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Veröffentlicht am 24.09.2021

Ganz große Liebe!

Keeper of the Lost Cities – Der Aufbruch (Keeper of the Lost Cities 1)
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Die 12-jährige Sophie ist nicht wie andere Jugendliche in ihrem Alter. Sie gilt als Wunderkind, geht schon zur High School und hat ein fotografisches Gedächtnis. Ihre Mitschüler halten sie für seltsam ...

Die 12-jährige Sophie ist nicht wie andere Jugendliche in ihrem Alter. Sie gilt als Wunderkind, geht schon zur High School und hat ein fotografisches Gedächtnis. Ihre Mitschüler halten sie für seltsam und wollen nichts mit ihr zu tun haben. Da sie seit einem Unfall vor ein paar Jahren die Gedanken ihrer Mitmenschen hören kann, haben sie vielleicht sogar recht. Aber der fremde Junge mit den aquamarinblauen Augen, der sie im Museum anspricht, behauptet, sie gehöre dem Volk der Elfen an, also ist sie in ihrer Seltsamkeit womöglich nicht ganz so alleine wie gedacht.

Ich glaube, ich habe schon lange nicht mehr so schnell mit einem Buchcharakter sympathisiert wie mit Sophie; auch wenn sie schon eine sehr spezielle Schneeflocke ist und sich beispielsweise gefühlt alle 5 Minuten eine ihrer Wimpern ausreißt, was ich Anfangs etwas befremdlich fand. Aber sie ist eine ganz Liebe, hat das Herz am rechten Fleck, ist klug, loyal und eine kleine Löwin.

Man startet ohne große Vorreden in die Geschichte und es hat nicht lang gedauert und ich war mittendrin. Die Autorin hat eine lebendige, farbenfrohe, interessante Welt mit unzähligen elfischen wie tierischen wundervollen Charakteren erschaffen und sich viel vorgenommen indem sie versucht hat, etwas ganz Eigenes zu kreieren. Ab und an schien mir das Buch etwas zu überladen, ähnlich wie ein Besuch auf der Kirmes mit 100.000 verschiedenen Eindrücken, aber dass man die Welt mit Sophie gemeinsam entdeckt, hilft sehr dabei, sich nicht vollkommen erschlagen zu fühlen. Ihren Weg zu begleiten, mit ihr gemeinsam die Geheimnisse ihrer Vergangenheit zu enträtseln und herauszufinden wer Freund und wer Feind ist, hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht, zumal die Autorin Fantasy-Elemente eingebaut hat, die ich in der Form noch in keinem anderen Buch gelesen habe.

Ein großes Plus sind aber die Charaktere, ich habe mittlerweile so viele Lieblinge, dass es mir schwerfällt, sie alle aufzuzählen. Von flauschig-knuffig bis bitter-böse ist alles dabei. Der Ton der Zielgruppe wurde ebenfalls zu hundert Prozent getroffen und mit Sophie haben junge Leserinnen und Leser einen Charakter, der sich als Vorbild eignet, was ich bei Büchern dieser Art schon wichtig finde.

"Keeper of the lost cities" ist ohne Frage eine Reihe die ich weiterverfolgen werde, zum Glück erscheinen die Folgebände relativ zeitnah, sodass keine langen Durststrecken entstehen.

An dieser Stelle ein dickes fettes Dankeschön, dass die Reihe endlich den Weg nach Deutschland gefunden hat, es wurde verdammt nochmal Zeit!!

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Veröffentlicht am 10.07.2021

Eines der bislang besten YA-Bücher zum Thema "Mental Health"

Es muss ja nicht perfekt sein
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"Angst hat allen Menschen, die mir etwas bedeuten, das Leben ruiniert... Ich will nicht werden wie sie. Ich glaube, ich will gar nicht herausfinden, worin meine größte Angst besteht." [S. 90]

Esthers ...

"Angst hat allen Menschen, die mir etwas bedeuten, das Leben ruiniert... Ich will nicht werden wie sie. Ich glaube, ich will gar nicht herausfinden, worin meine größte Angst besteht." [S. 90]

Esthers Familie ist verrückt, buchstäblich. Ihr Vater wagt sich seit Jahren nicht mehr aus dem Keller, ihre Mutter fürchtet sich vor allem was Unglück bringen könnte, ihr Bruder hat panische Angst vor der Dunkelheit und ihr Großvater glaubt, er wäre dem leibhaftigen Tod begegnet. Was ihre allergrößte Angst ist weiß Esther nicht, schreibt aber vorsichtshalber alles, was ihr Angst machen könnte, auf eine Liste. Blöd nur, dass ebendiese Liste Jonah, ihrem Schwarm aus Kindertagen, in die Hände fällt, denn der hat nicht vor, die Sache so einfach auf sich beruhen zu lassen.

