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Veröffentlicht am 24.10.2021

"Im Leben ist das Beste nur ein Rausch." (George Gordon Byron)

Polizeiärztin Magda Fuchs – Das Leben, ein großer Rausch
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1922 Berlin. Polizeiärztin Magda Fuchs ist endlich in Berlin heimisch geworden und hat sich sogar eine eigene Frauenpraxis zugelegt, in der sie an einigen Tagen in der Woche praktiziert. Als sie in ihrer ...

1922 Berlin. Polizeiärztin Magda Fuchs ist endlich in Berlin heimisch geworden und hat sich sogar eine eigene Frauenpraxis zugelegt, in der sie an einigen Tagen in der Woche praktiziert. Als sie in ihrer Funktion als Polizeiärztin zu einem Tatort gerufen wird, nimmt sie das Verbrechen persönlich mit. Das Opfer hat sich mit schwersten Stichverletzungen noch zu ihrem Baby geschleppt, bevor sie starb. Gemeinsam mit Kommissar Kuno Mehring, der auch privat eine große Rolle in Ihrem Leben spielt, macht sich Magda daran, dem Täter auf die Spur zu kommen, denn immer mehr junge Frauen, die sich prostituieren, kommen gewaltsam zu Tode oder werden schwer verletzt. Die Suche gestaltet sich wie nach der Nadel im Heuhaufen, und dann stößt auch noch Magdas Freundin Doris etwas zu…
Das Autorenduo Helene Sommerfeld hat mit „Das Leben, ein großer Rausch“ den zweiten Band um die Polizeiärztin Magda Fuchs vorgelegt, der nicht nur mit einem gut recherchierten historischen Hintergrund besticht, sondern auch mit einer spannenden Geschichte aufwarten kann, die den Leser schnell in den Bann zu ziehen weiß. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lässt einen sofort in die Handlung abtauchen und findet sich im Berlin der zwanziger Jahre wieder, um sich an Magdas Fersen zu heften. Die Autoren lassen eine Stadt mit zwei Gesichtern lebendig werden, die eine lebt in Saus und Braus, während die andere kaum weiß, wie sie sich ernähren soll, die Inflation hat alle im Griff. Obwohl als Polizeiärztin tätig, muss auch Magda sich ein zweites Standbein schaffen, um über die Runden zu kommen. Neben den gesellschaftlichen und politischen Akzenten sind es vor allem die persönlichen Probleme von Frauen, die das Autorenduo empathisch in ihre Handlung miteinwebt. Magda hat in ihrer Praxis mit einem bunten Publikum zu tun, die mit den unterschiedlichsten Wehwehchen an sie herantreten und so manchen inneren Konflikt bei Magda auslösen. Interessant sind auch ihre eigenen Gedanken über Familie und Kinder, denn die momentane wirtschaftliche Lage macht ihr nicht gerade große Hoffnungen. Auch die anderen Bewohner der Pension müssen Entscheidungen treffen und der Einblick in ihre Welt ist ebenso spannend wie Kunos und Magdas Jagd nach dem Mörder. Besonders herauszustellen ist auch hier wieder einmal, wie gekonnt ein Kriminalfall in den historischen Kontext eingebunden und nebenbei das alltägliche reale Leben der Menschen präsentiert wurde.
Die liebevoll und lebendig gestalteten Charaktere haben sich glaubhaft weiterentwickelt und verstehen es, den Leser an sich zu binden. Magda ist eine hilfsbereite und fleißige Frau, die sich immer hinterfragt und für ihre Patientinnen nur das Beste will. Freundin Ina ist warmherzig und fürsorglich, aber auch eine große Unterstützung für Magda. Celia steht vor einer schwierigen Entscheidung, denn sie möchte studieren, hat aber auch ihr Herz verloren. Schauspielerin Doris ist unbeschwert und genießt alles, was ihr das Leben bietet, bis es sie einen hohen Preis bezahlen lässt. Kuno ist ein pragmatischer und analytisch denkender Kommissar, doch Magda gegenüber ist er warmherzig und liebevoll.
Mit „Das Leben, ein großer Rausch“ ist dem Autorenduo eine sehr unterhaltsame und spannende Fortsetzung gelungen, die dem Leser die Lage im Berlin der zwanziger Jahre nahe bringt, einen undurchsichtigen Kriminalfall präsentiert und nebenbei auch noch die gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Lage der Bevölkerung durch unterschiedliche Schicksale beleuchtet. Für diesen Pageturner ist eine absolute Leseempfehlung mehr als verdient!

