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Veröffentlicht am 02.08.2021

Eine Liebe unter Bedrohung

Geliebter Dietrich
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„...Der Gedanke, dass du Kummer hast, wäre mein einziger Kummer. Der Gedanke, dass du in Liebe mitwartest und Geduld hast, ist mein täglicher Trost...“

Diese Zeilen aus einem Brief des Dietrich Bonhoeffer ...

„...Der Gedanke, dass du Kummer hast, wäre mein einziger Kummer. Der Gedanke, dass du in Liebe mitwartest und Geduld hast, ist mein täglicher Trost...“

Diese Zeilen aus einem Brief des Dietrich Bonhoeffer gehen Maria von Wedemeyer durch den Kopf, als sie unverrichteter Dinge im Februar 1945 am KZ Flossenbürg umkehren muss. Dann wechselt die Geschichte ins Jahr 1942.
Auf dem Lamdgut Klein – Krössin bei Ruth von Kleist – Retzow trifft Bonhoeffer auf Maria, Ruths Enkelin. Bonhoeffer hatte sie zuletzt als 12jähriges Mädchen gesehen. Nun stand vor ihm eine junge Dame. Ruth schickt beide auf einen gemeinsamen Spaziergang. Natürlich hat sie sich etwas dabei gedacht. Doch Bonhoeffer ist fast doppelt so alt wie Maria. Außerdem denkt Maria nicht an Ehe. Sie will Mathematik studieren. Trotzdem gibt es feine Schwingungen zwischen beiden.
Die Autorin hat auf berührende Art die Liebesgeschichte von Maria von Wedemeyer und Dietrich Bonhoeffer erzählt. Dabei hat sie sie gekonnt in die gesellschaftlichen Gegebenheiten eingebettet.
Der Schriftstil ist ausgereift und teilweise sehr bildhaft.

„...Eine Diktatur ist wie eine Schlange. Wenn du ihr auf den Schwanz trittst, beißt sie dich...“

Diese Worte gehen Bonhoeffer öfters durch den Kopf. Er arbeitet an der Seite seines Schwagers nicht nur in der Abwehr, sondern auch im Widerstand. Sie haben die Hoffnung, nach dem Tode Hitlers ein neues Deutschland aufbauen zu können und die Verwerfungen der Nazizeit hinter sich zu lassen. Bonhoeffer nutzt seine Kontakte im Ausland, um von dort Unterstützung zu bekommen. Doch dort kann oder will man sich nicht auf ein Attentat verlassen. Nach einer erfolglosen Italienreise konstatiert Hans von Dohnanyi:

„...Aber die Zeit läuft uns davon! Wie ein versehentlich losgelassener Drache, der vom Wind fortgerissen wird. Der Tag kommt, am dem es zu spät sein wird, die Schnur zu packen und das Ding wieder runterzuholen...“

Zwischen Dietrich und Maria kommt es zu weiteren Treffen. Es entwickeln sich Gespräche, die in die Tiefe gehen. Folgende Sätze bringen einen der Dialoge auf den Punkt:

„...Was sollte ein Christ machen, wenn die Loyalität zum Evangelium und die Ansprüche eines gottlosen Regimes aufeinanderprallten und ein Nein zu diesem Regime ihn auf den Weg der Selbstaufopferung führen konnte...“

Als Maria zuerst ihren Vater und dann auch ihren Bruder an der Front verliert, untersagt ihm die Mutter weiteren Kontakt mit Dietrich Bonhoeffer. Sie weiß oder ahnt, wie tief er im Widerstand
verstrickt ist und will nicht noch ein Kind verlieren. Ungeahnt haben vor allem Ruths Einmischungen zu dieser starren Haltung beigetragen. Maria kämpft darum, ihm wenigstens schreiben zu dürfen.

„...Maria hielt den Atem an. Die Augenblicke des Glücks hatten Kolibriflügel. Die Augenblicke der Entscheidung hatten Blei in dem Füßen...“

Erst als Dietrich Bonhoeffer verhaftet wird, gibt die Mutter ihre Ablehnung auf. Jetzt wird die Verlobung der beiden öffentlich gemacht.
Während der Zeit der Gefangenschaft von Dietrich Bonhoeffer erweist sich Maria als starke junge Frau. Natürlich gibt es auf beiden Seiten Zeiten der Resignation. Doch die Liebe hält.
Das Buch endet kurz nach dem Hitlerattentat durch Claus Graf Schenk von Stauffenberg. Eingebunden sind Briefe der beiden und Gedichte von Dietrich Bonhoeffer.
Im Nachwort fasst die Autorin das weitere Schicksal einiger der handelnden Personen kurz zusammen. Ein Personenverzeichnis rundet das Buch ab.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ermöglicht einen Blick auf den Widerstand gegen Hitler aus christlicher Sicht und zeigt eine Liebe, die unter Bedrohung wächst.

