Eine besonders innige Beziehung
Besser allein als in schlechter GesellschaftAdriana ist 60 Jahre alt, der Ehemann hat sie nach 30 Jahren verlassen, die Söhne sind flügge geworden. Die Schauspielerin und Regisseurin hat Schwierigkeiten sich damit abzufinden. Eine wertvolle Stütze ...
Adriana ist 60 Jahre alt, der Ehemann hat sie nach 30 Jahren verlassen, die Söhne sind flügge geworden. Die Schauspielerin und Regisseurin hat Schwierigkeiten sich damit abzufinden. Eine wertvolle Stütze und engste Vertraute ist ihre Teta Jele. Die 99-jährige Dame hat viel erlebt. Den Faschismus in Kroatien, die Flucht aus dem Konzentrationslager Rab und den Neuanfang mit ihrem Mann in Italien.
In ihrem Erzählband "Besser allein als in schlechter Gesellschaft - Meine eigensinnige Tante" lässt Adriana Altaras abwechselnd mit ihrer Tante die Erlebnisse Revue passieren, während die Corona-Pandemie die beiden Frauen vor neue Herausforderungen stellt. Die Tante ist in ihrem Seniorenheim in Italien quasi abgeschottet vor der Außenwelt. Gehör und Augenlicht verlöschen immer mehr. Die Nichte trauert dem Ex-Mann hinterher, kann ihn nicht Recht loslassen innerlich.
Die Erzählungen Adriana's und die ihrer Tante sind sehr vielschichtig, berührend, ergreifend und bildgewaltig. Aber es ist nicht nur die Geschichte von Nichte und Tante. Es ist auch eine Geschichte um jüdisches Leben in Europa. Denn der Holocaust hat nicht nur in Deutschland Menschen gequält, verfolgt und ermordet. Die Folgen wirken bis heute nach. Während die eine versucht damit ihren Frieden zu finden, kommen bei der anderen die Traumata der Vergangenheit immer wieder auf. Und dann Naht mitten in der Pandemie der 100. Geburtstag der Tante. Ich war sehr gespannt darauf, ob die beiden diesen gemeinsamen feiern können. Das Buch liest sich überaus warmherzig, die Eigenwilligkeit der Tante mag ich sehr, genauso wie Adriana's Humor. Lesen dringend empfohlen 🤗