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Veröffentlicht am 23.07.2021

Wanderzirkus sorgt für Aufregung

Fünf Freunde und der Zauberer Wu
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„Fünf Freunde und der Zauberer Wu“, der letzte Band der Originalserie, die die englische Vielschreiberin Enid Blyton 1943 begonnen und ursprünglich auf sechs bis höchstens acht Bände konzipiert hatte, ...

„Fünf Freunde und der Zauberer Wu“, der letzte Band der Originalserie, die die englische Vielschreiberin Enid Blyton 1943 begonnen und ursprünglich auf sechs bis höchstens acht Bände konzipiert hatte, aber wegen ihres großen Erfolges auf 21 Bände ausdehnte, wurde 1963, zwanzig Jahre später, erstveröffentlicht. Dass sich danach jedoch eine ganze Reihe weiterer Autoren berufen fühlten, Enid Blytons Protagonisten Julian/Julius, Dick/Richard, Anne, Georgina, genannt George und der Hund Timmy einfach weitere Abenteuer, immer wieder dieselben oder ganz ähnliche übrigens, erleben zu lassen, ist mit Bedauern anzumerken, denn irgendwann läuft sich auch das tollste Erfolgsrezept tot! Ohnehin ist Enid Blyton, eine der bekanntesten und sicherlich kommerziell erfolgreichsten Kinder- und Jugendbuchautoren des 20. Jahrhunderts und auch heute noch, lange nach ihrem Tod 1968, sicher auch eine der kontroversesten und bei Literaturkritikern wenig beliebt. Allerhand hat man ihr vorgeworfen, hat an ihrem recht simplen Stil herumzumäkeln gehabt, an ihren ewig gleichförmigen Geschichten, in denen sie alle Vorurteile ihrer Zeit reichlich bediente und nicht abzubringen war von ihren Rollenklischees.
Fragte man aber ihre Leser, so würde man allenthalben auf Begeisterung stoßen und gerade die 10 bis 12jährigen lieben ihre „Geheimnis“ - Abenteuer, die „Rätsel“ - und eben die „Fünf Freunde“ - Serien. Die jungen Leser, für die Enid Blyton nun einmal schrieb, störten sich weder an Gleichförmigkeit noch an irgendwelchen Klischees. Für sie sind die fünf Freunde, die in ihren Ferien so herrlich frei und weitgehend in Ruhe gelassen von den nervigen Erwachsenen ein spannendes Abenteuer nach dem anderen erleben und maßgeblich beteiligt sind an der Aufklärung mal mehr, mal weniger finsteren Verbrechen, bewunderte Vorbilder!
Wer stört sich schon daran, dass die vier Kinder nebst Hund dauernd ans Essen denken, dass Anne die Rolle des Hausmütterchens besetzt, George stets ungebärdig, zickig und irrational agiert, dass Julian/Julius immer alles besser weiß und die anderen herumkommandiert oder dass Dick/Richard auf den dauerlustigen Witzbold festgelegt ist – und dass ein Abenteuer dem anderen gleicht? Wer auch wundert sich darüber, dass die Eltern so sträflich desinteressiert sind an ihren Sprösslingen, wenn sie denn aus dem Internat in die Ferien zu ihnen kommen müssen, dass ihnen vielmehr daran gelegen ist, sie schnellstmöglich wieder loszuwerden? Für die jungen Leser sind die Eltern, mit denen George und ihre drei Cousins Anne, Julius und Richard gestraft sind, nur hinderliche Spaßbremsen, als die sie sich, wenn sie sich mal auf ihre Elternrolle besinnen, auch unweigerlich erweisen.
