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Veröffentlicht am 14.03.2022

Ein ungewöhnliches Buch

Monster auf der Couch
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„Monster auf der Couch“ kam mit einer einfallsreichen Story um die Ecke, die mich sofort faszinierte. Die Idee, die bekanntesten Figuren aus der Feder von Robert Louis Stevenson, J. Sheridan LeFanu, Mary ...

„Monster auf der Couch“ kam mit einer einfallsreichen Story um die Ecke, die mich sofort faszinierte. Die Idee, die bekanntesten Figuren aus der Feder von Robert Louis Stevenson, J. Sheridan LeFanu, Mary Shelley und Oscar Wilde aus dem 19. Jahrhundert in unsere Zeit zu holen, damit sie therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen können, fand ich einfach genial.
Abgerundet wurde das Ganze von einem beeindruckendes Innenlayout. Neben schönen Illustrationen und unterschiedlichsten Schriftarten, die einzelne Bereiche des Buches klar abgrenzten, erwarteten mich die protokollierten Therapiesitzungen, wissenschaftliche Artikel, das Arbeitsbuch der Psychologin so wie einzelne ausgewählte E-Mails mit ihrer Mentorin.

Zu Beginn wurden mir von einer gewissen M. vier Akten, sämtliche Notizen und weitere Materialien zur Verfügung gestellt, damit das Verschwinden ihrer geliebten Frau aufgeklärt werden könne. Bis auf die literarischen Figuren um Dr. Jekyll, Victor Frankenstein, Dorian Grey sowie Carmilla und Laura hatten keine weiteren Personen einen ausgeschriebenen Namen. Wurde doch mal einer erwähnt, so wurde er geschwärzt, was mich anfänglich sehr irritierte. Besonders in Schriftstücken wie E-Mails empfand ich das als verwirrend. Bis zum Schluss wurde mir auch nicht klar, weshalb es sonst weiter keine Klarnamen gab.

Über die Psychologin selbst erfuhr ich relativ wenig. Manches gab sie in ihren Sitzungen preis, ihr Privatleben sowie ihre Gedanken teilte sie öfter in ihrem Arbeitsbuch mit. Ich fand es ein bisschen schade, dass ich dadurch keinen näheren Bezug zu ihr herstellen konnte, andererseits lenkte es mich nicht von den interessanten Therapiesitzungen ab. Hier musste ich mich jedoch erst daran gewöhnen, dass die Psychologin gar nichts über ihre Patienten wusste. Nehmen wir Dr. Jekyll als Beispiel. Wir alle wissen, dass er sich in Mr. Hyde verwandelte, doch das wusste die Psychologin nicht. So entstanden mit ihren Patienten manchmal sehr lustige Missverständnisse. Auf der anderen Seite war das auch ein immenser Vorteil, dass die Psychologin mit der eigentlichen Geschichte ihrer Patienten nicht vertraut war. Denn so musste ich keine Kenntnisse über die jeweiligen Figuren haben, um der Therapie folgen zu können. So kannte ich zum Beispiel die Geschichte von Laura und der Vampirin Carmilla nicht.

So einzigartig das Konzept von „Monster auf der Couch“ auch ist, manchmal empfand ich die Sitzungen als sehr langatmig. Besonders schwer fiel mir Dorian Grey. Unabhängig davon, dass er wirklich unmöglich war, zogen sich die Sitzungen mit ihm wie Kaugummi. Allerdings überraschte mich dann die dritte und letzte Therapiestunde mit ihm, da platze das Buch förmlich vor Spannung und die Wendung überraschte mich. Aber auch die wissenschaftlichen Artikel wurden im Verlauf zu kleinen Herausforderungen. Einen habe ich ehrlicherweise gar nicht wirklich verstanden. Dennoch mochte ich, dass „Monster auf der Couch“ damit unterfüttert wurde, denn das verlieh dem Ganzen einen authentischen Charakter.

