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Veröffentlicht am 20.11.2021

Ein wenig leserfreundlicher Aufstieg in die Loge der großen Philosophen der Menschheitsgeschichte

Die philosophische Hintertreppe, Vol. 3
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"Die philosophische Hintertreppe" erreichte mich als Geburtstagsgeschenk und kann von mir als solches für Philosophie-Begeisterte mit gewissem intellektuellen Anspruch auch weiterempfohlen werden. Ein ...

"Die philosophische Hintertreppe" erreichte mich als Geburtstagsgeschenk und kann von mir als solches für Philosophie-Begeisterte mit gewissem intellektuellen Anspruch auch weiterempfohlen werden. Ein "Buch für jedermann" ist Weischedels Aufstieg in die Loge der großen Philosophen der Menschheitsgeschichte aber definitiv nicht. Die passende Zielgruppe, die dieses Büchlein anregend und interessant finden wird, ist stark vom jeweiligen Wissensstand abhängig. Für komplette Neueinsteiger dürften die hier erläuterten Inhalte definitiv zu wenig anschaulich, für LeserInnen mit mehr Vorwissen hingegen zu oberflächlich und lückenhaft sein. Der Autor steigt in jedem der 34 Kapitel mit einer anekdotische Einführung in das Leben und Schaffen des jeweiligen Philosophen ein. Wenn wir uns dann ein Bild von der Person gemacht und verstanden haben, in welchem Kontext er gelebt hat, werden exemplarisch die wichtigsten Errungenschaften und Thesen vorgestellt. Da nur jeweils acht bis zehn Seiten für einen Denker aufgewendet werden und davon oftmals über ein Drittel für die Kurzbiografie wegfällt, ist die Erklärungstiefe der Theorien natürlich stark begrenzt. Auch hinsichtlich der Auswahl der vorgestellten Philosophen ergeben sich einige Lücken und es wird wie so oft die Brille der europäischen Kultur deutlich. Trotz aller Einschränkungen dieses Formats wird ein Rundumschlag und ein Gang durch die Geschichte des Denkens über Sein, Wirklichkeit, Menschenbild, Gesellschaft, Gott, Kirche und Sinn ermöglicht.

Nach einem kurzen Blick in das Impressum wird klar, dass die erste Ausgabe dieses Sachbuchs schon 1975 erscheint. Demnach angestaubt ist leider auch der Schreibstil. Wilhelm Weischedel stellt seine 34 Denker in prägnanzlosem, trockenen Plauderton vor, der zwar zwischendurch das ein oder andere Augenzwinkern enthält, alles in allem aber doch recht theoretisch und realitätsfern wirkt. Auch wenn hier statt der vornehmen, komplizierten Vordertür mit all ihren Eingangsbeschränkungen, die "Hintertreppe" gewählt wurde, muss man diese auch erstmal erklimmen - und das ist harte Arbeit. Statt die Kernaussagen der jeweiligen Denker greifbar und durch handliche Alltagsbeispiele zu veranschaulichen wie es zum Beispiel Jostein Gaarder in "Sofies Welt" hält, sind die Aufsätze eher sperrig und beinhalten viele Zitate aus Originalarbeiten. Zwar hat "Die philosophische Hintertreppe" einen deutlich akademischeren Anspruch als "Sofies Welt", weshalb der direkte Vergleich etwas hinkt, die Leserfreundlichkeit dieses Buches ist aber dennoch ein wenig zu bemängeln.

Die geringe Leserfreundlichkeit wird auch durch Satz und Gestaltung des Buches mitverantwortet, in welchem ebenfalls deutlich wird, dass das Buch schon etwas älter ist. Kaum Absätze, schmucklose Kapitelüberschriften und ein sehr geringer Zeilenabstand sorgen dafür, dass das Büchlein nicht gerade darum bettelt, zur Hand genommen und gelesen zu werden. Eine kurze und prägnante Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte am Kapitelende, Querverweise zu vorherigen Kapiteln und gerne auch die ein oder andere graphische Aufbereitung hätten den Lesekomfort deutlich verbessert. Sehr gut gefällt mir hingegen das Cover, dass - passend zum Thema - Raffaels "Die Schule von Athen" zeigt.


Das Urteil:

Ein interessanter Aufstieg in die Loge der großen Philosophen der Menschheitsgeschichte, welchen ich aber aufgrund des prägnanzlosen Plaudertons, der geringen Anschaulichkeit und der nicht gerade leserfreundlichen Aufmachung nur an Philosophie-Begeisterte mit gewissem intellektuellen Anspruch weiterempfehlen kann. Komplette Neueinsteiger können stattdessen zu "Sofies Welt" greifen, bei größerem Vorwissen dürften die Beschreibungen hier zu oberflächlich und lückenhaft sein.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
Veröffentlicht am 20.11.2021

Ein wenig leserfreundlicher Aufstieg in die Loge der großen Philosophen der Menschheitsgeschichte

Die philosophische Hintertreppe
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"Die philosophische Hintertreppe" erreichte mich als Geburtstagsgeschenk und kann von mir als solches für Philosophie-Begeisterte mit gewissem intellektuellen Anspruch auch weiterempfohlen werden. Ein ...

