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Veröffentlicht am 09.11.2021

Die Geschichte von Citra und Rowan geht weiter ...

Scythe – Der Zorn der Gerechten
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"Das war es, was die anderen Scythe nicht verstehen konnten. Sie waren so konzentriert auf den Akt des Tötens, dass sie nicht begriffen, was den Akt des Sterbens ausmachte."

"Scythe - Der Zorn der Gerechten" ...

"Das war es, was die anderen Scythe nicht verstehen konnten. Sie waren so konzentriert auf den Akt des Tötens, dass sie nicht begriffen, was den Akt des Sterbens ausmachte."

"Scythe - Der Zorn der Gerechten" ist der zweite Band der dystopischen Scythe-Trilogie von dem amerikanischen Autor Neal Shusterman. Nach dem fantastischen Ende vom ersten Teil war ich schon sehr gespannt wie die Geschichte von Citra und Rowan weitergehen wird. Zu Beginn war ich etwas enttäuscht von der Fortsetzung, das Ende war aber so überraschend und hat bei mir eingeschlagen wie eine Bombe, so dass ich am Ende doch wieder begeistert war.

Inhalt: Nachdem aus Rowan der dunkle und gefürchtete Scythe "Luzifer" wurde, ist das gesamt Scythetum hinter ihm her. Während Rowan es sich zur Aufgabe gesetzt hat, die Scythe, die ihre Macht missbrauchen, auszulöschen, versucht Citra die Scythe der neuen Ordnung mittels Vernunft und Politik in die richtige Richtung zu lenken. Somit stehen Rowan und Citra nun auf unterschiedlichen Seiten, obwohl ihr Herz eigentlich im Gleichtakt schlägt.
Die künstliche Intelligenz, "Der Thunderhead", weiß, dass sich die Welt dem Abgrund zuneigt, doch darf er sich nicht in die Angelegenheiten der Scythe einmischen. Der Zukunft der Welt droht eine dunkle Bedrohung, doch kann diese überhaupt noch verhindert werden?

Cover und Design: Das Cover des zweiten Bandes passt sehr gut zum Inhalt der Geschichte. Wir sehen Rowan und Citra, die zwar beide in verschiedene Richtungen blicken, aber doch gemeinsam gegen eine flammende Bedrohung im Hintergrund beisammen stehen. Mir gefallen die Cover der Taschenbücher sehr viel besser als die der Hardcover, weil darin viel mehr Bedeutung ersichtlich ist und ich bin sehr froh, dass der Verlag für die Neuauflage der Taschenbücher das original-amerikanische Design gewählt hat.

Meine Meinung: Die Fortsetzung von Scythe beginnt ungefähr ein dreiviertel Jahr nach dem Ende des ersten Bandes. Rowan macht als schwarzer Scythe "Luzifer" seinem Wahlnamen alle Ehre und beendet das Leben vieler machtmissbrauchender Scythe, während Citra sich mittlerweile in das Leben und den Aufgaben als Scythe "Anastasia" eingefügt hat. Doch wie bereits im ersten Teil aufgebaut, nimmt die Geschichte einen politischen Lauf, der die Grenzen zwischen Gut und Böse stark verschwimmen lässt. Wenn das Leben zwischen Schwarz und Weiß aufgeteilt werden muss, dann befindet sich dieses Buch ganz klar in der Kategorie Grau, denn obwohl Rowans Wege falsch sind, kann man ihn total verstehen und feiert ihn sogar für seine Taten. Der Autor manipuliert den Leser gekonnt, so dass die Grenze zwischen Richtig und Falsch ständig verschwimmt. Ganz klar im Vordergrund: der Fanatismus. Fanatismus ist immer gefährlich, egal in welche Richtung und auch in Scythe spielt das eine große Rolle. Über all diesen moralischen Themen, steht die künstliche Intelligenz "Der Thunderhead" der vor etlicher Zeit von der Menschheit erschaffen wurde und für die Regierung der Welt auserkoren wurde. Das Thema künstliche Intelligenz finde ich sehr interessant. Normalerweise artet die "KI" irgendwann ins negative aus, hier wird der "Thunderhead" aber als neutrale Intelligenz dargestellt, das die Welt systematisch, logisch und ohne Ungerechtigkeiten jeglicher Art oder aufkeimenden Größenwahn regiert.

