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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.10.2021

Schon ein echter Münchner, dieser Krimi eben und die Immobilienbranche ist auch mit dabei

Betongold
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Drei Jugendfreunde, drei doch sehr unterschiedliche Lebenswege und heute, da sind sie immer noch Freunde, so ziemlich jedenfalls. Da ist der Schami, die Figur, die eigentlich für die ganze Kriminalgeschichte ...

Drei Jugendfreunde, drei doch sehr unterschiedliche Lebenswege und heute, da sind sie immer noch Freunde, so ziemlich jedenfalls. Da ist der Schami, die Figur, die eigentlich für die ganze Kriminalgeschichte verantwortlich ist, denn der wird von dem zweiten im Bunde, dem Smokey, eines Tages auf einem seiner langen Spaziergänge, tot in einer Baugrube gefunden. Und weil der Smokey eigentlich Josef Frey heißt und bis zu seinem Ausscheiden, wegen Morbus Bechterew, Mordermittler bei der Polizei war, macht der sich, einmal Polizist, immer Polizist, daran, aufzuklären, wer hierfür verantwortlich ist. Und da der Schami zuletzt recht erfolgreich als Immobilienhai unterwegs war, ist das doch schon mal ein vielversprechender Ansatzpunkt. Und um den dritten der Truppe nicht zu vergessen, das ist der Moni, der nach dem Tod seiner Frau die gemeinsame Kneipe nun im Alleingang schmeißt. Ja mei, man sieht, das ist also die Ausgangslage für einen, man kann es sich bei diesen Protagonisten schon denken, recht eigenen Kriminalroman, mit viel Münchner Flair, einem Thema, das in einer solchen Stadt richtig schlimme Auswüchse zeigt, dem Treiben der Immobilienbranche und am Ende, sauber, ist der Fall dann auch noch aufgeklärt.
Eine spannende (muss ja bei einem Krimi auch sein) und sehr witzige Geschichte, die richtig gute Unterhaltung bietet.

Veröffentlicht am 24.09.2021

Familiengeschichte, historisch eingebunden und von sehr lebendigen Menschen getragen

Die Blankenburgs
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Ein Familienepos, ja, so kann man diesen Roman, der um die Zeit um 1929 seinen Anfang nimmt, nennen, denn hier wird die Geschichte der Familien Blankenburg und Löwenstein erzählt. Aber die damit verbundenen ...

Ein Familienepos, ja, so kann man diesen Roman, der um die Zeit um 1929 seinen Anfang nimmt, nennen, denn hier wird die Geschichte der Familien Blankenburg und Löwenstein erzählt. Aber die damit verbundenen Erwartungen von konservativer Gediegenheit und Schwere, die werden hier zum Teil wunderbar aus den Angeln gehoben.
Das Familienunternehmen Blankenburg steht, in der Zeit des aufblühenden Nationalsozialismus, vor großen Herausforderungen und als sich das Firmenoberhaupt und der Schwiegersohn entschließen, sich der Verantwortung für das Haus auf sehr endgültige Weise zu entziehen, nämlich indem sie den Freitod wählen, da ist dies schon eine hochdramatische Situation. Ein Neuanfang muss her, darüber zumindest ist sich die Familie einig. Wohin wird die nächste Generation das Unternehmen führen, wird man in geschäftlichen Dingen zu einer Einigung kommen, am gleichen Strang ziehen, zum Wohle des Geschäfts. Da prallen sehr unterschiedliche Charaktere aufeinander und die Mithineinnahme der Löwensteins gibt der Geschichte noch mal eine ganz andere, politische Tragweite. Abet es ist eben nicht nur die Historie, die diesen Roman trägt, sondern die agierenden Protagonisten, alle von sehr verschiedener Wesensart und in den meisten Fällen auch durchaus bereit, für das Ausleben ihrer Eigenheiten einzutreten. Was dabei herauskommt, ist sehr lebendig, bunt, emotional und auch berührend und so manch dunkles Geheimnis tritt ebenfalls ans Licht.
Eine Familiengeschichte, die wirklich viel zu bieten hat!

