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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.08.2021

Wunderschöner Krimi aus der Zeit der k.u.k. Monarchie

Das Buch des Totengräbers (Die Totengräber-Serie 1)
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Ich kenne den Wiener Zentralfriedhof. Stundenlang kann man heutzutage da spazieren gehen und allen großen österreichischen Musikern, Schriftstellern, Politikern Künstlern und Schauspielern seine Reverenz ...

Ich kenne den Wiener Zentralfriedhof. Stundenlang kann man heutzutage da spazieren gehen und allen großen österreichischen Musikern, Schriftstellern, Politikern Künstlern und Schauspielern seine Reverenz erweisen. Linienbusse fahren durch den Zentralfriedhof, teilweise hat man das Gefühl durch einen traumhaften Park zu wandern.
Aber 1893 muss das noch chaotisch ausgesehen haben. Die Gräberfelder noch nicht ausgewiesen, so wie heute, die Armengräber waren lange Schachtgräben, in denen die Toten nebeneinander gelegt wurden, etwas Erde darüber geschüttet und eine neue Reihe wurde begonnen, bis der Graben voll war. In solch einem Schachtgrab wurde auch Mozart zur ewigen Ruhe gebettet.
Buchtitel und Titelbild machen neugierig. Auf Wien, auf die Anfänge der Kriminalistik und auf einen ganz besonderen Menschenschlag: die Wiener Totengräber. Leopold von Herzfeldt fängt als junger Polizist bei der Wiener Polizei an, löst unter Einsatz seines Lebens gleich 3 Mordfälle, die scheinbar nicht zusammenhängen aber irgendwie doch miteinander verzahnt sind. Augustin Rothmayer, seines Zeichens Wiener Totengräber mit langer Totengräbertradition in der Familie, unterstützt ihn, gibt wertvolle Hinweise erklärt wie unterschiedliche Todesarten aussehen. Die Kriminalistik steckt noch in den Kinderschuhen, Tatorte werden noch nicht abgesichert und minutiös untersucht. Wie da die wahren Schuldigen ermittelt werden sollen grenzt an ein Wunder. Doch die drei Mordfälle ziehen Kreise bis in die allerhöchsten Ebenen, sogar die Wiener Polizei ist davon betroffen.
Leopold von Herzfeldt hat jüdische Wurzeln. Das lockt sofort Feinde, und Missgunst an. Auch die Wiener Polizei ist nicht frei von Antisemiten, die von Herzfeldt das Leben schwer machen, sogar seine Entlassung erreichen wollen. Doch er ist ein viel zu guter Ermittler, als dass die Polizei sich wirklich erlauben könnte, ihn gehen zu lassen. Und so wird von Herzfeldt wieder aufgenommen und er drückt sogar etwas noch nie dagewesenes durch: Die ehemalige Polizeitelefonistin wird als Tatort- und Polizeifotografin eingestellt. Und das 1893.
Habe die Ehre!

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Veröffentlicht am 09.08.2021

„Das Leben ist halt einmal so und viel öfter anders“ (S. 107)

Greta und Jannis
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Das Romandebüt einer Wort- und Stilsicheren Autorin, Sarah Kuratle, hat mich von der ersten Seite an fasziniert. Die Handlung ist spannend, mit vielen Wendungen, nichts ist so wie es zuerst dargestellt ...