Das Buch ist sehr ähnlich aufgebaut wie der erste Band der Reihe, doch anstatt Tagebuchauszüge berühmter Scythe, gibt es hier vor jedem Kapitel eine Nachricht bzw. Erklärungen des Thunderheads zu lesen. Diese Nachrichten fand ich unglaublich interessant und sie haben sehr viel dazu beigetragen die Vergangenheit und den Aufbau der Welt und das System des Scythetums besser zu verstehen. Mir haben die Gedanken des Thunderheads noch viel mehr zugesagt als die Tagebuchauszüge und man bekommt einen sehr viel besseren Einblick und Verständnis für die dystopische Welt der Scythe.

Leider muss ich sagen, dass mich die Fortsetzung zu Beginn doch sehr enttäuscht hat. Nach dem unglaublichen Ende des ersten Bandes war ich schon sehr gespannt, wie die Geschichte, vor allem rund um Rowan, weitergehen wird. Doch vor allem Rowans Teil hat mich enttäuscht, weil sich die Geschichte in eine andere Richtung gedreht hat und Rowan eher in den Hintergrund geraten ist. Dafür tritt ein neuer Protagonist ins Bild, mit dem ich zwar zu Beginn nicht unbedingt viel anfangen konnte, der im Verlauf der Story aber langsam immer präsenter wurde. Irgendwann habe ich dann bemerkt wie wichtig mir dieser Charakter geworden ist und dass er sich langsam einen Platz in mein Herz geschlichen hat. Ich bin schon sehr gespannt, wo sein Platz im Finale stehen wird. Ich bin mir sicher, dass er noch eine prägende Rolle spielen wird.

Was mir sehr gut gefallen hat, war, dass die Liebesgeschichte zwischen Rowan und Citra in den Hintergrund gerückt ist und anstatt Liebe tiefe Freundschaft und Loyalität spürbar war. Das hat mir sehr viel besser gefallen als die seichte Lovestory aus dem ersten Band weil diese düstere Dystopie sehr viel besser ohne diese Liebestudelei auskommt und dadurch auch viel glaubhafter und noch bedrohlicher wird.

Auch wenn das Buch zwischendurch seine Längen hatte, war das Ende wieder absolut bombastisch. Es war unvorhergesehen, schockierend und unglaublich spannend. Auch wenn alles auf einen bestimmten Punkt hinausläuft, war die Umsetzung dieses Punktes absolut unglaublich. Der Autor hat wieder einmal mit allen Klischees aufgeräumt und das Buch so enden lassen, wie es keiner erwarten würde. Dabei darf natürlich ein gemeiner Cliffhänger nicht fehlen.

Auch wenn meine sehr hohen Erwartungen zum Teil nicht erfüllt wurden und langatmige Szenen die Mitte füllten, hat das Ende das Buch doch wieder zu einem kleinen Highlight werden lassen und ich kann es wirklich jedem Sci-Fi und Dystopie-Fan empfehlen.
Hat es mir besser gefallen als der erste Band? - Schwierig zu sagen. In der Mitte des Buches hätte ich definitiv Nein gesagt, weil es da für mich doch einen starken Abstieg zum ersten Band gab, nach diesem Ende aber, das mich noch lange nach Beenden des Buches beschäftigt, kann ich kein klares Nein mehr äußern.
Natürlich muss Band Drei so schnell wie möglich her, denn dieses Ende kann man nicht einfach so auf sich sitzen lassen. Ich erwarte mir dafür sehr viel Dramatisches und Weltbewegendes - da der Autor ein Händchen für erstklassige Enden hat, freue ich mich auf ein fulminantes Finale.

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Veröffentlicht am 28.10.2021

Eine düstere High-Fantasy-Story, die mich sehr positiv überrascht hat ...

Schattenwanderer
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"Schatten bedeutet Leben, Freiheit, Geld, Macht und Ehre."

"Schattenwanderer" ist der erste Band der "Chroniken von Siala" vom russischen Fantasy-Autor Alexey Pehov. Ich habe bisher noch nichts von der ...

"Schatten bedeutet Leben, Freiheit, Geld, Macht und Ehre."

"Schattenwanderer" ist der erste Band der "Chroniken von Siala" vom russischen Fantasy-Autor Alexey Pehov. Ich habe bisher noch nichts von der Reihe gehört, umso überraschter war ich als ich erfuhr, wie viele Bände und Geschichten der Autor in dieser Fantasy-Welt geschrieben hat. Und was für eine Fantasy-Welt das ist - High-Fantasy vom Feinsten mit allen erdenklichen Wesen und Geschöpfen, Krieg, Intrigen, mächtigen Herrschern, Magie und Dämonen. Ich war auf jeden Fall sehr positiv überrascht von der Geschichte, auch wenn es zwischendurch auch kleine Längen gab.

