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Veröffentlicht am 13.03.2022

Und nun?

My Body
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Das Buch beginnt mit einem Zitat aus John Bergers „Sehen“, in dem er die Absurdität beschreibt, mit der wir eine nackte Frau für ihre sündige Eitelkeit verurteilen, gleichzeitig sie aber auch selbst anschauen. ...

Das Buch beginnt mit einem Zitat aus John Bergers „Sehen“, in dem er die Absurdität beschreibt, mit der wir eine nackte Frau für ihre sündige Eitelkeit verurteilen, gleichzeitig sie aber auch selbst anschauen. Ohne das Original-Buch ist es schwer festzulegen, um welches Gemälde es sich handelt, es könnte jedoch von Hans Melming stammen. Melmings „Eitelkeit“ ist Teil der Vorderseite des „Triptychon der Irdischen Eitelkeit und der Himmlischen Erlösung“ von 1485, welches die nackte Frau einrahmt von einer tanzenden Leiche und dem tanzenden Teufel zeigt. Eine Metapher für das gesamte Buch? Wie die Frau in dem Gemälde wirft Emily Ratajkowski uns einen leicht genervten, herausfordernden Blick zu, da wir sie als Model auf ihren Körper reduzieren, während sich in Wahrheit links und rechts Abgründe aus sexuellen Übergriffen, Erniedrigungen und Respektlosigkeiten auftun – und die Täter unbescholten weitertanzen.

Nach dem langen Aufbau aus manchmal schwer zu verdauenden Geschichten, die noch viel schlimmer zu erleben gewesen sein müssen (Trigger-Warnung) und bis zur Dissoziation ihres eigenen Körpers führen, hatte ich fest damit gerechnet, dass ein body-positives Argument aufgemacht wird, so wie es bereits auf Seite 2 in der Einleitung heißt: „Warum sollten wir uns anpassen, uns für unsere Körper entschuldigen und sie verhüllen? Ich hatte keine Lust mehr, mich schuldig zu fühlen, wie ich mich auf eine bestimmte Weise präsentierte.“, eine Rechtfertigung wie Gleichberechtigung und die Körperlichkeit des Modelbusiness zusammengehen. Für mich ist es dabei kein Problem, dass dieses Argument nicht weiter angesprochen wurde, sondern viel mehr, dass gar kein Argument angeführt wurde. Auf den 250 wirklich gut geschrieben Seiten (auf Details fokussiert, die nicht von einem guten Lektorat oder Schreibkursen, sondern von Talent herrühren müssen) wird leider bis zum Schluss nicht klar, worin die Kernaussage des Buches liegt. Selbst bei dem großartigen vorletzten Kapitel, in dem ich dachte, mit all ihrer Wut, allem Frust und aller Selbstermächtigung holt sie jetzt zum großen Schlag nicht nur gegen eine einzelne Person, sondern gegen ein ganzes System aus, blieb ich nach dem Lesen zurück und fragte mich „und jetzt?“.

Das ist die Frage, welche mich während und nach dem Lesens und auch in den Tagen danach immer noch begleitet. Wieso hat sie all das aufgeschrieben? Als Therapie? Als Anklage? Oder als Streitschrift, deren Argument ich einfach nicht erkannt hat? Und das ist unglaublich Schade, da zwischen den Zeilen (und manchmal sogar in den Zeilen) so wichtige Aussagen zu finden sind, dass sie sich zum Ende hin eigentlich zu einer Aufforderung, einer Warnung, einer Handlungsanweisung an die Lesenden hätten verdichten müssen. Oder ist genau dies das Ziel? Dass die Lesenden mit einer Frage zurückbleiben, die auffordert, selbst weiterzudenken, sich zu informieren und selbst nach Handlungen zu suchen: und nun?

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  • Handlung
Veröffentlicht am 22.03.2018

Spannend - nur an der Übersetzung scheitert es - 3,5/5 Sternen

Die Morde von Pye Hall
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Seit Jahren habe ich auf genau so ein Buch gewartet! Ein Buch in einem Buch! Und auch obwohl sich schon viele Thriller-Autoren an diesem Motiv versucht haben, konnte mich bis jetzt noch niemand zu 100% ...

Seit Jahren habe ich auf genau so ein Buch gewartet! Ein Buch in einem Buch! Und auch obwohl sich schon viele Thriller-Autoren an diesem Motiv versucht haben, konnte mich bis jetzt noch niemand zu 100% überzeugen. Trotzdem habe ich mich sehr auf dieses Buch gefreut, in der Hoffnung, endlich das zu finden, was sich von so einem Plot erwarte.