"Die philosophische Hintertreppe" erreichte mich als Geburtstagsgeschenk und kann von mir als solches für Philosophie-Begeisterte mit gewissem intellektuellen Anspruch auch weiterempfohlen werden. Ein "Buch für jedermann" ist Weischedels Aufstieg in die Loge der großen Philosophen der Menschheitsgeschichte aber definitiv nicht. Die passende Zielgruppe, die dieses Büchlein anregend und interessant finden wird, ist stark vom jeweiligen Wissensstand abhängig. Für komplette Neueinsteiger dürften die hier erläuterten Inhalte definitiv zu wenig anschaulich, für LeserInnen mit mehr Vorwissen hingegen zu oberflächlich und lückenhaft sein. Der Autor steigt in jedem der 34 Kapitel mit einer anekdotische Einführung in das Leben und Schaffen des jeweiligen Philosophen ein. Wenn wir uns dann ein Bild von der Person gemacht und verstanden haben, in welchem Kontext er gelebt hat, werden exemplarisch die wichtigsten Errungenschaften und Thesen vorgestellt. Da nur jeweils acht bis zehn Seiten für einen Denker aufgewendet werden und davon oftmals über ein Drittel für die Kurzbiografie wegfällt, ist die Erklärungstiefe der Theorien natürlich stark begrenzt. Auch hinsichtlich der Auswahl der vorgestellten Philosophen ergeben sich einige Lücken und es wird wie so oft die Brille der europäischen Kultur deutlich. Trotz aller Einschränkungen dieses Formats wird ein Rundumschlag und ein Gang durch die Geschichte des Denkens über Sein, Wirklichkeit, Menschenbild, Gesellschaft, Gott, Kirche und Sinn ermöglicht.

Nach einem kurzen Blick in das Impressum wird klar, dass die erste Ausgabe dieses Sachbuchs schon 1975 erscheint. Demnach angestaubt ist leider auch der Schreibstil. Wilhelm Weischedel stellt seine 34 Denker in prägnanzlosem, trockenen Plauderton vor, der zwar zwischendurch das ein oder andere Augenzwinkern enthält, alles in allem aber doch recht theoretisch und realitätsfern wirkt. Auch wenn hier statt der vornehmen, komplizierten Vordertür mit all ihren Eingangsbeschränkungen, die "Hintertreppe" gewählt wurde, muss man diese auch erstmal erklimmen - und das ist harte Arbeit. Statt die Kernaussagen der jeweiligen Denker greifbar und durch handliche Alltagsbeispiele zu veranschaulichen wie es zum Beispiel Jostein Gaarder in "Sofies Welt" hält, sind die Aufsätze eher sperrig und beinhalten viele Zitate aus Originalarbeiten. Zwar hat "Die philosophische Hintertreppe" einen deutlich akademischeren Anspruch als "Sofies Welt", weshalb der direkte Vergleich etwas hinkt, die Leserfreundlichkeit dieses Buches ist aber dennoch ein wenig zu bemängeln.

Die geringe Leserfreundlichkeit wird auch durch Satz und Gestaltung des Buches mitverantwortet, in welchem ebenfalls deutlich wird, dass das Buch schon etwas älter ist. Kaum Absätze, schmucklose Kapitelüberschriften und ein sehr geringer Zeilenabstand sorgen dafür, dass das Büchlein nicht gerade darum bettelt, zur Hand genommen und gelesen zu werden. Eine kurze und prägnante Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte am Kapitelende, Querverweise zu vorherigen Kapiteln und gerne auch die ein oder andere graphische Aufbereitung hätten den Lesekomfort deutlich verbessert. Sehr gut gefällt mir hingegen das Cover, dass - passend zum Thema - Raffaels "Die Schule von Athen" zeigt.


Das Urteil:

Ein interessanter Aufstieg in die Loge der großen Philosophen der Menschheitsgeschichte, welchen ich aber aufgrund des prägnanzlosen Plaudertons, der geringen Anschaulichkeit und der nicht gerade leserfreundlichen Aufmachung nur an Philosophie-Begeisterte mit gewissem intellektuellen Anspruch weiterempfehlen kann. Komplette Neueinsteiger können stattdessen zu "Sofies Welt" greifen, bei größerem Vorwissen dürften die Beschreibungen hier zu oberflächlich und lückenhaft sein.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.11.2021

Ein wenig leserfreundlicher Aufstieg in die Loge der großen Philosophen der Menschheitsgeschichte

Die philosophische Hintertreppe
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"Die philosophische Hintertreppe" erreichte mich als Geburtstagsgeschenk und kann von mir als solches für Philosophie-Begeisterte mit gewissem intellektuellen Anspruch auch weiterempfohlen werden. Ein ...

"Die philosophische Hintertreppe" erreichte mich als Geburtstagsgeschenk und kann von mir als solches für Philosophie-Begeisterte mit gewissem intellektuellen Anspruch auch weiterempfohlen werden. Ein "Buch für jedermann" ist Weischedels Aufstieg in die Loge der großen Philosophen der Menschheitsgeschichte aber definitiv nicht. Die passende Zielgruppe, die dieses Büchlein anregend und interessant finden wird, ist stark vom jeweiligen Wissensstand abhängig. Für komplette Neueinsteiger dürften die hier erläuterten Inhalte definitiv zu wenig anschaulich, für LeserInnen mit mehr Vorwissen hingegen zu oberflächlich und lückenhaft sein. Der Autor steigt in jedem der 34 Kapitel mit einer anekdotische Einführung in das Leben und Schaffen des jeweiligen Philosophen ein. Wenn wir uns dann ein Bild von der Person gemacht und verstanden haben, in welchem Kontext er gelebt hat, werden exemplarisch die wichtigsten Errungenschaften und Thesen vorgestellt. Da nur jeweils acht bis zehn Seiten für einen Denker aufgewendet werden und davon oftmals über ein Drittel für die Kurzbiografie wegfällt, ist die Erklärungstiefe der Theorien natürlich stark begrenzt. Auch hinsichtlich der Auswahl der vorgestellten Philosophen ergeben sich einige Lücken und es wird wie so oft die Brille der europäischen Kultur deutlich. Trotz aller Einschränkungen dieses Formats wird ein Rundumschlag und ein Gang durch die Geschichte des Denkens über Sein, Wirklichkeit, Menschenbild, Gesellschaft, Gott, Kirche und Sinn ermöglicht.

