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Veröffentlicht am 20.09.2021

Exzellenter Krimi über einen Mehrfachmord, Nanobots, graue Gänse und graue Grütze

Seht ihr es nicht?
3

„Aha, bei diesem Buch handelt es sich also tatsächlich um einen Kriminal-Roman“ nahm ich zur Kenntnis, als ich zum wiederholten Male den Klappentext studiert hatte, nachdem mir das erste Fünftel von Georg ...

„Aha, bei diesem Buch handelt es sich also tatsächlich um einen Kriminal-Roman“ nahm ich zur Kenntnis, als ich zum wiederholten Male den Klappentext studiert hatte, nachdem mir das erste Fünftel von Georg Haderers „Seht ihr es nicht?“ gleichsam seines Buchtitels gar nicht so recht zu einem spannenden Krimi passen wollte. „Okay, ... und in dieser Geschichte geht es also um Forschung mit und an Nanobots … um was, bitteschön?“ Vermutlich geht es einer Vielzahl von Lesern so oder so ähnlich beim Einstieg in diesen Roman, was daran liegen dürfte, dass der Autor sich die nötige Zeit nimmt seine aus dem alltäglichen Leben gegriffenen Protagonisten sehr behutsam in den, wie sich im Laufe des Weiterlesens herausstellen wird, großartigen Plot einzuführen und den Kriminalfall und dessen Aufklärung sich erst mit der Zeit entwickeln lässt. Hierdurch ist der Leser immer hautnah bei den Protagonisten und deren aktuellstem Stand der Ermittlungen aber auch an deren Privatleben – im Gegensatz zu sonstigen Ermittlern in Krimis oder Thrillern haben die Hauptpersonen in „Seht ihr es nicht?“ tatsächlich ein solches und sind darüber hinaus auch weit von einem Superhelden-Status entfernt, was sie allesamt recht sympathisch und vertraut wirken lässt.

Natürlich gibt es frühzeitig bereits den rätselhaften Mord an Helena Sartori, ihren Eltern und ihrem Sohn – lediglich ihre jugendliche Tochter, Karina, scheint von dem Massaker verschont geblieben zu sein, ist seither aber spurlos verschwunden. Die Familie hatte sehr abgeschieden gelebt, zudem hatte Helena aus ungeklärten Gründen ihren gut bezahlten und sehr angesehen Job gegen einen viel schlechteren „in the middle of nowhere“ eingetauscht und sich ferner von ihrem Mann, Franz Morell, getrennt. Für den Mord scheint jegliches Motiv zu fehlen – zumindest zunächst. Dann wiederum wird der Leser direkt ins Leben der unangepassten Ermittlerin Philomena „Philli“ Schimmer und ihrer beiden Schwestern Thalia und Nemo und deren Leben hinein geworfen. Die Schwestern gehen gemeinsam zum Friseur, machen gemeinsame Ausflüge mit der Familie oder gehen mit dem Hund der Eltern Gassi. Bei vertrauten Unterhaltungen von Philli mit ihren Schwestern und Kollegen wird einerseits oft philosophiert, andererseits jedoch driftet Schimmers Sprache häufig auch in einen recht vulgären Alltagsslang ab, was allerdings der Rolle der authentischen Kommissarin durchaus angemessen erscheint. Schimmer ist durch einen ehemaligen Fall stark traumatisiert und wurde daraufhin auf ihren Wunsch hin in eine Sondereinheit zum Auffinden vermisster Personen beim österreichischen BKA versetzt. Auf einer zweiten Schiene lernen wir Michael „Michi“ Muster kennen, der die Ermittlungen in diesem Mordfall leiten soll und Schimmer unbedingt zur Aufklärung des Falles mit im Boot haben möchte. Zudem ist er Phillis Ex-Freund, ist mittlerweile aber mit einer anderen Frau verheiratet – allerdings haben die beiden seit geraumer Zeit wieder ein Verhältnis. Er benötigt Schimmers Unterstützung, da er um ihre Gabe weiß, Dinge zu sehen, welche anderen entgehen.

