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Veröffentlicht am 25.12.2021

Ein schwieriges Thema aus der Tabuzone geholt

Was bleibt, wenn wir sterben
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Der Tod, das Sterben, die Trauer – all das sind Teile es Lebens und noch wird viel zu selten darüber gesprochen. Das war auch bei der Autorin der Fall, bis sie binnen dreier Monate, erst die Mutter, dann ...

Der Tod, das Sterben, die Trauer – all das sind Teile es Lebens und noch wird viel zu selten darüber gesprochen. Das war auch bei der Autorin der Fall, bis sie binnen dreier Monate, erst die Mutter, dann den Vater verlor. Mit ihrer Trauer kam sie weniger gut zurecht, aber sie beschloss einen offensiven Weg. Die Journalistin wurde zur Trauerrednerin und setzt sich ganz bewusst mit dem Thema auseinander. Nun lässt sie ihre Leser an Persönlichem, Geschichten Verstorbener und den Umgang mit der Trauer teilhaben.
Mir gefiel, dass das Buch von seiner Grundlage her positiv ist – trotz des schwierigen Themas. Es kommt auch kein mahnender Zeigefinger, der gemäß Ratgeber sagt, wann welche Trauerphase ist, wie man zu trauern hat und dergleichen. Im Gegenteil, die Autorin wendet sich dem Thema sehr sensibel zu – deutlich sensibler, als es ihre Mitmenschen teilweise nach ihrem schweren Verlust waren. Es gibt entsprechend auch keine harte Abfolge der Themen, vielmehr gleiten die kurzen Kapitel ineinander über – den roten Faden jedoch nie verlierend.

Fand ich viel Neues in dem Buch? Bis auf die Death Cafes, deren Existenz mir bis zum Lesen unbekannt war – eigentlich gar nichts Neues und trotzdem hat mir das Buch in kleinen Häppchen gelesen, gut gefallen und neue Perspektiven aufgezeigt. Mir gefiel auch ausgesprochen gut, wie offen die Autorin war bezüglich ihrer eigenen Trauer. Wie die Arbeit einer Trauerredner abläuft, wusste ich bereits, sonst wären das bestimmt Einblicke gewesen, die hier vielleicht lobend Anerkennung gefunden hätten. Nicht neu, aber dennoch gut, dass die Autorin sich dafür einsetzt, dass sich Menschen schon im Vorfeld Gedanken machen, wie sie gerne bestattet würden, welche Musik sie sich wünschen würden und dergleichen. Das sind Dinge, die es den Angehörigen leichter machen in einer Phase, die so schon schwierig genug ist. Und allgemein finde ich es sehr gut, dass sie den Tod und die Trauer mit dem Buch aus der einer Tabuzone zu holen versucht.

Mich hat das Buch zum Nachdenken angeregt und bestärkt in einiges Dingen – zum Beispiel sich dafür stark zu machen, dass Trauernde das tun dürfen, wie sie es wollen und brauchen und nicht, wie es die Gesellschaft so erwartet. Zudem spendet das Buch aus Hoffnung und Trost, wenn man sich entsprechend von der Autorin eine Weile durch das Buch tragen lässt.

Ich empfehle das Buch gerne weiter und vergebe 4 Sterne.

Veröffentlicht am 29.11.2021

Erneut gute Unterhaltung

Polizeiärztin Magda Fuchs – Das Leben, ein großer Rausch
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Berlin 1922-1923. Polizeiärztin Magda Fuchs muss sich um Doris Kaufmann kümmern, die Silvester mit einem Messer angegriffen wurde. Genau an diesem Punkt endete der erste Band. Wie ergeht es Doris? Was ...