Ich habe mich schon auf den ersten paar Seiten in das Buch, und vor allen Dingen in die Charaktere, verliebt. Da ich mir vorab ein paar Meinungen zu dem Buch durchgelesen habe, wusste ich, dass in dem Buch psychische Erkrankungen wie Angststörungen, Depressionen und anderes angesprochen werden und war entsprechend vorgewarnt. Ich wünschte ich hätte dieses Buch während meiner Schulzeit lesen können, aber auch Jahre später, hat es mir sehr viel gegeben, Esther - die Angstfresserin- auf ihrem Weg durch die Dunkelheit und zurück zu begleiten. Man merkt dem Buch an, dass der Autorin persönlich sehr daran gelegen ist, aufmerksam zu machen, gegenseitiges Verständnis zu fördern und Hoffnung zu geben. Aber auch der Humor kommt nicht zu kurz und die wunderbare Liebesgeschichte, sowie die besondere Erzählkunst der Autorin sorgen für den Rest. Neben "Mädchen in Scherben" für mich eines der bislang besten YA-Bücher zum Thema "Mental Health" und eine unbedingte Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 15.04.2021

Ein schwieriges Buch, aber eben auch ungemein wertvoll.

Zwischen Du und Ich
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Mirna Funk erzählt von zwei Menschen, die Ballast mit sich herumtragen. Die sich nicht darüber definieren zu gefallen. Die im Inneren etwas zerstört sind und trotzdem noch Hoffnung haben. Sie erzählt von ...

Mirna Funk erzählt von zwei Menschen, die Ballast mit sich herumtragen. Die sich nicht darüber definieren zu gefallen. Die im Inneren etwas zerstört sind und trotzdem noch Hoffnung haben. Sie erzählt von toxischen Beziehungen, Missbrauch, Gewalt, von Aufbruch, Selbstfindung und den Bruchstellen einer Weltreligion, von tiefen Wunden und davon, dass die Traumatas anderer manchmal zu unseren eigenen werden können.
Ein Buch mit einem harten Kern, andem sich manche sicherlich die Zähne ausbeißen werden. Ich komme mit schweren Büchern gut zurecht, oftmals sogar besser als mit lockerer Unterhaltungsliteratur. Nicht weil ich Unterhaltungsliteratur nicht mag, sondern weil sie mich auf lange Sicht nicht weiterbringt. Ich möchte niemand sein, dessen Entwicklung auf Stillstand steht und Bücher haben einen großen Anteil daran, meinen Verstand wach zu halten und ja, mich je nach ihrer Thematik sogar ein Stück weit zu heilen. "Zwischen Du u. Ich" hat mir all das gegeben und mehr. Es hat inhaltliche Lücken und am Ende wird nicht jede Frage beantwortet; ob das gefällt oder nicht, muss man für sich selbst herausfinden. Ein schwieriges Buch, aber eben auch ungemein wertvoll.

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Veröffentlicht am 10.03.2021

Beeindruckend zu was Literatur imstande sein kann

Mädchen, Frau etc. - Booker Prize 2019
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"Mädchen, Frau etc.", aus dem Tropen Verlag - großartig übersetzt von Tanja Handels - ist ein "Mammutprojekt", dem sich die Autorin Bernadine Evaristo über mehrere Jahre gewidmet hat. Zwölf Geschichten ...

