Spannend, informativ und biografisch
Nach dem Tod komm ich"Manch ein Geruch verflüchtigt sich schnell, Leichengeruch zählt nicht dazu." Zitat Seite 56
Da ist sie wieder: die Faszination des Bösen. Die mich unwiderstehlich anzieht, in einen Rausch versetzt und ...
"Manch ein Geruch verflüchtigt sich schnell, Leichengeruch zählt nicht dazu." Zitat Seite 56
Da ist sie wieder: die Faszination des Bösen. Die mich unwiderstehlich anzieht, in einen Rausch versetzt und ungläubig den Kopf darüber schütteln lässt, was es so alles gibt. Hier, in unmittelbarer Umgebung. Dort, bei euch. Gewalttaten, von denen wir in der Zeitung lesen oder im TV/Radio hören. Von denen wir vielleicht Zeugen oder - im schlimmsten Falle - selbst betroffen sind. Jemand wurde erstochen, eine junge Frau sexuell missbraucht und anschließend verstümmelt, ein älterer Herr ist betrunken die Kellertreppe heruntergestürzt und hat sich dabei tödlich verletzt. Meistens enden die Berichte an dieser Stelle, denn das Wichtigste wurde erzählt, doch für Thomas Kundt fängt es hier erst richtig an. Denn nach dem Tod kommt er...
Thomas Kundt ist "Ein echter Tatortreiniger". Aufmerksam wurde ich auf ihn per Zufall, als ich mich durch Instagram geklickt hatte und plötzlich innehalten musste ob der Bilder, die ich sah. Bilder mit Dreck, Blut und Insekten. Das hatte mich zutiefst schockiert, ich war angewidert - naja, und interessiert, ich geb's ja zu. Ich wollte wissen, mit wem oder was ich es da zu tun hatte. Also blieb ich hängen und las und staunte und las weiter.
Erwartet hatte ich nicht viel: einen Roman, ähnlich wie ein Sachbuch aufgebaut, mit allerlei Hintergrundwissen. Das bekam ich auch, aber das war längst nicht alles. In diesem Werk stecken so viel Witz und Charme, dass mich das zu Beginn völlig überrumpelt hat. Und das ist eigentlich ziemlich klug gewählt worden, denn so wird der (sonst vielleicht zu trockene) Inhalt ordentlich aufgelockert. Dabei bekommt man auch einiges von Kundt selbst mit. Wie er so tickt, was er erlebt hat, die eine oder andere skurrile Pointe aus seinem Alltag und wie er eigentlich Tatortreiniger wurde. I'm totally hooked! Dass ich ihn mal live auf einer Lesung erleben möchte, steht für mich außer Frage.
Der Schreibstil ist überaus passend: locker, modern, alltagstauglich quasi. Man hat das Gefühl, Kundt würde einen direkt ansprechen und die Worte wählen, die er auch sonst verwendet. Frei heraus und ohne viel Tamtam. Mochte ich sehr!
Fazit: Eine sehr interessante Geschichte über das Leben, den Tod und das Zwischenmenschliche, gespickt mit nützlichen Infos, Insiderwissen - und einigen biografischen Elementen. Lesetipp!