Aber jetzt muss der Erwachsene zu Wort kommen, denn was sich Georges Eltern Fanny und das zerstreute Vatergenie Quentin da leisten, ist doch sehr bedenklich! Da kommen die Kinder frohgemut in die Osterferien nach Kirrin (die Eltern der Cousins machen inzwischen Urlaub in Deutschland) – und werden gleich wieder weggeschickt, weil die Köchin Johanna/Joana/Joan plötzlich Scharlach bekommen hat und ins Krankenhaus gebracht wurde! Nun ja.... Mutter Fanny schickt die Kinder samt Hund zu dem befreundeten Professor Hayling, noch vergesslicher und verwirrter als Quentin, und seinem anstrengenden Sohn Brummer/Tinker in den Nachbarort. Hurra – die sind wir los, mag sich Fanny gedacht haben und nun beruhigt auf den Scharlach warten kann, der vielleicht über sie hereinbrechen wird, demnächst, irgendwann. Oder überhaupt nicht....
Die Kinder aber scheinen ganz zufrieden zu sein, zumal sich bei dem geistesabwesenden Professor die Chance auf ein neues Abenteuer auftut, als nämlich ein Wanderzirkus sein Lager aufschlägt, der zumindest eine zwielichtige Gestalt beherbergt, die ein verdächtiges Interesse an der neuen Erfindung des Professors an den Tag legt, und dessen geschwätzigen Sohn Brummer/Tinker auf äußerst plumpe Weise aushorcht. Doch zum Glück sind die fünf Freunde wachsam – und nach einem nur halb geglückten Einbruch in die Arbeitsstube des verwirrten Genialen beschließen sie zu handeln und dem vermuteten Dieb eine Falle zu stellen. Dass ihr Plan nicht so funktioniert, wie gedacht, kann sich der erfahrene Leser denken, genauso wie er weiß, dass die unberechenbare George immer für eine Überraschung gut ist, mit der sie sich unüberlegt, aber dennoch zielsicher, in Gefahr begibt...
Ende gut, alles gut? Aber sicher, darauf ist bei Enid Blyton, der Berechenbaren, immer Verlass! Und wenn sie, die Autorin höchstpersönlich, meint, dass nun, nach Band 21, aber auch Schluss sein muss, so kann ich ihr da nur zustimmen, denn alles ist gesagt, vielfach und immer wieder, alle nur denkbaren Abenteuer sind absolviert, manche sogar wiederholt, die Charaktere sind auch nach 21 Bänden, und das sind genauso viele Ferien, unverändert, sind weder älter noch reifer geworden und das würde vermutlich auch nicht anders werden (und ist es auch nicht geworden, allerdings nicht, weil Enid Blyton das so wollte!). Bevor es gar zu langweilig wird, hört eben auch die emsige Schreiberin Enid Blyton auf – und das ist völlig in Ordnung so!