Nach einem kurzen Blick in das Impressum wird klar, dass die erste Ausgabe dieses Sachbuchs schon 1975 erscheint. Demnach angestaubt ist leider auch der Schreibstil. Wilhelm Weischedel stellt seine 34 Denker in prägnanzlosem, trockenen Plauderton vor, der zwar zwischendurch das ein oder andere Augenzwinkern enthält, alles in allem aber doch recht theoretisch und realitätsfern wirkt. Auch wenn hier statt der vornehmen, komplizierten Vordertür mit all ihren Eingangsbeschränkungen, die "Hintertreppe" gewählt wurde, muss man diese auch erstmal erklimmen - und das ist harte Arbeit. Statt die Kernaussagen der jeweiligen Denker greifbar und durch handliche Alltagsbeispiele zu veranschaulichen wie es zum Beispiel Jostein Gaarder in "Sofies Welt" hält, sind die Aufsätze eher sperrig und beinhalten viele Zitate aus Originalarbeiten. Zwar hat "Die philosophische Hintertreppe" einen deutlich akademischeren Anspruch als "Sofies Welt", weshalb der direkte Vergleich etwas hinkt, die Leserfreundlichkeit dieses Buches ist aber dennoch ein wenig zu bemängeln.

Die geringe Leserfreundlichkeit wird auch durch Satz und Gestaltung des Buches mitverantwortet, in welchem ebenfalls deutlich wird, dass das Buch schon etwas älter ist. Kaum Absätze, schmucklose Kapitelüberschriften und ein sehr geringer Zeilenabstand sorgen dafür, dass das Büchlein nicht gerade darum bettelt, zur Hand genommen und gelesen zu werden. Eine kurze und prägnante Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte am Kapitelende, Querverweise zu vorherigen Kapiteln und gerne auch die ein oder andere graphische Aufbereitung hätten den Lesekomfort deutlich verbessert. Sehr gut gefällt mir hingegen das Cover, dass - passend zum Thema - Raffaels "Die Schule von Athen" zeigt.


Das Urteil:

Ein interessanter Aufstieg in die Loge der großen Philosophen der Menschheitsgeschichte, welchen ich aber aufgrund des prägnanzlosen Plaudertons, der geringen Anschaulichkeit und der nicht gerade leserfreundlichen Aufmachung nur an Philosophie-Begeisterte mit gewissem intellektuellen Anspruch weiterempfehlen kann. Komplette Neueinsteiger können stattdessen zu "Sofies Welt" greifen, bei größerem Vorwissen dürften die Beschreibungen hier zu oberflächlich und lückenhaft sein.

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Veröffentlicht am 06.08.2021

Eine temporeiche Geschichte voller origineller Ideen, leider mit einigen Logiklücken...

Into Dark Waters
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Nachdem Astrid Scholte mit ihrem Debüt "Four Dead Queens" einen temporeichen Genre-Mix gezaubert hat, der zu einer meiner liebsten Überraschungen im Lesejahr 2020 geworden ist, war ich sehr gespannt auf ...

Nachdem Astrid Scholte mit ihrem Debüt "Four Dead Queens" einen temporeichen Genre-Mix gezaubert hat, der zu einer meiner liebsten Überraschungen im Lesejahr 2020 geworden ist, war ich sehr gespannt auf ihren neuen Einzelband "Into Dark Waters". Eine postapokalyptische Wasserwelt mit schwimmenden Metallriffen, wenigen hart umkämpften Inseln und versunkenen Städten? Ein Mädchen, das verzweifelt versucht, ihre Schwester ins Leben zurückzuholen und dabei in die moralisch fragwürdigen Machenschaften einer Forschungsinsel verwickelt wird? Das klang nach einer wahnsinnig starken Geschichte mit viel Potential. Leider tauchen mit der Zeit immer mehr Fragezeichen auf, die sowohl die Handlung, das Worldbuilding als auch die Figuren betreffen und dafür sorgen, dass "Into Dark Waters" trotz spannender Grundidee weit hinter "Four Dead Queens" zurückbleibt.

Doch bevor ich näher ausführe, was mich schlussendlich bei der Umsetzung der Idee gestört hat, will ich noch ein paar Worte zur Gestaltung sagen. Genau wie bei Astrid Scholtes Debüt hat der Piper Verlag mal wieder einen Volltreffer gelandet, der das Cover der Originalausgabe um Welten aussticht. Statt eines im Wasser treibenden Mädchens sieht man in dieser Ausgabe vor einem zweigeteilten Hintergrund einen durch Wasserkleckse verwischten Titel in Großaufnahme. Die obere Hälfte des Covers ist strahlend weiß, die untere Hälfte ist schwarz wie das Meer bei Nacht - der Übergang wird durch Luftblasen und aufspritzende Wassertropfen fließender gemacht. Durch die harten Schwarz-Weiß-Kontraste und der Fokus auf das prägende Element der Geschichte - Wasser - passt die Gestaltung wunderbar zur Geschichte und auch der Titel "Into Dark Waters" greift die Gefahr, die im Meer lauert, gelungen auf. Zwar ist auch der Originaltitel "Vanishing Deep" sehr passend, "Into Dark Waters" finde ich gerade in Verbindung mit der Covergestaltung des deutschen Verlags aber sogar ein bisschen gelungener.