Inhalt: Garret ist ein Dieb und zwar ein Meister seines Fachs,. Seine Welt sind die Schatten, doch als der König selbst ihn in Auftrag nimmt ein Artefakt zu stehlen, drohen die Schatten Garret plötzlich zu verschlingen. Denn dieses Artefakt befindet sich im fernen Hrad Spine. Ein verfluchter Ort, in dem vor vielen Jahren die Völker Sialas ihre Toten bestatteten. Und während Garret sich mit einigen Gefährten auf eine gefährliche Wanderschaft zu den verfluchten Katakomben begibt, droht dem Land nach Jahrhunderten des Friedens Krieg und ein namenloser Schrecken erwacht.

Cover und Design: Obwohl das Buch bereits 2012 erschienen ist, finde ich das Cover des Taschenbuches noch immer sehr ansprechend. Der verhüllte Mann am Titelbild spiegelt den Charakter von unserem Protagonisten sehr gut wieder und auch wenn die Schriftart des Titels ein bisschen aus der Mode ist, finde ich sie doch sehr passend für diese High-Fantasy-Geschichte.
Das einzige was ich schmerzlich vermisst habe, war eine Karte von Siala. Da diese Fantasy-Welt wirklich sehr ausführlich und detailreich gestaltet ist, mit jede Menge Königreichen, Gebirgen, Flüssen, Städten und Co und diese Gebiete eine große Rolle im Buch spielen, wäre eine Karte wirklich sehr sehr hilfreich gewesen. Nicht einmal im Internet habe ich eine brauchbar illustrierte Karte gefunden, was mich bei dieser umfangreichen Story doch sehr wundert.

Meine Meinung: Auf Empfehlung meines Freunds habe ich zu "Schattenwanderer" gegriffen, obwohl ich zuvor noch nichts vom Autor oder seinen Büchern gehört habe und ich muss sagen, dass mich Alexey Pehov wirklich sehr positiv überrascht hat. Er hat mit Siala eine fantastische und sehr umfangreiche High-Fantasy-Welt geschaffen. Es gibt wirklich alles was ein Fantasy-Herz begehrt: Zauberer, Elfen, Orks, Kobolde, Zwerge, Oger ... Doch trotz der klischeelastigen Fantasy-Völker hat es der Autor geschafft, seinen persönlichen Stil in die Story und seine Geschöpfe einzubringen. Die Elfen werden z.B. nicht, wie sonst immer, als anmutiges, perfektes Volk beschrieben, sondern völlig anders, beinahe hässlich. Die Zwerge unterscheiden sich nur anhand des nicht vorhandenen Barts von ihren Verwandten den Gnomen und die Schamanen der Orks wirken die mächtigsten Zauber. Spätestens ab der völlig anderen Beschreibung des Elfenvolks hatte der Autor meine volle Aufmerksamkeit und ich bin begeistert von Siala und seinen vielseitigen Geschöpfen.

Die Geschichte ist Großteils aus der Ich-Perspektive vom Meisterdieb Garret geschrieben, zwischendurch blicken wir aber auch in die Vergangenheit. Garret ist zwar schon ein etwas älterer Protagonist, trotzdem war er mir auf Anhieb sympathisch mit seiner "Coolness". Als Meisterdieb der Schatten hat man vermutlich schon sehr viel erlebt, darum lässt ihn vieles kalt und Probleme löst er sachlich und strategisch. Ein trockener Humor ist zwischen den Seiten versteckt, der mir des Öfteren ein Schmunzeln ins Gesicht zauberte.
Doch das Buch glänzt auch durch bemerkenswerte Nebencharaktere. Garrets Gefährten sind nämlich trotz einer relativ hohen Zahl keine 08/15-Statisten, sondern weisen sehr unterschiedliche und einzigartige Merkmale auf, die sie sofort voneinander unterscheiden. Der Zwerg Deler und sein ewiger Nebenbuhle der Gnom Hallas haben sich mit ihrem Gezanke sofort in mein Herz geschlichen und auch wenn der Kobold Kli-Kli als Hofnarr zuerst einfach nur total nervig ist, steckt viel mehr in ihm, als man zuerst erahnt. Natürlich kennt man noch nicht alle Gefährten in und auswendig, aber es wurde schon mal der Leitstein für Herzens-Charaktere geschaffen.