Veröffentlicht am 24.10.2021

"Der große Vorteil eines Hotels ist, dass es eine Zuflucht vom Zuhause ist."(G. B. Shaw)

Das Weiße Haus am Rhein
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1918. Der erste Weltkrieg ist für Deutschland verloren, und das Hotel Dreesen am Rhein, einst als Luxusherberge das erste Haus am Platz, dient als Unterkunft für die französischen Besatzer. Während die ...

1918. Der erste Weltkrieg ist für Deutschland verloren, und das Hotel Dreesen am Rhein, einst als Luxusherberge das erste Haus am Platz, dient als Unterkunft für die französischen Besatzer. Während die Besiegten und Verletzten nach und nach von der Front zu ihren Familien zurückkehren, ist auch Emil Dreesen auf dem Weg nach Hause, allerdings als Deserteur. Sein ehemaliges Zuhause erkennt er kaum wieder, und sein Vater hat nur Verachtung und Wut für ihn übrig. Ganz anders reagiert da seine Schwester Ulla, die sich sofort mit ihm verbündet und neue Pläne für das Hotel schmiedet. Mit dem Zimmermädchen Elsa, einer jungen Witwe, die sich für Frauenrechte einsetzt, teilt Emil nicht nur die Gesinnung, sie hat sein Herz schon bald im Sturm erobert, doch müssen sie ihre Liebe aufgrund des Standesunterschieds geheim halten. Emil gerät mit seinen neuen Ideen für die Rettung des Hotels immer wieder mit seinem Vater aneinander, doch nach und nach muss der Patriarch einsehen, dass Emil nur das Beste für das familiengeführte Hotel und seine Erhaltung will…
Helene Winter hat mit „Das Weiße Haus am Rhein“ einen sehr unterhaltsamen historischen Schmöker vorgelegt, der nicht nur die Zeit der französischen Besatzer am Rhein wieder sehr lebendig werden lässt, sondern auch eine Familiensaga präsentiert, die den Leser von der ersten Seite an die Seiten fesselt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Schreibstil macht den Einzug ins alte „Dreesen“ leicht, auch wenn kurz nach dem Krieg der Komfort durch die begrenzten Mittel wenig luxuriös ist. Doch viel spannender ist die Rückkehr von Emil, der sich als Deserteur wie ein Verbrecher ins Haus schleicht und miterleben muss, wie die Franzosen das Hotel besetzen und die Familie sowie die Gäste eigentlich sofort vor die Tür setzen wollen. Nur durch Emils Verhandlungsgeschick behalten alle ihr Dach über dem Kopf, auch wenn sich einige Angestellte noch immer nicht damit anfreunden können, dass sie zu den Besiegten gehören und sich lauthals über die „Froschfresser“ aufregen. Obwohl er bei seinem Vater einen schweren Stand hat, setzt Emil alles daran, das Hotel in die Zukunft zu führen, was zu heftigen Streitigkeiten führt. Doch mit Freund Robert sowie Schwester Ulla hat er starke Unterstützung an seiner Seite. Die Autorin schildert den damaligen Alltag so realistisch, dass man alles wunderbar vor Augen hat. Dabei hält sie dem Leser nicht nur einen Platz innerhalb der Familie frei, sondern lässt ihn auch unter den Angestellten Mäuschen spielen, die während der Arbeit ihre Ansichten und politischen Gesinnungen kundtun. Spannend dargestellt sind die unterschiedlichen Richtungen, die die einzelnen Protagonisten verfolgen. Die einen stehen für den Fortschritt und die Zukunft, die anderen sind in der Kaiserzeit stehengeblieben und pflegen weiterhin ihren Standesdünkel. Zusätzlich sorgen auch noch zwielichtige Gestalten für Spannung, die sich mit Informationen bereichern wollen, anstatt einer anständigen Arbeit nachzugehen.
Die Charaktere sind realistisch und lebendig dargestellt, überzeugen den Leser durch glaubwürdige Ecken und Kanten, so dass dieser ihnen unauffällig auf Schritt und Tritt folgt. Emil ist ein offener und innovativer junger Mann, der die Ärmel hochkrempelt und anpacken will, damit es aufwärts geht. Er ist genauso stur wie sein Vater, weshalb die beiden immer wieder aneinander geraten. Ulla ist eine liebenswerte und unvoreingenommene Frau mit einer gesunden Neugier. Robert ist ein Schwerenöter, der Emil ein guter und unterstützender Freund ist. Elsa kämpft für Gleichheit und Frauenrechte, ist intelligent und fleißig. Claire ist gebildet, künstlerisch begabt und sehr modern.
„Das Weiße Haus am Rhein“ ist ein schöner Schmöker mit einem guten Mix aus Fiktion und Realität, der Familiengeschichte, Historie, Liebe und Freundschaft in sich vereint. Absolute Leseempfehlung für eine fesselnde Geschichte, die sich sehr kurzweilig lesen und in vergangene Zeiten abtauchen lässt.

