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Veröffentlicht am 03.03.2023

Unterhaltung ohne Tiefgang

Solitaire (deutsche Ausgabe)
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Nette Coming-of-age-Geschichte, der angesichts des Themas Depression aber die notwendige Tiefe fehlte. Nach meinem Geschmack wurde auch die Dramatikschraube an einigen Stellen überdreht.

Trotzdem haben ...

Nette Coming-of-age-Geschichte, der angesichts des Themas Depression aber die notwendige Tiefe fehlte. Nach meinem Geschmack wurde auch die Dramatikschraube an einigen Stellen überdreht.

Trotzdem haben besonders die sehr unterschiedlichen Charaktere und das Rätsel um Solitaire Spaß gemacht. Und ich bin definitiv ein Fan von Michael Holden - wir bräuchten alle einen Michael Holden in unserem Leben.

Resümee: Für Zwischendurch ein amüsantes Young-Adult-Buch.

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Veröffentlicht am 26.02.2023

Experimentell

Rosa in Grau
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Abstrakte Wortgemälde als Ausdruck von Leiden und Entmenschlichung

Ein Versuch die Leerstelle zu füllen, die in den psychiatrischen Anstalten nach Ende des zweiten Weltkrieges bis zu Beginn der Siebziger ...

Abstrakte Wortgemälde als Ausdruck von Leiden und Entmenschlichung

Ein Versuch die Leerstelle zu füllen, die in den psychiatrischen Anstalten nach Ende des zweiten Weltkrieges bis zu Beginn der Siebziger Jahre entstanden sind.

Die Menschen waren weggeschlossen, verwahrt, Versuchskaninchen für neue Therapien.

Ich tauche tief in das Innere einer Erkrankten. Innen und außen verschwimmen, ich verliere die Orientierung, schlingere durch die Tage, verschmelze mit den Worten und schäle mich wieder mühsam heraus - bin ständig auf der Suche nach Halt in der Realität. Doch es gibt nur selten ein Aufblitzen von Klarheit, das nicht ausreicht, um eine Geschichte entstehen zu lassen - gerade mal blasse Konturen von Handlung und Menschen, von denen ich nie sicher bin, sind sie real oder Psychose.

Wunderschöne Wortgebilde, malerische Farbgebungen und schmerzhafte Verlorenheit verbinden sich zu einem abstrakten Gemälde, nehmen mich gefangen. Doch es ist mir zu wenig, um mich im Buch zu halten und so lege ich es immer wieder zur Seite.

Am Ende gibt es eine Erläuterung, die hilft das Gelesene einzuordnen. Mir war es zu wenig, um aus der Kunst eine Geschichte werden zu lassen, die Fühlen und Verstehen verbindet. Aber dies war vermutlich gar nicht gewollt.

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Veröffentlicht am 06.02.2022

Sehnsüchte – nachdenklich und aus dem Takt geraten

Keine Ahnung, ob das Liebe ist
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Ein bisschen verloren, mit sich im Zweifel fühle ich die Worte, aber suche den Takt

Es war nachdenklicher, suchender und erwachsener als ihre vorangegangenen. Ihre Stimme fängt mich, zieht mich hinab ...

Ein bisschen verloren, mit sich im Zweifel fühle ich die Worte, aber suche den Takt

Es war nachdenklicher, suchender und erwachsener als ihre vorangegangenen. Ihre Stimme fängt mich, zieht mich hinab und treibt mich durch die Straßen. Ich mag ihren Blick von innen nach außen und empfange den Impuls:

Immer ein Stück getrennt von der Welt, selten dazugehörig, im Kampf mit der eigenen Entwicklung und dem eigenen Wollen. Ein Individuum mit Sehnsucht nach Verschmelzung – Gefühle, die sich spiegeln.

Ich weiß nicht, ob es an mir lag, dass ich die Melodie und den Rhythmus nicht in allen Stücken spüren konnte. Auch wenn es inhaltlich schwer wog, verlor ich dadurch manches Mal den Zugang.

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Veröffentlicht am 09.11.2021

Wie das Schälen einer Zwiebel

Phon
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Das Buch spielt in Russland und so kommt es auch entsprechend düster, schwermütig und von Märchenhaften durchdrungen daher.

Nadja erzählt von ihrem Leben, ihrem Alltag, was es bedeutet Russin zu sein, ...

Das Buch spielt in Russland und so kommt es auch entsprechend düster, schwermütig und von Märchenhaften durchdrungen daher.

Nadja erzählt von ihrem Leben, ihrem Alltag, was es bedeutet Russin zu sein, den Menschen, die aus ihrem Leben verschwunden sind und denen, die geblieben sind. Und hinter all dem ist etwas versteckt, das sie nicht erzählen will.

Ihr Blick ist wütend, oft depressiv, dann wieder verletzlich - ihre Sprache außergewöhnlich, voller eindrücklicher Bilder und einfach wunderbar. Doch für mich reicht die schöne Sprache nicht aus, um aus ihrer Geschichte einen Lesegenuss zu machen. Ich musste tief in Nadjas unstrukturierte Gedankenwelt eintauchen, suchte nach Hinweisen auf eine Geschichte, suchte den Kern ihrer Erzählung. Schale für Schale, Häutchen für Häutchen betrachtete ich Nadjas Gedanken, prüfte sie auf ihren Wahrheitsgehalt, suchte die Zwischenräume ab und musste mir meine eigene Wahrheit zusammenreimen, auf der Suche nach der Geschichte hinter all diesen Gedanken. Die Hinweise am Ende, die von außen gereicht werden, reichen nicht aus für all meine Fragen.

