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Veröffentlicht am 02.11.2021

Grundstein aller heutigen Vampirgeschichten

Interview mit einem Vampir
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Erzählt wird die Geschichte von Louis de Pointe du Lac, der im Alter von 24 Jahren zum Vampir gemacht wird. Wir befinden uns in New Orleans im ausgehenden 18. Jahrhundert. Louis hat seine Frau und ihr ...

Erzählt wird die Geschichte von Louis de Pointe du Lac, der im Alter von 24 Jahren zum Vampir gemacht wird. Wir befinden uns in New Orleans im ausgehenden 18. Jahrhundert. Louis hat seine Frau und ihr gemeinsames Baby verloren und kann dieses Schicksal nicht verkraften. Es zermürbt ihn, nagt an seiner Seele, bringt ihn beinahe um den Verstand. Er empfindet nur noch Schmerz und Trauer. Doch ehe er den Mut aufbringt, sein Leben zu beenden, taucht Lestat de Lioncourt auf. Er bietet sich Louis als Lehrmeister an, als Wegweiser in die verschlingende Welt der Dunkelheit - und Louis trifft eine folgenschwere Entscheidung.

Zitat: "Er ließ ihn am Ufer des Mississippi zurück, irgendwo zwischen Tod und Leben."

Diese Ereignisse werden in Rückblenden erzählt, denn die sekundäre Storyline zielt auf das Heute ab. Hierbei handelt es sich fast ausschließlich um einen Dialog zwischen dem Vampir und einem jungen Mann, der das Interview führt.

Zitat: "Es gab die Hölle. Egal wo ich hinging, ich befand mich in ihr."

Man merkt gar nicht, dass es Erzählungen sind, denn die Redeanteile von Louis sind so einnehmend, ergreifend und spannend, dass die Grenzen der Zeit miteinander zu verschwimmen scheinen. Das liegt sowohl an Rices lebhaftem und teilweise romantisch-düsterem Schreibstil als auch an der Faszination des Unsterblichen. Die Autorin hat ein Gespür dafür, wann sie Dramatik einfließen lässt oder das Augenmerk auf die Handlungsorte wie New Orleans oder Transsilvanien lenkt.

Die drei Hauptcharaktere wurden so fein gezeichnet, dass sie mir mit all ihren Ecken und Kanten ans Herz gewachsen sind. Ich habe Louis' innere Zerrissenheit und Traurigkeit gespürt, Lestats Wunsch nach einem Gefährten und Claudias Wut darüber, für immer gefangen im Körper eines Kindes sein zu müssen. So hat jeder von ihnen mit den Konsequenzen der Unsterblichkeit zu kämpfen, mit seinen Erinnrungen, muss sich selbst fragen, ob diese ein Geschenk sind - oder ein Fluch.

Persönliches Fazit: Louis' Lebensgeschichte ist mittlerweile weltbekannt und ich hoffe, dass auch die Generationen nach uns sie lieben lernen und zu schätzen wissen. Beeindruckend, zeitlos und womöglich der Grundstein für alle heutigen Vampirgeschichten.

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Veröffentlicht am 27.10.2021

Meine Neuerscheinung des Jahres

Inmitten der Nacht
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Gibt es eine ausgelassenere und entspanntere Zeit als den Urlaub? Die meisten Menschen arbeiten das ganze Jahr auf diese zwei oder drei Wochen hin, zählen die Tage, bis es endlich so weit ist. Ich persönlich ...

Gibt es eine ausgelassenere und entspanntere Zeit als den Urlaub? Die meisten Menschen arbeiten das ganze Jahr auf diese zwei oder drei Wochen hin, zählen die Tage, bis es endlich so weit ist. Ich persönlich richte mir jedes Mal einen Countdown ein, der meine Vorfreude mit jedem Tag, jeder Stunde, jeder Minute, die vergeht, wachsen lässt. Aber was, wenn sich der lang ersehnte Urlaub ganz anders entwickelt als geplant und in einem Albtraum endet? Genau so ergeht es Amanda und ihrer Familie.

Zitat: „Der Zustand der Welt machte ihr Sorgen, und sich um andere Menschen zu kümmern, fühlte sich beinahe wie Widerstand an. Vielleicht blieb ihnen nicht mehr als das.“ (E-Book, S. 182)

In seinem Roman „Inmitten der Nacht“ entwirft Rumaan Alam eine sozialkritische Studie, die nicht treffender das Miteinander unserer Gesellschaft beschreiben könnte. Im Großen wie im Kleinen schildert Alam am Beispiel zweier Familien die Themen, die auch uns tagtäglich begleiten: Rassismus, Macht und Geld, Generationenkonflikte und Klimawandel, die Abhängigkeit von einer digitalen Welt sowie Konsumsucht. Er versteht es auf faszinierende Weise, subtil auf Missstände aufmerksam zu machen und unbequeme Wahrheiten auszusprechen, ohne dabei zu belehren oder zu verurteilen.