Veröffentlicht am 24.10.2021

Dem Himmel so nah

Rigi
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Seit ihr Mann Mario vor einem Jahr im Alter von 52 Jahren plötzlich verstarb, trauert die Journalistin um diesen Verlust, insgeheim jedoch wünscht sie sich weniger Schmerz und dass das Leben ihr noch etwas ...

Seit ihr Mann Mario vor einem Jahr im Alter von 52 Jahren plötzlich verstarb, trauert die Journalistin um diesen Verlust, insgeheim jedoch wünscht sie sich weniger Schmerz und dass das Leben ihr noch etwas zu bieten hat. Tochter Marie dagegen ist schon aufgebracht, wenn Elaine nur die Kleidung ihres Mannes aussortiert. Mit Hilfe einer Selbsthilfegruppe versucht Elaine, die Trauer zu überwinden und wächst mit ihren Mitleidenden immer enger zusammen. Als ihr Chefredakteur Elaine den Auftrag erteilt, zum 150-jährigen Jubiläum der Rigi-Bahn eine Artikelserie über die Rigi zu schreiben und vier Wochen auf dem Berg zu wohnen, nimmt Elaine dies zum Anlass, neue Erfahrungen und neue Menschen in ihr Leben zu lassen, vielleicht auch einen Hund…
Blanca Imboden hat mit „Rigi – ein fröhlicher Roman über traurige Menschen“ einen wunderschönen und gleichzeitig unterhaltsamen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur auf eine Reise in die Zentralschweizer Alpenregion am Vierwaldstätter See mitnimmt, um ihm dort mit der Rigi die Königin der Berge vorzustellen, sondern ihn auch mit Elaine und ihrer Trauerbewältigung bekannt macht. Der flüssige, farbenfrohe und empathische Erzählstil, der immer wieder durch humorige Einlagen durchbrochen wird, zaubert den Leser direkt an Elaines Seite, wo er die Gedanken- und Gefühlswelt der sympathischen Protagonistin aufs Genaueste studieren darf, während man sie in ihren unterschiedlichen Trauerphasen begleitet. Ein wichtiger Bestandteil dabei ist ihre Trauergruppe, die aus den unterschiedlichsten Charakteren besteht, sich jedoch aufgrund des gemeinsamen Schicksals immer enger aneinander bindet. Dabei steht der Pinguin ihnen als Namensvetter zur Verfügung, trauert er doch um seine Lieben ebenso herzzerreißend wie mancher Mensch. Elaines Auftrag, auf der Rigi dort lebende interessante Persönlichkeiten zu interviewen sowie schöne Wandermöglichkeiten auszukundschaften, um sie an den Leser zu bringen, bringt sie dazu, sich mit ihrer Trauer auseinanderzusetzen und sich der Zukunft zuzuwenden. Besuche ihrer Trauergruppe lenken sie ebenso ab wie neue Bekanntschaften, allen voran der Dachdecker Emil und der ältere Herr Vogelsang mit seinem Pudel Ajax. Die Autorin versteht es wunderbar, den Leser Zeuge von Elaines langsamer Wandlung werden zu lassen, während er mit Elaine eine traumhafte Alpenregion erlebt begleitet von den Klängen unzähliger Udo-Jürgens-Lieder. Einmal mehr wird klar, dass man Trauer zulassen muss, um für sich einen Abschluss zu finden und sich dadurch gestärkt dem Kommenden widmen kann.
Die Charaktere sind wunderbar gestaltet und in Szene gesetzt, mit ihren glaubwürdigen Eigenschaften fangen sie den Leser sofort ein, der sich ihnen gern anschließt und ihr Schicksal interessiert verfolgt. Elaine ist eine vielseitig interessiert Frau, die sich neuen Dingen nicht verschließt. Sie ist manchmal ein wenig zu gutmütig und traut sich nicht, auch mal nein zu sagen, was vor allem bei Tochter Marie angebracht wäre. Marie ist erwachsen, trauert ebenfalls um ihren Vater, platzt aber immer wieder in das Leben ihrer Mutter und versucht diese zu maßregeln. Herr Vogelsang ist ein lieber älterer Herr, der so manche Weisheit von sich gibt. Aber auch die Trauergruppe ist ein bunter Haufen, der sich gegenseitig stützt und auch viel Schönes miteinander erlebt. Und dann ist da noch Ajax, der plötzlich herrenlos ist und ebenso einen Verlust zu betrauern hat, wie die Menschen um ihn herum.
„Rigi – ein fröhlicher Roman über traurige Menschen“ ist eine Geschichte wie mitten aus dem Leben gegriffen: traurig, aber auch wunderbar herzlich, nahbar, tiefgründig, voller Wahrheit und dabei herrlich hoffnungsvoll. Am Ende hat man ein Lächeln im Gesicht, das ist eine absolute Leseempfehlung wert!