Basierend auf diesem Gerüst, lässt Georg Haderer sprachlich sicherlich eigenwillig, aber gewandt die Aufklärung des Kriminalfalls Stück für Stück reifen. Anfangs gibt es jede Menge Geheimnisse um die Ermordete und fast alle Befragten scheinen etwas zu verbergen oder wichtige Informationen zurückzuhalten. Zusammen mit den Ermittlern (mal sind wir gemeinsam mit Philli, mal mit Michi unterwegs, mal schließen sich die beiden kurz) tappt der Leser im völligen Dunkeln bis sich schließlich das Puzzle zusammensetzt und Licht ins Dunkel kommt - scheinbar. „Seht ihr es nicht?“ lebt weniger von geballter Action als vielmehr von interessanten Beobachtungen und psychologischen Einblicken in die Gefühlslage und Charaktereigenschaften seiner Protagonisten und bleibt durchweg spannend bis hin zum überraschenden Finale.

Fazit: „Seht ihr es nicht?“ ist einerseits ein sicherlich höchst unkonventioneller Kriminalroman, der aber andererseits sehr intelligent und spannend inszeniert wurde. Hat der Leser sich erst einmal an die Sprache gewöhnt und den roten Faden in der Handlung entdeckt, wird er/sie das Buch nicht mehr aus der Hand legen wollen. Angereichert durch die wissenschaftlichen Aspekte ist der Roman auch informativ und Humor und Ironie lässt die Lektüre ebenso wenig vermissen. Auf großartige Weise nimmt Georg Haderer den Leser durchweg auf Augenhöhe mit seinen Protagonisten mit auf eine Kriminalreise voller unerwarteter Wendungen und erlaubt dem Leser gewissermaßen gemeinsam mit den Kommissaren „Philli und Michi“ von nebenan den Fall zu durchleben und zu lösen.

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Veröffentlicht am 03.08.2021

„Und es ward Licht“: Mittels Quantum- und Cluster-Computing zur Mordserie im abgelegenen Kloster L’Archange Michel

Die Gottesmaschine
11

Der Roman „Die Gottesmaschine“ von Reinhard Kleindl ist ein typischer Vertreter des Genres Thriller und lässt sich wohl am besten als eine Mischung von Ideen aus diversen Büchern von Dan Brown mit Elementen ...

Der Roman „Die Gottesmaschine“ von Reinhard Kleindl ist ein typischer Vertreter des Genres Thriller und lässt sich wohl am besten als eine Mischung von Ideen aus diversen Büchern von Dan Brown mit Elementen aus Umberto Ecos „Der Name der Rose“ charakterisieren, ohne aber auch nur an einer einzigen Stelle als billiger Abklatsch seiner Vorlagen zu wirken.

Bereits im Prolog ist die Spannung sehr hoch und der Leser erfährt vom Tode einer bis dahin unbekannten Person im fiktiven Kloster L’Archange Michel. In der Folge schreitet die Handlung dann ein wenig gemächlicher voran, was der umfangreichen Einführung der Protagonisten geschuldet ist: Der von seiner Afrikamission zurückgekehrte Weihbischof Stefano Lombardi möchte seinem Freund Alessandro Badalamenti einen Gefallen bereiten und soll einen Blick auf dessen Zögling, den Mönch Sébastien, werfen. Etwas unbeholfen und tolpatschig irrt Lombardi auf seiner Suche nach Sébastien, der auf einem „Supercomputer“ Rechnungen im Dienste der Wissenschaft anstellt, erst einmal durch das, zugegebenermaßen sehr fortschrittliche, Kloster und erinnert dabei in seiner leicht unbeholfenen Art ein wenig an den Fernsehkommissar Columbo (Trenchcoat dabei durch typische Priesterkleidung ersetzt). Da er bei seinen Irrungen und Wirrungen nun nicht übermäßig erfolgreich scheint und ihm die Mönche ihre Unterstützung weitestgehend versagen, stellt ihm Autor Reinhard Kleindl die sympathische, wenngleich auch etwas undurchsichtige Wissenschaftlerin Samira Amirpour zur Seite, was dem weiteren Verlauf der Geschichte enorm gut tut, insbesondere dadurch, dass Amirpour dem Leser die wissenschaftlichen Zusammenhänge näher bringt. Lombardis Ausführungen hingegen vermitteln dem Leser in kirchlichen Fragen das notwendige Rüstzeug. Dank einer überaus modernen und hilfreichen Smartphone-App des Klosters lassen sich Touren durch die dunklen Labyrinth-artigen Gänge des Klosters leichter durchführen – zumindest manchmal, hin und wieder wird's auch lebensgefährlich. Vermöge dieser App erfährt Lombardi zunächst vom Tod Sébastiens, später entdeckt er zusammen mit Amirpour dann auch dessen Leiche – es wird nicht der letzte Ermordete im Kloster bleiben. Nach und nach lernen wir immer mehr die wichtigsten Charaktere des Romans kennen u. a. Abt Shanti, den kauzigen und schrullige Pater Angelus, den traditionellen Hardliner Pater Philipp, einige weitere Mönche wie beispielsweise Demetrios, Blessings oder den Novizen Weiwei, zwei Computerexperten und den mysteriösen Diener. Viele spannende Wendungen sorgen dafür, dass manch vom Leser als Hauptverdächtiger für die Morde gehaltene Charakter bereits in den Folgekapiteln nicht mehr unter den Lebenden weilt. Speziell im zweiten Teil des Buches nimmt die Handlung nochmals gehörig Fahrt auf und die Handlungssträge verteilen sich auf besagtes Kloster und den Vatikan.