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Veröffentlicht am 01.08.2021

Das Männerding

Meine Pferde, Montana und Du
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„...Wenn du mit mir diskutieren willst, was ein Pferd und was ein Pony ist, dann stell dich hinter dem Campingfahrer an...“

Thorunn ist mit zwei Islandpferden auf den Weg zur Sweet Water Ranch in Montana. ...

„...Wenn du mit mir diskutieren willst, was ein Pferd und was ein Pony ist, dann stell dich hinter dem Campingfahrer an...“

Thorunn ist mit zwei Islandpferden auf den Weg zur Sweet Water Ranch in Montana. Wenn unterwegs jemand ihre Pferde als Ponys bezeichnet, reagiert sie ziemlich heftig.
Thorunn stammt aus Island. Sie ist nach Amerika gekommen, weil ihr Ragnar, ihr Großvater, dort ein Stück Land vermacht hat. Außerdem hat er zwei der Pferde nach Montana bringen lassen. Für die sucht Thorunn nun eine Unterkunft, denn sie will zurück nach Island. Sie kennt die Regel:

„...Jedes Pferd, das Island verließ, durfte nie wieder zurück...“

Deshalb ist sie auch sauer auf ihren Großvater. Sie versteht nicht, was er damit bezweckt hat.
Die Autorin hat einen spannenden Roman geschrieben. Es ist der dritte Band, der in Montana spielt.
Der Schriftstil ist sehr abwechslungsreich. Naturbeschreibung, intensive Gespräche, ein feiner Humor und ernste Stellen finden sich.
Thorunn hat in Island mit einer Frau zusammengelebt. Katla war sehr bestimmend und besitzergreifend. Deshalb tut Thorunn die Auszeit gut.
Auf der Ranch hat sich einiges verändert. Chrissie ist irgendwie nicht mehr sie selbst. Warum, erfahre ich erst viel später. Islandpferde kennt sie nicht. Das kommentiert sie so:

„...Sorry, Janie, dein Pferd läuft komisch, aber du sitzt sehr bequem. Das kriegt mein Gehirn noch nicht richtig verarbeitet...“

Den Namen Janie hat man ihr gegeben, weil man Thorunns isländischen Namen nicht aussprechen kann.
Auf der Ranch trifft Thorunn den Campingfahrer wieder. Später wird sie ihn so charakterisieren:

„...Cody war alles Mögliche. Er war Tierarzt, Spinner, Clown, Musiker, Vortragsredner, Gerechtigkeitsfanatiker und er war verdammt schüchtern...“

Zwischen beiden entwickelt sich ein zarte Freundschaft. Cody stammt aus Australien. Auch er kennt Heimweh und weiß, wie es ist, sich an andere Lebensverhältnisse anpassen zu müssen. Beide gehen sehr behutsam miteinander um. Thorunn hat keinerlei Erfahrung mit Männer. In ihren Posts nach Island redet sie deshalb von dem Männerding, wenn sie ihr Erlebnisse mit ihm beschreibt. Ab und an vergleicht sie sein Verhalten mit dem von Katla. Seine Zurückhaltung empfindet sie als wohltuend.
Cody ist für Thorunn da, als sie ihn braucht. Doch ausgerechnet dann, als Thorunn einen schweren Unfall hat und nach Island zurückkehrt, muss Cody nach Australien. Haben die beiden ein Chance?
Der zweite Teil des Buches hat einen völlig anderen Grundton. Während in Amerika trotz aller Probleme eine gewisse Heiterkeit und Leichtigkeit überwog, spielt nun die Melancholie eine tragende Rolle. Und Thorunn kann ziemlich stur sein. Per Internet allerdings hält sie Kontakt nach Montana.
Solveigh, Thorunns Cousine, bringt die Probleme auf den Punkt:

„...Ragnar. Er hat deine Fundamente erschüttert, um dich aus deinem Turmzimmer zu jagen, damit du dir die Welt nicht nur von oben ansiehst, sondern in sie hineingehst...“

Beeindruckend finde ich das Bild, das Solveigh von Island malt. Damit meine ich nicht die außergewöhnliche Landschaft und ihre Meinung über die Interessen der Touristen, sondern, um es so zu formulieren, den Blick in die isländische Seele. Gegenüber Thorunn klingt das so:

„...Du bist wie Island, das zwischen Europa und Amerika immer wieder aufreißt, blutet, heilt und Narben hat. Das ist tief, tief in uns allen drin!...“

Deutlich werden die Unterschiede in den Lebensverhältnissen. Währen Cody in Australien bei großer Hitze gegen Buschbrände kämpft, erlebt Thorunn die Geburt eines Fohlens ihres Lieblingspferdes bei eisiger Kälte und Schneesturm.
Es gäbe noch viel über die Geschichte zu sagen. Mir hat sie ausgezeichnet gefallen.


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Veröffentlicht am 31.07.2021

Garlefs Weg nach Rom

Der Speersohn
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„...Wenn Gadarich ihn auf den Feldern erwischte, erwartete Garlef eine ordentliche Tracht Prügel. Schließlich betrachtete Gadarich die Feldarbeit als reine Frauensache...“

Wir befinden uns im Jahre 8 ...

„...Wenn Gadarich ihn auf den Feldern erwischte, erwartete Garlef eine ordentliche Tracht Prügel. Schließlich betrachtete Gadarich die Feldarbeit als reine Frauensache...“

Wir befinden uns im Jahre 8 n. Chr. in Germanien am Zusammenfluss von Aller und Weser. Garlef ist der jüngere Sohn von Gadarich und etwas aus der Art geschlagen. Er kann Kampf und Streit nichts abgewinnen. Dafür interessiert er sich für Saat und Ernte.
Die Autorin hat einen spannenden und hervorragend recherchierten historischen Roman geschrieben.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Auch mit dem Dialekt der Germanen habe ich keine Probleme.
Es ist die Zeit der Kämpfe der Germanen gegen die Römer. Nach einem Kampf bringt der Vater einen Römer als Sklaven mit. Garlef findet seine Behandlung beschämend. Er freundet sich mit ihm an und lernt Latein. Gaius, der Römer, bringt Garlef außerdem bei, wie er sich mit dem Schild verteidigen kann.
Dann aber wendet sich das Blatt. Die Römer kommen ins Dorf, als ein großer Teil der Männer unterwegs sind. Garlef wird mitgenommen. Das hat er Gaius zu verdanken, denn sonst wäre er tot.
Die ersten Siege der Germanen kommentiert Gaius so:

„...Durch das Anwerben germanischer Hilfstruppen haben wir unser überragendes Wissen mit dem Feind geteilt. Dabei hätten wir vorhersehen müssen, dass sie das bei Gelegenheit gegen uns verwenden...“

Sehr gut wurden Garlefs Zwiespalt herausgearbeitet. Einerseits ist Gaius wie ein Vater für ihn, andererseits weiß er, dass ihm im Kampf sein Vater oder Bruder gegenüber stehen könnten. Garlefs Einstellung äußert sich in den folgenden Zeilen:

„...Ich weiß jetzt, was Kriege bedeuten. Sie sind wie ein Feld, auf das Menschen Hass pflanzen und mit Blut begießen. Innerhalb kürzester Zeit wachsen Dornenbüsche, die so dicht sind, dass man sie nicht mehr durchschreiten oder entwirren kann...“

Ich mag diese bildhafte Sprache! Auch am Inhalt der Aussage hat sich bis heute nichts geändert.
Eine Frage lässt Garlef nicht los. Was ist Heil? Sein Vater hat ihm erklärt, dass man Heil nur im Kampf erringen kann. Garlef aber will nicht kämpfen. Selbst in Rom als Gladiator verteidigt er sich nur. Steht ihm damit kein Heil zu?
In Rom lernt er Mina, die Tochter eines Senators kennen. Im Gegensatz zu den Werten ihrer Zeit weigert sie sich zu heiraten. Bisher hat sie jeden Ehekandidaten vergrault. Nun aber hat ihr Vater die Nase voll. Er hat ihr einen neuen Kandidaten präsentiert. Die junge Frau ist intelligent und kann Menschen geschickt manipulieren. Aber wird ihr das in diesem Fall etwas nützen? Und was wird mit Garlef, der von einem Leben mit Mina träumt?
Im Buch lerne ich eine Menge über die Sitten und Lebensweisen der Germanen und Römer. So bekommt Mina von ihre Schwester gesagt:

„...Du bist zu dünn. Die ideale Frau hat einen mächtigen Hintern. Deiner ist allenfalls mittelmäßig!...“

Auch der Spargelanbau und die schädliche Wirkung von Bleiweiß werden thematisiert. Gerade diese Fakten lassen die Historie lebendig ewrden.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 29.07.2021

Spannendes Kinderbuch

Ben & Lasse - Agenten sitzen in der Falle
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„...Kommt rein. Ich habe für euch schon mal die Zimmerschlüssel besorgt. Ihr habt Zimmer 14, das ist im oberen Stockwerk...“

Mit diesen Worten werden die Eltern von Ben im Dorf Fremding von Nina, der ...

„...Kommt rein. Ich habe für euch schon mal die Zimmerschlüssel besorgt. Ihr habt Zimmer 14, das ist im oberen Stockwerk...“

Mit diesen Worten werden die Eltern von Ben im Dorf Fremding von Nina, der Cousine des Vaters, begrüßt. Die Familien treffen sich, um im Haus der verstorbenen Tante Gertrud die mögliche Erbschaft zu sichten.
Lasse lässt Carlotta, Ronja und Finn, die Kinder von Nina, wissen, dass sie Agenten sind. Beim Betreten des Hauses wundern sie sich über die verhangenen Spiegel, die vielen Kerzen und den eigenartigen Geruch.
Der Autor hat erneut ein spannendes Kinderbuch geschrieben. Die Geschichte lässt sich gut lesen. Der Schriftstil ist kindgerecht.
Die Erwachsenen suchen ein Testament und begutachten den Inhalt der Schränke. Die Kinder sollen eigentlich im Garten spielen, finden den Keller aber spannender, obwohl das Betreten verboten war.
Herr Dumpferl, der die Schlüssel für die Haus besitzt, schwärmt vom Münsterbund, den Onkel Hugo, Gertruds Mann geleitet hat und der sich um die Jugendlichen in ihrer Freizeit gekümmert hat.
Dann bekommen die Kinder mit, dass in den Gesprächen der Erwachsenen von einem gewisser Günther die Rede ist. Ben stellt fest:

„...Irgendwie scheint er vor Jahren verschwunden zu sein. Niemand weiß etwas darüber. Und Margret vermutet, dass es im Haus Hinweise darüber gibt...“

Natürlich wollen die Kinder dem nachgehen. Dabei stürzen sie sich in manch Abenteuer, dass schief gehen könnte. Es gibt dunkle Geheimnisse aus der Vergangenheit, die nicht ans Tageslicht kommen sollen.
Gekonnt werden in die Gespräche der Kinder religiöse Themen eingebunden. Es geht um Tod und Sterben, aber auch um Angst. Ronja findet den Religionsunterricht langweilig. Ben entgegnet ihr:

„...Dass Gott uns liebt hat und dass er möchte, dass wir einmal für immer bei ihm im Himmel sind, finde ich nicht langweilig...“

Oft ist Ben von seinem kleinen Bruder Lasse genervt, zumal der ihm zu viel redet. Im Ernstfall aber ist er für ihn da.
Als im Haus eine SS – Uniform gefunden wird, entwickelt sich eine intensive Diskussion über die Vergangenheit und über die Verantwortung des einzelnen. Der Opa bringt das auf den Punkt:

„...Das ist genau das Problem. Das Böse in dieser Welt kann sich so gut ausbreiten, weil zu wenige Leute da sind, die den Mund aufmachen und dem Bösen das Gute entgegenhalten. Das war damals so und das ist auch heute wieder so...“

Geschickt wird Faktenwissen in die Handlung integriert. So erfahren die Kinder zum Beispiel, was ein Testament ist.
Jedes Kapitel beginnt mit einer Lupe, in die die Nummer integriert ist.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Dazu tragen der hohe Spannungsbogen, aber auch die vielfältigen Themen, die berührt werden, bei.

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Veröffentlicht am 28.07.2021

Er ließ sich nicht verbiegen

Julius oder die Schönheit des Spiels
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„...Möglicherweise hätte ein sorgfältiger Beobachter in ihm einen Mann von gestern in der Welt von heute erkannt; gleichermaßen fremd und nicht fremd an diesem besonderen Ort. Aber niemand würdigte ihn ...