Veröffentlicht am 17.10.2021

"Wer lange glücklich sein will, muss sich oft genug verändern." (Konfuzius)

Die Schwestern vom Ku'damm: Ein neuer Morgen
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1966 Berlin. Die Nachkriegszeit ist überwunden, die Swinging Sixties haben Europa fest im Griff, auch das Modehaus Thalheim kann sich diesem Trend nicht erwehren, wo Chef-Designerin Miriam „Miri“ Feldmann ...

1966 Berlin. Die Nachkriegszeit ist überwunden, die Swinging Sixties haben Europa fest im Griff, auch das Modehaus Thalheim kann sich diesem Trend nicht erwehren, wo Chef-Designerin Miriam „Miri“ Feldmann das Zepter für die Kollektionen in der Hand hält und Stücke an die Kundinnen bringen will, die mit ihrer Farbenpracht Optimismus und Lebensfreude versprühen. Die Thalheim-Schwestern Rike, Silvie und Flori hat Miri an ihrer Seite, doch Patriarch Friedrich Thalheim muss noch überzeugt werden, das Unternehmen in die Zukunft zu führen. Mir hat ihr privates Glück mit Shani gefunden, und Adoptivtochter Jenny ist ihr wie ein eigenes Kind ans Herz gewachsen. Doch plötzlich kündigt sich unverhofft doch noch Nachwuchs bei Miri an, und eine Begegnung mit jemandem aus ihrer Vergangenheit bringt Erinnerungen an die dunkelste Zeit ihres Lebens wieder an die Oberfläche…
Brigitte Riebe hat mit „Ein neuer Morgen“ den finalen Band ihrer wunderbaren fünfteiligen historischen „Schwestern vom Ku’damm“-Reihe vorgelegt und dem Leser damit ein ganz besonderes Geschenk gemacht. Diesmal entführt sie ins Berlin der Swinging Sixties und erzählt rund um die Veränderungen im Kaufhaus die Geschichte der Halbjüdin Miriam Feldmann als uneheliche Tochter von Friedrich Thalheim. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zum letzten Besuch bei den Thalheims, wo er Berlin nicht nur als bereits geteilte Stadt erlebt, die Musik von Hendrix, den Beatles und Petula Clark im Ohr hat sowie die Studentenrevolten hautnah miterlebt, sondern vor allem Miri durch ihre Erinnerungen und ihr Leben im Hier und Jetzt auf Schritt und Tritt beisteht. Die Autorin versteht es wie kaum eine andere, die damaligen gesellschaftlichen und politischen Ereignisse akribisch recherchiert mit ihrer Handlung zu verbinden, so dass der Leser eine Zeitreise der ganz besonderen Art erlebt, während er gleichzeitig mit Miris Vergangenheit eine Gefühlsachterbahn der Extraklasse durchsteht. Die Begegnung