Die Autorin hat sich die Mühe gemacht, die Verzweiflung eines Menschen in all seinen Facetten zu zeigen. Ich spüre diese Frau, die mit einem Trauma kämpft. Die daraus resultierende Verdrängung haben Nadja zu einem Menschen jenseits der Realität werden lassen. Manches Mal war ich fasziniert von ihrer Stärke, manchmal erschrocken vor ihrer Garstigkeit, dann wieder vor ihrer Einsamkeit. Mit aller Macht drängt Nadja Erinnerungen zur Seite, färbt sie ein, verzerrt sie und gibt sie als unscharfes Dia zurück.

Es gab so viel zu interpretieren und kaum Hinweise, dass man in die richtige Richtung marschiert. Vielleicht gab es auch gar kein Richtig und Falsch. Sondern nur einen undefinierten Dschungel aus Worten, der immer wieder andere Facetten zeigte, je nachdem welchen Pfad man einschlägt. Am Ende blieb ein Haufen Gedanken mit dem Geschmack eines Unglücks. Es war Schwerstarbeit mit dem Gefühl, etwas Unbekannten ganz nah gekommen zu sein.

Fazit: Viele interessant duftende Häppchen in einer dunklen Hülle werden in einer wunderbaren Sprache gereicht – doch satt bin ich am Ende nicht.

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Veröffentlicht am 02.05.2021

Eingemauerte Emotionen

Was von Dora blieb
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Isa steckt in einer Ehekrise und flüchtet sich in die Spurensuche ihrer Großmutter Dora und der Kindheit ihres Vaters.

Anfangs war ich begeistert, der Einstieg gelang ganz leicht und die beiden Zeitebenen ...

Isa steckt in einer Ehekrise und flüchtet sich in die Spurensuche ihrer Großmutter Dora und der Kindheit ihres Vaters.

Anfangs war ich begeistert, der Einstieg gelang ganz leicht und die beiden Zeitebenen versprachen jede für sich einen Spannungsbogen. Die Erzählstimme ist flüssig und abwechslungsreich. Schnell entwickeln sich Parallelen zu Doras und Isas Kindheit, die beide eine besondere Beziehung zum Vater haben. Die Geschichte wirkt historisch sehr gut recherchiert und geizt nicht mit Hintergrundinformationen.

In der weiteren Entwicklung konnte mich Doras Geschichte mehr fesseln als Isas, die ihren Problemen auswich und immer um sachliche Contenance bemüht war, anstatt sich ihren Emotionen zu stellen. Auch bei Isas Experiment in Sachen Liebe schien sie immer ein Stück weit unbeteiligt zu bleiben. Einzig der psychische Aussetzer hauchte ihr Leben ein, doch den hat sie viel zu schnell wieder im Griff.

Akribisch arbeitet Isa sich durch Doras Vermächtnis und durch die Tagebücher ihres Vaters, scheut nicht, weitere Recherchen in Archiven zu betreiben, und entfernt sich damit immer weiter von den Menschen in ihrem Leben.
Doras Jugend wird sehr anschaulich und in vielen detailreichen Szenen erzählt. Ganz anders als Isa lässt die junge Dora mich emotional mitfiebern und bangen. Dann folgt ein großer Zeitsprung und ich verliere auch die Verbindung zu Dora.

Die erwachsene Dora kann die Verluste in ihrem jugendlichen Leben nicht kompensieren und wird nach außen hart und unnachgiebig. Als der Krieg ausbricht, hilft ihr das, die Situation zu überstehen – gleichzeitig ist sie emotional unerreichbar für ihre Kinder - mit fatalen Folgen. Auch ich kann die Bindung zu Dora nicht wiederherstellen. Ein Grund dafür ist, dass jetzt ihr Sohn (Isas Vater) im Vordergrund steht. Er wird mir durch seine Tagebucheinträge aus der Kindheit nah gebracht und verschwindet dann in seinem korrekten Beamtenleben.

Ich versuche gemeinsam mit Isa, die Gründe für ihr gestörtes Verhältnis zum Vater zu erarbeiten und daraus eine Lehre für ihre aktuellen Probleme zu ziehen. Doch die Quintessenz bleibt aus. Es bleibt bei einem Puzzle aus Traumata und Missverständnissen, denen Isa zwar ein erzählerisches Gewand gegeben hat, doch die am Ende die sättigende Auflösung vermissen lassen.

Der Roman zeigt sehr schön die Schwierigkeiten der Kriegskinder und Kriegsenkel auf und transportiert dies anschaulich in den beiden Frauenschicksalen, die mit der Sprachlosigkeit ihrer Eltern und den unsicheren Bindung zu kämpfen haben. Beide scheinen diese Sprachlosigkeit geerbt zu haben und verschanzen ihre Emotionen hinter massiven Schutzmauern, kaum fähig emotional zugewandte Beziehungen zu leben und ihre Erwartungen an das Leben zu formulieren.

Dieses Aufzeigen der Muster und die nicht abreißenden Erläuterungen der historischen Hintergrundfakten verhindern bei mir, mich den Protagonisten nah zu fühlen und so lesen sich zwei Drittel des Buches wie der Bericht eines Unbeteiligten. Am Ende vermisse ich Isas Entwicklungsschritt und damit den Sinn der Aufarbeitung.

Fazit: Ein Beleg für die Schwierigkeiten der Kriegskinder und Kriegsenkel in Beziehungen wird hinreichend erbracht - leider auf Kosten der emotionalen Beteiligung des Lesers

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