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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.10.2021

Willkommen auf dem Mond

Artemis
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Andy Weirs Bücher haben den Ruf sehr techniklastig zu sein. Bei „Artemis“ spielt die Technik natürlich auch eine Rolle, denn Weir hat sich genau überlegt wie seine Mondstadt aufgebaut ist und funktioniert. ...

Andy Weirs Bücher haben den Ruf sehr techniklastig zu sein. Bei „Artemis“ spielt die Technik natürlich auch eine Rolle, denn Weir hat sich genau überlegt wie seine Mondstadt aufgebaut ist und funktioniert. Die Details fand ich als Laie aber nie zu erschlagend, sondern ganz im Gegenteil sehr interessant. Nur an zwei Stellen gab es ein paar Sätze die ich überflogen habe, weil mir die dort erklärten chemischen und physikalischen Zusammenhänge zu detailliert waren.

Der Autor lässt seiner Protagonistin viel Zeit um dem Leser das Leben auf dem Mond zu erklären und entwickelt daraus eine Art Krimi. Die taffe Jazz ist dabei nie um einen lässigen Spruch verlegen und kann an mancher Stelle schon etwas auf die Nerven gehen. Das gehört aber zu ihrer Persönlichkeit, sie ist eben niemand der auf der Suche nach neuen Freunden ist. Ihr trockener Humor hat mir sehr gut gefallen und mich an mehreren Stellen zum Lachen gebracht.

Beim Schreibstil darf man keine Raffinessen erwarten, Weir schreibt simpel und geradlinig, mit kurzen und prägnanten Sätzen. Er verzichtet dabei auch auf poetische Ausschweifungen und philosophische Gedankengänge. Mir hat das sehr gut gefallen, das Buch will nicht mehr sein als es ist, es bietet kurzweilige und sehr gute Unterhaltung, interessante Charaktere und tolle Ideen.

Fazit
"Artemis" ist weniger komplex als Weirs Meisterwerk "Der Marsianer", trotzdem fand ich das Buch sehr gut. Es hat mich kurzweilig unterhalten, einfach ein Buch das man entspannt "runterlesen" kann.

Veröffentlicht am 09.10.2021

Die Studie einer sich anbahnenden Tragödie

Dann schlaf auch du
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Bereits die ersten Sätze verraten das Ende der Geschichte: die beiden kleinen Kinder sind tot, sie wurden ermordet. Ein ganz wenig Unklarheit herrscht noch darüber, wer die Tat begangen hat, die zentrale ...

Bereits die ersten Sätze verraten das Ende der Geschichte: die beiden kleinen Kinder sind tot, sie wurden ermordet. Ein ganz wenig Unklarheit herrscht noch darüber, wer die Tat begangen hat, die zentrale Frage des Romans ist aber das Warum. Um das zu erzählen macht die Autorin nach dem brutalen ersten Kapitel einen Sprung zurück und erzählt wie Myriam und Paul ihre Nanny Louise kennenlernten, einstellten und immer mehr von ihr abhängig wurden. Auch Louises Vergangenheit findet nach und nach Platz in der Geschichte. Und so kann der Leser mitverfolgen, wie die Ereignisse ihren Lauf nehmen und schließlich im fatalen ersten Kapitel enden.

Slimanis Roman ist kein Thriller. Das Buch erzählt von sozialem Elend, einem Leben das nicht wie geplant verlaufen ist und schleichender Perspektivlosigkeit. Die Handlung besteht oft aus Nebensächlichem, doch dort sind kleine Irritationen enthalten, Reaktionen und Worte, die den Leser stutzen lassen und andeuten, dass sich hinter der Fassade eines Menschen etwas versteckt. Die Steigerung des sich kümmernden und sorgenden Menschen bis zur krankhaften Besessenheit ist faszinierend und zugleich bedrückend zu beobachten.

