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Veröffentlicht am 08.01.2022

Als es noch "echte" Tiere gab

Rendezvous mit Tieren
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Inhalt:
Andrea Camilleri war Schriftsteller, Regisseur und Drehbuchautor und ist einem breiten Publikum vor allem durch seine Kriminalromane bekannt. In «Rendezvous mit Tieren» lässt der Autor die Leserschaft ...

Inhalt:
Andrea Camilleri war Schriftsteller, Regisseur und Drehbuchautor und ist einem breiten Publikum vor allem durch seine Kriminalromane bekannt. In «Rendezvous mit Tieren» lässt der Autor die Leserschaft in zwölf kleinen Geschichten an seinen Erlebnissen mit Tieren teilhaben. Die Anekdoten beginnen in Camilleris Kindheit, als er einem schlauen Hasen begegnet, und enden mit dem geliebten Kater namens Baron, der sein Herz ganz besonders der Tochter des Verfassers geschenkt hat. Schauplatz der meisten Ereignisse ist das Landhaus der Familie in der Toskana. Alle Tiere, welche das Leben der Familie Camilleri bereichern, sind ihnen zugelaufen oder wurden von ihnen vor einem traurigen Schicksal gerettet. Jedes hat seine ganz spezielle Art, und nicht selten ergeben sich aus den tierischen Begegnungen auch ganz neue und erheiternde mit den menschlichen Nachbarn. Es sind die einfühlsam und humorvoll geschilderten Eigenschaften der jeweiligen Tiere, welche dieses Büchlein zu einer herzerwärmenden Lektüre machen. Da gibt es die Schlange, die jeden Tag pünktlich «zur Arbeit» geht und wieder zurückkehrt, Papagei und Distelfink, die nach anfänglicher Ablehnung schliesslich eine tiefe Freundschaft verbindet oder etliche betrunkene Schweine, welche einem Familienfest im Freien eine ganz besonders ausgelassene Wendung bescheren.
Meine Meinung:
Andrea Camilleri sieht dieses Buch als sein Vermächtnis an seine Urenkel, damit sie sich die Liebe und Achtung vor den Tieren und der Natur immer bewahren mögen. Das mag mit ein Grund dafür sein, dass manche Erlebnisse zu fantastisch und weniger glaubhaft, dafür aber schon fast wie kleine Tierfabeln klingen. So mischen sich in den Geschichten Realität und Märchenhaftes, man könnte sie wirklich gut Kindern vorlesen und ihnen die Illustrationen im Buch zeigen. Die Botschaft verbirgt sich zwischen den Zeilen: Mensch und Tier können miteinander kommunizieren und gute Gefährten sein, wenn jeder dem anderen mit Achtung begegnet und seine jeweilige Freiheit respektiert. Dazu gehört auch, den natürlichen Lebensraum der Tiere und ihre Integrität zu wahren. Viele Kinder kennen keine «echten» Tiere mehr, deswegen möchte der Urgrossvater von einer Zeit erzählen, als Tiere «noch nicht künstlich» waren und man ihnen überall begegnen konnte.
Das Buch wurde mit vielen Zeichnungen von Paolo Cenavari illustriert, welcher seit Kindertagen mit der Familie Camilleri verbunden ist.
Aus dem Italienischen übersetzt hat es Annette Kopetzki.

Fazit:
«Rendezvous mit Tieren» ist ein warmherziges kleines Buch, welches einen gut unterhält und eine schöne Lesestunde bereitet. Es eignet sich auch gut als Geschenk und ebenso dazu, es selber immer mal wieder in die Hand zu nehmen und dann über die lustigen Geschichten zu schmunzeln.

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Veröffentlicht am 16.11.2021

Schein und Wirklichkeit

Alle Farben weiß
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INHALT:



Tief verunsichert durch eine negative Beurteilung ihres Professors gibt Selina das Kunststudium auf und wendet sich daraufhin einer Ausbildung als Restauratorin zu. Auch privat läuft nicht ...