mit einem alten Bekannten aus Kriegszeiten lässt ihre Erinnerungen aufleben, als sie sich lange verstecken musste, um von den Nazis nicht deportiert zu werden. Diese Ereignisse bringen auch den Leser an seine Grenzen und öffnen die Tränenschleusen ob der Erfahrungen, die Miri damals machen musste. Riebe spannt ihre Handlung von 1966 bis 1971, lässt das Kaufhaus Thalheim einmal mehr eine Wandlung Richtung Zukunft erfahren. Gleichzeitig beschert sie dem Leser mit viel Empathie eine Reise in die Vergangenheit, die manch Kriegsüberlebender so oder ähnlich erlebt haben kann. Gerade diese realistischen Bezüge machen Riebes Geschichten so anschaulich und wertvoll. Überraschende Wendungen machen die Handlung durchweg so spannend, dass man regelrecht an den Buchseiten festklebt.
Die Charaktere sind liebevoll und facettenreich ausgestaltet und lebendig eingepasst, mit ihren realistischen Eigenschaften haben sie den Leser sofort am Haken, der sich als unsichtbares Familienmitglied fühlt und rege teilnimmt an ihren Schicksalen. Miri ist eine warmherzige, mutige und starke Frau, die sich durch nicht unterkriegen lässt. In Shani hat sie einen liebevollen Ehemann gefunden, der sie in allem unterstützt. Tochter Jenny ist ein pubertierender Teenager, der langsam erwachsen wird und sich ausprobieren will. Aber auch Rike, Flori, Silvie, Friedrich und vielen anderen begegnet man in diesem Abschlussband noch einmal und kann sich gebührend von ihnen verabschieden.
„Ein neuer Morgen“ ist atmosphärisch dicht und tiefgründig. Brigitte Riebe setzt wie bei einen bunten Quilt nach und nach alle Stücke an den passenden Platz, woraus sich ein wunderbares Bild ergibt, das einzigartig und farbenfroh ist. Wer eine unvergessliche Geschichtsstunde par excellence und gleichzeitig ein unvergleichliches Lesevergnügen erleben will, kommt an der Ku’damm-Reihe nicht vorbei. Absolute Leseempfehlung – besser geht es nicht. Chapeau Frau Riebe!!!

Veröffentlicht am 10.10.2021

„Die Zeit, die du für deine Rose verloren hast, sie macht deine Rose so wichtig.“ (Antoine de Saint-Exupéry)

Madame Exupéry und die Sterne des Himmels
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1930 Paris. Die junge südamerikanische Malerin Consuelo lebt seit über 10 Jahren in Europa und hat in der französischen Metropole eine neue Heimat und ihren ersten Ehemann gefunden. Aufgrund ihres Talents ...