Reinhard Kleindls Schreibstil ist flüssig und recht unkompliziert gehalten, wodurch es ihm, unterstützt durch kurze, mit Cliffhangern endende Kapitel gelingt, die Spannung und das Tempo jederzeit recht hoch zu halten. Trotz kleinerer Ungereimtheiten und Unstimmigkeiten weiß der Roman durchweg zu überzeugen und braucht den eingangs erwähnten Vergleich mit der wohlbekannten Literatur aus der Feder Dan Browns keineswegs zu scheuen. An Umberto Ecos „Der Name der Rose“ reicht der Plot dann sicherlich nicht ran, dazu hätte „Die Gottesmaschine“ aber auch mindestens den doppelten Umfang benötigt, um einerseits die Charaktere der Protagonisten noch besser heraus zu arbeiten und andererseits die Handlungsstränge sich ein wenig besser entfalten zu lassen und sie dann schließlich auch zu Ende zu führen. Nun gibt es aber auch nicht besonders viele Romane, die den Büchern von Umberto Eco standhalten könnten - bei solch einem Vergleich liegt die Messlatte dann natürlich auch schon gehörig hoch. Das im Prinzip sehr interessant gestaltete Cover in Kombination mit dem Titel des Buches mag leicht irreführend sein, da der Leser auf die versprochene „Gottesmaschine“ oder das, was man sich als Leser auch immer darunter vorstellen mag, vergebens wartet.

Fazit: Reinhard Kleindl hat mit seinem Thriller „Die Gottesmaschine“ einen sehr spannenden, interessanten und lehrreichen Roman geschrieben, der mich im Großen und Ganzen sehr überzeugt hat und der sich durchaus auf Augenhöhe mit jenen von Dan Brown befindet. Wissenschaftlich - die Physik wurde dabei sehr schön herausgearbeitet - bleibt das Buch stets einwandfrei, der Konflikt zwischen Kirche und Wissenschaft wird sehr realistisch, glaubwürdig und überzeugend dargestellt. Sehr gut gefällt mir darüber hinaus die versteckte Kritik an den Medien, wenn Teilaussagen aus dem Kontext heraus gepflückt und/oder lediglich auf Überschriften komprimiert werden. Sehr eindrucksvoll wird in „Die Gottesmaschine“ dargelegt, wozu eine solche Polarisierung und Stimmungsmache letzten Endes führen kann. Es bedarf dazu reichlich wenig, um die Welt ins Chaos zu stürzen: Einige falsch interpretierte Meldungen, Stimmungsmacher mit terroristischen Tendenzen und eine etwas unzufriedene und orientierungslose Menschenmasse, die sich leicht beeinflussen lässt reichen als Ingredienzien. Unterm Strich ist „Die Gottesmaschine“ ein sehr überzeugender Thriller, bei dem der Plot recht gelungen ist und dessen Spannungslevel nie nachlässt.