INHALT:



Tief verunsichert durch eine negative Beurteilung ihres Professors gibt Selina das Kunststudium auf und wendet sich daraufhin einer Ausbildung als Restauratorin zu. Auch privat läuft nicht alles so, wie sie es gerne hätte. Der Mann, in den sie verliebt ist, scheint nichts von ihr wissen zu wollen. Und der Mann, von dem sie ungewollt schwanger wird, scheint ihr nicht der Richtige zu sein und keine Gefühle für sie zu haben. So trennt sich Selina von ihrem alten Freundeskreis und beginnt ein neues Leben, zunächst allein, dann mit Sohn Silas, dessen Vater Stefan aber von seiner Existenz nichts weiss. Als Selina der Klosterschwester Agnes begegnet, bittet diese sie darum, in ihrem Kloster ein spätmittelalterliches neu übermaltes Gemälde freizulegen. Selina willigt ein und beginnt gegen den Widerstand einer anderen Nonne mit der Arbeit. Währenddessen trifft sie zufällig Stefan wieder, der als inzwischen erfolgreich tätiger Maler seine Bilder ausstellt. Auf einem der Bilder erkennt Selina nur für sie verstehbare Details wieder, welche ihr schlagartig bewusst machen, dass Stefan doch nicht der gefühllose Mann war, für den sie ihn gehalten hatte...







MEINE MEINUNG:





Selina, die Protagonistin der Erzählung, wird eingeführt als eine Person, die sich über alles und jeden viele Gedanken macht. Leider verhält es sich dabei aber oftmals so, dass sie nur vermuten kann, wie etwas sein könnte und sich dadurch vieles verbaut. Sowohl in die Bemerkungen ihres Professors als auch in die Gestik und die Äusserungen ihrer Mitbewohner resp. der Männer, die sie liebt, legt sie so viel hinein, was möglicherweise gar nicht da ist. Insofern ist Selina ein Prototyp derjenigen Menschen, die sich in Vermutungen ergehen und dann (vermeintlich) verletzt zurückziehen, anstatt den direkten und vorurteilsfreien Dialog mit dem Gegenüber zu suchen.



Das übermalte Bild, welches Selina als Restauratorin freilegt, ist wie ein Spiegel ihres eigenen Lebens und Denkens. Das Offensichtliche liegt vor Augen, aber man muss genau und vorurteilsfrei hinsehen. Die untere Schicht zeigt, wie es wirklich war – die übermalte Schicht zeigt, wie jemand denkt, dass es war oder sein sollte. Dass es sich dabei um die Kreuzigungsszene Jesu Christi handelt, kann man theologisch ausdeuten, wenn man möchte. Die Gedankengänge der Autorin in Hinblick auf dieses Geschehen waren mir jedoch zu vage, um sie wirklich nachvollziehen und hier in Worte fassen zu können. Auch der Zwiespalt im Innern Selinas zwischen Areligiosität und der Sehnsucht nach Ruhe und Geborgenheit in den Klostermauern und bei Gott hätte dann vertieft und nicht nur angerissen werden müssen.



Die Restauration des Bildes und Anwendung der verschiedenen dazu notwendigen Mittel liest sich spannend. Als es jedoch um die Freilegung des letzten entscheidenden Details geht, endet der Roman. Der Höhepunkt, auf den das Buch hinläuft, wird nicht mehr erzählt und offengelassen. Auch wenn dies vermutlich so beabsichtigt ist, wirkt der Roman auf mich dadurch unfertig und lässt mich eher unbefriedigt und etwas ratlos zurück.



Überhaupt gibt es in der gesamten Erzählung sehr viele Andeutungen und viel Symbolik. Das lässt Raum für eigene Gedankenspiele und Interpretationen, ist aber nach meinem Empfinden zu viel.





FAZIT:



«alle Farben weiss» hat mir von der Gesamtidee sehr gut gefallen. Leider konnte das Buch für mich nicht halten, was der Umschlagtext verspricht, weil zu viel nur angedeutet, zu wenig aber für den Leser wirklich freigelegt wird.