Veröffentlicht am 08.08.2021

Das Theater als Ort der Fantasie und doch ziemlich real

Unsichtbar im hellen Licht
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Celeste ist 12 und was sie in dieser Geschichte erlebt, kann eigentlich gar nicht sein. Von einem Moment zum anderen wird sie in eine Welt versetzt, die nicht die ihre ist. Alles was sie kennt ist verschwunden, ...

Celeste ist 12 und was sie in dieser Geschichte erlebt, kann eigentlich gar nicht sein. Von einem Moment zum anderen wird sie in eine Welt versetzt, die nicht die ihre ist. Alles was sie kennt ist verschwunden, obwohl sich mit der Zeit doch wieder einige reale Sequenzen aus ihrem alten Leben auftun. Als das geschieht, findet sie sich in einem Köstümkorb in der Königlichen Oper wieder und der smaragdgrün gekleidete Mann vor ihr fordert sie zu einem Spiel heraus. Drei Aufgaben muss sie bewältigen, sollte sie ihre Familie und all die Menschen wiedersehen wollen, die ihr am Herzen liegen. Was geschieht hier, ist dies ein Traum und gleich wird sie wieder erwachen und alles ist gut. Nein, das ist es nicht. So einfach wird es Celeste nicht gemacht und so bleibt ihr nichts anderes übrig, als sich dieser unbegreiflichen Fantasiewelt dieses Theaters zu stellen und über sich hinaus zu wachsen. Denn es ist vor allem sie allein, die hier das Geschehen vorantreibt, wenn da auch im Laufe der Zeit ein paar Figuren in Erscheinung treten, die dann zu Freunden werden.

Diese Geschichte ist pure Fantasie, sphärisch im Raum schwebend, total unreal und vernunftmäßig nicht erfassbar, gleichzeitig aber doch von realen Dingen, die Celeste auch aus ihrer eigenn Welt kennt, zusammengehalten. Wenn man das vernünftig erwachsen hinterfragt, hat man schon ein bisschen verloren. Aber wenn man einfach loslässt und sich von der Autorin mitnehmen lässt in dieses kreative Geschichtengebilde, dann ist das ein absolut tolles Leseerlebnis. Hier kann man den Alltag mal für eine Weile hinter sich lassen und tatsächlich träumen.

Veröffentlicht am 16.07.2021

Auf der Suche sich treiben lassen und alles fließt

Weiße Nacht
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Korea ist ein fernes für viele vielleicht auch exotisches und in seinem gesellschaftlichen Gefüge sehr fremdes Land und diese irgendwie im Raum schwebende Geschichte öffnet eine Welt, die tief hinein geht ...

Korea ist ein fernes für viele vielleicht auch exotisches und in seinem gesellschaftlichen Gefüge sehr fremdes Land und diese irgendwie im Raum schwebende Geschichte öffnet eine Welt, die tief hinein geht in das Innerste seiner Menschen. Auf jeden Fall kommt es mir so vor.
Der eine Mensch, der hier für viele steht, heißt Ayami. Schauspielerin ist die junge Frau gewesen, aber irgendwie ist ihr der Beruf auf ihrem Weg verloren gegangen, vielleicht auch durch ihre neue Arbeit als Mädchen für alles in einem Hörtheater in Seoul. Dort hat sie sich zwei Jahre darum gekümmert, dass der tägliche Ablauf 'funktioniert' und die einzige Person, die dort noch agierte, war ein Direktor, ein hochgebildeter Mann mit Studium, der jedoch jetzt genauso perspektivlos und mit wenig Hoffnung auf eine neue Anstellung auf der Straße steht, denn heute wird das Theater endgültig geschlossen.
Und nun treten diese Personen, sozusagen aus dem festen Fundament der geregelten Arbeit, hinaus auf die Straße und lassen sich Stück für Stück verschlingen von der siedend heißen Nacht der Stadt. Ganz langsam werden sie ihrer Konturen entledigt und zusammen mit anderen zu einem ineinander fließenden Traum, so faszinierend anders und erzählt mit einer zarten feinen von einer unterschwelligen Poesie getragenen Sprache, die uns einfach mitnimmt in diesen flirrenden Menschentraum.
Es ist etwas wirklich besonderes, sich diese ganz und gar koreanisch dargebotene Geschichte erlesen zu dürfen, mit all ihrer Traurigkeit, der Einsamkeit ihrer Menschen und einer berührenden Fremdheit, in einen aber dennoch sehr 'mitgenommen' hat.