Rumaan Alam zeichnet wunderbare Charaktere. Jeder einzelne könnte nicht glaubwürdiger und realistischer sein. Sie alle haben Ecken und Kanten, lassen sich von Emotionen leiten, erliegen dem Charme ihres jeweiligen Alters. So verschieden sie auch sind, jeder von ihnen ist auf seine ganz eigene Weise Sympathieträger.

Auch sprachlich konnte mich Rumaan Alam vollends überzeugen. Auf intelligente Weise erzählt er eine Story, die unserer aller Leben bestimmen könnte. Selten ist mir ein Buch untergekommen, das so gekonnt gehobene und Alltagssprache miteinader verbindet. Dabei findet Alam immer das richtige Maß an Ernst, Anzüglichkeit und Wortwitz, um die Handlung abwechslungsreich und spannend zu gestalten.

Obwohl ich mich kurzzeitig gefragt habe, worauf die ganze Story letztendlich hinauslaufen soll, hat mich „Inmitten der Nacht“ gleichermaßen begeistert wie bestürzt. Mein zwischenzeitliches Schwanken stellte sich übrigens als völlig unbegründet heraus. Alam schließt seinen Roman mit einem brillanten Ende, das, so offen es auch bleibt, keinen Zweifel am Ausgang der Story lässt, dafür aber zum Nachdenken anregt.

Persönliches Fazit: Dieses Buch wirkt nach! Jeder von uns wird sich selbst erschrocken an der ein oder anderen Stelle wiedererkennen.
Zugegeben: Ich hatte in diesem Jahr schon einige Highlights, aber Rumaan Alam toppt alles bisher Dagewesene. „Inmitten der Nacht“ ist für mich DIE Neuerscheinung des Jahres und sie sollte in keinem Bücherregal fehlen!

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Veröffentlicht am 25.10.2021

Spannend, informativ und biografisch

Nach dem Tod komm ich
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"Manch ein Geruch verflüchtigt sich schnell, Leichengeruch zählt nicht dazu." Zitat Seite 56

Da ist sie wieder: die Faszination des Bösen. Die mich unwiderstehlich anzieht, in einen Rausch versetzt und ...

"Manch ein Geruch verflüchtigt sich schnell, Leichengeruch zählt nicht dazu." Zitat Seite 56

Da ist sie wieder: die Faszination des Bösen. Die mich unwiderstehlich anzieht, in einen Rausch versetzt und ungläubig den Kopf darüber schütteln lässt, was es so alles gibt. Hier, in unmittelbarer Umgebung. Dort, bei euch. Gewalttaten, von denen wir in der Zeitung lesen oder im TV/Radio hören. Von denen wir vielleicht Zeugen oder - im schlimmsten Falle - selbst betroffen sind. Jemand wurde erstochen, eine junge Frau sexuell missbraucht und anschließend verstümmelt, ein älterer Herr ist betrunken die Kellertreppe heruntergestürzt und hat sich dabei tödlich verletzt. Meistens enden die Berichte an dieser Stelle, denn das Wichtigste wurde erzählt, doch für Thomas Kundt fängt es hier erst richtig an. Denn nach dem Tod kommt er...

Thomas Kundt ist "Ein echter Tatortreiniger". Aufmerksam wurde ich auf ihn per Zufall, als ich mich durch Instagram geklickt hatte und plötzlich innehalten musste ob der Bilder, die ich sah. Bilder mit Dreck, Blut und Insekten. Das hatte mich zutiefst schockiert, ich war angewidert - naja, und interessiert, ich geb's ja zu. Ich wollte wissen, mit wem oder was ich es da zu tun hatte. Also blieb ich hängen und las und staunte und las weiter.

Erwartet hatte ich nicht viel: einen Roman, ähnlich wie ein Sachbuch aufgebaut, mit allerlei Hintergrundwissen. Das bekam ich auch, aber das war längst nicht alles. In diesem Werk stecken so viel Witz und Charme, dass mich das zu Beginn völlig überrumpelt hat. Und das ist eigentlich ziemlich klug gewählt worden, denn so wird der (sonst vielleicht zu trockene) Inhalt ordentlich aufgelockert. Dabei bekommt man auch einiges von Kundt selbst mit. Wie er so tickt, was er erlebt hat, die eine oder andere skurrile Pointe aus seinem Alltag und wie er eigentlich Tatortreiniger wurde. I'm totally hooked! Dass ich ihn mal live auf einer Lesung erleben möchte, steht für mich außer Frage.