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Veröffentlicht am 08.11.2021

Stimmen aus dem Totenreich

Die Kinder der Otori 1 – Waisenkrieger
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Wer ein Faible für die japanische (Samurai-) Kultur und fantastische Geschichten hat, der kommt an dem Namen Lian Hearn nicht vorbei. Ihre fünf Bücher über den „Clan der Otori“, deren erster Band Anfang ...

Wer ein Faible für die japanische (Samurai-) Kultur und fantastische Geschichten hat, der kommt an dem Namen Lian Hearn nicht vorbei. Ihre fünf Bücher über den „Clan der Otori“, deren erster Band Anfang 2000 auf Deutsch erschien, waren allesamt Bestseller. Der Band „Der Ruf des Reihers“ geht inhaltlich und zeitlich dem nun neu herausgekommenen „Die Kinder der Otori“ voraus.
INHALT:
Lord Takeo Otori, die Hauptfigur der vorangehenden Bände, ist tot. Sein Widersacher, der grausame General Saga, hat die Herrschaft über das Land an sich gerissen. Seinen Machtgelüsten unterwirft er gewissenlos alles und jeden und schreckt auch nicht davor zurück, seine eigenen Kinder und Enkel aus dem Weg zu räumen. Eine Tochter seines Erzrivalen Takeo hat er sich zur Frau genommen, Takeos Frau Kaede und weitere Kinder müssen sich verborgen halten. Ein weiterer feindlicher Clan für General Saga stellen die Arai dar. Auch deren Nachkommen will er ermorden lassen. Doch zwei Kinder werden heimlich in das Kloster Terayama gebracht, wo sie als unbekannte Mönche mit neuen Namen verborgen leben müssen. Einer dieser Jungen ist die Hauptfigur dieses neuen Romans. Sein Name ist (Arai) Kasho. Im Kloster begegnet er dem etwas älteren Hisao (ein unehelicher Nachkomme von Takeo Otori). Dieser besitzt magische Fähigkeiten, so kann er zum Beispiel Holzfiguren schnitzen, die nur darauf warten, lebendig zu werden. Hisaos Magie ist dunkel, und Kasho kann mit seinen feinen Sinnen die unheimlichen Schatten aus dem Totenreich wahrnehmen, die den Älteren umgeben.
Kasho selbst jedoch entwickelt im Kloster eine Gabe, die derjenigen Hisaos noch weit überlegen ist. Er vermag Verstorbene aus dem Totenreich zurückzuholen und kann (Hisaos) Figuren lebendig werden lassen. Als Lord Saga durch Spitzel aus dem Kloster von Kasho hört, will er sich dessen Fähigkeiten zunutze machen und mit seiner Hilfe eine riesige Armee erschaffen. Kasho gelingt es zwar, immer wieder vor Saga und seinen Häschern zu fliehen, doch gerät er dabei mehr als einmal in die Fänge anderer zwielichtiger Gestalten, die sich als Freunde ausgeben, aber ihn letztendlich auch nur benutzen wollen. Kasho muss lernen, sich selbst mehr zu vertrauen und sich von anderen nicht manipulieren zu lassen. Wie und ob ihm das gelingt, davon erzählt dieses Buch.
MEINE MEINUNG:
Da ich Lian Hearns Schreibstil sehr mag, war das Buch für mich gut lesbar und eine kurzweilige, unterhaltsame Lektüre. Doch selbst ich, die ich alle „Clan der Otori“-Bände gelesen habe, musste immer wieder das Namensverzeichnis im Buch zu Hilfe nehmen, um die vielen verschiedenen Charaktere und ihre Handlungen und Absichten nicht zu verwechseln. Ich könnte mir daher vorstellen, dass es für Leser, welche die Reihe nicht kennen, schon mühsam(er) ist, sich in dieser fantastisch erdachten japanischen Welt zurechtzufinden. Dann kommen im Buch auch Figuren aus „Shikanoko“ vor, was ich sehr schön fand. Einmal mehr liefert uns Lian Hearn hier eine fantastische und auch immer wieder unheimliche Erzählung im Stil japanischer Kriegergeschichten. Die Geschichte des Waisenkindes Kasho ist ein Entwicklungsroman, in welchen eine kleine Liebesgeschichte eingewoben wird, die vermutlich und hoffentlich im Folgeband noch entfaltet werden wird. Wie schon in ihren beiden zwischenzeitlich erschienenen Büchern über „Shikanoko“ wendet Lian Hearn sich nach meinem Eindruck auch in „Die Kinder der Otori“ zunehmend der japanischen Geisterwelt und vor allem dem Dunklen und Finsteren darin zu. Das ist grösstenteils spannend zu lesen, ist aber für mich persönlich zu dominierend und insgesamt zu düster. Deswegen kann ich „Die Kinder der Otori“ zwar empfehlen (und werde auch den zweiten Band auf jeden Fall lesen), finde diese Fortsetzung jedoch nicht ganz so gut, wie die ersten fünf „Der Clan der Otori“ Bände.
FAZIT:
„Die Kinder der Otori“ ist ein düster - fantastischer Kriegerroman, der in einer erdachten japanischen Welt spielt. Sein grosses Plus ist die sprachliche Schönheit, mit welcher Lian Hearn ihre Leserinnen und Leser zu fesseln vermag. Die Kenntnis der Vorgängerbände stelle ich mir hilfreich vor.
4/5