Fazit
Slimanis Roman ist die Studie einer sich langsam anbahnenden Tragödie. Das ist spannend zu lesen, aber zugleich auch sehr belastend, so dass man sich vor der Lektüre überlegen sollte, ob man einen Roman über einen Mord an zwei kleinen Kindern lesen möchte.

Veröffentlicht am 30.09.2021

Eindringlich und bewegend

In Flammen
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In Megha Majumdars Roman geht es um das Sehnen nach einem besseren Leben. Jivan träumt davon zum Mittelstand zu gehören, sich keine Sorgen mehr um die nächste Mahlzeit machen zu müssen. Lovely wünscht ...

In Megha Majumdars Roman geht es um das Sehnen nach einem besseren Leben. Jivan träumt davon zum Mittelstand zu gehören, sich keine Sorgen mehr um die nächste Mahlzeit machen zu müssen. Lovely wünscht sich eine Karriere als Schauspielerin und PT Sir möchte Respekt und Anerkennung, selbst wenn er dies nur auf Kosten anderer erhält. Neben den ganz persönlichen Kämpfen und Problemen der drei Protagonisten spielen auch Politik und Gesellschaft eine Rolle. Korruptheit, eine verurteilende Gesellschaft und ein voreingenommenes Gerichtssystem sind Herausforderungen mit denen die Menschen täglich zu kämpfen haben. Wer auf eine Dienstleistung angewiesen ist, von dem werden zusätzliche „Gebühren“ verlangt. Wer anders ist wird an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Ein gesellschaftlicher Aufstieg wird den Menschen so schwer wie möglich gemacht.


Majumdars Geschichte ist abwechselnd aus Sicht der drei Protagonisten erzählt, ergänzt durch kurze Kapitel in denen auch Sichtweisen einiger Nebencharaktere Platz finden. Trotz der doch recht umfangreichen Personenanzahl und der für mich fremden Namen, hatte ich nie Probleme die einzelnen Charaktere zu unterscheiden. Jivan, Lovely und PT Sir sind sehr facettenreich und auch emotional gestaltet, eine gewisse Distanz zu ihnen bleibt aber immer. Vielleicht lag es daran, dass bei drei Hauptcharakteren einfach nicht der Platz ist komplett in die Tiefe zu gehen. Megha Majumdar schafft es trotzdem ihre Geschichte sehr emotional und mitreißend zu erzählen und lässt den Leser mit den Protagonisten leiden.


Das Buch bietet einen interessanten und gleichsam erschreckenden Einblick in das Leben im modernen Indien. Hier treffen unterschiedlichste Welten aufeinander: große Armut in den Slums, das schillernde Leben Bollywoods und die alles bestimmende Politik. Die beschriebenen Ungerechtigkeiten die viele Menschen erleben sind oft nur schwer zu ertragen.


Fazit
Der Roman handelt von tiefgreifenden Entscheidungen, Entscheidungen die einen selbst voranbringen, aber für andere Menschen negativ sind. Durch die eindringlichen und sehr bewegenden Thematiken ist es keine unbeschwerte Lektüre, aber eine sehr lohnenswerte!

Veröffentlicht am 28.09.2021

Es lohnt sich für seine Träume zu kämpfen

Das Mädchen mit der lauternen Stimme
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Die Geschichte von Adunni konnte mich von der ersten Seite an fesseln. An vielen Stellen mag man kaum glauben, dass das Buch im 21. Jahrhundert spielt. Daré schreibt ihren Roman aus der Sicht von Adunni ...

Die Geschichte von Adunni konnte mich von der ersten Seite an fesseln. An vielen Stellen mag man kaum glauben, dass das Buch im 21. Jahrhundert spielt. Daré schreibt ihren Roman aus der Sicht von Adunni und passt das verwendete Vokabular dem des Mädchens an, dessen Sprache sehr einfach und auch mal recht grob ist. Zu Beginn habe ich teils noch gestutzt, aber es passt einfach und macht die Geschichte authentisch. Der Leser kann so auch Adunnis sprachliche Weiterentwicklung miterleben, etwa wenn sie mit der Zeit lernt, dass es „Mobiltelefon“ und nicht „Telefonmobil“ heißt.