Mit "Schattenwanderer" beginnt das Abenteuer von Garret und man wird direkt in die Geschichte eingesogen. Es dauert zwar ein bisschen bis man sich in der komplexen Welt und seiner politischen Situation zurechtfindet, dann lohnt sich die Geschichte aber wirklich. An Spannung, Raffinesse und Fantasie mangelt es auf jeden Fall nicht und ich war beeindruckt von den fesselnden Kampfszenen. Der Verlauf der Story hat mich auch sehr positiv überrascht und nimmt einige sehr interessante Aspekte an, besonders in Bezug auf den Protagonisten Garret. Ich bin wirklich schon sehr gespannt auf die Folgeteile und wie sich die Story und unser "Schattentänzer" noch entwickeln wird. Am Ende des ersten Bandes merkt man bereits, dass der Autor keine Hemmungen gegenüber seinen Charakteren hat, deshalb bin ich mir ziemlich sicher, dass die nächsten Bände noch sehr viel besser werden.

Eine fantastische Welt mit einer sehr interessanten Story zum Miträtseln und spannenden und fesselnden Kampfszenen. Wer romantische Liebesszenen sucht, ist hier fehlt am Platz - wer düstere High-Fantasy-Geschichten inklusiver Kriegsszenen liebt, genau richtig. Ich kann den Auftakt zu den "Chroniken von Siala" auf jeden Fall empfehlen.

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Veröffentlicht am 22.10.2021

Die Medizin im Mittelalter - Wissen vs. Glaube ...

Der Medicus
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"Herrscher kommen und gehen, aber die Welt wird immer Ärzte brauchen."

"Der Medicus" ist der Auftakt einer historischen Mittelalter-Reihe vom amerikanischen Erfolgsautor Noah Gordon. "Der Medicus" zählt ...

"Herrscher kommen und gehen, aber die Welt wird immer Ärzte brauchen."

"Der Medicus" ist der Auftakt einer historischen Mittelalter-Reihe vom amerikanischen Erfolgsautor Noah Gordon. "Der Medicus" zählt bereits heute zu den Klassikern unter den historischen Romanen und wurde sogar verfilmt. Ich kann den Hype darum völlig nachvollziehen, da der Roman gefüllt ist mit medizinischem Wissen und geschichtlichen Details. Glaube oder Wissen - im Mittelalter eine tödliche Frage.

Inhalt: Der Engländer Rob Jeremy Cole ist 9 Jahre alt als er in kürzester Zeit beide Elternteile verliert und von einem Badechirurgen als Lehrling aufgenommen wird. Schnell merkt Rob, dass die Heilkunst nicht nur sein Beruf, sondern auch seine Berufung ist. Im rückschrittlichen England, im Jahre 1021, ist die Medizin noch ein unerforschtes Pflaster und so macht er sich auf die lange und beschwerliche Reise ins ferne Persien um dort vom berühmtesten aller Ärzte, dem großen Ibn-Sina, in der Medizin unterrichtet zu werden.

Cover und Design: Das Design des Taschenbuches finde ich für einen historischen Roman sehr ansprechend. Das Cover ist schlicht, aber sticht sofort ins Auge. Man kann auf Anhieb erkennen, dass es sich um einen Mittelalter-Roman handelt und durch den Titel und den Hermes-Stab weiß man sofort, dass die Medizin eine große Rolle spielen wird. Einzig mit der kleinen Eidechse neben dem Buch kann ich nicht wirklich was anfangen. Ich weiß auch nicht wirklich, welchen Bezug die Eidechse zu der Geschichte haben soll.
Eine kleine Anregung: Da sich Rob unser Protagonist auf eine lange und beschwerliche Reise quer durch Europa und den nahen Osten begibt, wäre eine Karte über seine Reiseroute sehr hilfreich und ein zusätzliches Schmankerl gewesen.