Erster Satz: "Ich wollte meine Schwester nicht wiedererwecken, weil ich sie liebte."


Schon von den ersten Sätzen war ich eingenommen von der Geschichte, die so voller brüllender Wut, leiser Hoffnung, Unbarmherzigkeit und Mysterium startet. Wir lernen hier die junge Tempest kennen, die sowohl ihre Eltern als auch ihre ältere Schwester Elysea an das Meer verloren hat und nun Tag und Nacht nach Schätzen in den Ruinen der überfluteten alten Welt taucht, um genügend Geld für eine Wiedererweckung ihrer Schwester auf der Forschungsinsel Palindromena zu sammeln. Für 24 Stunden werden geliebte Menschen dort durch ein neues Verfahren bei ausreichender Bezahlung ins Leben zurückgeholt, bevor ihr Herz nach der abgelaufenen Zeit endgültig zu schlagen aufhört. Tempest will ihre 24 Stunden mit ihrer Schwester jedoch nicht für rührselige letzte Worte verschwenden - sie will herausfinden, was mit ihren Eltern und ihrer Schwester passiert ist, um endlich eine Richtung für ihre Wut zu finden. Doch als sie durch eine Verkettung von Zufällen mit ihrer Schwester und dem Palindromena-Wächter Lor erschreckendes herausfindet, zählt jede Sekunde....


Lor: "Wir lernen nie aus unseren Fehlern, warum sollte man sich also mit der Vergangenheit beschäftigen?"


Passend dazu ist jeder Kapitelanfang mit einer Datums- und Zeitangabe versehen, die die restliche Zeit von Elyseas 24-Stunden-Wiedererweckung herunterzählt. Dadurch und durch die Tatsache, dass die gesamte Handlung in gerade mal etwas mehr als 48 Stunden spielt, sind die Spannung und das Erzähltempo hoch. Dazu gesellen sich die spannende überflutete Wasserwelt, die Geheimnisse um die High-Tech-Forschungsinsel Palindromena und die Rätsel über die Vergangenheit der Protagonisten, die gerade das erste Drittel zu einem extremen Page-Turner machen. Je mehr man dann jedoch im Verlauf der Geschichte erfährt - über Lors Schicksal, über Tempests Eltern und die Nacht, in der ihre Schwester starb... desto weniger Sinn ergeben die Handlungen der Figuren.


Tempest: "Sie erleuchteten den Weg zum Meeresboden. So wie die Lichter der Alten Welt früher einmal Kopfsteinpflaster erhellt hatten. So wie die Sterne den Nachthimmel erstrahlen ließen. Eine versunkene Konstellation (...) Eine verlorene Stadt. Eine ertrunkene Gesellschaft. Ein perfekter Ort für die Ernte."


Auch im Worldbuilding tauchen mit der Zeit immer mehr Ungereimtheiten auf. Mir ist klar, dass "Into Dark Waters" in einer postapokalyptischen Welt spielt und sich innerhalb von 500 Jahren einiges verändert haben kann. Einige hier beschriebene Vorgänge stehen aber auffällig im Wiederspruch zu den physikalischen oder biologischen Gesetzmäßigkeiten unserer Welt, was die Glaubwürdigkeit der Handlung regelmäßig einschränkt. Beispielsweise hält das Glas eines Unterwassergebäudes den Druck von 1500 Metern Wasser stand, zerbricht aber wenn ein Stein von innen dagegen geworfen wird? Obwohl nur 500 Jahre sind, hat sich seit der großen Überflutung das maritime Leben komplett verwandelt und es leben neben fluoreszierenden Korallen und Fischen auch gefährliche Ungetüme in den Fluten (so viel Evolution gab es auf der Erde seit dem Aussterben der Dinosaurier nicht und vor allem nicht in so kurzer Zeit)? Eine populäre Todesursache dieser Welt ist eine Kristalllunge durch das vermehrte Einatmen von Salzes (Unlogisch, wo doch auch heute viele Menschen an oder auf dem Meer leben und keinerlei Probleme damit haben)? Boote gehen unter, sobald eine Person zu viel an Bord ist (was angesichts der Größe derer absolut keinen Sinn ergibt)? Leben kann durch Puls übertragen werden und Herzen können zwischen nicht verwandten Personen transplantiert werden? Das sind nur einige der Beispiele, in denen die Autorin zugunsten der spannenden Handlung die Regeln der Welt bricht, in der die Geschichte spielt und das ist gerade im Genre Science-Fiction ein ziemliches No-Go für mich. Lässt man seine Geschichte in unserer Realität spielen, muss man sich auch an deren Regeln halten, 500 Jahre in der Zukunft hin oder her...


Tempest: "Das war immerhin etwas, das es in dieser Welt im Überfluss gab. Tod. Trotzdem genossen alle um uns herum das Leben. Sie hatten etwas aus dem Skelett der Alten Welt erbaut. Etwas, das blühte und gedieh."