„...Möglicherweise hätte ein sorgfältiger Beobachter in ihm einen Mann von gestern in der Welt von heute erkannt; gleichermaßen fremd und nicht fremd an diesem besonderen Ort. Aber niemand würdigte ihn ernsthaft eines Blickes...“

Die Rede ist von einem alten Herrn, der die Tenniswettkämpfe in Wimbledon im Jahre 1984 beobachtet. Als ein junger Deutscher gewinnt, überschlägt sich die Presse in Mutmaßungen über seine sexuelle Orientierung. Das führt die Erinnerungen des alten Herrn zurück in die Vergangenheit.
Jetzt wechselt die Perspektive. Wir befinden uns am Mittelrhein. Dort lebt die Familie von Berg. Gerade hat der Großvater, ein erfolgreicher Winzer, einen eigenen Tennisplatz für die Enkel anlegen lassen. Julius von Berg findet auf dem Spielfeld seine Lebensziel.
Der Autor hat einen spannenden und bewegenden Roman geschrieben. Wie dem Klappentext zu entnehmen ist, ist das Buch eine Hommage an den Tennisspieler Gottfried von Cramm. Es ist aber trotzdem eine fiktive Geschichte.
Der Schriftstil ist ausgefeilt. Sehr detailliert wird erzählt, wie die Kindheit von Julius und seinen beiden Schwestern verlief. Die Einschätzung der Gouvernante lautete:

„...Die von Berg`schen Mädchen sind Rowdys! Und dann gibt es Julius...“

Interessante Formulierung! Hier wird schon deutlich, was sich später vertieft. Julius ist kein „typischer“ Junge. Raufen liegt ihm nicht. Auch wenn es nie so in Worte gefasst wird, ist zu vermuten, dass der Großvater schon früh ahnte, wie sich Julius entwickeln wird. Er sollte sein Leben lang sein Berater und Vertrauter belieben. Doch auch eine Eltern geben ihm wichtige Werte mit:

„...Gewinnen um jeden Preis beinhaltet immer einen Moment der Zügellosigkeit, stellt letztlich eine Charakterschwäche dar. Schließlich leben wir nicht mehr im Mittelalter...“

Im Rheinland lernt Julius die Schattenseiten der Politik kennen. Die im Roman eingeflochtene Geschichte der Rheinischen Republik zeigt die Wankelmütigkeit der Verantwortlichen auf allen Seiten.

„...Ist es das, was Politiker tun? Den Menschen erzählen, was sie hören wollen?...“

Julius geht nach dem Abitur nach Berlin. Er lernt das Berliner Nachtleben kennen. Trotzdem wird Tennis sein Leben. Dafür gibt er das Studium auf. Zwei Dinge könnten ihm Probleme bereiten. Die Öffentlichkeit zeigt sich an seinem Privatleben interessiert. Es wird registriert, mit wem er sich abgibt und welche Lokale er aufsucht. Und die ersten Anzeichen des aufkommenden Nationalsozialismus sind nicht zu übersehen. Zu Julius` Freundeskreis gehören viele Juden. Julius nimmt kein Blatt vor den Mund.
Von Robert, ein Trainer von ihm, stammen die Worte:

„...“...Weißt du, Julius“, sagt er, „es ist recht einfach: Ich habe schlicht keine Lust zu gewinnen, wenn man es von mir verlangt.“...“

Diese Worte gehen Julius im Jahre 1937 während seines Kampfes in Wimbledon durch den Kopf. Und sie sollten entscheidend für seine Zukunft werden. Julius ist nicht bereit, sich zu verbiegen.
Auf zwei besondere Stilmittel greift der Autor ab und an zurück. Der alte Herr von Beginn kommt zwischendurch mehrmals zu Wort. Er war Julius`letzter Spielpartner 1937. Außerdem werden kursiv Situationen aus dem Jahre 1938 geschildert. Sie sind kurz und emotional gestaltet.
Natürlich sind auch manche Tennisspiele detailliert geschildert. Das aber tut der Spannung keinerlei Abbruch.
Ein Nachwort, Angabe der Quellen und ein Gespräch mit dem Autor runden das Buch ab.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Das Buch gehört zu meinen Highlights des Jahres.

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