Das Romandebüt einer Wort- und Stilsicheren Autorin, Sarah Kuratle, hat mich von der ersten Seite an fasziniert. Die Handlung ist spannend, mit vielen Wendungen, nichts ist so wie es zuerst dargestellt wird, die Personen scheinen jede verloren in ihrer eigenen Welt zu sein und doch ergeben sie alle zusammen ein buntes wunderschönes Bild und ein gemeinsames Universum.
Am meisten hat mich aber der Stil des Buches eingefangen. Die Sicherheit mit der Kuratle im gleichen Satz von indirekter zu direkter Rede wechselt, Dialoge in den Erzähltext einbaut, von dritter Person zur ersten wechselt, sich dadurch als Autorin zurücknimmt und die Gestalten reden und agieren lässt, ist einmalig. Dadurch schafft sie einen Perspektivwechsel der verwirrend schön ist, die Lektüre aber nicht einfach macht. Ohne tief auf das Buch konzentriert zu sein, lässt sich der Roman nicht lesen. Ist dies wirklich ein Romandebüt? Jedes Wort, jeder Satz ist ausgereift, steht an seinem Platz, kann durch kein anderes Wort, keinen anderen Satz ersetzt werden.
Greta und Jannis leben im „letzten Dorf“ im Gebirge, hier kennt jeder jeden, es herrschen strenge, eherne Gesetze im Dorf: nur die Erstgeborenen haben das Recht zu heiraten, Kinder zu bekommen. Nur die erstgeborenen Männer dürfen die geschmückten Hüte tragen, nur den erstgeborenen Frauen steht Schmuck zu. Die jüngeren Geschwister werden Busfahrer oder wandern aus oder werden heimlich als Säugling vor Tante Severines Tür ausgesetzt. Im Laufe der Zeit wird Tante Severine mit Gretas Hilfe drei Kinder aufnehmen, Melina, Flora und Chaspar.
Greta und Jannis kennen sich von Kindesbeinen an, später werden sie ein heimlich-offenes Liebespaar. So groß und unaufhaltbar diese Liebe auch ist, eigentlich dürfte sie nicht sein. Aber sie ist da und lässt sich nicht unterdrücken, mit all ihren Folgen und Konsequenzen. Ihre Liebe ist: „Eine Ruhe, klingend, eine Stille, knisternd, ein Friede und Zauber ist um dieses Liebespaar, das sie waren oder sein werden, ob vor acht oder in einhundert Jahren“ (S. 228)
In der Nähe des Gehöftes von Tante Severine ist ein altes, verlassenes Schloss. Cornelio, der Sohn des verstorbenen Schlossherrn taucht auf, nähert sich langsam Tante Severine und ihren Schützlingen, nimmt das Schloss langsam, Raum für Raum in Besitz. Irgendwann ist er aus dem Leben dieser „Familie“ nicht mehr wegzudenken und er wird fester Teil dieser Gruppe.
Magische Elemente, durchziehen den Roman, wie der Apfelbaum der nur alle 8 Jahre blüht um dann im Winter goldene Früchte zu tragen, die Steinböcke die verschwinden um dann in Feuervögel, Schnecken, Windbienen und Luchse, alle mit Hörnern weiter zu leben. Erst als Steinböcke wieder im Gebirge angesiedelt werden, verlieren diese Tiere ihre Hörner.
Der Untertitel des Buches: „Vor acht oder in einhundert Jahren“ weist daraufhin, dass die Handlung des Buches zeitlos ist, oder dass sie jederzeit wieder passieren kann.

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Veröffentlicht am 07.08.2021

Die endlos viele Arten von Glück: Löwenglück, Elefantenglück, Fledermausglück, usw. und alle sind sie perfekt.

Löwenherzen
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Der Prolog liest sich wie ein Thriller, mit einem lauten Knall, der alle aus dem Schlaf reißt, einem alles verzehrenden Feuer und einem Land Rover der erst buchstäblich in letzter Sekunde anspringt. Und ...