Veröffentlicht am 07.03.2020

Die Dame mit der Lampe und ihr Geheimnis wahrer Größe

Das magische Baumhaus (Band 49) - Abenteuer im Tal der Könige
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Im 49. Band der Baumhaus-Serie reisen die Geschwister Philipp und Anne aus Pennsylvania, nicht zum ersten Mal, nach Ägypten! Diesmal allerdings in die vergleichsweise „junge“ Vergangenheit, nämlich zurück ...

Im 49. Band der Baumhaus-Serie reisen die Geschwister Philipp und Anne aus Pennsylvania, nicht zum ersten Mal, nach Ägypten! Diesmal allerdings in die vergleichsweise „junge“ Vergangenheit, nämlich zurück ins Jahr 1849 anstatt in die Zeit der Pharaonen mehrere tausend Jahre vor Christus.
Zuerst war Morgan, die Bibliothekarin aus dem sagenhaften Camelot, ihre Auftraggeberin, doch seit einigen Bänden ist es der Zauberer Merlin vom Hofe König Arthurs höchstpersönlich, der den Kindern Missionen anvertraut, bei denen es entweder um die Rettung des magischen Reiches Avalon geht oder die einer historischen Persönlichkeit, oder, wie im vorliegenden Band, um ein Geheimnis, das es herauszufinden gilt. Seit Band 47 sollen die Geschwister vier berühmte Personen treffen, um von ihnen das Geheimnis wahrer Größe zu erfahren. Nachdem sie bereits Alexander den Großen in Mazedonien und nach ihm den großen Magier und Entfesselungskünstler Harry Houdini kennengelernt haben, geht es nun um eine Frau namens Florence Nightingale, eine ganz besondere Frau, die ihr Leben der Pflege und Fürsorge für die Kranken und die Kriegsverletzten gewidmet hatte. Tatsächlich gilt sie als Begründerin der modernen Krankenpflege und wurde während des Krimkrieges als „Lady with the lamp“ bekannt, weil sie des Nachts auf ihren Kontrollgängen die Verwundeten mit einer Lampe in der Hand besuchte, um ihnen Trost zu spenden.
Besonders Anne ist sehr angetan von der bedeutenden Frau und kann es folglich kaum erwarten, sie endlich persönlich kennen zu lernen. Zusammen mit ihrem besonnenen Bruder Philipp begegnet sie Florence Nightingale mitten in einer Sinnkrise, die im Übrigen historisch verbürgt ist, denn sie schrieb während ihres Ägypten-Aufenthalts in Theben Tagebücher, als sie an sich und dem Leben zweifelte und keine rechte Vorstellung von ihrer, durch die Konventionen jener Zeit bestimmten, Zukunft hatte und ihr schon gar nicht klar war, dass sie, was Anne und Philipp natürlich wussten, einmal eine berühmte Person der Geschichte werden würde.
Dementsprechend wenig erbaut ist sie auch über die Annäherungsversuche der Kinder aus Pepper Hill; sie möchte alleine sein, möchte in Ruhe nachdenken. Unbeirrt jedoch bleiben Philipp und Anne der unglücklichen Frau auf den Fersen, zum einen bestrebt, Merlins Mission zu erfüllen und zum anderen interessiert daran herauszufinden, warum sie denn so abweisend ist. Dabei geraten sie natürlich – und diesmal ist das nicht, wie in den Vorgängerbänden, Annes Eigenmächtigkeit zu verdanken – in ernste Schwierigkeiten, die Wüste und deren Gefahren sträflich unterschätzend. Ja, und dann kommt Hilfe von unerwarteter Seite – uns sie finden schließlich auch das dritte Geheimnis wahrer Größe!
Mary Pope Osbornes Serie „Das magische Baumhaus“, mit der sie in den 90er Jahren begonnen hat, ist zu Recht eine der erfolgreichsten Kinderbuchreihen. Die Verbindung von interessanten Sachinformationen mit spannender Unterhaltung gelingt der Autorin zumeist hervorragend. Doch vielleicht nutzen sich auch Erfolgsrezepte ab?! Bereits die Bände vor der Geschichte um Florence Nightingale konnten mich nicht recht überzeugen, irgendetwas fehlte, schmeckte fad – ganz so, als sei der alte Schwung dahin. So wirkt die Handlung des zu besprechenden neuen Abenteuers insgesamt mühsam konstruiert, ist langatmig und die Dialoge sind so nichtssagend wie langweilig und schlichtweg überflüssig. Und diejenige, die eigentlich die Hauptperson sein und im Mittelpunkt stehen sollte, taucht nur ganz am Rande auf und ist dann nicht einmal sonderlich sympathisch. Man fragt sich unwillkürlich, wie diese schroffe Frau zu einer so hoch verehrten Heldin hatte werden können. Es erscheint mir überdies ungünstig, die beiden braven Musterkinder Philipp und Anne – denn das sind sie ganz gewiss, obschon Anne auch recht eigensinnig sein kann! - auf eine Florence Nightingale treffen zu lassen, die noch auf der Suche ist nach ihrer wahren Bestimmung, die zerrissen ist und frustriert von den Einschränkungen, denen junge Frauen ihrer Zeit unterworfen waren. Aber wie hätte die Alternative ausgesehen? Zwar haben Philipp und seine Schwester schon einige gefahrvolle Reisen unternommen, nie zuvor aber waren sie auf einem echten Kriegsschauplatz. Und ob es den amerikanischen Lesern – denen vor allem! - gefallen würde, die jungen Helden mitten im Kriegsgetümmel auf der Krim anzutreffen, der Zeit nämlich, als Florence Nightingale ihre Berufung schließlich gefunden hatte, muss bezweifelt werden...
Also bleibt eine lauwarme Geschichte mit einer blassen Heldin, von der man sich nicht recht vorzustellen vermag, dass sie jemals zu einer solchen werden könnte und die sicher auch kein Interesse an einer näheren Bekanntschaft mit der später so umtriebigen und, wie bezeugt ist, ebenso faszinierenden Britin wecken konnte! Bleibt zu hoffen, dass die Amerikanerin Mary Pope Osborne in den folgenden Bänden wieder zu ihrer alten Form zurückfinden möge!