Meine Meinung: "Der Medicus" - ein Titel, den jeder Fan von historischen Romanen zumindest schon gehört hat. Ich habe mich nun auch endlich an den Klassiker gewagt und ich kann endlich verstehen, warum dieses Buch so einen Hype ausgelöst hat. Das Buch ist nicht nur reich von mittelalterlicher Geschichte, sondern auch voller Glaubens- und Moral-Fragen. Glaube oder Wissenschaft - im Mittelalter zwei große Themen, die in der dunkelsten Zeit beinahe nicht miteinander kombinierbar sind. Ein Bader, der in der Heilkunst zu sehr bewandert war oder ein Heiler, dessen Patienten kurz nach der Behandlung starben, drohte Verfolgung und ein grauenhafter Tod. Europa ist geprägt von Inquisitionen und Hexenverfolgungen, eine Zeit in dem der nahe Osten sehr viel fortgeschrittener war als die Christen des mittelalterlichen Europas. Unser Protagonist Rob begibt sich auf eine sehr lange, beschwerliche Reise nach Persien um dort mehr Wissen über die Heilkunst zu erlangen und in der berühmten Universität Isfahans Medizin zu studieren. Da dies Anhänger des katholischen Glaubens aber verboten ist, gibt er sich fortan als Jude aus. Der Drang zu mehr Wissen ist seine Bestimmung, auch wenn er dafür jeden Tag fürchten muss als falscher Jude entdeckt und hingerichtet zu werden.
Der Roman ist in fünf große Teile aufgeteilt. Jeder Teil behandelt einen wichtigen Abschnitt aus Robs Leben. Wir begleiten Rob von Kindesbeinen an, erleben wir er zu einem jungen Erwachsenen heranreift, sich verliebt, in den Jahren an Wissen anhäuft und schließlich als promovierter Medicus nach England zurückkehrt. Dabei müssen wir mehrmals um sein Leben fürchten, denn das Leben im Mittelalter war geprägt von Krieg, Ungerechtigkeiten, Krankheit und Tod. Besonders für einen halbstarken Jugendlichen wie Rob, dessen Wissensdurst größer ist, als sein Zugehörigkeitsgefühl zu Land und Glaube. Im Buch wurde nichts verschönert, das dunkle Mittelalter wurde detailgetreu und richtig dargestellt, inklusiver religiöser Fanatiker, der alles verschlingenden Pest, hungernder Armut und mächtigen Herrschern. Wie schnell ein Mensch von Anerkennung in Ungnade fallen kann, muss Rob am eigenen Leibe erfahren, ebenso das Glück und Leid einer großen Liebe.
Was an dem Buch wirklich besonders ist, ist die wundervolle Darstellung des in diesem Zeitalter sehr fortschrittlichen Persien. Die orientalische Stadt Isafahan mit seinem Reichtum wurde so bildhaft und detailreich beschrieben, dass ich mich beim Lesen wirklich dort befunden habe. Ich habe gemeinsam mit Rob an der medizinischen Universität der Wissenschaften studiert und habe mit ihm gelitten und gelacht. Die Geschichte der Medizin ist ein großes Thema, das ich unglaublich interessant finde, und dieses Thema wurde vom Autor wunderbar in den Roman eingewoben. Immer wieder gibt es wissenschaftliche und medizinische Details, die wir heute nur auf Grund dieser Ärzte der damaligen Zeit als selbstverständlich sehen. Die Erforschung von Krankheit und das Wissen um die Funktion des menschlichen Körpers sind Themen, die in der Antike zwar schon erforscht wurden, im Mittelalter durch die Religion aber wieder ins Dunkle gerieten. Wissen, das wir bereits hatten wurde wieder vergessen und umso interessanter fand ich die Gegenüberstellung von Glaube und Wissenschaft in diesem Roman.

Wem die Medizin nicht interessiert und nur auf der Suche nach einem unterhaltsamen, historischen Roman ist, der sollte dieses Buch auf keinen Fall lesen, denn die Story ist gefüllt mit medizinischen und wissenschaftlichen Details. Für Interessenten dieser Themen ist "Der Medicus" aber ein Meisterwerk. Ich habe sehr viel Wissen daraus mitgenommen, nicht nur im Bereich der Medizin sondern auch über die Geschichte und Kultur des mittelalterlichen Persiens, heute Iran. Ein Ort mit einerseits märchenhaften Reichtum und fortschrittlichen Wissenschaften, andererseits aber auch ein Ort, bei dem ein mächtiger Schah über Gnade und Ungnade herrscht. Das Buch hatte zwischendurch zwar kleine Längen, es zählt aber zu den informativsten historischen Romanen, die ich je gelesen habe.
Eine historische Geschichte, die trotz der wissenschaftlichen Themen abenteuerlich und faszinierend ist. Sehr lesenswert für alle wissensdurstigen Fans von mittelalterlichen Romanen.

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Veröffentlicht am 26.09.2021

Gelungene, düstere Dystopie mit vielen ethischen Fragen und einzigartigen Plottwists ...

Scythe – Die Hüter des Todes
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"Hoffnung im Schatten von Angst ist die stärkste Motivation auf der Welt."

"Scythe - Die Hüter des Todes" ist der erste Band und somit der Auftakt zur "Scythe"-Trilogie vom amerikanischen Erfolgsautor ...

"Hoffnung im Schatten von Angst ist die stärkste Motivation auf der Welt."

"Scythe - Die Hüter des Todes" ist der erste Band und somit der Auftakt zur "Scythe"-Trilogie vom amerikanischen Erfolgsautor Neal Shusterman. Die Reihe steht schon länger auf meiner Want-To-Read-Liste und hat mich definitiv nicht enttäuscht, auch wenn ich mich an den Schreibstil des Autors erst gewöhnen musste.