Sehr gut gelungen fand ich, dass die beiden Autoren mit den literarischen Figuren stets sehr dicht an der Originalgeschichte bleiben. Teilweise sogar mit identischem Wortlaut. Zudem gefiel mir, wie es ihnen gelang, die Probleme, Moral- und Wertvorstellungen aus dem 19 Jahrhundert aufzugreifen und mithilfe unserer modernen Ansichten und Schwierigkeiten zu vergleichen. Auch mochte ich den psychologischen Aspekt. Ist das Wesen, welches Dr. Frankenstein erschuf tatsächlich ein Monster oder doch eher sein Schöpfer?

Insgesamt gefiel mir „Monster auf der Couch“ sehr. Der Cocktail aus Ernsthaftigkeit und Humor, authentischer Psychologie und Fantasie war perfekt. Nur das Ende war ein bisschen zu kurz, dafür relativ offen geraten. Eigentlich mochte ich es, weil es Spielraum für die eigenen Überlegungen ließ. Interessanterweise hätte ich auch von selbst auf die Teillösung kommen können, doch die beiden Autoren haben alles so geschickt gelegt, dass ich dieses Ende gar nicht in Betracht zog.

Fazit:
Es war toll, die literarischen Schauerfiguren kennenzulernen, während sie sich therapeutische Hilfe suchten. „Monster auf der Couch“ war mal was Ungewöhnliches und ich würde es cool finden, wenn sich noch andere Buchfiguren mal auf die Couch begeben würden.

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Veröffentlicht am 21.02.2022

Ein maritimes Cosy-Crime-Abenteuer

Im Kielwasser des Geldes
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Optisch passte das Cover zu der Reihe um den Yachtdetektiv Fabian Timpe und besonders nachdem Lesen von „Im Kielwasser des Geldes“ wurde deutlich, wie treffend der Titel gewählt worden war.
Wie auch schon ...

Optisch passte das Cover zu der Reihe um den Yachtdetektiv Fabian Timpe und besonders nachdem Lesen von „Im Kielwasser des Geldes“ wurde deutlich, wie treffend der Titel gewählt worden war.
Wie auch schon seine beiden Vorgänger startete ich in die Story auf stürmischen Gewässern und war gleich mittendrin in einer hochdramatischen Szenerie. Ich finde es immer noch sehr faszinierend, mit welchen Widrigkeiten Seeleute zu kämpfen haben und auch welche Konsequenzen falsches Handeln für ihre Schiffe bedeuten kann.
Detlef Jens gelang es wirklich gut, alles so bildlich zu beschrieben, dass ich mir alles direkt vorstellen konnte. Leider ließ es sich nicht vermeiden, dass dort auch reichlich Fachbegriffe eingeflochten worden sind, die mir allerdings nur dann die Leichtigkeit des Schreibstiles raubten, wenn die Szenen auf dem Wasser nicht höchstbrisant waren.

Insgesamt baute sich „Im Kielwasser des Geldes“ gemächlich und mit ganz viel maritimen Flair auf. Der Themenschwerpunkt lag dieses Mal auf dem Zusammenspiel zwischen dem Kunden, dem Designer, dem planenden Ingenieurbüro und der Werft. Natürlich war auch die Versicherungsfirma, bei der auch der Yachtdetektiv Fabian Timpe angestellt ist, mit dabei, sodass ein interessantes Potpourri rund um den Bau einer Megayacht entstand.
Ich fand diesen Mikrokosmos schon ganz interessant und ganz langsam schälte sich auch der eigentliche Kriminalfall heraus, der, wie könnte es auch anders sein, sich rund um die Yacht drehte.

Es gab mehrere Handlungsstränge, denen ich folgen durfte. So konnte ich mithilfe des personalen Erzählers neben Fabian noch die Journalistin Barbara, den Immobilienmakler und Rennyachtinhaber Sebastian sowie dem Milliardär Hellermann über die Schultern blicken. Ein paar kleinere Nebenschauplätze wurden auch noch mit eingebunden, sodass die Anzahl der Figuren, die ich begleiten konnte, noch ein bisschen höher ausfiel. Trotz der recht vielen Charaktere blieb „Im Kielwasser des Geldes“ überschaubar und versorgte mich mit einem ausführlicheren Blick auf die unterschiedlichsten Ereignisse.