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Veröffentlicht am 17.09.2021

Thursday

Skeleton Tree
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Der zwölfjährige Chris hat vor einem Jahr seinen Vater verloren, zu dem er ein eher ambivalentes Verhältnis hatte. Als ihn eines Tages der Bruder seines Vaters, der Abenteurer Onkel Jack, zu einem Segeltrip ...

Der zwölfjährige Chris hat vor einem Jahr seinen Vater verloren, zu dem er ein eher ambivalentes Verhältnis hatte. Als ihn eines Tages der Bruder seines Vaters, der Abenteurer Onkel Jack, zu einem Segeltrip an der Küste Alaskas einlädt, ist Chris sofort begeistert. Auf dem Boot trifft er den drei Jahre älteren Frank, der sehr abweisend auf ihn reagiert. Während Chris benommen vor Seekrankheit und von den starken Tabletten, die ihm sein Onkel dagegen gegeben hat, in seiner Kajüte liegt, gerät das Segelboot in einen Sturm. Als das Boot kentert, muss Chris mitansehen, wie sein Onkel ertrinkt und rettet sich mit Frank im Beiboot.
Die beiden Jungen stranden schliesslich an einer verlassenen Küste und sind völlig alleingelassen. Weil sie weder Nahrung, noch Funkgerät, noch Feuer haben, sind sie bald am Ende ihrer physischen und psychischen Kräfte. Frank erweist sich als der in der Wildnis Erfahrenere und lässt dies den jüngeren und ängstlicheren Chris bei jeder Gelegenheit durch Demütigungen spüren. Als sie schliesslich eine verlassene Hütte und die Leichen von deren Bewohnern finden, eskaliert der Streit zwischen den beiden immer mehr.
Chris macht auf der Insel die Bekanntschaft eines offenbar zahmen Raben, und als Frank sich an der Hand verletzt, scheint sich das Blatt zu wenden.
Im Verlauf der Erzählung wechseln die Rollen, gegen Ende ist es Chris, der Frank immer wieder Hoffnung auf Rettung macht und sich um ihn kümmert. Beide Jungen erkennen, dass sie nur gemeinsam in der Wildnis überleben können. Und sie finden heraus, dass sie mehr miteinander verbindet, als sie bisher ahnten...