Inhalt: Citra und Rowan haben nicht viel gemeinsam, außer Eines: Sie wurden von einem der berühmtesten Scythe der Welt als Lehrlinge ausgewählt. Die Scythe sind in einer scheinbar perfekten Welt, in der die Bevölkerung bereits alle Ziele und somit die Unsterblichkeit erreicht hat, die Hüter des Todes. Denn auch wenn Krankheit, Armut und Hunger besiegt wurden und die Menschheit praktisch nicht sterben kann, so muss die Bevölkerung doch auf einem bestimmten Stand bleiben, damit sich die Erde nicht überbevölkert. Die Scythe sorgen dafür, dass willkürlich Menschen für den Tod auserwählt werden. Doch nicht alle Scythe halten sich noch an die uralten Regeln der Gilde und Citra und Rowan stehen vor der größten Entscheidung ihres Lebens.

Cover und Design: Das Cover des broschierten Taschenbuchs ist einfach und modern gehalten, hat aber dennoch eine bedrückende Stimmung. Am Vordergrund ist ein Scythe mit roten Umhang und dem Sensensymbol zu sehen. Die Sense und Figur haben zum Teil auch eine abstrakte Wirkung, die ich sehr ansprechend finde. Der Titel des Buches hätte gerne auch fühlbar hervorgehoben werden können. Insgesamt erinnert mich das Buch stark an ein Computerspiel, weshalb ich es für so eine düstere Dystopie eher mäßig gut gewählt finde.

Meine Meinung: Die Geschichte rund um die Hüter des Todes hat mir sehr gut gefallen, vor allem weil es mal etwas völlig Anderes war und auch völlig anders endete. An den Schreibstil des Autors musste ich mich aber erst gewöhnen. Neal Shusterman hat zwar ein Talent dafür die Geschichte richtig spannend werden zu lassen, jedoch springt er innerhalb eines Kapitels von einer Erzählperspektive in die Nächste. Zuerst erleben wir die Geschichte aus der Sicht von Citra, wenige Zeilen später dann aus Rowans Perspektive. Dieses switchen war für mich sehr anstrengend, weil ich dafür doppelt Konzentration brauchte und bis zum Schluss habe ich mich noch nicht ganz daran gewöhnt. Ansonsten war der Schreibstil aber leicht verständlich und sehr spannend.

Der Einstieg in die dystopische Zukunfts-Welt ist mir sehr leicht gefallen. Der Autor hat eine leicht verständliche und gut beschriebene Einführung in die Welt der Scythe geschaffen und nach wenigen Kapiteln ist man schon mitten im Geschehen. Wir befinden uns in einer dystopischen Zukunft, in der die Bevölkerung mittels Technologie den Tod besiegt hat. Krankheiten, Altersschwäche, Armut und Hunger wurden ausgelöscht und die Menschen können praktisch nicht mehr sterben. Wenn sie ein gewisses Alter erreicht haben, können sie sich "resetten" und auf z.B. 30 Jahre rückführen lassen. Bei Unfällen und Verletzungen regeneriert sich der Körper in kurzer Zeit wieder. Damit aber keine Überbevölkerung entsteht, wurden die Scythe ins Leben gerufen. Die Scythe sind berufen sogenannte "Säuberungen" durchzuführen, was nichts anderes ist als willkürlicher und statistischer Mord. Die Scythe sind öffentlich anerkannt und werden von der Bevölkerung als Engel der Todes verehrt. Jeder Scythe hat eine gewisse Sterbensquote zu erfüllen um eine Überbevölkerung zu verhindern. Wie und womit sie diese Quote erfüllen, ist aber den Scythe selbst überlassen, sie dürfen dabei aber nicht ungerecht handeln. Rassismus, unnötige Gewalt und Diskriminierung werden bei der Gilde der Scythe nicht geduldet. Natürlich hält sich aber nicht jeder an diese Regeln und Größenwahn ist bekanntlich ein Nebeneffekt von zu viel Macht. Es kommen in der Geschichte also sehr viele ethische Probleme und Fragen auf und ich kann sehr gut verstehen, dass das Buch nicht für Jedermann geeignet ist. Ich kann es durchaus verstehen, wenn jemand Probleme mit kalkuliertem Mord hat, auch wenn es in dieser dystopischen Welt ein notwendiges Übel ist.