Der Schreibstil ist überaus passend: locker, modern, alltagstauglich quasi. Man hat das Gefühl, Kundt würde einen direkt ansprechen und die Worte wählen, die er auch sonst verwendet. Frei heraus und ohne viel Tamtam. Mochte ich sehr!

Fazit: Eine sehr interessante Geschichte über das Leben, den Tod und das Zwischenmenschliche, gespickt mit nützlichen Infos, Insiderwissen - und einigen biografischen Elementen. Lesetipp!

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Veröffentlicht am 21.10.2021

Tiefgründiger Jugendthriller

Game Changer – Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, alles falsch zu machen
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Ash lebt ein relativ normales Leben als durchschnittlicher Jugendlicher in einer US-Kleinstadt, bis er eines Tages zum "Sub loc" auserkoren wird. Mittels Quantensprüngen hat er nun die Möglichkeit, die ...

Ash lebt ein relativ normales Leben als durchschnittlicher Jugendlicher in einer US-Kleinstadt, bis er eines Tages zum "Sub loc" auserkoren wird. Mittels Quantensprüngen hat er nun die Möglichkeit, die Welt zu verändern. Doch ist das eben nicht so einfach, wie man es sich vorstellt. Jede noch so kleine Veränderung kann folgenschwere Auswirkungen auf die Entwicklung der gesamten Menschheit haben - und schnell gerät alles außer Kontrolle...

Zitat P. 936: Du blickst nach rechts statt nach links und verpasst den Menschen, der die große Liebe deines Lebens hätte sein können. Du nimmst ein Paket Fleisch im Supermarkt, das direkt neben dem lag, das mit E.coli-Bakterien verseucht war. Du trittst gerade rechtzeitig durch eine Tür, um etwas zu hören, was du nicht hören solltest.

Man verfolgt gespannt das Auftauchen der ersten alternativen Version von Ashs Leben und wie dieser versucht, Geschehenes zu verändern, um dann festzustellen, dass er alles nur noch schlimmer gemacht hat.

Das Buch endet in einem dramatischen Showdown, denn die Zeit läuft ab und das Universum kann die vielen Änderungen nicht mehr kompensieren. Ash muss aufgeben, um nicht die komplette Welt zu zerstören - und ich habe beide Daumen gedrückt, mitgefiebert, mir gewünscht, dass alles gutgeht. Hach ja!

Fazit: Ein tiefgründiger und bewegender Jugendthriller, der viele wichtige Themen aufgreift und eine dringende #Botschaft an jeden von uns richtet: Gib nicht auf, sondern kämpfe für eine bessere Welt! - Und lerne aus deinen Fehlern!

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Veröffentlicht am 21.10.2021

Spannender Hörgenuss

Eiskalte Freundschaft - Ich werde nie vergessen
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„Eiskalte Freundschaft“ ist ein packender Thriller über Mobbing und dem gefährlichen Drang nach Aufmerksamkeit. Was als dummer Jugendstreich beginnt, endet letztendlich in einem Spiel mit dem Feuer, das ...

„Eiskalte Freundschaft“ ist ein packender Thriller über Mobbing und dem gefährlichen Drang nach Aufmerksamkeit. Was als dummer Jugendstreich beginnt, endet letztendlich in einem Spiel mit dem Feuer, das fatale Folgen mit sich bringt.

Laura Marshall versteht es, ihre Hörer von der ersten Sekunde an zu fesseln. Gekonnt erzählt sie ihre Story auf verschiedenen Ebenen zumeist aus der Sicht der alleinerziehenden Mutter Louise.

Immer wieder wechseln die Szenen zwischen Vergangenheit und Gegenwart. So kommen nur langsam die Details zum Verschwinden der jungen Maria ans Tageslicht. Marshall wirft uns die schockierenden Fakten der Vergangenheit nur häppchenweise vor und findet dafür das perfekte Maß, um die Spannung stets auf hohem Niveau zu halten. Gleichzeitig bringt sie uns als Hörer auch an moralische Grenzen. Schlussendlich bleibt man mit einer schwerwiegenden Frage zurück, die jeder für sich allein beantworten muss: Wie weit würde ich für Anerkennung und Freundschaft gehen?

Auch Susanne Schröder als Sprecherin leistet ihren Beitrag für ein brillantes Hörerlebnis. Ich habe ihrer Stimme sehr gern zugehört. Sie versteht es, in Louises Psyche einzudringen und deren Gefühlszustände so darzustellen, dass ich von der ersten bis zur letzten Minute mitgefiebert habe. Darüber hinaus gelingt es ihr, manche Szenen so zu interpretieren, dass es mir einen kalten Schauer über den Rücken gejagt hat.

Alles in allem ist „Eiskalte Freundschaft“ ein rundum gelungener Thriller, den ich absolut weiterempfehlen kann.

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