht gespart.

Von mir gibt es deshalb eine eingeschränkte Empfehlung für diese moderne Romeo- und Julia Erzählung, die wichtige und aktuelle Themen aufgreift und die ich als durchaus realistisch empfunden habe.

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Veröffentlicht am 26.08.2021

Familiendrama mit sehr vielen Klischees

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Dieser Roman hat meine Neugierde geweckt, als ich die Inhaltsangabe gelesen habe. Diese lässt ein Familiendrama erwarten und genauso ist es auch eingetroffen. Doch warum und wieso, möchte ich euch erzählen.
Der ...

Dieser Roman hat meine Neugierde geweckt, als ich die Inhaltsangabe gelesen habe. Diese lässt ein Familiendrama erwarten und genauso ist es auch eingetroffen. Doch warum und wieso, möchte ich euch erzählen.
Der Roman spielt in einem Vorort von North Carolina und zwar im fiktiven Ort Oak Knoll. Dort leben größtenteils weiße Familien aus der Mittel- und Oberschicht und es herrscht ein freundliches Miteinander. Seit Jahren wohnt auch die farbige Ökonomin Valerie Alston-Holt mit ihrem Teenagersohn Xavier in der Kleinstadt. Valerie ist seit dem Tod ihres Mannes Alleinerzieherin und bei den Nachbarn beliebt. Sie liebt Pflanzen und ganz besonders ihre alte Eiche im Garten. Xavier ist ein Musiktalent und hat bereits ein Stipendium am Musikkonservatorium in San Francisco sicher. Dennoch hat er manchmal zu kämpfen, da er sich durch seinem weißen Vater und der farbigen Mutter irgendwo "dazwischen" fühlt.
Als das Nachbargrundstück verkauft, alle Bäume abgeholzt und ein protziger Neubau entsteht, ist Valerie auf der Hut. Gegenüber ziehen die Whitmans ein. Eine Familie, wie aus dem Bilderbuch: Bill, ein erfolgreicher Geschäftsmann und Inhaber der Firma Whitman HLK, seine Frau Julia, seine Stieftochter Juniper und seine Tochter Lily. Doch hinter der Fassade sieht es oftmals anders aus. Sowohl Brad, als auch Julia, stammen aus ärmlichen Verhältnissen. Brad ist zerfressen vor Ehrgeiz. Er will immer mehr und dafür ist ihm jedes Mittel recht. Juniper wird streng gläubig erzogen und musste mit 14 Jahren ein Keuschheitsgelübde vor der Kirchengemeinde ablegen. Als sich Juniper und Xavier ineinander verlieben und Valerie die Whitmans wegen der Zerstöreung ihrer Eiche verklagt, ist die sich anbahnende Katastrophe nicht mehr aufzuhalten. Aus einem typischen Nachbarschaftsstreit wird ein Familiendrama, das alles zerstört....

Im Vorwort hat Therese Anne Fowler sich die Frage gestellt, ob eine weiße Autorin eine Geschichte über zwei farbige Menschen schreiben darf, denn sie könne sich nicht so einfach in die Gedanken und Gefühlswelt Farbiger hineindenken. Meiner Meinung nach ist sie somit genauso wenig vorurteilsfrei, wie ihre weißen Protagnisten. Jeder Mensch denkt und fühlt anders, egal ob weiß oder schwarz. Muss man unbedingt demselben Geschlecht oder Hautfarbe, wie seine Protagonisten angehören, um sich die Freihet nehmen zu dürfen, einen Roman zu schreiben? Außerm würde sich wohl jeder Thrillerautor fragen müssen, ob er über einen Serienmörder schreibem darf/kann, wenn er selbst keiner ist. Oder eine erwachsene Frau über einen jugendlichen Mann. Da würde es in der Literaturszene wirklich traurig aussehen! Aber zurück zum Buch....

Die Geschichte wird von einer nicht personifierzten Erzählstimme erzählt, nämlich aus der Sicht der Nachbarschaft. Mir hat diese ungewöhnliche Erzählweise in der ersten Person Plural sehr gut gefallen, auch wenn sie zu Beginn etwas ungewöhnlich wirkt. Manche Leser störten sich daran, wie ich aus einigen Rezensionen herauslesen konnte.
Die ersten zwei Drittel sind eher ruhig erzählt, auch wenn man von Anfang an eine unterschwellige Bedrohung spürt. Es sind leise Töne, die sich jeodch im Hintergrund immer bemerkbar machen und man weiß, dass man unweigerlich auf eine Katastrophe zusteuern wird.
Therese Anne Fowler hat sich in "Gute Nachbarn" sehr vielen Themen angenommen: Klimaschutz, Glaube, Vorurteile und vorallem Rassismus. Ihre Figuren hat sie trotzdem leider sehr klischeehaft und auch überspitzt dargstellt. Ich kam ihnen nicht wirklich näher. Es bestand immer eine gewisse Distanz zwischen mir und den Protaginisten.
Bill ist der weiße Bösewicht, der nicht nur seine Familie mit seinem moralischen Getue tyrannisiert, sondern einfach den Hals nicht voll bekommt. Für ihn ist klar, dass er immer auf der Gewinnerstraße unterwegs sein wird...komme, was wolle. Aber auch Valerie, der die Herzen zu Beginn zufliegen, macht sich schuldig. Mit ihrer eingereichten Klage bringt sie ihren neuen Nachbarn noch mehr gegen sich auf. Statt persönlich mit Brad zu sprechen und ihm ihre Sicht der Dinge betreffend der Eiche zu erklären (die zwar sinnlos, aber ein Weg in die richtige Richtung gewesen wäre), geht sie sofort zum Angriff über. Die Kettenreaktion, die sich daraus ergeben wird, ist auch für den Leser eine Überraschung, obwohl man natürlich von Beginn an weiß, dass es hier zur Katastrophe kommen wird.
Das letzte Drittel ist sehr spannend und gut erzählt. Das Drama spitzt sich zu und die Art und Weise, wie die Autorin dieses zu Ende bringt, ist gelungen und hat mich sehr nachdenklich gemacht. Vorallem deshalb, weil es in Wirklichkeit ziemlich sicher genauso ablaufen würde...

Was mir ebenfalls nicht gefallen hat, war der erhobene Zeigefinder der Autorin. Sie ließ dem Leser keinerlei Spielraum sich selbst seine Meinung zu bilden. Ich hatte permanant das Gefühl, dass sie mir ihre Sicht der Dinge aufzwingen möchte. Die Geschichte ist gut, aber ich getraue mir zu sagen, dass zum Beispiel Jodie Picoult etwas viel besseres daraus gemacht hätte. Das Thema hätte perfekt zu ihr gepasst. Picoult hat aber nie den erhobenen Zeigefinger parat, sondern schildert aus verschiedenen Sichtweisen. Dabei bringt sie die Figuren dem Leser näher - egal, ob gut oder böse. Das hat hier leider komplett gefehlt, was ich sehr schade finde.

Fazit:
Ein Gesellschaftsroman, der einen sehr guten Plot aufweist und hochaktuell ist. Trotzdem hat mir die Ausführung nicht immer gefallen. Der permanent erhobene Zeigefinger hat mich genervt, die Distanz zu den Protagonisten und viele Klischees machten die Geschichte nicht besser. Trotzdem mochte ich das Buch und vorallem Juniper und Xavier, sowie das aufwühlende letzte Drittel. Ich tu mir schwer mit der Bewertung, denn ich habe trotz der vielen Kritikpunkte die Geschichte gerne gelesen. Ich vergebe nach langem Überlegen 3 1/2 Sterne.

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