Ich mochte es sehr, dass „Im Kielwasser des Geldes“ unabhängig zu den beiden Vorgängern gelesen werden konnte und sich dieser Fall komplett von den anderen unterschied. Nicht nur von den Schauplätzen, auch von der Krimiperspektive aus. So blieb die Geschichte spannend und vor allem unvorhersehbar.

Obwohl ich keinerlei Bezüge zu Segelbooten habe und auch an keinen Rennbootturnieren teilnehme, fand ich die Beschreibungen überaus interessant und gut verständlich. Besonders bei den maritimen Handlungen war spürbar, wie gut sich Detlef Jens in der Materie auskennt. Zudem gelang es ihm beinahe spielend, mich eine waschechte Landratte mitzunehmen auf ein kriminalistisches Abenteuer auf dem Wasser und an Land. Eingebettet wurde das Ganze durch die schöne Schauplatzatmosphäre zwischen Hamburg, der Elbe, der Nordseeküste und der Insel Utsira.

Fabians Weg zurück in seine alte Heimat, die noch reichlich unangenehme Erinnerungen für ihn bereithielt, war gelungen. Ich fand es schön, mehr über die wahren Ereignisse aus der Vergangenheit seiner Eltern zu erfahren und dabei miterleben zu können, wie Fabian endlich seinen Frieden mit den früheren Zeiten machen konnte. Das Entwickelte auch seinen Charakter weiter, sodass ich ihn am Ende noch eine Spur sympathischer fand als ohnehin schon.
Dennoch muss ich ehrlicherweise sagen, mochte ich „Gefährliche Zeiten“ lieber, da der zweite Band insgesamt mehr Spannung aus dem Krimi Genre bereithielt.

Fazit:
Ein maritimes Cosy-Crime-Abenteuer im Herzen von Hamburg und auf der Elbe sorgte für entspannte Unterhaltung und ist nicht nur für Segelbootliebhaber zum Lesen geeignet.

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Veröffentlicht am 14.02.2022

Wendungsreicher und verworren wirkender Thriller

Perfect Day
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Der Stil des Covers gefiel mir wirklich gut, er passte zu den anderen beiden Büchern von Romy Hausmann. Da jede ihrer Geschichten in sich abgeschlossen sind und auch keinerlei Berührungspunkte haben, könnt ...

Der Stil des Covers gefiel mir wirklich gut, er passte zu den anderen beiden Büchern von Romy Hausmann. Da jede ihrer Geschichten in sich abgeschlossen sind und auch keinerlei Berührungspunkte haben, könnt ihr bedenkenlos zu „Perfect Day“ greifen, wenn das Buch euch reizt.
Den Titel fand ich nicht ganz so gelungen, weil mir die Assoziation zum perfekten Tag auch nach dem Lesen nicht so recht glücken wollte. Ja, es gab schon Bezüge dazu, wobei einer besonders auf das Lied von Lou Reed gemünzt war. Aber das alles rechtfertigte für mich jedoch nicht die Vergabe des Titels.

Zu Beginn fand ich die wechselnden Erzählperspektiven und Zeitstrukturen verwirrend. Nicht immer war klar, wann sich welche Ereignisse zutrugen, was allerdings auch für eine rätselhafte Atmosphäre und übereifrige Spekulationen meinerseits sorgte. Im Verlauf der Geschichte ergaben die unterschiedlichen Perspektiven Sinn und es wurde spürbar, wie raffiniert hier Romy Hausmann mit ihrer Leserschaft spielte.
Hinzu kam ihr düster und geheimnisvoll wirkender Schreibstil, der gleichzeitig Informationen preisgab, aber auch viel verschleierte. Ständig hatte ich das Gefühl der Lösung nahe zu sein, nur um dann festzustellen, dass sich alles in eine ganz andere Richtung weiterentwickelte.