Der Prolog liest sich wie ein Thriller, mit einem lauten Knall, der alle aus dem Schlaf reißt, einem alles verzehrenden Feuer und einem Land Rover der erst buchstäblich in letzter Sekunde anspringt. Und an einigen Stellen im Buch wird es ebenso spannend und richtig ungemütlich, als sie z.B. von kämpfenden Löwenmännchen bedrängt werden, oder das schmale Boot vor einer von Krokodilen dicht belagerten Sandbank zu kentern und einen Wasserfall runterzustürzen droht, und einige andere gefährliche Passagen mehr.
Aber es gibt auch die anderen, wunderschönen, richtig atemberaubende Momente: Sonnenuntergang über der Savanne, über den Bergen, über dem Okawango Delta, über dem Sambesi, den Salzpfannen in trockenen Flussbetten, oder der Flug von Millionen von Fledermäusen, die Sichtung von Elefanten, Flusspferde, Antilopen, Gnus, Giraffen und mein Liebling: der Schuhschnabel, der so hässlich ist, dass nur seine Mutter oder ein begeisterter Ornithologe ihn schön finden können.
Da die Reisen in Afrika jenseits des Äquators stattfinden und fernab von aller Lichtverschmutzung, sind des Nachts die Sterne besonders ausdrucksvoll und berauschend.
In diesem Buch bereisen Gesa und Frank „nur“ drei Länder, Botswana, Namibia und Sambia, von Nationalpark zu Nationalpark, stellen sie kurz vor, die besten Campingplätze, die interessantesten Orte. Das geschieht beileibe nicht wie in einem Baedeker, in dem die Sehenswürdigkeiten, Restaurants und Hotels abgehakt werden. Gesa Neitzel erzählt von ihren Reisen und Abenteuern in einem so mitreißenden und spannenden Stil, dass man am liebsten sofort einen Safari-Trip buchen würde, um Land und Leute, Flora und Fauna mit eigenen Augen zu sehen, zu erforschen, kennen und auch lieben zu lernen.
Im Buch kommen aber auch unbequeme Themen zur Sprache: die Armut der Menschen in einigen Landesteilen, die Verschmutzung der Umwelt, das Wildern der Tiere. Wobei Neitzel sehr wohl zu unterscheiden weiß: es gibt das Wildern aus der Not heraus, weil die Menschen ihre Familien ernähren müssen und es gibt die Trophäensammler: eine grausame Untergattung der Spezies Mensch, die Fell, Kopf oder Zähne von toten Tieren sich daheim an die Wand hängen oder verschwundene (oder nie dagewesene) Potenz glauben damit steigern zu können. Leider hat Corona die Lage der Wildtiere und Menschen in Afrika verschlimmert. Durch das Wegbleiben der Touristen mussten viele Campings und Lodges schließen, die Naturreservate kämpfen ums Überleben. Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle in diesen Ländern, in denen es so gut wie keine eigene Industrie gibt und internationale Konzerne nach den Bodenschätzen dieser Länder gieren, egal ob sie dadurch Naturschutzgebiete zerstören, inklusive das Okawango-Delta.
Das Buch ist in drei große Teile eingeteilt, jedes einem der bereisten Länder gewidmet. Zu Anfang des jeweiligen Kapitels ist eine Landkarte skizziert, mit den besuchten Orten und den Tieren, die es hauptsächlich da zu sehen gibt. So kann man sich immer schnell zurechtfinden. Die Bilder in der Mitte des Buches bringen uns Afrika noch näher, wecken die Sehnsucht auch einmal unter solch einem Sternenhimmel zu schlafen oder einen Kaffee am sandigen Ufer des Tanganyikasees zu trinken und den Sonnenaufgang auf sich einwirken zu lassen.
Leichte stilistische Stolperkiesel wie etwa Wortwiederholungen im gleichen Satz tun dem Buch keinen Abbruch. Im Gegenteil. Sie betonen nur die Aufrichtigkeit der Autorin, bringen uns ihren Herzenswunsch näher, uns für Afrika zu begeistern. Man merkt, sie schreibt ehrlich und begeisternd über ihre Reisen und den tierischen und menschlichen Begegnungen dabei.
Und noch etwas Positives: Ullstein zertifiziert das Buch als Klimaneutrales Produkt und Teil des Programms ullstein.de/nachhaltigkeit. Das kann man nur unterstützen.

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Veröffentlicht am 01.08.2021

Bitte mehr davon!

Ich hätte da was für Sie
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Sehr interessantes Buch mit sehr nützlichen, praktischen und leicht umzusetzenden Tipps und Ratschlägen. Und es sind genau die Alltagsprobleme unserer Gesundheit die auch behandelt, beziehungsweise besprochen ...