Ebenfalls seltsam fand ich, dass hier das blanke Überleben auf den an das einfache Leben des 1900 Jahrhunderts erinnernden Riffen auf eine High-Tech-Forschungsinsel trifft, auf der mit dem Tod experimentiert wird. Beide Ideen sind spannende Konzepte, passen für mich aber nicht wirklich in eine gemeinsame Welt, da man sich unweigerlich fragt, weshalb man die Ressourcen Palindromenas nicht dazu einsetzt, die Versorgung der Menschen zu verbessern. Passen High-Tech-Echolinks, fliegende Schnellboote und Werbespots in eine Welt, in der noch nicht einmal die Riffe untereinander kommunizieren, ein Teil des Meeres gesetzlos ist, es keine Regierung gibt, keine Produktion und nach Überbleibseln aus der alten Welt getaucht wird? Dazu kommt, dass wir ganz grundsätzlich nicht viel zum Setting und der Ausgangslage erfahren, da die beiden erzählenden Figuren Tempest und Lor selbst sehr ahnungslos sind, was sich hinter den Fluten noch alles versteckt. Hier handelt es sich beim Setting also offensichtlich mehr um Beiwerk - sehr spannendes zwar aber trotzdem nicht viel mehr als eine interessante Kulisse für die wirklich wichtigen Geschehnisse. Etwas mehr Details hätten mich sehr gefreut, da das Worldbuilding hier bestenfalls unfertig, schlechtestenfalls lückenhaft wirkt.


Tempest: "Leben?" Ich schnaubte. "Ich habe nicht gelebt. Ich habe überlebt. Von einem Tag zum nächsten. Bis ich dich wiedersehen würde. Das ist kein Leben."


Spannende Themen wie Anspielungen auf den Klimawandel, Störungen von Ökosystemen, Überfischung der Meere, Verantwortung gegenüber unserem Planeten sowie die Ethik von Leben und Tod werden zwar kurz angerissen, bekommen neben der temporeichen Handlung jedoch zu wenig Platz, um die Geschichte wirklich zu bereichern. Im Vordergrund steht ganz klar das spannende Abenteuer, dass Elysea, Lor und Tempest zusammen erleben. Genau wie bei "Four Dead Queens" hält sich Astrid Scholte nicht an die Begrenzungen eines Genres, sondern bringt neben der dystopischen Science-Fiction-Welt, einige Fantasy-Elemente wie der Kampf gegen den Tod, die Götter der Tiefe, leuchtende Korallen, ein bisschen Krimi um das Verschwinden ihrer Eltern, ein bisschen Piraten-Abenteuer mit der Konfrontation auf der ungebundenen See, ein bisschen Weltuntergangs-Thriller und eine leise Liebesgeschichte mit rein.


Lor: "Ich verstand den Wunsch, sich vor dem Schmerz des Lebens verstecken zu wollen. Immerhin versteckte ich mich nun schon seit zwei Jahren im Aquarium. Doch wir konnten uns nicht immer vor der Wahrheit verstecken. Manchmal mussten wir das annahmen, was uns am meisten wehtat. manchmal mussten wir das Richtige für andere Menschen tun, auch auf unsere eigenen Kosten."


Ebenfalls unter dem schnellen Erzähltempo leiden die Figuren. Sowohl die beiden sich abwechselnden Ich-Erzähler Lor und Tempest als auch Nebenfiguren wie Elysea, Raylan oder die beiden Hauptantagonistinnen bleiben viel zu eindimensional. Auch wenn Astrid Scholte mit Schuld, Wut, kurzen Gedankengängen über die Ethik von Leben und Tod versucht, ihre Figuren tiefgründiger zu gestalten, blieben sie mir über die Geschichte hinweg zu blass, als dass ich eine wirklich tiefgehende Beziehung zu ihnen aufbauen hätte können. Tempest ist eine wütende Kämpferin, die nicht loslassen kann, Elysea ist eine sanftmütige Tänzerin, die weiterleben will und Lor versteckt sich vor lauter Selbsthass vor der Welt - damit hat man alle Charakterzüge und Konflikte der drei Hauptfiguren zusammengefasst. Dass die Beziehung zwischen den beiden Schwestern toll ausgearbeitet ist, die obligatorische Liebesgeschichte nicht zu viel Raum einnimmt und Elysea asexuell ist sind dann Pluspunkte, die den Gesamteindruck aber nur unwesentlich verbessern können.


Tempest: "Würdest du nicht auch den Ozean überqueren, um die Wahrheit herauszufinden? Die Wahrheit über den einen Moment, der erklärt, wer du bist?"


Sowohl was die Handlung, das Worldbuilding als auch die Figuren angeht, hat Astrid Scholte also weit das Potential verfehlt, dass ihre Geschichte hätte entfalten können. Das bedeutet jedoch nicht, dass ich beim Lesen keinen Spaß hatte. Durch Astrid Scholtes gradlinigen Schreibstil wird eine packende Grundatmosphäre und eine unterschwellige Spannung trotz teilweise dürftigen Hintergründen aufrechterhalten. Sie nutzt anders als ich es von anderen Science-Fiction-Autoren gewohnt bin, nicht viele Schnörkel oder Details, um ihre Geschichte bunt auszuschmücken, sondern erwähnt nur das Wichtigste, um uns auf falsche Fährten zu führen, die Protagonisten näherzubringen und uns immer wieder zu fesseln. Passend dazu, dass die Autorin aus der Filmbranche kommt und an der Entstehung von unter anderem "Avatar" und "Happy Feet" mitgewirkt hat, konnte ich mir die Geschichte durch ihren Stil total gut als Film vorstellen. Ein solider Fokus auf die Handlung, ein hohes Erzähltempo, zwei grundsätzlich spannende Protagonisten mit der richtigen Balance aus sympathischer Oberflächlichkeit und Tiefe, die Erwähnung von nur den nötigsten Informationen aber trotzdem ein ansprechendes Setting - die Geschichte hat alles, um einen spannenden Blockbuster daraus zu machen. Als Roman hingegen konnte mich die Geschichte lang nicht so gut erreichen wie "Four Dead Queens". Auch das unkonventionelle, aber stark überhetzte Ende, in welchem der zentrale Konflikt sehr schnell abgeschlossen wird und vieles offen bleibt, bestätigt diesen Eindruck nochmals. Schade!