Berlin 1922-1923. Polizeiärztin Magda Fuchs muss sich um Doris Kaufmann kümmern, die Silvester mit einem Messer angegriffen wurde. Genau an diesem Punkt endete der erste Band. Wie ergeht es Doris? Was steckt hinter dem Angriff? Wie entwickeln sich die Frauen in den Goldenen Zwanzigern in Berlin weiter? Hier bekommt man Frauenschicksale aus den verschiedenen Blickwinkeln und zudem noch einen gesellschaftskritischen Einblick in eine Zeit, die alles andere als golden war.
Magda ist Polizeiärztin und eröffnet ihre eigene Praxis. Sie übernimmt die Praxis in ihrer Pension und als Hilfe dient ihre Pensionswirtin, eine Frau, die Haare auf den Zähnen hat. Sie ist auch die Mutter von Celia, die ihr Medizinstudium vorantreibt und auf eigenen Beinen stehen möchte – trotz ihrer Verbindung zu Edgar, dem Spross eines extrem reichen Unternehmers. Das ist auch gar nicht so einfach. Schwer hat es auch Doris, die versucht ein „Glanz“ zu werden. Und dann geht in der Gegend auch noch der Schlitzer um. Er greift Frauen, vor allem Prostituierte an und verletzt oder tötet sie gar mit einem Stich in den Bauch. Ich fand, dass der Fall über das gesamte Buch schon recht selten vorkam, mir ein bisschen zu selten. Das fand ich wirklich schade, denn da hätte man sicher noch ein bisschen mehr daraus machen können. An sich war der Fall aber gut und stimmig, der Hintergrund klasse und ich tappe auch lange im Dunkeln bzw. war auf einer ganz anderen Schiene unterwegs. Falsche Fährten zu legen ist das Ding der beiden Autoren. Mindestens genauso gut haben sie die gesellschaftlichen Hintergründe auch rund um Inflation, Armut und Elend in Berlin dargestellt. Perfekt ist die Situation der Frauen dargestellt und die Schicksale sind gut miteinander verwoben. Das bietet neben dem Fall schon einiges an spannenden Momenten, die mich nur so durch das Buch fliegen ließen. Die Kulisse und die Atmosphäre waren sehr gut dargestellt, es gab zahlreiche interessante Fakten, die in die Fiktion eingebunden wurden und die Charaktere sind einfach super gezeichnet. Vielschichtig waren sie schon in Teil eins, aber sie entwickeln sich auch gut weiter. Der Schreibstil ist flüssig und gut zu lesen.
Wie erwähnt, hatte mir der erste Band schon sehr gut gefallen und dieser schließt nahtlos an den vorherigen an. Man kann theoretisch auch mit diesem Band starten, empfehlenswert ist es allerdings nicht, denn es wird schon auf einiges aus dem ersten Band angespielt und manches baut auch darauf auf. Unter dem Strich kann ich das Buch sehr gut weiterempfehlen und ich freue mich schon auf das nächste Abenteuer mit Magda, Celia und Co.

Veröffentlicht am 03.11.2021

Macht sehr nachdenklich

Wenn ich wiederkomme
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Ein gutes Leben für die eigenen Kinder, das wünschen sich alle Eltern. Manche bringen dafür sehr große Opfer – nur lohnt sich das? Die Rumänin Daniela ist vom einen auf den anderen Tag verschwunden. Hinterlassen ...

Ein gutes Leben für die eigenen Kinder, das wünschen sich alle Eltern. Manche bringen dafür sehr große Opfer – nur lohnt sich das? Die Rumänin Daniela ist vom einen auf den anderen Tag verschwunden. Hinterlassen hat sie ihrem pubertierenden Sohn, der etwas älteren Tochter und dem Mann einen Brief. Sie wird nun in Italien, genauer Mailand als Pflegekraft arbeiten und Geld nach Hause schicken, um den Kindern ein bestmögliche Ausbildung zu finanzieren. Was macht das mit einer Familie?

Ob in der Stadt oder auf dem Land, wer kennt nicht mindestens eine osteuropäische Pflegerin, die in dem Haushalt eines alten und/oder kranken Menschens wohnt und diesen pflegt? Es ist heute fast schon normal und die wenigsten werden sich fragen, was die Abwesenheit der Mutter, Ehefrau, etc., die nun in einem wohlhabenden Land als Pflegerin arbeitet, für die jeweilige Familie bedeutet. Dass es für die Frau ein massiver Einschnitt ist oder zumindest sein kann, dass wird ja häufig vor Ort sichtbar – zumindest, wenn man nicht die Augen vor ihren Problemen verschließt. Genau in den Fokus genommen hat der Autor dieses Phänomen mit seiner fiktiven Geschichte, die jedoch auf Schilderungen von Frauen und Familien basiert, die genau das erlebt haben – die Zerreißung der Familie, der Einsturz eines Fundamentes, welches doch mit allen Mitteln erhalten bleiben und mit Geld noch optimiert werden sollte.