Sehr interessantes Buch mit sehr nützlichen, praktischen und leicht umzusetzenden Tipps und Ratschlägen. Und es sind genau die Alltagsprobleme unserer Gesundheit die auch behandelt, beziehungsweise besprochen werden. Dabei betont die Autorin (nettes Foto auf der Titelseite, übrigens) immer wieder, dass ihr Buch keinesfalls den Arzt ersetzt. Manche Kur, z.B. die Drei-Tage-Haferkur bei Diabetes sollte nur in Absprache mit dem behandelnden Diabetologen ausgeführt werden.
Das Buch ist in drei große Themenkreise eingeteilt: „bei körperlichen Beschwerden“, „…für Kopf und Seele“ und „…zum Vorbeugen und Wissen“. So kann man sich im Buch leicht zurechtfinden und im Falle man schnell ein bestimmtes Thema suchen will, schneller den benötigten Text finden.
Im Plauderton und ohne mahnend gehobenen Finger erzählt Vera Codes manche Sachen wie aus dem Nähkästchen. Köstlich die Szene, in der sie ihrem Mann eine Behandlung immer wieder vorschlägt, doch erst als ein Arzt die gleiche Therapie nennt, stellt er sich auf den Treppenabsatz und absolviert die Übungen. Da hatte Frau Cordes Recht: "Fremde Fragen nach Rat, die Familie ist genervt" (Seite 56).
Ein Manko hat das Buch leider doch! Es ist zu kurz. Aber vielleicht besteht die Aussicht auf ein Folgebuch???

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Veröffentlicht am 24.07.2021

Fremd in der Heimat

Wild Card
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Ein Mann kehrt nach 15 Jahren Abwesenheit zurück in sein Heimatland, zur Beerdigung seiner Tante. Manche Dinge haben sich verändert, vieles nicht: die 20 Dollar die er jedem Flughafenbeamten zustecken ...

Ein Mann kehrt nach 15 Jahren Abwesenheit zurück in sein Heimatland, zur Beerdigung seiner Tante. Manche Dinge haben sich verändert, vieles nicht: die 20 Dollar die er jedem Flughafenbeamten zustecken muss, oder die Kinder aus seiner Kindheit die jetzt als Erwachsene immer noch die unausstehlichen Armleuchter geblieben sind.
Weil er über seine Lebensumstände in London etwas flunkert und sich als Polizist ausgibt, wird er sofort von rivalisierenden Rebellengruppen angeheuert, den Mord an einen Konsenspolitiker aufzuklären. Wobei die Aufklärung an sich den beiden Gruppen egal ist, Hauptsache, der Mord wird der jeweils anderen Partei in die Schuhe geschoben. Nun muss Weston Kogi lavieren, die eine Gruppe gegen die andere ausspielen, dabei aber auch immer seinen Vater und die amtierende Regierung im Auge behalten. Seine einstige Jugendliebe scheint ihn immer noch zu lieben, die reiche, junge und schöne Witwe des getöteten Politikers hat auch nichts gegen diverse Schäferstündchen mit ihm zu haben, wenn da nicht diese langsam lästig werdenden Entführungen wären. Immer wenn jemand von Weston Kogi wissen will, lässt er ihn entführen und dann wieder freisetzen.
Sehr spannend und abwechslungsreiche Handlung, die irgendwo in einem westafrikanischen Land spielt, aber die Morde, die rivalisierenden Banden, die Brutalität und Gewalt mit der vorgegangen wird können sich überall abspielen, wo Menschen nach eigenen Gesetzen leben und der Rechtsstaat nur ein Fremdwort ist. Westons entscheidet sich, nachdem der Mord aufgeklärt ist, nicht nach London zurückzufliegen und sich in seiner Heimat als Privatdetektiv niederzulassen. Das verleiht dem Thriller ein positives Ende nach all dem Blutvergießen.
Geschrieben in einen desillusionierenden Stil mit trockenen pointierten Einlagen lässt sich das Buch leicht lesen.

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