Lor: "Ich durfte nicht daran denken, wie schön sie war. Wie weh es getan hatte, sie weinen zu sehen. Wie ihr Bild mehr und mehr meinen Kopf ausfüllte. Das würde mir nicht helfen (...) Zum ersten Mal in meinem Leben schickte ich ein geflüstertes Gebet an die Götter der Tiefe, obwohl ich nicht wusste, ob e es sie überhaupt gab, ob sie mich hörten oder ob es sie kümmerte, was mit mir geschah. Allerdings betete doch jeder so, nicht wahr? Im Vertrauen darauf, dass man nicht allein war, obwohl es dafür keinen Beweis gab."





Fazit:


Astrid Scholte erzählt hier eine temporeiche Geschichte voller origineller Ideen. Leider offenbart "Into Dark Waters" nach einem starken Einstieg jedoch immer mehr Ungereimtheiten, sodass wohl Handlung, Worldbuilding als auch die Figuren ihr Potential nicht vollständig entfalten können.

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Veröffentlicht am 20.06.2021

Deutlich schwächer als Band 1 und 2...

Kingdoms of Smoke – Brennendes Land
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Nachdem mich "Kingdoms of Smoke - Dämonenzorn" letzte Woche mit einem spannenden Ende voller Cliffhanger zurückgelassen hatte, wollte ich natürlich sofort zum Finale greifen und weiterlesen. Ich hatte ...

Nachdem mich "Kingdoms of Smoke - Dämonenzorn" letzte Woche mit einem spannenden Ende voller Cliffhanger zurückgelassen hatte, wollte ich natürlich sofort zum Finale greifen und weiterlesen. Ich hatte gar keine großen Erwartungen und wollte einfach wissen, wie die Geschichte weitergeht und in diese tolle mittelalterliche Fantasy-Reich voller Eis und Wüste, Brutalität und Schönheit, Dämonen und starker Frauenfiguren zurückkehren. Schon nach wenigen Seiten war mir dann aber klar: die Richtung, in die Sally Green ihr Finale hier führt, gefällt mit ganz und gar nicht. So fällt mein Fazit zu "Kingdoms of Smoke - Brennendes Land" eher mäßig begeistert aus.

Doch beginnen wir wieder bei der (einfach hinreißenden, hach) Gestaltung. Wo bei Band 1 ein Schloss und bei Band 2 ein Thron zu sehen war, ist auf Band 3 eine silberne Krone mit großen Saphiren abgebildet und die Wolken aus Dämonenrauch, die kunstvoll um das Motiv und den Titel gelegt sind, sind dieses Mal violett. Der strahlend weiße Hintergrund des Covers dient als krasser Kontrast und lässt die Gestaltung mysteriös und dynamisch wirken. Toll ist wieder, dass die Innenseiten der Buchdeckel von zwei colorierten Karten in verschiedenem "Zoom-Faktor" zu sehen sind, die gemeinsam mit dem umfangreichen Orts- und Personenglossar am Ende des Buches eine einfache Navigation durch Sally Greens komplexe Fantasywelt garantieren. Erwähnenswert ist darüber hinaus, dass die Kapitel wieder recht knapp gehalten sind und die Perspektivwechsel abermals durch ein Zeichen angekündigt werden.

"Die Kunst des Krieges? Unsinn? Krieg ist keine Kunst, sondern eine Aneinanderreihung grober Fehler."
-Königin Valeria von Illast.

Mit diesem Zitat aus der Biografie von Illasts Königin beginnen wir das Finale. Dieses als "Aneinanderreihung grober Fehler" zu bezeichnen wäre wohl ein bisschen zu hart, dennoch fielen mir hier im Laufe der Handlung einige Punkte auf, die ich mir anders gewünscht hätte. Doch erstmal zum groben Ablauf der Handlung: Wie schon in Band 1, "Kingdoms of Smoke - Dämonenzorn", und Band 2, "Kingdoms of Smoke - Die Verschwörung von Brigant", konzentrieren wir uns auch hier wieder auf den Weg unserer 5 erzählenden Figuren durch die Irrungen und Wirrungen von Krieg, Liebe, Flucht und Magie. Während sich der Krieg zwischen Pitoria und Brigant weiter zuspitzt und ihr angeblicher Gemahl Prinz Tzsayn schwer verwundet im Bett liegt, muss Prinzessin Catherine einige schwerwiegende Entscheidungen treffen, die nicht nur den Ausgang des Krieges, sondern auch ihr eigenes Leben betreffen. Ihr Leibwächter und Freund Ambrose leitet unterdessen eine Truppe aus Kriegern in die Dämonenwelt, um die Ernte des Dämonenrauchs durch die Briganter zu stoppen. Auch die ehemalige Dämonenjägerin Tash ist in der gefährlichen Welt der Dämonen unterwegs und einem Geheimnis auf der Spur, das alles ändern könnte. Unterdessen kämpft March in Brigant um sein Überleben und schließt sich aus Not der Jungenbrigarde von Prinz Harold an, um für Edyon zu spionieren, der ihn zwar aus Calidor, aber nicht aus seinem Herzen verbannt hat. Und letzterer ist nun zwar endlich bei seinem Vater angelangt, ist nun aber einer neuen Bedrohung ausgesetzt, denn nicht nur die Calidonianer haben es auf den neuen Prinzen abgesehen, auch Brigant hat noch eine Rechnung mit dem kleinen Staat im Süden offen...