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  • Spannung
Veröffentlicht am 26.04.2021

Festgefahrene Seele wird „wach geküsst“ und entdeckt sich wieder

Und dann war es Liebe
11

Der wohl für das Genre etwas untypische Liebesroman „Und dann war es Liebe“ von Lorraine Brown beginnt mit einer nahezu alltäglichen Story. Die etwas tollpatschige Hannah und ihr selbstbewusster Freund ...

Der wohl für das Genre etwas untypische Liebesroman „Und dann war es Liebe“ von Lorraine Brown beginnt mit einer nahezu alltäglichen Story. Die etwas tollpatschige Hannah und ihr selbstbewusster Freund Simon irren durch den überfüllten Bahnhof in Venedig, um den Nachtzug nach Amsterdam gerade noch zu erwischen. Dabei fehlen bei der detaillierten Beschreibung weder die mit Stadtplänen hantierenden Gruppen von Touristen, die den Weg versperren, noch das für solche Aktionen immer etwas zu unhandliche und sperrige Gepäck, das man mit sich führt. Kaum im Zug angelangt, müssen die beiden feststellen, dass das von Simon gebuchte, romantische Erste-Klasse-Schlafabteil doppelt vergeben wurde und sie sich neue Plätze im Zug suchen müssen, die sie schließlich auch finden. Während Simon, der innerhalb der Beziehung durch seine dominante Art stets fürs Organisieren zuständig ist, schläft, sucht sich Hannah einen bequemeren Platz einige Waggons weiter im Zug. Es kommt, wie es kommen muss: Unbemerkt wird der Zug unterwegs getrennt, Simon sitzt in dem Zugteil nach Amsterdam, Hannah in jenem nach Paris. Hierzu sowie zur Beschreibung der Entwicklung, die Hannah mit dem Gang der Geschichte durchlaufen wird, trifft meines Erachtens der englische Originaltitel „Uncoupling“ (zusammen mit seinem Cover) in seiner doppelten Bedeutung das Geschehen weitaus passender als sein deutsches Pendant.
Bereits im Zug, insbesondere aber auf den Bahnhöfen in Paris läuft Hannah dem anfangs etwas nervig wirkenden Léo immer wieder aufs neue über den Weg. Da die Weiterfahrt nach Amsterdam erst viele Stunden später möglich ist und Léo sich bestens in Paris auskennt, versucht er Hannah zu einer Besichtigungstour durch Paris zu überreden, was ihm dann schließlich auch gelingt. Der Leser darf die beiden beim Besuch diverser Sehenswürdigkeiten begleiten, mit ihnen zusammen verschiedene Pariser Köstlichkeiten genießen und bekommt einen realistischen Eindruck von der Atmosphäre und vom Lebensgefühl in Paris. Ob die beiden nun bei der Stadtrundfahrt tatsächlich zueinander finden und romantische Gefühle füreinander entwickeln oder ob Hannah durch die Gespräche zwischen den beiden wichtige Schlüsse zur Verbesserung ihrer Zukunft mit Simon gewinnt … ja, wer weiß das schon – eine Antwort darauf sollte an dieser Stelle natürlich offen bleiben.

Sehr flüssig und einfühlsam, wie auch mit einem leicht ironischen Humor lässt Lorraine Brown gekonnt ihre Charaktere sich durch den Roman bewegen, was den Leser an vielen Stellen des Buches sowohl zum emotionalen Mitfiebern als auch zum Schmunzeln verleitet. Nicht nur die Protagonisten Hannah, Léo und Simon, sondern auch die Nebencharaktere wie beispielsweise Hannahs Mutter oder Simons Schwester Catherine durchlaufen dabei eine wichtige und interessante Entwicklung. Die Geschichte entwickelt sich sehr geschickt aus einer Verknüpfung von alltäglichen Situationen, wie sie jeder Leser auf die eine oder andere Weise selbst schon erlebt hat und gibt ihm somit das Gefühl sich jederzeit in das Geschehen und die Charaktere unmittelbar hinein versetzen zu können. Sehr unaufdringlich vermittelt Lorraine Brown dem Leser aber darüber hinaus die Botschaft, über das Gelesene ein wenig zu reflektieren und sich darüber Gedanken zu machen, ob sich in der eigenen Beziehung fälschlicherweise vielleicht nicht einige Muster zu viel eingeschlichen und festgefahren haben, ob man sich gegenseitig immer auf Augenhöhe begegnet und an welcher Stelle möglicherweise Optimierungsbedarf bestehen könnte – sei es, dass wir uns manchmal zu kontrolliert und zu dominant verhalten oder andererseits zu wenig selbstbewusst sind, uns zu sehr anpassen, unser Leben vielleicht zu sehr aus der Hand geben oder dem Partner immer nur entsprechen wollen.