Es gab viele Plot Twists, die aber manchmal leider auch Klischees bedienten. Das fand ich schade, denn es war für meinen Geschmack völlig unnötig. Romy Hausmann gelang es auch so, durch ihren radikalen Schauplatzwechsel eine komplett neue und damit andere Atmosphäre zu erschaffen. Während ich erst noch die zutiefst verzweifelte Ann durch die pulsierende Stadt Berlin begleitete, landete ich plötzlich mit einer beinahe euphorischen Ann in einem abgeschiedenen, beinah idyllischen Dorf.
Dieser Bruch der Erzählung war kongenial.
In Berlin war Ann völlig am Ende. Ihr Vater saß in Untersuchungshaft, weil ihm die Morde an zehn kleinen Mädchen zur Last gelegt wurden. Völlig grundlos, findet Ann und ist auf der Suche nach jemanden, der ihr hilft, die Unschuld des Vaters zu beweisen. Doch das ist schwer, denn plötzlich wird sie von ihren Freunden und Bekannten wie eine Aussätzige behandelt. Anns Hilflosigkeit verwandelte sich schnell in blinden Aktionismus, der auch ihr aggressives Potenzial hier und da durchblitzen ließ.
Auf einmal war mir Ann nicht mehr so sympathisch, Misstrauen quetschte sich zwischen uns.
Dann kam der Wechsel des Schauplatzes und die Hoffnung griff um sich. Würde Ann hier beweisen können, dass sich die Strafverfolgungsbehörden geirrt hatten?

Ohne es so richtig zu merken, war ich tief in der Geschichte versunken. Jedem einzelnen Charakter war nicht zu trauen, sie alle hatten Geheimnisse, die nicht immer leicht zu durchschauen waren. Doch immer wieder schlichen sich Kleinigkeiten ein, die ich überzogen fand. Manche Zufälle wirkten schon arg konstruiert und mir fehlte das Vorstellungsvermögen, ob sich so was im wahren Leben wirklich so zutragen würde.
Was ich aber genial fand, war die Tatsache, dass Romy Hausmann von Anfang an mit offenen Karten spielte. Die Hinweise waren alle schon früh da, um sie richtig zu interpretieren. Doch ich habe begierig die ausgelegten Krümel aufgesammelt und war fleißig in die ausgelegten Fallen getapst.
Am Ende fügte sich fast alles schlüssig zusammen, was „Perfect Day“ zu einem runden Abschluss half.

Fazit:
Ein interessanter Thriller mit reichlich überraschenden Handlungswenden, die jedoch häufig von unglaublichen Zufällen begleitet wurden. Für alle, die gern Thriller mit Fokus auf psychisch basierten Emotionen und Beweggründen lesen.

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Veröffentlicht am 01.02.2022

Ein dunkler und geheimer Ort

Der Herzgräber
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Im Original heißt „Der Herzgräber“ „A dark and secret Place“ und ich muss sagen, dass ich diesen Titel wesentlich passender empfinde. Denn genau darum ging es in dieser psychologisch ziemlich finsteren ...

Im Original heißt „Der Herzgräber“ „A dark and secret Place“ und ich muss sagen, dass ich diesen Titel wesentlich passender empfinde. Denn genau darum ging es in dieser psychologisch ziemlich finsteren Geschichte um einen dunklen und geheimen Ort. Und wer sich vom Klappentext locken lässt und meint, dass er hier einen Serienkiller bei seinem schauerlichen Handwerk begleitet, dem sei versichert, dies war eher der kleinste Nebenschauplatz. Im Mittelpunkt standen Vergangenheit und Gegenwart mit ihren eigenen grauenerregenden Geheimnissen.

Jen Williams Schreibstil war unaufgeregt, indem das Hauptaugenmerk nicht auf blutspritzenden und adrenalinpeitschenden Augenblicken lag, sondern auf den psychologisch zwischenmenschlichen Aspekten. Besonders die unterschwelligen Gruselmomente begleiteten mich in „Der Herzgräber“ ziemlich häufig, sodass eine durchgängig schaurige, unheimliche bedrohliche Atmosphäre in der Luft lag.