Dieses Buch hat mich sehr berührt und extrem nachdenklich gemacht. Die Thematik ist sehr aktuell und brisant, ich kann mir aber auch nicht vorstellen, wie es ohne dieses „System“ funktionieren sollte. Ja, es erfordert viele Opfer, aber was, wenn die Frauen nicht die Möglichkeit haben in der häuslichen Pflege in Deutschland, Italien oder so unterzukommen? Geld benötigen sie auch so und was dann? Dass der Pflegenotstand sich in D und Co durch beispielsweise ein Verbot diese Arbeiterinnen zu engagieren noch verschärfen würde, ist logisch – eine schwierige Geschichte und ich bin froh dieses Buch gelesen zu haben, denn auch wenn es fiktiv ist, so basiert es auf Tatsachen und vor diesen sollten wir die Augen auf keinen Fall verschließen. Davon abgesehen, stellt sich auch die Frage: Was ist wirklich wichtig im Leben? Die perfekte Ausbildung? Geld?

Der Schreibstil ist rund, die gewählten Erzählperspektiven sehr gut gewählt, um ein ehrliches, offenes Bild von der Familie zu erhalten. Emotionale Ungleichgewichte werden sehr deutlich, aber beispielsweise auch die Probleme, die die fehlende Mutter in der Familie verursachen kann. Die Charaktere als solche sind nicht so richtig greifbar, aber das finde ich hier weniger schlimm – im Gegenteil, ich habe so noch ein bisschen mehr das Gefühl, dass jede Familie den Platz der drei Erzähler einnehmen könnte, auch die Frau, die nur wenige Häuser weiter ihre Arbeit tut…

Veröffentlicht am 31.10.2021

Petermann geht wieder detailverliebt auf Spurensuche

Im Auftrag der Toten
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Zur Person Axel Petermann brauche ich vermutlich nichts mehr zu sagen, man kennt den früheren Bremer Mordermittler, wenn man deutsche True-Crime-Bücher verschlingt. Und falls nicht, dann lohnt es sich ...

Zur Person Axel Petermann brauche ich vermutlich nichts mehr zu sagen, man kennt den früheren Bremer Mordermittler, wenn man deutsche True-Crime-Bücher verschlingt. Und falls nicht, dann lohnt es sich in jedem Fall ihn kennenzulernen. Zumindest, wenn man quasi mit ihm und seiner jahrzehntelangen Erfahrung auf eine detaillierte Spurensuche gehen möchte. Drei Fälle führen den früheren Mordermittler nach Griechenland, Schweiz und Bayern. Ein Selbstmord, der möglicherweise keiner war, ein 40 Jahre alter Cold-Case und ein möglicher Justizirrtum warten auf den Leser.

Um Spaß an dem Buch zu haben sollte schon im Vorfeld wissen, dass es hier keine „richtigen“ Enden gibt. Die Fälle als solche sind am Ende der Ausführungen klarer, oft gibt es neue Blickwinkel etc., aber dass hier eine abschließende Klärung, die hieb- und stichfest ist, geliefert wird, das darf man nicht erwarten. Vielmehr nimmt Petermann den Leser mit auf seine Reisen, die das Ziel haben sich in die jeweiligen Fälle einzuarbeiten. Dazu werden unzählige Akten studiert, Tatorte aufgesucht, Befragungen durchgeführt und alles auf seine Logik hin untersucht. Warum er das macht? Petermann schildert, wie Ungewissheit für (Opfer-)Angehörige ist und möchte unentgeltlich, dafür mit der Erlaubnis zur Publikation, den Betroffenen versuchen zu helfen. Zudem ist er einfach ein Ermittler durch und durch, da kann auch die Pensionierung offensichtlich nichts ändern. Zu den Fällen als solchen mag ich gar nicht zu viel verraten, um die Spannung aufrechtzuerhalten.
Wichtiger ist, dass Petermann in diesem Buch – Corona zum Trotz- auf Spurensuche geht, den Leser detailreich und dennoch verständlich geschrieben mit an Tatorte und zu Zeugenbefragungen nimmt. Manches war mir fast schon ein bisschen zu detailverliebt, gerade beim zweiten Fall ist mir das immer und immer wieder aufgefallen, aber dennoch ergibt es Sinn so auf Kleinigkeiten zu achten, denn nicht selten steckt der Teufel im Detail. Es ist sicher keine Lektüre, die man mal so nebenbei liest, denn hier tun sich einige menschliche Abgründe auf, aber an sich ist es gut lesbar, nicht zu blutig und/oder brutal.