Das künstlerisch gestaltete Cover des Buches stellt ein sich küssendes Paar vor der Kulisse von Paris dar; gleichsam dem deutschen Titel des Buches, muss der Leser allerdings lange, genau genommen bis zum Ende des Romans ausharren, bis sich dem Leser die Implikationen von Cover und Titel erschließen. Hierdurch wird der Spannungsbogen der Geschichte aber durchaus zusätzlich noch einmal gesteigert. Einige wenige, kleinere Unstimmigkeiten in der Handlung mögen manch einem Leser missfallen, haben mir persönlich aber keinerlei Probleme bereitet.

Fazit: „Und dann war es Liebe“ mag vielleicht kein typischer Liebesroman sein, stellt aber eine wunderschöne, packende und sehr unterhaltsame Geschichte mit einem interessanten Showdown und einem romantischen Happyend dar, die durch die Entwicklung seiner Protagonisten den Leser ganz ungezwungen durchaus zum Nachdenken inspiriert. Dabei bleiben einige emotionale Fragen offen, die den Leser dazu verleiten, Antworten darauf sich im eigenen Kopfkino auszumalen und die den Wunsch nach einer Fortsetzung der Geschichte hegen. Für meinen Geschmack hat Lorraine Brown in ihrem überzeugenden Erstlingswerk wirklich alles richtig gemacht: Ein tolles Buch, welches seinen Leser vom Anfang bis zum Ende in seinen Bann zieht.

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Veröffentlicht am 15.05.2022

Jazz-Variante der bekannten Kindergeschichte

Peterchens Mondfahrt
3

Klappenetxt: »Sumsemann hieß der dicke Maikäfer, der im Frühling auf einer Kastanie im Garten von Peterchens und Annelieses Eltern hauste, nicht weit von der großen Wiese mit den vielen Sternblumen ...« ...

Klappenetxt: »Sumsemann hieß der dicke Maikäfer, der im Frühling auf einer Kastanie im Garten von Peterchens und Annelieses Eltern hauste, nicht weit von der großen Wiese mit den vielen Sternblumen ...« – So beginnt die phantastische Geschichte des berühmten kleinen Maikäfers, der sich mit Hilfe zweier Kinder auf eine abenteuerliche Reise begibt, um sein verlorenes sechstes Beinchen wiederzuholen.
Diesen Klassiker der deutschen Kinderliteratur haben Vibraphonist Volker Heuken mit seiner Band und Schauspieler Stefan Kaminsky behutsam adaptiert, verjüngt und das geschriebene Wort in ganz neuer Interpretation zum jazzigen Hörerlebnis gemacht. »Fly me to the moon« summt die Nachtfee, und Musik und gelebte Sprache vermischen sich zu etwas Neuem, Ungehörtem: Einem zeitlos musikalisch-literarischen Cross-Over, das zum Phantasieren und Mitreisen einlädt.

Die „Jazz für Kids“-Variante von Gerdt von Bassewitz‘ „Peterchens Mondfahrt“ ist eine recht interessante und moderne Variante seiner Ursprungsfassung, kindergerecht aufbereitet und wunderbar mit einfacher Jazz-Musik untermalt. Die Fassung scheint im Vergleich zum Original ein wenig gekürzt, aber alle Elemente rund um den dicken, Geige-spielenden Maikäfer Sumsemann und die braven Kinder Peterchen und Anneliese, das Sandmännchen, die Milchstraße, den großen Bären, die Nachtfee, den Mondmann und alle anderen wichtigen Charaktere sind wunderbar inszeniert.