Die unterschiedlichen Zeitebenen sorgten nicht nur für spannungsvolle Abwechslung, sondern auch dafür, dass sich mir immer mehr Fragen stellten, deren Antworten ich gern gekannt hätte. Besonders der Vergangenheitsstrang mit Michael Reave als Hauptfigur empfand ich besonders interessant. Seine Entwicklung und welche Konsequenzen dies bis in die Gegenwart hatte, waren auf grauenerregende Art und Weise faszinierend. Manchmal schwankte ich zwischen Abscheu und Mitleid hin und her, Jen Williams gelang es perfekt, mir einen Menschen zu präsentieren, der sich zu einem Monster entwickelte.

Schwerpunktmäßig lag der Fokus in der Gegenwart und auf Heather, die der Frage nach dem Warum im Zusammenhang mit dem Selbstmord ihrer Mutter nachging. Anfänglich mochte ich Heather, konnte mit ihr fühlen und spürte ihre Verzweiflung gepaart mit Verunsicherung sowie Angst. Doch im Verlauf der Geschichte wurde mir Heather immer unsympathischer. Besonders durch ihre teilweise rücksichtslose und stellenweise aggressive Art. Aber auch ihr Verhalten in unheimlichen Augenblicken empfand ich als völlig irrational. So hätte ich nie und nimmer reagiert und dadurch wurde mir Heather immer suspekter. Dies hatte leider auch zu Folge, dass ich sie nicht mehr mit Herzblut, sondern mit Abstand begleitete. So wirkten die Schockmomente einfach nicht mehr intensiv genug, um mich dauerhaft in einen Zustand des Fürchtens zu halten.

Dagegen mochte ich, dass sich beide Zeitebenen chronologisch weiterentwickelten und besonders die wohldosierten Beschreibungen der Schauplätze, insbesondere denen in der Natur, ein stimmungsvolles Bild erschufen. Eindrucksvoll waren jene Momente, wenn Jen Williams durch gegensätzliche Szenenbilder das Schaurige intensivierte. Abgerundet wurde das Ganze von ursprünglichen, grausigen Märchen aus dem Hause Grimm, die ein völlig neues Ende bereithielten. Oftmals fragte ich mich, ob mir hier eine versteckte Botschaft zuteilwürde. Generell bot mir „Der Herzgräber“ reichlich Platz für eigene Spekulationen.

Das Ende war irre und genial gelöst. Fast alle meine offenen Fragen wurden restlos und auch stimmig geklärt. Auch wenn mich nicht alles überrascht und ich das ein oder andere Rätsel schon gelöst hatte, fand ich den Gedanken hinter diesem Buch erschreckend lebensnah. Schade war wirklich nur, dass Heather diese Stimmung so massiv durch ihren Charakter drückte. Wäre sie um einiges sympathischer gewesen, „Der Herzgräber“ wäre ein Lesehighlight für mich geworden.

Fazit:
„Der Herzgräber“ ist kein Thriller, der auf bluttriefende Action setzte, sondern mit einem bedrohlichen, gruseligen Unterton erzählt wurde. Für Freunde von psychologisch aufgebauten Thrillern in jedem Fall eine Empfehlung.

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Veröffentlicht am 10.01.2022

Mehr Thrill als Romance

Going Under
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Das Cover war nicht meins. Es war irgendwie nichtssagend und im Buchhandel wäre ich wohl achtlos an „Going Under“ vorbeigelaufen. Für meinen Geschmack war es zu neutral und im Endeffekt spiegelte es nicht ...

Das Cover war nicht meins. Es war irgendwie nichtssagend und im Buchhandel wäre ich wohl achtlos an „Going Under“ vorbeigelaufen. Für meinen Geschmack war es zu neutral und im Endeffekt spiegelte es nicht wirklich etwas vom Inhalt wider. Dafür gefiel mir das Innenlayout, wo an den Kapitelanfängen unterschiedlich große Bläschen zusehen waren. Im Verlauf der Geschichte wurde auch deren Bezug klar und ich fand sie stimmig zum Inhalt.