Veröffentlicht am 01.12.2019

Eine Kommissarin zwischen Genuss und Verbrechen

Verhängnisvolle Provence (Hannah Richter 3)
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Eigentlich beginnt "Verhängnisvolle Provence", dritter Krimi um die frankoaffine Kölner Kommissarin Hannah Richter, vielversprechend und recht spannend - trotz des Prologs, den viele Schriftsteller scheinbar ...

Eigentlich beginnt "Verhängnisvolle Provence", dritter Krimi um die frankoaffine Kölner Kommissarin Hannah Richter, vielversprechend und recht spannend - trotz des Prologs, den viele Schriftsteller scheinbar für unumgänglich halten, der Hoffnungen weckt, die dann nur zu oft nicht erfüllt werden oder dessen Bezug zur Handlung, wie auch in diesem, als Kriminalroman apostrophierten Buch, erst sehr spät in der Geschichte ersichtlich wird.
Die Kenntnis der Vorgängerbände ist, so wird schnell klar, nicht nötig, um der Handlung folgen zu können, denn die Protagonisten lernt man bald ausführlich kennen. Da sie, bis vielleicht auf den französischen Gefährten der Hauptfigur, keine sonderlich vielschichtigen oder gar tief gehenden Personen sind, kann man sich bald ein ziemlich genaues Bild von ihnen und ihrem Leben machen. Ja, sie sind sympathisch, ohne Abstriche. Lieb sind sie auch, und nett gehen sie miteinander um. Das muss doch erfreuen, zumal sie sich in einem Umfeld bewegen, dessen Schönheit und Reichtum an Farben und Düften die Sinne betören, denn, wie schon der Titel sagt, wir sind schließlich in der Provence, erklärte Lieblingslandschaft zumindest vieler deutscher Urlauber!
Nun, die Sinne dürfen sich auch nach Herzenslust erfreuen, denn es wird gegessen, getrunken, das Kochen wird zelebriert - und darüberhinaus darf es auch tüchtig "menscheln". All dies ist schön und gut und es hätte der perfekte Krimi werden können, wenn der Fall, beziehungsweise die Fälle, die die Kölner Kommissarin gemeinsam mit ihren Kollegen sowohl in Deutschland als auch in Frankreich aufzuklären hat, im Gleichgewicht gewesen wären mit dem Zwischenmenschlichen, dem Genusspart.
Leider aber zeigt sich schon recht bald, viel zu bald nach meinem Empfinden, dass dem nicht so ist, denn die Ermittlungen sind genauso langweilig und nichtssagend wie der Fall, um den es hier geht. Und die Auflösung schließlich mag ja überraschen, aber keineswegs befriedigen, denn sie erscheint mir in einigen Punkten weder logisch noch nachvollziehbar und lässt die eine oder andere Frage gänzlich unbeantwortet. Letzteres darf sein, es regt zum Weiterdenken an, passt aber nicht zu dem "privaten" Teil, der mit unnötiger Ausführlichkeit eben keine Frage unbeantwortet gelassen hat!

Reichlich viele Informationen gibt die Autorin, die sich offenkundig tief in die hintergrundrelevanten Recherchen gestürzt hat über die sogenannte und von vielen zelebrierte und propagierte Naturkosmetik und deren Wust an erlaubten, geduldeten und ganz und gar unerlaubten Inhaltsstoffen. Dass da mitunter tüchtig gemauschelt wird, kann man sich gut vorstellen, vor allem dann, wenn es darum geht, den Profit zu steigern.
Und wenn, wie hier in der Geschichte, ein kleiner, sich der Biokosmetik verschriebener Familienbetrieb mit einem der großen Pharmakonzerne fusioniert, darf man doch berechtigte Zweifel daran hegen, dass alle Richtlinien wirklich befolgt und nicht doch das eine oder andere Hintertürchen gefunden wird, um die Bestimmungen zu umgehen, ja geradezu verbrecherische Manipulationen vorzunehmen.