Iain Lawrence ist ein Meister darin, Leser vom ersten Moment an in seine Geschichten hineinzuziehen und zu fesseln. Wie schon bei «Die Tochter des Leuchtturmwärters» fühlt man sich auf besondere Weise mit den Hauptfiguren verbunden, und diese begleiten einen noch lange nach Beendigung der Lektüre in den eigenen Gedanken.
Auch in diesem Buch wird Lawrences Affinität zu Nichterklärbarem und mystisch Geheimnisvollen spürbar. Verstorbene erscheinen und geben Hinweise für die Lebenden. Tiere sind Boten, Freunde oder Feinde. Und die Natur in all ihrer Schönheit und Bedrohlichkeit ist ein Abbild für Werden und Vergehen, Schauplatz für Mythen und Legenden, der Ort, in den Freude und Leid eingebettet sind.
Die Entwicklung der beiden Jungen ist interessant zu beobachten. Lawrence beschönigt nicht und gibt auch immer wieder Einblicke in die dunklen Seiten der menschlichen Seele. Grausamkeiten, welche Mensch und Tier widerfahren, können zu deren Untergang führen oder durch Behutsamkeit und Geduld geheilt werden.
Nach meinem Eindruck sind es in diesem Buch allerdings etwas zu viele Fragen, die angeschnitten werden. Es geht wohl in erster Linie um das Überleben in der Wildnis, doch ausserdem werden noch Probleme wie Alkoholismus, Ehebruch, Verlassenheitsgefühle, Mobbing, Minderwertigkeitsgefühle, Naturkatastrophen, Krafttiere, Religion und Mystik der Ureinwohner Alaskas.
So ist man bei der Lektüre trotz aller Spannung ein wenig orientierungslos, so wie die beiden Jungen auch.
Die eigentliche (tragische, aber in sich konsistente) Hauptfigur in diesem Buch war deshalb für mich der Rabe «Thursday» ohne dessen Beistand und Hilfe keiner der Jungen hätte überleben können.
Die Gestaltung des Covers durch Daniel Burgess hat mir daher auch sehr gut gefallen: Man sieht Frank und Chris auf einem Felsen sitzen, welcher das Aussehen eines Rabenkopfes hat.

«Skeleton Tree» ist ein Buch für Jugendliche, das die Leser zum Nachdenken anregt und im Stil eines klassischen Abenteuerromans geschrieben ist. Innerhalb der Rahmenerzählung gibt es aber etliche Passagen und symbolische Geschichten, die nach meinem Gefühl für sehr junge Leser nicht so leicht zu verstehen und zu verarbeiten sein könnten und auch etwas von der eigentlichen Geschichte ablenken.

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Veröffentlicht am 09.07.2021

Die Wurzeln in der Vergangenheit

Auf den Spuren des Geisterwolfs
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INHALT:


Die junge Studentin Ashley hat vor einem halben Jahr bei einem Verkehrsunfall beide Eltern verloren und kann nur langsam wieder in ein geregeltes und normales Leben zurückfinden. Obwohl ihre ...

INHALT:


Die junge Studentin Ashley hat vor einem halben Jahr bei einem Verkehrsunfall beide Eltern verloren und kann nur langsam wieder in ein geregeltes und normales Leben zurückfinden. Obwohl ihre Freundin Maya sich alle Mühe gibt, Ashley aufzumuntern und ihr immer zur Seite steht, vermisst diese ihre Mutter und ihren Vater immer noch sehr. Als dann plötzlich auch noch ein Stalker auftaucht, fühlt die junge Frau sich nicht nur psychisch, sondern auch an Leib und Leben bedroht.


Nach einem Autounfall begegnet Ashley im Traum einem sprechenden alten Wolf, welcher sich als ihr Schutzgeist zu erkennen gibt und ihr mitteilt, dass er aus der Welt ihrer indianischen Vorfahren komme. Er verspricht, Ashley den Weg zu zeigen, den sie in Zukunft gehen muss und bietet ihr seine Hilfe an. Dafür soll sie sich auf die Suche nach ihrer Vorfahrin machen, welche als amerikanische Ureinwohnerin ebenfalls viele Schicksalsschläge erdulden und Leid erfahren musste. Auch ihr hat der Wolf einst als Schutzgeist zur Seite gestanden und sie auf ihrem Weg begleitet.