Mir persönlich hat die hier vorgestellte Variante sehr gut gefallen. Für meine Kinder im besten Teenageralter kommt diese Fassung leider ein wenig zu spät, aber für Kinder bis 8-9 Jahre findet man hier eine ideale Gelegenheit, Kinder dieses Alters mit einer spannenden Geschichte an Jazz-Musik ein wenig heran zu führen und damit vertraut zu machen … und auch für uns Eltern ist es durchaus, beispielsweise bei etwas längeren Autofahrten, mithörbar, wie unser Maikäfer Sumsemann sein seit Generation fehlendes 6. Beinchen wieder zurückbekommt. Darüber hinaus ist das Hörbuch großartig vom deutscher Schauspieler Stefan Kaminsky gesprochen und auch das Buchcover ist grandios gestaltet. Zusätzlich zur überzeugenden musikalischen Untermalung wird auch die Geräuschkulisse recht gut eingesetzt.

Und zuletzt, unbedingt nochmal nachzählen, ob nun auch alle Beinchen wieder dran sind, bevor unser lieber Herr Sunsemann nach seiner Rückkehr von der Mondfahrt - dieses Mal hoffentlich ohne Schnaps zu trinken - weit, weit fort fliegt.

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Veröffentlicht am 11.04.2022

So wird in der modernen Biologie Leben definiert

Was ist Leben?
5

Mit „Was ist Leben?: Die fünf Antworten der Biologie“ hat Paul Nurse ein wunderbares Buch über das Leben oder genauer gesagt darüber, was er darunter versteht, geschrieben. Und mal ganz ehrlich, wer sollte ...

Mit „Was ist Leben?: Die fünf Antworten der Biologie“ hat Paul Nurse ein wunderbares Buch über das Leben oder genauer gesagt darüber, was er darunter versteht, geschrieben. Und mal ganz ehrlich, wer sollte es denn besser wissen, als er, der sogar Nobelpreisträger auf diesem Gebiet ist.

Klappentext: Was ist Leben? Und was bedeutet die Antwort auf diese Frage für die Herausforderungen, denen sich die Menschheit heute gegenübersieht – Klimawandel, Pandemien und Artensterben? Paul Nurse erhielt den Nobelpreis dafür, gezeigt zu haben, wie lebende Zellen funktionieren. In seinem so klar wie elegant verfassten Buch synthetisiert er auf wenigen Seiten sämtliches Wissen darüber, was es heißt, am Leben zu sein. Schritt für Schritt erläutert Nurse die fünf revolutionären Ideen, die der Biologie zugrunde liegen – die Zelle, das Gen, Evolution durch natürliche Selektion, das Leben als Chemie und das Leben als Information.

Der Klappentext gibt dem Leser bereits einen hervorragenden Überblick, um was es im Einzelnen in diesem insgesamt eher kurz gehaltenen Buch geht, in erster Linie also um Zellen, Gene und Evolution. Insgesamt ist das Buch ganz nett geschrieben, an manchen Stellen gehen mir die vermittelten Kenntnisse als Wissenschaftler allerdings nicht tief genug, an anderen fühle ich mich wiederum als der Biologie Fach-fremdem Forscher auch ein wenig überfordert. Im Mittel scheint somit also alles wiederum sehr gut zu stimmen. Am meisten begeistern mich aber die kleinen Anekdoten, die Nurse einfach mal so am Rande erzählt, wie beispielsweise seine Erfahrungen seiner eigenen Studenten-, Doktoranden- oder Post-Doc-Zeit. Hier dürften bei jedem Naturwissenschaftler eigene Erfahrungen wieder erwachen und man ließt diese Abschnitte mit Begeisterung und mehr als einem Schmunzeln auf den Lippen: Aha, selbst solchen beeindruckenden Größen auf ihrem Gebiet erging es so! Besonders interessant finde ich zudem, dass man zum Herausarbeiten, was vielen Lebewesen in den Zelleigenschaften gemeinsam ist, so weit zurückgeht, dass sich als repräsentatives Beispiel die Hefe ergibt – sie taugt also zu weit mehr als nur fürs Bier oder den Kuchen. Und ganz offensichtlich hat das auch bestens funktioniert, wie die Arbeiten und Ergebnisse von Paul Nurse eindrucksvoll beweisen.
Insgesamt also ein sehr interessant, spaßig und lehrreich geschriebenes Buch, das für jeden, der sich dieser Thematik ein wenig fundierter widmen möchte, hilfreich und unterhaltsam sein dürfte. In der Hörbuchvariante wird das Buch im Übrigen sehr eindrucksvoll von Stefan Nass gesprochen.

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