Aber es gibt, natürlich, auch noch das kleine Volk der Aufrechten - und zu jenen gehört Monsieur Ramon, Mitarbeiter im ehemaligen Familienbetrieb und, man darf es ahnen, das erste Mordopfer, aufgefunden in einem Kölner Stadtpark, womit gleich auch die Ermittlungen der deutschen Kommissarin bei der Kosmetikfirma in Vaison-la-Romaine gerechtfertigt werden.
Häufig abgelenkt von ihrem und ihrer französischen Freunde Liebes- und Familienleben, kommt sie dem, man kann es so bezeichnen, Skandal auf die Spur, für den der ermordete Yannick Ramon Beweise hatte, die allemal fürs Morden herhalten können. Ja, und dann plätschert die Handlung so vor sich hin, die Spannung ebbt ab, selbst dann, als ein weiterer Mord geschieht und sich darüberhinaus ein Unglücksfall ereignet, der gut auch ein dritter Mord sein könnte.
Zur Auflösung, die wirklich nicht zu erwarten gewesen war und für die die Autorin einen Haken schlagen musste wie ein agiler Hase, kommt es in Cannes, wo die neue Produktlinie des Naturkosmetikunternehmens aus der Provence unter der Schutzherrschaft einiger Stars vorgestellt werden soll.
Und ja, das muss man ihr lassen, die Welt des schönen Scheins hat die Autorin recht plastisch gemacht - und entzaubert! Hinter der Fassade herrscht gähnende Langeweile, die sich, nebenbei gesagt und beklagt, auch nach dem x-ten Frankreichkrimi einschleichen kann!

Veröffentlicht am 02.03.2024

Angestrengt konstruierter Krimi

Starmord am Wörthersee
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Ich lese gerne Kriminalromane – und das schon lange! Im Laufe der Zeit sind mir viele gute, einige wenige sehr gute, aber noch mehr bestenfalls mittelmäßige und auch richtig schlechte Krimis untergekommen. ...

Ich lese gerne Kriminalromane – und das schon lange! Im Laufe der Zeit sind mir viele gute, einige wenige sehr gute, aber noch mehr bestenfalls mittelmäßige und auch richtig schlechte Krimis untergekommen. Leider weiß man vor Beginn der Lektüre niemals so genau, zu welcher Kategorie das gerade auserwählte Exemplar gehört, zumal Klappentexte, an denen man sich ja in der Regel orientiert, in die Irre führen können und dies oft auch tun.
Als ich die Inhaltsangabe des hier zu besprechenden Werkes von Roland Zingerle, „Die Tote im Rampenlicht“, offensichtlich der Einstiegsband in eine Serie um den österreichischen 'Berufsdetektiv Sablatnig, las, hatte ich durchaus den Eindruck, etwas Lohnenswertes würde darauf warten, mir spannende Lesestunden zu bescheren. Doch, um es vorwegzusagen, dem war nicht so! Bereits nach wenigen Seiten hatte ich das noch vage Gefühl, meine Zeit zu vergeuden – was sich bis zum Ende kontinuierlich verstärkte und schließlich Gewissheit wurde, wiewohl ich zwischendurch an der einen oder anderen Stelle dachte, die Geschichte, die ich nach beendeter Lektüre als arg konstruiert bezeichnen möchte, würde nun interessanter, spannender und vor allem glaubwürdiger. Und so las ich weiter, denn ich wollte wissen, das vor allem, was denn um des lieben Himmels Willen dem schlaffen, saft- und kraftlosen Protagonisten, besagtem Berufsdetektiv (verstanden habe ich bis zum Schluss nicht, was diesen denn von einem Privatdetektiv unterscheidet) mit dem wenig eingängigen Nachnamen Sablatnig, in Kolumbien zugestoßen ist, das er kürzlich besucht hat und von wo er völlig verändert wieder in die heimischen Gefilde zurückkehrte.