So weit klingt die Handlung ganz solide, oder nicht? Jein. Denn anders als gedacht, kommt es hier nicht zu einer epischen Endschlacht mit Bündelung aller Kräfte und Einbezug und Verbindung aller Handlungsstränge zu einem Showdown, sondern die Geschichte plätschert erstmal für die ersten 200 Seiten dahin und scheint nicht so recht voranzukommen. (Achtung: Ab hier sind leichte Spoiler vorhanden) Zuerst einmal fällt auf, dass Tash zu Beginn geradezu lächerlich wenige und wahnsinnig kurze Auftritte hat, obwohl ihr Handlungsstrang die Möglichkeit geboten hätte, mehr über die Dämonen mit einfließen zu lassen und das Worldbuilding auch im Finale noch weiterzuentwickeln. Dann liest sich Edyons Kampf um Gehör am Hof, seine Demonstrationen der Macht des Dämonenrauchs und der kommenden Bedrohung wie eine exakte Wiederholung von Catherines Bemühungen, die Pitorianer vom Plan der Briganter zu überzeugen. Viele Szenen waren so ähnlich (inklusive Bällen, Intrigen und Attentaten), dass ich mich gefragt habe, ob die Autorin keine neuen Ideen hatte, was sie mit Edyon in Calia anfangen konnte. Entwickelt sich seine Beziehung zu seinem Vater? Nope. Denkt er über March nach, den er ins Exil geschickt hat, nachdem er von seinem Verrat erfuhr? Außer ein paar verliebte Gedanken passiert in diese Richtung nicht viel. Also was soll uns dieser Handlungsstrang sagen?

Da war Marchs Weg schon aussagekräftiger. Ihn begleiten wir nämlich zu den Jungenbrigarden, die nun von Catherines jüngstem Bruder, Prinz Harold, geführt werden. Die Struktur und Dynamik der Jungen-Armee fand ich wahnsinnig interessant, als weniger passend empfand ich es aber, wie wenig March unternimmt, um seinen eigentlichen Plan in die Tat umzusetzen: Informationen zu beschaffen, um Edyon zu retten. Klar ist er mit einigen Dingen nicht einverstanden, die Harold tut und klar prangert er den Blutdurst und die Zerstörungswut der vom Dämonenrauch aufgeputschten Jungen an, aber ansonsten lässt nicht besonders viel erkennen, dass er sich inmitten der Feindestruppen befindet. Auch auf logischer Ebene sind mir speziell in seinem Handlungsstrang einige Fragezeichen aufgefallen. Gerade manche militärische Strategien schienen mir doch eher zweifelhaft (z.B. dass Brigant seine Truppen aufteilt, um gleichzeitig Calidor und Pitoria anzugreifen). Sehr schade fand ich auch, dass sich die Beziehung von March und Edyon überhaupt nicht so entwickelt, wie ich mir das gewünscht hätte. Nicht nur, dass ich ihrer gemeinsamen Zeit hinterhergetrauert habe (sie sind über 90 Prozent der Handlung getrennt), die beiden bekommen auch keine Möglichkeit, ihren Konflikt aus dem Weg zu räumen. Zwischen einem ganzen Land, das sie trennt, Krieg, Kämpfen und Hinrichtungen bleibt den beiden keine Chance, über den Verrat und ihre Zukunft zu sprechen, sodass ihre Wiedervereinigung (natürlich mit ganz vielen Ich-liebe-Dichs) am Ende etwas schal schmeckt. Hat Edyon seinen Groll einfach vergessen? Was hat sich verändert, seit March ins Exil geschickt wurde? Darüber wird einfach nie gesprochen.

Was mich aber am meisten enttäuscht hat, ist die Entwicklung um Catherine und das Liebesdreieck. Mir ist generell schon aufgefallen, dass die Figuren hier wahnsinnig schnell mich "Ich liebe dichs" um sich schmeißen und von den wirklichen Emotionen beim Leser fast nichts ankommt. Dies hatte ich bislang noch nicht als sonderlich stören eingestuft, da es sich bei "Kingdoms of Smoke" um ein sehr handlungszentriertes Abenteuerbuch handelt und die Liebesgeschichten eher Beigabe sind. Außerdem schätze ich das bestimmt besonders negativ ein, da ich zuvor Leigh Bardugos Nikolai-Reihe gelesen habe, die genau das Gegenteil macht (hier wird fast nichts ausgesprochen, was die Gefühle viel intensiver und echter wirken lässt). Da Catherines Handlungsstrang sich gerade zu Beginn aber fast ausschließlich auf ihre Gefühle konzentriert und der Krieg fast in den Hintergrund gerät, kam ich nicht darum herum, mir die Konzeption der Liebesgeschichte nochmal genauer anzusehen. Und was ich da gefunden habe, hat mich leider so gar nicht überzeugt.