Die Geschichte ist in fünf Teile aufgeteilt und jedes Kapitel beginnt mit einem Auszug aus dem Tagebuch eines berühmten Scythe. Diese Auszüge fand ich sehr interessant und machten die Geschichte noch um einiges spannender. Viele Fragen kamen dabei auf, und man lernte die Scythe dadurch um einiges besser kennen.

Unsere beiden Protagonisten Citra und Rowan waren mir Beide auf Anhieb sehr sympathisch und ich konnte ihre Ansichten sehr gut verstehen, auch wenn ihre Charaktere und Persönlichkeiten von Grund auf sehr verschieden sind. Citra erinnerte mich immer ein wenig an den Charakter von Hermine Granger. Sie ist lernwillig und saugt das Wissen nur so auf - ein typischer "Streber" also. Ihre Persönlichkeit ist unschuldig und sie hat zu Anfang große Probleme mit der Berufung der Scythe und den damit verbundenen "Säuberungen" umzugehen. Für die Gilde der Scythe ist sie somit der perfekte Lehrling, denn am besten als Scythe geeignet sind diejenigen, die es nicht sein wollen.
Rowan ist komplett anders. Unter seinen vielen Geschwistern und Familienmitgliedern wurde er stets von seinen Eltern vernachlässigt und ist alles andere als ein beliebter High-School-Schüler. Als er von den Scythe ausgewählt wurde, wirkte er zu Beginn noch als perfekter Kandidat. Die Dunkelheit lockt ihn aber zu sich und sein "unperfekter" Charakter konnte mich sofort einnehmen. Doch auch wenn er einen Hauch von Düsternis aufweist, sind seine Ansichten und Gedankengänge stets nachvollziehbar. Die Welt ist eben nicht nur Schwarz oder Weiß und Rowan kann perfekt in die Kategorie GRAU zugeordnet werden. Ich habe jede Seite aus Rowans Sicht sehr gerne verfolgt und vor allem am Ende wurde er zu einem wahren Lieblingscharakter.

Die eingebaute Liebesgeschichte war in meinen Augen etwas unnötig und konnte mich nicht wirklich überzeugen. Der erste Kuss hat mich sehr überrascht, aber nicht gerade in positivem Sinn. Es gab zuvor keine wirklichen Andeutungen auf eine Liebesgeschichte und ich konnte somit auch keinerlei Gefühle dafür entwickeln. Wenn es bei inniger Freundschaft geblieben wäre, hätte mich das sehr viel glücklicher gemacht.

Die Geschichte ist am Anfang noch recht ruhig. Der Autor nimmt sich sehr viel Zeit damit die LeserInnen gut in die Welt einzuführen. Dann nimmt die Story aber sehr schnell Fahrt auf und viele ethische und moralische Fragen kommen auf und geben der Geschichte das gewisse Etwas. Zwischendurch hat das Buch zwar seine Längen aber gegen Ende hin gibt es dann einen blutigen Plotttwist, der mich wirklich überrascht und beeindruckt hat. Ich war völlig von den Socken und das Ende hat mich sehr mitgenommen. Nach Beenden des Buches war ich eine Zeit lang einfach nur perplex und musste ständig an dieses Ende zurückdenken und mir bereits zusammenreimen wie es wohl in Band 2 weitergeht. Ein tolles, düsteres Ende, wie ich es bisher noch nie erlebt habe.

Das Buch und vor allem die Plotttwist haben mich beeindruckt und ich wurde mehrmals sehr positiv überrascht. Der Schreibstil war zwar nicht ganz meins aber die Geschichte ist wirklich einzigartig. Ich könnte mir "Scythe" wegen der düsteren Story auch sehr gut als Serie vorstellen. Ich kann das Buch Dystopie-Fans empfehlen, die gerne düstere und blutige Geschichten mögen. Wer Sympathien für die Dunkelheit hat und keine geradlinigen Geschichten mag, der ist mit "Scythe" auf jeden Fall bestens bedient.

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Veröffentlicht am 21.09.2021

Die "Bibel" von Ravka ...

Die Leben der Heiligen
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"Die Leben der Heiligen" ist ein Zusatzbuch zum Grischa-Universum ohne eigenständige Geschichte, sondern bestehend aus 28 kleinen Kurzgeschichten zu den Heiligen Ravkas. Alina hatte dieses Buch bereits ...

"Die Leben der Heiligen" ist ein Zusatzbuch zum Grischa-Universum ohne eigenständige Geschichte, sondern bestehend aus 28 kleinen Kurzgeschichten zu den Heiligen Ravkas. Alina hatte dieses Buch bereits in "Goldene Flammen" in Händen und das Buch ist genau so aufgebaut wie Alinas Nachschlagewerk in der Grischa-Trilogie.