Ja, zugegeben, der Autor hielt mit den ständigen Anspielungen auf das Kolumbien-Trauma seines gar nicht heldenhaften Helden, der aber genau zu jenem am Ende mutierte, absprungbereite Leser wie mich vom Abbruch seines Romans ab! Genauso geschah es mit einigen unerwarteten Wendungen in der dahinplätschernden Handlung später, als man schließlich genug hatte von den ewigen Andeutungen auf Kolumbien. Das ist durchaus clever gemacht, gibt dem sogenannten Regionalkrimi, der meines Erachtens überall hätte spielen können und in keiner Weise an die Region, nämlich die Gegend um den Wörthersee, gebunden ist, aber keine zusätzliche Qualität.
Der Kriminalfall selber, der am Anfang gar keiner ist, wie man dem Klappentext entnehmen kann, sondern erst einer wird – siehe ebenfalls Klappentext, den ich hier nicht zu wiederholen gedenke! -, hat mich überhaupt nicht überzeugt, und gefesselt schon gar nicht. Die Auflösung war – nun ja, an den Haaren herbeigezogen und kam mir vor wie ein Verlegenheitseinfall des Autors, als Geistesblitz der aus seiner Lethargie erwachenden Sablatnig getarnt. Überraschend war sie schon deshalb nicht, weil die Anzahl der – nebenbei bemerkt ausnahmslos flachen, nichtssagenden – Handlungsträger sehr überschaubar war und im Grunde nur die Person, die übrig blieb, als Bösewicht in Frage kam. Doch – was es da mit dem schlimmen Kolumbienerlebnis auf sich hatte, wird schließlich aufgeklärt, tränenreich! Es erscheint mir reichlich phantastisch, aber da ich die Verhältnisse in besagtem südamerikanischen Land nicht kenne, maße ich mir da kein besserwisserisches Urteil an. Der Autor wird schon seine Hausaufgaben gemacht haben!
Worüber ich mir aber ganz gewiss ein Urteil anmaße, und kein positives, ist die Sprache, derer sich der Autor bedient, wenn er seine Figuren den Mund aufmachen lässt! Dialektgefärbt soll sie sein, diese Sprache? Nicht doch - denn die sprechen ja alle gleich schlecht und nachlässig, lassen Endbuchstaben weg, ziehen Wörter unnötigerweise zusammen, ihre Diktion ist nichtssagend, beinahe kindlich-einfältig, ganz gleich, ob sie aus Österreich kommen, aus München oder, wie die eigenartige, mir höchst simpel und unterbelichtet vorkommende, vom verliebten Rekonvaleszenten Sablatnig aber in den Himmel gehobene (in den sie keinesfalls gehört!) und unmäßig verklärte Schlagersängerin Saskia, die Empfängerin des Drohbriefes, dessen Urheber der wackere Heinz, wie der Berufsdetektiv mit Vornamen heißt, ursprünglich finden sollte, aus dem hohen Norden Deutschlands.
Tja, so ist das nun einmal, wenn man die ausgeklügeltsten, spannendsten, sprachlich auf hohem Niveau angesiedelten Kriminalromane der Meister ihres Fachs gelesen und genossen hat! Man wird anspruchsvoll! Man weiß dann nämlich, wie ein richtig guter Krimi zu sein hat. Und das gereicht der „Toten im Rampenlicht“, die natürlich auch ihre begeisterten Leser hat, unglücklicherweise sehr zum Nachteil!