Schon die gesamte Reihe über wurde ein Liebesdreieck zwischen Prinzessin Catherine, ihrem Leibwächter Ambrose und Catherines Verlobten Prinz Tzsayn in Aussicht gestellt. Nachdem Catherine und Ambrose sich im letzten Teil dann aber ihre Liebe gestanden haben, dachte ich eigentlich, ihre Entscheidung wäre in trockenen Tüchern und wir würden in diesem Finale davon lesen, wie sich Catherine als selbstständige Kämpferin bewährt, feststellt, dass sie keinen Prinzen an ihrer Seite braucht, um ihr Land zu retten und sich dann mit Ambrose gemütlich irgendwo niederlässt. Tja und dann kommt auf den ersten Seiten von "Kingdoms of Smoke - Brennendes Land" Tzsayn aus seiner Kriegsgefangenschaft zurück, verletzt und liegt mit Fieber im Bett und bittet Catherine, sich für Ambrose oder ihn zu entscheiden und sie.... entscheidet sich für Tzsayn! Selbst wenn man außen vorlässt, dass die Autorin über zwei Bände eine Liebesgeschichte zwischen Ambrose und Catherine vorbereitet, den Leser mit romantischen Szenen in Sicherheit gewogen und über Tzsayn nicht einen weiteren Gedanken verschwendet hat, ist diese Entscheidung äußerst fragwürdig. Denn wann bitte hätte sich Catherine in Tzsayn verlieben sollen? Die beiden haben, wenn es hochkommt, zwei Tage miteinander verbracht - der erste als sie in Tornia ein Tag vor ihrer Hochzeit angekommen ist, dann ist Tzsayn nämlich nach Rossarb in den Krieg gezogen und den zweiten, als Catherine ebenfalls nach Rossarb reist, bevor sie wieder aus der überrannten Stadt flieht. Und als sie zurückkommt, ist er schon gefangengenommen. Wann haben sich die beiden also bitte kennengelernt? Genau. Nie. Wurde sie von seiner Eloquenz überzeugt, als er mit Fieber im Bett liegt? Hat es ihr so sehr imponiert, dass er ihr eine Wahl lässt, wen sie heiraten will?

Das lässt eigentlich nur die Schlussfolgerung zu, dass sich Catherine gar nicht in ihn, sondern in die Möglichkeiten, die Macht und das Leben verliebt hat, dass sie an seiner Seite haben könnte. Einmal Königinnen-Luft geschnuppert will sie ihre Macht nicht mehr für ein ärmliches Leben mit Ambrose aufgeben. Als sie den armen Tropf dann auch noch mit der Beteuerung abspeist, sie habe sich halt verändert und sei erwachsen geworden (in den letzten drei Tagen seit sie ihm ihre Liebe gestanden hat, oder was?) hat sie dann jegliche Sympathie von mir verspielt. Ganz Pitoria wirft ihr vor, machthungrig zu sein, was sie immer abstreitet. Tja und hier stellt sich heraus, dass die allgemeine Meinung über sie dann doch irgendwie zutrifft. Anstatt das zuzugeben und was Gescheites draus zu machen, stülpt die Autorin ihrer Geschichte aber dieses Liebesdreieck über und ertränkt alle Zweifel ihrer Leser in tausenden "Ich liebe dichs" zwischen den frischgebackenen Eheleuten Catherine und Tzsayn. Auch an Tzayns Glaubwürdigkeit kratzt das stark. Denn wer will schon eine Frau heiraten, die behauptete, mir dir verheiratet zu sein, um in deiner Abwesenheit das Land zu regieren und dabei einen anderen zu küssen? Und zwischen dem ganzen Drama geht die Handlung total unter - Ach man, das war alles einfach nur sehr schade!

Als enttäuschend würde ich auch das letzte Drittel betiteln, dass es sich ein bisschen einfach macht: nicht nur, dass ich zu keiner Sekunde daran gezweifelt habe, dass es alle Helden unbeschadet ins Ziel schaffen, auch die vielen Probleme lösen sich von einer Sekunde auf die andere in Rauch auf (im wahrsten Sinne des Wortes). Eine wirkliche Überraschung gibt es nicht, militärische Strategien und Entscheidungen wirken zum Teil plump und unlogisch und das tatsächliche Ende kommt wahnsinnig abrupt. Plötzlich stand da einfach "Epilog" und mir wäre fast die Kinnlade heruntergefallen. Zwar wird im Epilog eine Menge geklärt und alles findet einen passablen Abschluss, dennoch bremst sich dieses Finale von 100 auf 0 in zwei Sekunden. Nach dem komplexen Auftakt und der hochspannenden Fortsetzung wirkt dieses Finale also insgesamt ein wenig undurchdacht und kommt außerdem behäbiger daher, als ich mir das von einem Reihenabschluss erhofft hatte.

Bevor ich diese Rezension beende, will ich aber auch noch ein paar positive Punkte loswerden. Die vorherigen Abschnitte sind vor allem aus meiner Enttäuschung ob des verschwendeten Potentials geboren worden und stellen "Kingdoms of Smoke - Brennendes Land" weit negativer dar, als ich es eigentlich empfunden habe. Denn trotz der fast 500 Seiten hatte ich die Geschichte mal wieder in Rekordzeit verschlungen - ein Beweis dafür, wie kurzweilig auch Sally Greens Finale trotz aller Mängel geschrieben ist. So brutal wie Game of Thrones (abzüglich der Sex-Szenen), so orientalisch wie 1001-Nacht, ein paar Dämonen, eine grausame Verschwörung und starke Frauenfiguren - fertig ist das Erfolgskonzept, das fesselt und gut über die Durststrecken hinwegträgt. Sally Greens umschreibender, ausführlicher Schreibstil, der viel mit Bildern arbeitet (auch bei blutigen Szenen, die fast schon ins Gore-hafte tendieren) tut sein Übriges und man ist in der fremdartigen und doch bekannten Welt gefangen. Von dem her bin ich trotz des schwächeren Abschlusses der Reihe sehr froh, sie gelesen zu haben und bin sehr gespannt auf weitere Werke der Autorin!



Fazit
:

Deutlich schwächer als Band 1 und 2: Nach dem komplexen Auftakt und der hochspannenden Fortsetzung wirkt dieses Finale schlecht durchdacht und kommt außerdem plumper daher, als ich mir das von einem Reihenabschluss erhofft hatte

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