Der Einstieg in die Geschichte war von einer traurigen Atmosphäre geprägt, die mich sofort abholte. Protagonistin und Icherzählerin Brooke musste an der Beerdigung ihrer besten Freundin Beth teilnehmen. Die Situation ging mir nahe und besonders Brooks Gewissensbisse kamen hier sehr gut, sowie ungefiltert zum Ausdruck.
„Going Under“ entwickelte sich gemächlich und hatte anfänglich den Touch einer gewöhnlichen High-School-Erzählung. Die Spannung blieb dabei nur unterschwellig spürbar, da mir hier ein langsamer, aber durchaus schlüssiger Handlungsaufbau präsentiert wurde. In dessen Mittelpunkt stand eine 18-jährige Hauptfigur, zerfressen von Seelenqualen, in deren Kopf sich einen gefährlichen Plan entwickelte. Nicht ganz uneigennützig, wie mir später schien, denn Brooke hatte besonders zu Lebzeiten ihrer Freundin Beth gegenüber teilweise ein doch sehr bitteres Verhalten an den Tag gelegt.
Stück für Stück wurde klar, warum Brooke förmlich in einem Meer aus Schuldgefühlen ertrank. Obwohl Brooke intelligent wirkte, kam sie mir gleichzeitig so schrecklich naiv rüber. Ihre Stärke nahm ich ihr nicht komplett ab und ich muss gestehen, dass sie mir besonders am Anfang nicht besonders sympathisch gewesen ist. Ich fand sie bestenfalls nett. Erst später, als auch sie eine schmerzhafte Weiterentwicklung durch machte, konnte ich eine Beziehung zu ihr aufbauen und begann sie zu mögen.

Das Thema an sich war wirklich keine leichte Kost, weil es traurigerweise extrem realistisch gewesen ist. Junge Männer, die es lustig finden, Mädels nach Punkten auszuwählen und sie zu verführen oder gefügig zu machen, wenn sie nicht wollen, lösen bei mir Brechreiz aus.
Das wurde nicht besser, als die blöden Idioten mit ihrer „Schlampenliste“ prahlten und mit einem Mal völlig klar war, was Brooke vorhatte.
S. Walden beschrieb mit Feingefühl die Auswirkungen einer solch perfiden Liste und zeigte ungeschönt auf, wie sehr Opfer darunter später zu leiden haben. Es ging mir verdammt nahe und berührte mich auf eine stille Weise. Hier gab es keine haarsträubenden Spannungsbögen oder Nägel kauende Momente. Stattdessen sorgte gerade diese Schnörkellosigkeit der Erzählung für das kalte Grauen, welches mich heimsuchte. Besonders eine Szene war wirklich harte Kost und die Art, wie es erzählt wurde, liegt mir noch immer schwer im Magen.

Der Schreibstil war flüssig und bildreich. Besonders am Anfang hatte er eine Leichtigkeit, die passend zum Alter der Figuren war. Erst später wandelte er sich in eine erschütternde Ernsthaftigkeit, die zum Nachdenken anregte.
Hinein in diesen leisen und düsteren Thriller kroch eine bittersüße Liebe, die passend zum Genre des Dark Romance gewesen ist. Für Brooke stand plötzlich viel mehr auf dem Spiel, als ursprünglich gedacht. Den Zwiespalt um eine Entscheidung, die sie unweigerlich treffen musste, fand ich gut ausgearbeitet und auch die Umsetzung der Konsequenz ihres eigenen Handelns.

Fazit:
Obwohl Dark Romance-Thriller draufsteht, war hier mehr Thrill als Romance enthalten. Die Geschichte berührt auf eine ganz leise und doch tiefe Weise, ließ mich teilweise fassungslos und wütend zurück. S. Walden hat ein dunkles Thema gewählt und mit Feingefühl erzählt.

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