Veröffentlicht am 17.02.2023

Albtraum ohne Ende

Schwerer als das Licht
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Als 'düster-schönes Märchen' hat Alexander Solloch von NDR-Kultur den zweiten Roman der gebürtigen Meranerin und Wahlwienerin Tanja Raich bezeichnet, Maria Motter von radio FM4 spricht von einer 'wunderlichen ...

Als 'düster-schönes Märchen' hat Alexander Solloch von NDR-Kultur den zweiten Roman der gebürtigen Meranerin und Wahlwienerin Tanja Raich bezeichnet, Maria Motter von radio FM4 spricht von einer 'wunderlichen Robinsonade', Gerlinde Tamerl, ALBUM, von einer 'nachhaltigen Erschütterung' und Walter Pobaschnig von Literatur outdoors nennt „Schwerer als das Licht“ 'eine packende wie raffiniert hintergründige Parabel über Mensch, Natur, Zeit […] in expressionistischer Sprachschönheit'. So könnte man weitermachen, ist man denn allenthalben des Lobes voll für dieses Buch, mit dem ich mich außerordentlich schwer getan habe, das mich abgestoßen hat ob der blutig-makabren Düsternis, die nur kurz einmal aufreißt, immer dann nämlich, wenn die Autorin sich die wie Bleigewichte über der Geschichte liegenden Schatten für einen Moment heben lässt, um mit ausufernden Worten eine Natur zu beschreiben, die meiner Vorstellung vom Garten Eden vor dem Sündenfall entspricht. Letzterer ist in der fragmentarischen Erzählung ohne erkennbare Handlung wohl gleichzusetzen mit dem gnaden- und hemmungslosen Raubbau an der Natur und allem, was da kreucht und fleucht. Die Folgen sind – hier wie da – fürchterlich! Der Klimawandel, der längst nicht mehr zu stoppen ist, bringt den Weltuntergang, ist in apokalyptischer Breite mit gar schauerlichen Szenen der Inhalt von Tanja Raichs eigenartigem Werk, auf dessen nicht vorhandene Handlung ich in meiner Besprechung nicht weiter eingehen möchte, und das in Aufbau und Dramaturgie ganz gewiss nicht das ist, was mich anspricht, was mich auf irgendeine Weise berührt und was ich lesen möchte.
Was habe ich da überhaupt gelesen? Tatsächlich eine Parabel auf den Klimawandel mit seinen unvermeidbaren Folgen, im Zeitraffer freilich? Das habe ich schon eindrucksvoller gelesen! Oder das Psychogramm einer geistig Verwirrten, die allmählich und dann ganz und gar in den Wahnsinn abdriftet, die Geister und Gespenster sieht, die überall Feinde wittert, sich verbarrikadiert, Fallen stellt und schließlich in einem nicht enden wollenden, sie selbst zerstörendem Blutrausch versinkt? Die aber auf handwerklichem Gebiet so außerordentlich beschlagen ist, dass sie mühelos und auch in ihrer desolaten Verfassung zimmert und konstruiert, mit Werkzeugen, von denen ich keine Ahnung habe, wo sie die auf ihrer Südseeinsel (anhand der Naturbeschreibungen muss es sich um eine solche handeln) findet. Nein, so etwas möchte ich entschieden nicht und nach der Lektüre des gefeierten Buches erst recht niemals mehr lesen! Kann ja auch sein, dass hier ein Albtraum erzählt wird, in dem das Unberührte, Unschuldige, Schöne von einem hässlichen schwarzen Ungeheuer verschlungen wird, das alles Leben auslöscht und schließlich sogar die Sterne vom Firmament purzeln lässt. Ja, wenn ich es recht bedenke, habe ich wohl wahrhaftig ein Albtraum-Märchen gelesen, denn nur in solchen können physikalische Gesetze umgekehrt, außer Kraft gesetzt, ausgehebelt werden. Und das wiederum entspricht meinem Lesegeschmack schon überhaupt nicht!
Nun, die Autorin, in deren Biographie man liest, dass sie gern gesellschaftliche Missstände anprangert und neue Lebensentwürfe fordert, bringt bei mir keine Saite zum klingen. Die 'faszinierende, aufwühlende' Sprache, die in den überwiegend sehr positiven Kritiken bejubelt wird, geht an mir vorüber, ebenso wie die angeblich 'großartigen, bildhaften Passagen', von denen mir schon wesentlich eindrucksvollere, auch besser be- und geschriebene untergekommen sind, solche, die mich wirklich berührten und zum Nachdenken brachten. Soll ich, wie ich das auch in einer Besprechung gelesen habe, das Buch, das auf Sri Lanka, in Italien und Mexiko entstanden ist, inspiriert mit Sicherheit von einer wunderschönen Natur, nicht aber von einer sterbenden, verrottenden, in der die Tiere sich gegenseitig auffressen und alles nach Fäulnis stinkt, noch einmal lesen, um dann vielleicht das zu sehen, was die Autorin uns mitteilen möchte und das außer mir, wie mir scheint, alle Kritiker und Rezensenten verstanden haben? Nein, diese Chance lasse ich mir gerne entgehen, es gibt so vieles, das darauf wartet, gefunden und gelesen zu werden!
Belassen wir es doch einfach dabei, dass Bücher, wie so viele Dinge im Leben, eine Frage des Geschmacks und der Neigung sind, obschon ich nach der Lektüre der Inhaltsbeschreibung glaubte, hier etwas vor mir zu haben, das mich fesseln, das mir ein besonderes Leseerlebnis bescheren könnte. Dass genau das Gegenteil der Fall war, ist niemandem anzulasten, schon gar nicht der mit Lob überhäuften Autorin, die ihre, ihren Stil und ihr Buch bewundernden, Leser hat. Da kann sie die wenigen, die dem Werk ablehnend und, wie ich, völlig unverständig gegenüberstehen, leicht verschmerzen....