1930 Paris. Die junge südamerikanische Malerin Consuelo lebt seit über 10 Jahren in Europa und hat in der französischen Metropole eine neue Heimat und ihren ersten Ehemann gefunden. Aufgrund ihres Talents gehören einige Größen der damaligen Kunstszene schon bald zu ihrem Freundeskreis. Als ihr Ehemann verstirbt, kehrt sie Europa den Rücken und geht nach Buenos Aires, wo sie bei einer Veranstaltung dem adligen französischen Schriftsteller und Piloten Antoine des Saint-Exupéry begegnet, der bald darauf ihr Schicksal werden soll. Antoine schreibt ihr einen so anrührenden Brief, der den Weg in ihr Herz findet und es dauert nicht lange, da sind die beiden verheiratet. Während Antoine seine Träume auslebt und Consuelo als seine Muse bezeichnet, stellt diese ihre eigenen Karrierepläne hintenan, um immer für ihren umtriebigen Ehemann da zu sein und dabei sich selbst zu vergessen…
Sophie Villard hat mit „Madame Exupery und die Sterne des Himmels“ einen sehr unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der nicht nur die Geschichte über die Entstehung des weltberühmten Buches „Der kleine Prinz“ erzählt, sondern auch die Liebe zwischen dem Autor Antoine des Saint-Exupéry und seiner Ehefrau Consuelo beleuchtet. Mit flüssigem, farbenfrohem und gefühlvollem Erzählstil lädt die Autorin den Leser ein, sich auf Zeitreise und gleichzeitig auf eine Reise um die Welt zu begeben, um zwei außergewöhnliche und gleichsam faszinierende Persönlichkeiten kennenzulernen, die miteinander ein rastloses und unstetes Leben führen und trotz der immer wieder aufwallenden Differenzen und Zerrissenheit nicht ohne einander existieren konnten. Wechselnde Perspektiven und Zeitsprünge heben dabei den Spannungslevel und lassen den Leser konstant an den Seiten kleben, um keinen wichtigen Moment zu verpassen, während er mit dem Paar mal in Paris, Casablanca oder New York weilt. Obwohl Consuelo die Hauptrolle innerhalb der Geschichte spielt, wird das Augenmerk auch besonders auf Antoine gelegt. Den einen gibt es nicht ohne den anderen. Consuelo konzentriert sich nach der Eheschließung hauptsächlich auf ihren Mann, dessen Welt sich ausschließlich um sich selbst dreht. Er lebt über seine Verhältnisse und ist ein unruhiger Geist, der seine Leidenschaften im Fliegen und vor allem in der Schriftstellerei auslebt. Zudem ist er kein Kind von Traurigkeit und macht mit seinen Liebschaften Consuelo das Leben zusätzlich schwer, deren Geduld überbordend strapaziert wird. Erstaunlich bei dieser doch recht starken Frau ist, wie lange sie das Verhalten ihres Mannes erträgt und sich von ihm ständig bevormunden oder vor vollendete Tatsachen stellen lässt. Während der Leser dem Ehechaos folgt und gefühlsmäßig mit eingebunden ist, entsteht der weltbekannte „Kleine Prinz“, dessen Rose sinnbildlich für Consuelo steht, die Antoine als seine Muse und große Liebe verehrt. Die Autorin verwebt in ihrer Geschichte Fiktion und Tatsachen so gekonnt miteinander, so dass daraus ein Roman wird, der den Leser auf eine Achterbahn der Gefühle schickt.
Liebevoll in Szene gesetzte Charaktere sprühen vor Lebendigkeit, ihre individuellen Eigenschaften wirken glaubwürdig und nehmen den Leser in ihre Mitte. Consuelo ist eine temperamentvolle, sympathische Frau, die sich in der Beziehung als äußerst geduldig und zurücknehmend erweist und hier vor allem ihre Stärke beweist. Antoine ist zwar charmant, aber ein rastloser Egoist erster Güte, alles dreht sich nur um ihn, er ist bevormundend, verletzend, arrogant und dazu kein Kostverächter.
„Madame Exupery und die Sterne des Himmels“ erlaubt einen wunderbaren Blick in das bunte, aber auch chaotische Leben des Autors und seiner Ehefrau, wobei eine unendliche Liebe hervorblitzt, die man in ihrer Art vielleicht nicht versteht, jedoch neidlos anerkennen muss. Die Entstehung des „Kleinen Prinzen“ bildet als zauberhaftes Extra den Rahmen dieser Geschichte. Wunderschön erzählt, was eine absolute Leseempfehlung mehr als rechtfertigt!