Veröffentlicht am 11.07.2021

Ein Leben und eine Entscheidung, die jeder ganz für sich trifft

Du wirst es mir niemals sagen
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Liv Maria, so der Originaltitel und Liv Maria, so der Inhalt. In diesem Buch begleiten wir diese recht eigene Frau, beginnend mit ihrer Kindheit, über die Zeit ihrer Reisen bis hin zu dem Ort im schönen ...

Liv Maria, so der Originaltitel und Liv Maria, so der Inhalt. In diesem Buch begleiten wir diese recht eigene Frau, beginnend mit ihrer Kindheit, über die Zeit ihrer Reisen bis hin zu dem Ort im schönen Irland, an dem sie seßhaft wird und ein Familie gründet.
Aufgewachsen auf einer kleinen idyllischen bretonischen Insel, mit einer eher wortkargen Bretonin als Mutter und einem norwegischen Vater, den der Zufall auf dieses Eiland und zu seinem Glück geführt und der Liv Maria schon früh die Welt des Lesens eröffnet hat, verlebt das Kind, umsorgt von einer liebevollen verbundenen Verwandtschaft und der Gemeinschaft der Inselbewohner, eine glückliche Kindheit, bis zu dem Tag, als ein gerade erst Zugereister sie bedrängt. Sie selbst sieht das nicht 'als einen gravierenden Vorfall' an, aber ihre Eltern treffen eine radikale etwas unverständliche Entscheidung und schicken ihre Tochter weg, gleich am nächsten Tag, weg aus ihrer Welt, umgeben vom Meer, wo sie so glücklich war und die sie eigentlich nie verlassen wollte. Sie kommt zu ihrer Tante nach Berlin, wird dort herzlich aufgenommen und erlebt mit dem englischen Gastprofessor ihres Seminars ihre erste sehr allumfassende Liebe, genährt von ihrer beiden Leidenschaft für das Wort. Als ihre Eltern bei einem Unfall sterben, kehrt sie kurzzeitig auf die Insel zurück und führt das Cafe ihrer Mutter weiter und zudem eine kleine Pension. Ihre Onkel helfen ihr dabei, geben ihr aber auch zu verstehen, das sie sich etwas anderes für sie wünschen. Sie soll hinausgehen in die Welt, sie erkunden und so zu sich selbst und ihrem eigenen Leben finden. Und das tut sie dann auch und irgendwann findet sie ihr Zuhause. Aber das ist nicht das Ende.
Liv Maria und diese Geschichte, sie passen zusammen, in der Eigenheit der Geschehnisse, ganz fein in den Details ihrer Gedanken und in dem fließenden Schreibstil, der einen einfach mitnimmt und dafür sorgt, dass man sich so gar nicht fragt, warum man hier eigentlich so intensiv dabei ist. Denn Begriffe wie packend oder gar berührend verbindet man eher nicht mit diesem Roman. Aber die Geschichte 'hat eben etwas' und irgendwie wartet man im Unterbewussten auch auf das große Ende. Was groß ist, darüber lässt sich natürlich streiten, aber wenn dies anders bedeutet, unerwartet und vielleicht auch gar nicht so, wie man es sich wünschen würde bzw. vorstellen kann, dann passt das hier auf den Punkt. Man muss Liv Maria nicht in jedem Fall mögen, aber sie achten und ihre Entscheidung akzeptieren, das geht.
Ein besonderes Buch und gerade das gefällt.