"Mädchen, Frau etc.", aus dem Tropen Verlag - großartig übersetzt von Tanja Handels - ist ein "Mammutprojekt", dem sich die Autorin Bernadine Evaristo über mehrere Jahre gewidmet hat. Zwölf Geschichten über zwölf Frauen, die mal mehr mal weniger miteinander verbunden sind; hauptsächlich "PoC", unterschiedlich in Alter, Klasse, Geschlecht, Ethnizität, Sexualität, Weltanschauung und Charakter. Und genauso bunt wie sich die Figuren hier präsentieren, sind auch die Themen die Evaristo in ihren Erzählungen anspricht. Es geht um Rassismus, Diversität, Gendergerechtigkeit, Ausgrenzung, die weibliche Identität und den Wandel, dem wir stetig ausgesetzt sind.
Eingerahmt werden die intersektionalen Erzählungen von der Premiere eines Theaterstücks mit dem Titel "Die letzte Amazone von Dahomy" am National Theatre in London. Das Stück bietet sich als Einstieg in das Buch durchaus an, denn jede der Frauen in diesem Buch trägt auf die ein oder andere Art einen Kampf aus; gegen Andere, gegen sich selbst, gegen das Establishment, für eine bessere Zukunft, gegenseitiges Verständnis und ein besseres Leben.
Als Leser:In wird man mit einer Flut von Informationen konfrontiert, die man erstmal verarbeiten muss. Das und der besondere Schreibstil, den Evaristo als "Fusion Fiction" bezeichnet, machen im wesentlichen den Knackpunkt aus, der darüber entscheidet, ob Evaristos Werk gefällt oder eben nicht.
Das Buch braucht einen wachen Geist. Es hat mich tief beeindruckt, meinen Kopf und mein Herz auf eine Art und Weise gefüllt, wie ich es lange nicht mehr erlebt habe. Es sprüht nur so vor Leben, Leidenschaft, Kreativität und Energie. Jeder Charakter hat eine ganz eigene Stimme und da Evaristo fast gänzlich auf Satzzeichen verzichtet, haben die Erzählungen von Anfang an eine extrem starke Sogwirkung auf mich ausgeübt; auch wenn mich nicht jede Geschichte inhaltlich gleichermaßen stark für sich einnehmen konnte, aber das liegt in der Natur der Sache.
Wie anders ein Text plötzlich wirkt und bei einem ankommt, sobald gewisse Regeln außer Acht gelassen werden und er sich abseits ausgetretener Pfade bewegt. Fast wie Poesie, fließend und frei. "Mädchen, Frau etc." zeigt auf, zu was Literatur imstande sein kann. Ein wichtiges Buch, mit einem starken Kern, das Umdenken fördert, zur Selbstüberprüfung aufruft, Horizonte aufreißt und zu Recht mit dem Booker Preis 2019 ausgezeichnet wurde.

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Veröffentlicht am 07.01.2021

Was ist ein Mensch wert?

Die Entbehrlichen
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„Wir sind wie glückliche Kühe oder freilaufende Hühner. Der einzige Unterschied ist, dass die Kühe und die Hühner – hoffentlich – das Glück haben, von etwas anderem als dem Jetzt nichts zu wissen." [S.55]

Dorrit ...

„Wir sind wie glückliche Kühe oder freilaufende Hühner. Der einzige Unterschied ist, dass die Kühe und die Hühner – hoffentlich – das Glück haben, von etwas anderem als dem Jetzt nichts zu wissen." [S.55]

Dorrit Weger ist 50, unverheiratet, kinderlos, hat als Schriftstellerin keinen nachhaltigen Mehrwert und leistet auch sonst keinen nennenswerten Beitrag, der Wohlstand und Wachstum der Gesellschaft zugutekommt. Damit gehört sie automatisch dem Kreis der „Entbehrlichen“ an und wird kurz nach ihrem Geburtstag in eine streng überwachte Reservebankeinheit für biologisches Material eingeliefert. Fortan muss sie sich für psychologische bzw. Medikamententests und Organentnahmen zur Verfügung stellen, bis es dann schlussendlich zur sogenannten „Endspende“ kommt, die unweigerlich zum Tode führt.

„Ich ging weiter; nickte, lächelte oder sagte Hej zu den Leuten, denen ich begegnete. Einige von ihnen kannte ich schon. Die meisten erkannte ich wieder. Eine geringe Anzahl sah ich zum ersten Mal. Den ein oder anderen sah ich zum letzten Mal.“ [S.76]

Ein schreckliches Szenario, was den Gedanken der absoluten Leistungsgesellschaft auseinandernimmt und das Miteinander in der Gesellschaft im allgemeinen kritisch hinterfragt.
Das Buch hat eine gewisse Schwere, bleibt dabei aber zutiefst menschlich. Scharf beobachtet und klug erzählt kratzt es an den Grenzen des Vorstellbaren und zeigt auf, dass der Wert eines Menschen nicht messbar ist und sich oftmals in kleinen Dingen wiederfindet.
Für mich ein Volltreffer aber sicherlich nicht für jeden geeignet.

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