Überhaupt ist Adunni eine großartige Protagonistin die man schnell ins Herz schließt. Sie ist aufgeweckt und mutig und trotz ihrer schlimmen Erfahrungen, sowie der Unterdrückung und Ausbeutung die sie schon in ihren jungen Jahren erlebt hat, versinkt sie nie in Selbstmitleid. Stattdessen hat sie immer ihr Ziel vor Augen und glaubt fest daran. Sie möchte ein freies, selbstbestimmtes Leben führen und sie will, dass auch andere Mädchen diese Möglichkeit haben. Für sich und für andere ist sie bereit zu kämpfen.

Die Autorin erzählt die Geschichte ohne übertriebene Dramatik oder Kitsch und genau deshalb ist sie so eindringlich. Es gibt viele Höhen und Tiefen. An manchen Stellen ist es schwer, ja fast unerträglich, zu lesen wie furchtbar und ungerecht das Mädchen behandelt wird. Daneben gibt es aber auch frohe und hoffnungsvolle Passagen, so dass das Buch insgesamt Mut macht.

Fazit
Eine große Leseempfehlung für diesen tollen Roman, der zeigt, dass es sich lohnt für die eigenen Träume zu kämpfen.

Veröffentlicht am 01.09.2021

Ein packender historischer Roman

Krone des Himmels
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„Krone des Himmels“ ist mein erstes Buch über einen der Kreuzzüge und ich habe jede Seite dieser großartigen Lektüre genossen! Das Buch ließ mich die beschwerliche Reise ins Heilige Land, erbitterte Schlachten ...

„Krone des Himmels“ ist mein erstes Buch über einen der Kreuzzüge und ich habe jede Seite dieser großartigen Lektüre genossen! Das Buch ließ mich die beschwerliche Reise ins Heilige Land, erbitterte Schlachten und natürlich die Belagerung Akkons hautnah miterleben. Vor allem letzteres fand ich absolut faszinierend. Man bekommt ein sehr gutes Gefühl dafür wie es den Belagerern mit der Nahrungsknappheit und den grassierenden Seuchen erging und wie sie dennoch an der Hoffnung Jerusalem zu erreichen festhielten. Der Klappentext lässt eine große Lovestory erwarten, zum Glück stehen aber die historischen Ereignisse im Vordergrund.

Juliane Stadler erzählt ihre Geschichte aus mehreren Perspektiven, die Hauptrolle spielen dabei Aveline und Étienne. Der Leser erfährt durch sie viel über die gefährliche Reise ins Heilige Land, über die Arbeit der Wundärzte und das Leben der einfachen Soldaten. Bekannte historische Personen, wie Friedrich Barbarossa oder Richard Löwenherz, kreuzen die Wege der beiden und der Leser erlebt dadurch auch wichtige historische Momente. Gut gefallen hat mir dabei, dass Aveline und Étienne bei diesen Begegnungen nur selten eine größere Rolle spielen, meist sind sie, entsprechend ihrer niederen Stellung, nur Beobachter. Ein weiterer Handlungsstrang umfasst Sultan Saladin und Karakush, den Statthalter Akkons. Ich fand es sehr gelungen, dass wir im Roman auch die „Gegenseite“ kennenlernen. Juliane Stadler schafft es dadurch sehr eindringlich zu zeigen, dass sowohl Christen als auch Muslime ihre Beweggründe hatten und es auf beiden Seiten ganz normale Menschen waren die kämpften und starben. Ein generelles Gut oder Böse gab es nicht

Fazit
Mit „Krone des Himmels“ gelingt Juliane Stadler ein sehr spannender und fundiert recherchierter Debütroman. Das Buch wird als historisches Highlight des Jahres beworben, für mich ist es das definitiv! Ich freue mich schon auf weitere Bücher von ihr!