Nachdem Ashley sich wieder erholt hat, macht sie sich tatsächlich auf die Suche nach der geheimnisvollen Urahnin. In den Unterlagen ihrer Mutter, welche die Geschichte der amerikanischen Ureinwohner erforschte, findet sie eine alte Fotografie und darauf den Namen "Waynoka". Dies sind zunächst ihre einizigen Anhaltspunkte. Doch nach und nach ergibt sich ein klareres Bild, und Ashley erfährt, woher sie stammt.


Der Leserin wird dabei abwechselnd die Geschichte Ashleys in der Gegenwart und diejenige ihrer Ahnin Waynoka Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts erzählt.


Den Höhepunkt des Romans bildet Ashleys Aufenthalt in einem Indianerreservat, bei welchem sie viel Ablehnung, aber auch Unterstützung von unerwarteter Stelle erhält.


MEINE MEINUNG:


"Auf den Spuren des Geisterwolfs" ist ein Jugendbuch, welches sehr spannend und interessant geschrieben ist. Ashley ist eine sympathische Protagonistin, deren Kummer man gut nachempfinden kann und mit der man sich gerne auf der Suche nach ihren Wurzeln begibt.


Der Roman beinhaltet einige mystische Elemente, welche vor allem in der indianischen Spiritualität begründet sind. Die Gestalt und Rolle des Schutzgeistes oder des persönlichen Krafttiers wird immer wieder thematisiert und reflektiert, was ich sehr interessant fand. Gleichzeitig wird auch immer wieder über die Rolle von "Maheo", dem Grossen Geist, nachgedacht und gesprochen. Die Fragen, die dabei erörtert werden, sind wichtige, schon beinahe theologisch-philosophische Überlegungen zu Lebenssinn, Leid und Verhältnis von Schöpfer und Mensch. Für mich war das spannend zu lesen, für junge LeserInnen ist es vielleicht (noch) ein wenig schwierig?


Nicht ganz leicht zu ertragen und zu lesen sind vielleicht auch die Leiden, welche Waynoka und ihr Volk erdulden muss. Sie erlebt Massaker, Folter, Gefangenschaft und Demütigung durch die weissen Soldaten und Siedler. Diese werden zwar nicht allzu detailliert beschrieben, sind aber doch bedrückend.

Gleichzeitig gibt es auch immer wieder Hoffnung in diesem Buch In Gestalt von Menschen auf beiden Seiten, die im Anderen nicht den Feind, sondern den Mitmenschen und ein Kind des gleichen Schöpfers sehen.

Waynoka ist eine ebenso sympathische Protagonistin wie Ashley. Sie inspiriert und macht Mut durch ihre innere Stärke, ihre Kameradschaftlichkeit und Klugheit.



Das Thema "Trauma" nimmt eine grosse Rolle im Buch ein. Sei es durch den Verlust der Eltern, durch Stalker, die Verbrechen an Unschuldigen im Amerika des 19. Jahrhundert oder durch den Einsatz und miterlebte Bombenangriffe im Afghanistankrieg.

Aufgrund dieser Themen würde ich das Buch auch eher für etwas ältere Jugendliche empfehlen.

Die Enthüllung von Ashleys Herkunft und deren Aufdeckung liest sich spannend wie ein Krimi.


Einziger Wermutstropfen ist für mich das sehr abrupte Ende des Buchs. Da hätte ich gerne noch ein paar Seiten gelesen, wie es mit Ashley, ihrem Freund und ihrem Umfeld dann endgültig weitergeht.


Das Cover gefällt mir gut, die Komposition und Farbgebung ist sehr schön.


FAZIT:

"Auf den Spuren des Geisterwolfs" ist ein gut recherchierter, historischer und ein wenig mystischer Roman, der einen zum Nachdenken anregt und ein Plädoyer für Mut, gegenseitigen Respekt und Mitmenschlichkeit ist.

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