Das Buch ist sehr aufwändig mit bunten Illustrationen von allen Heiligen und Verschnörkelungen und Bildern auf den einzelnen Seiten gestaltet. Auch der Einband hat eine bessere Qualität, so dass man das Buch durchaus als Schmuckausgabe bezeichnen kann. Beim Darüberstreichen könnte man beinahe glauben, es handelt sich um einen Ledereinband und er ist auch altertümlich mit Goldornamenten verziert. Die hässliche, goldene Papier-Broschur, die man am Titelbild erkennen kann und auf dem der Titel des Buches groß vermerkt ist, kann man zum Glück abnehmen und dann entpuppt sich das Buch zu einem wahren Schmuckstück.

Zu Beginn befindet sich ein ausführliches Inhaltsverzeichnis mit allen Heiligen, wo auch gleich erkennbar ist, um welchen Schutzpatron oder um welche Schutzheilige es sich handelt. Zum Nachschlagen ist dieses Inhaltsverzeichnis perfekt geeignet. Wenn in Leigh Bardugos Büchern also wieder einmal die Rede von Heiligen ist, dann kann man hier dessen Geschichte sofort genauer nachlesen.

Auf der letzten Seite befindet sich eine Werbung für das zuletzt erschienene Buch aus dem Grischa-Universum "Rule of Wolves", die überhaupt nicht ins Buch passt. Nicht nur weil die Werbung das altertümliche Design des Buches zerstört, sondern auch weil es auf Grund der letzten Kurzgeschichte besser wäre, wenn man "Rule of Wolves" bereits gelesen hätte.

Bei den Kurzgeschichten handelt es sich um märchenhaft erzählte Geschichten, wie und aus welchen Hintergründen die Heiligen zu ihrer Verehrung gelangten. Dabei handelt es sich um Texte, die durch die Gläubiger stark beeinflusst und auch verfälscht wurden. Wenn man die Grischa-Bände bereits gelesen hat, dann kann man sich zu den meisten Geschichten ein Bild machen und zusammenreimen was tatsächlich passiert ist. Dass es sich bei den Heiligen hauptsächlich um Grischa mit magischen Fähigkeiten handelt ist sehr offensichtlich. Das Leben dieser Menschen wurde aber so optimiert dargestellt, dass sie als Heilige verehrt werden können.
Die meisten Kurzgeschichten haben mir sehr gut gefallen, vor allem weil man von vielen Heiligen bereits gehört hat, da sie von Alina und Co erwähnt wurden. Andere haben mir weniger gut gefallen, weil es darin nicht um das direkte Leben der Schutzheiligen ging, sondern um Geschehnisse von Menschen, die zu den Heiligen beten. Zwar auch informative Geschichten, die aber mehr an Märchen erinnern. Mir hätte die Erklärung, wie die Heiligen zu ihren Schutzaufgaben kamen, mehr interessiert. So wird zum Beispiel auch eine Geschichte erzählt, in der Waisenkinder zu Sankta Alina von der Schattenflur beten und auch der Sternenlose Heilige wurde bereits unter den Heiligen aufgenommen. Das Buch sollte also definitiv erst nach "Rule of Wolves" gelesen werden, da man ansonsten die letzte Kurzgeschichte nicht verstehen würde.
Mir persönlich waren manche Geschichten zu kurz, sie wurden so aufgebaut, dass sie Kindern vorgelesen werden können, aber ein bisschen mehr Informationen hätten nicht geschadet. Leigh Bardugo hat sich mit den ganzen Heiligen sehr viel Stoff für viele weitere Geschichten geschafft, denn wenn die Geschichte rund um Nikolai, Kaz und Co beendet ist, dann kann man definitiv wieder zurück in die Vergangenheit gehen und sich das tatsächliche Leben so mancher Heiliger genauer ansehen. An Potential für viele spannende und auch grausame Geschichten mangelt es nicht.

Ich würde das Buch nur eingefleischten Grischa-Fans empfehlen, da das Buch schnell langweilig werden kann, wenn man sich nicht dafür interessiert. Für Fans die aber mehr Informationen über das Leben der Heiligen Ravkas haben wollen, ist diese Kurzgeschichten-Sammlung ein MUSS.

"Die Leben der Heiligen" ist zwar nicht ganz so hübsch wie "Die Sprache der Dornen", weder im Inhalt noch im Design, aber trotzdem ein schönes Schmankerl für alle Grischa-Fans. Es ist immer wieder schön in dieses einzigartige Universum einzutauchen.

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