Veröffentlicht am 25.09.2021

Weihnachtschaos in 24 Akten

Morgen, Klufti, wird's was geben
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Klufti ist einfach herrlich. Wer das nicht so sieht, wird mit diesem Büchlein keine Freude haben, aber auf allen anderen wartet eine sehr kurzweilige Weihnachtsgeschichte mit dem typisch verpeilten Kommissar, ...

Klufti ist einfach herrlich. Wer das nicht so sieht, wird mit diesem Büchlein keine Freude haben, aber auf allen anderen wartet eine sehr kurzweilige Weihnachtsgeschichte mit dem typisch verpeilten Kommissar, der in diesem Buch keinen Fall, aber dafür immerhin 24 Katastrophen zu managen hat. Manch einer würde sagen, die hat er sich selbst eingebrockt (ich zum Beispiel), aber Klufti wird einfach sehr oft fehlinterpretiert und hat es tatsächlich auch alles andere als leicht. Er wird beispielsweise mitten in seiner Lieblingssendung von der von der Leiter stützenden Frau unterbrochen. Zum Kümmern muss dann ausgerechnet noch Doktor Langhammer vorbeikommen und Erika muss tatsächlich ins Krankenhaus. Klufti soll sich derweil ganz allein um die Weihnachtsvorbereitungen kümmern. Wer ihn kennt, weiß – das wird nicht ohne Probleme abgehen. Und dann muss auch noch ausgerechnet jetzt das Schwiegerdings Joschi aus Japan zu Besuch kommen. Kluftis Denglisch und seine Versuche die deutschen Weihnachtstraditionen an den japanischen Mann zu bringen – einfach köstlich. Kriminalistisch wird es nie, aber ich möchte nicht viel mehr verraten, lest einfach selbst.



Was das Lesen betrifft, so ist das Buch in 24 Katastrophen eingeteilt, was es ermöglicht das Buch als eine Art Adventskalender zu nutzen. Mir war das allerdings nicht möglich, denn ich musste einfach wissen, was alles passieren wird. So habe ich das Büchlein quasi in einem Rutsch gelesen und dabei völlig die Zeit vergessen. Wer die Klufti-Reihe kennt, weiß: Natürlich darf man keine politische Korrektheit erwarten, das Frauenbild ist eher antiquiert und Klufti ziemlich konservativ in vielen Belangen, aber hier ist das so überzeichnet, dass es einfach nur urkomisch daherkommt. Humor ist ja immer schwierig zu bewerten, aber ich kann für mich sagen, dass ich etliche Male wirklich schallend gelacht habe. Und ich würde auch wieder zu einem Buch ohne einen Kriminalfall mit dem Kommissar greifen. Sein Privatleben bietet mehr als genug Potential...



Für Fans der Reihe ist das Büchlein, trotz des extrem stolzen Preises, sicher eine gute Sache und ich kann es mir auch sehr gut als Geschenk vorstellen. Nur Weihnachtsstimmung ist dabei nicht wirklich aufgekommen (und das liegt sicher nicht nur daran, dass es im September zum Lesezeitpunkt dafür zu früh gewesen wäre) - dafür war es dann doch bisschen zu sehr Klamauk und Chaos, aber der absolut humorvollen Art.