Die Story an sich ist eigentlich in zwei Hälften geteilt. Zum einen das „Buch im Buch“, das heißt, der Krimi und dann die Geschichte, die sozusagen in der realen Welt stattfindet. Dabei ist der Krimi sehr gut aufgemacht und hat sein eigenes Deckblatt und sogar einen Teil mit dem Titel „Was die Presse über das Buch sagt“. Selbst die Schriftart ist unterschiedlich, wodurch man auf keinen Fall durcheinander kommen kann. Das hat mir sehr gut gefallen und gibt dem ganzen noch das gewisse Etwas. Der Plot war sehr gut durchdacht und verbindet den "Krimi im Buch" mit dem Buch selbst hervorragend!


Der Schreibstil an sich ist nicht unbedingt besonders, sondern sehr einfach und manchmal vielleicht sogar zu einfach, hölzern und fast schon billig. Ich hätte mir einfach ein wenig mehr Eigenheiten und sprachliche Mittel gewünscht. Trotzdem schafft er es, den Leser rasant durch das Geschehen zu führen und ihn beim Lesen zu halten. Gefallen hat mir sehr, dass der Leser hin und wieder sogar direkt angesprochen wird! Problematisch war jedoch an diesem Buch die Übersetzung. Ganz ehrlich, die Übersetzung war, im Vergleich zu dem, was andere Übersetzer manchmal leisten, einfach schlecht. Es werden Formulierungen wie „Lassen Sie uns am Anfang anfangen“ verwendet (und dies sogar mehrmals) und sogar einige Wörter einfach falsch übersetzt. So auch "papers", das englische Wort für Papier/Blätter, aber eben auch für: Kaffeefilter. Lutz-W. Wolff übersetzt es naiv mit "Blättern", wodurch der Satz natürlich komplett seinen Sinn verliert (da es eben hier um die Kaffeefilter ging, die in die Kaffeemaschine kamen und keine "Blätter"). Leider ist die Übersetzung an sich auch nicht ganz konsequent. An einer Stelle wird etwas auf einen Notizblock geschrieben – auf Deutsch. Später wird der Wortlaut jedoch auf Englisch wiederholt. Ob der Übersetzer einfach schlecht ist (was ich nicht vermute, da sich andere Verlage sogar mit ihm rühmen) oder er einfach nicht genug Zeit hatte, sei dahingestellt, aber hier treten grobe Fehler auf, wodurch das Buch an manchen Stellen einfach holprig wird – sehr schade!

Die Auflösung kam dann relativ „angemessen“, also nicht zu langsam, aber auch nicht zu plötzlich. Dazu muss ich aber sagen, dass ich schon relativ früh einen Verdacht hatte, der sich dann am Ende auch bestätigte. An sich ist das gesamte Buch spannend und konnte mich für sich gewinnen. Man erfährt die ganze Zeit etwas Neues, ohne dass es zusammengewürfelt wirkt. Das Buch ist ähnlich aufgebaut wie ein klassischer Agatha-Christie-Roman. Dies scheint Horowitz auch gewusst und sogar gewollt haben. Von den Charakteren über die Ortschaft, bis hin zur Auflösung, vieles erinnert an das goldene Zeitalter des Krimis, ohne dabei nostalgisch oder epigonal (ein Wort, dass auch im Buch verwendet wird) zu wirken.

Die Charaktere haben mir gut gefallen und auch das Setting an sich. Horowitz stellt ein Dorf dar, in dem jeder seinem Nächsten den Tod wünscht und sein ganz eigenes Geheimnis hat. An sich, ein Buch, dass empfehlenswert ist, viel Spaß mit sich bringt, jedoch leider durch die Übersetzung einiges an Punkten verliert – 3,5/5 Punkte.

Veröffentlicht am 09.10.2018

Missed the Hit.

The Wife Between Us
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Schon als es in Amerika veröffentlicht wurde, tauchte „The Wife Between Us“ immer öfter auf meinem Radar auf – und als es dann auf Deutsch herauskam, war ich schon lange überzeugt: Ich musste es lesen!
Es ...

Schon als es in Amerika veröffentlicht wurde, tauchte „The Wife Between Us“ immer öfter auf meinem Radar auf – und als es dann auf Deutsch herauskam, war ich schon lange überzeugt: Ich musste es lesen!
Es wird als Nachfolger von „Gone Girl“ und „Girl on the Train“ gefeiert, trotzdem streiten sich die Leser über die wirkliche Qualität des Buches.


Der Anfang hat mir gar nicht gefallen. Mir war es zu platt, zu einfach, zu sinnlos und vor allem: sehr mittelmäßig geschrieben. Die Charaktere konnten auch keinen Pluspunkt erzielen und die ständige Markennennung machte auch keinen guten Eindruck. Zwischenzeitlich musste ich mich wirklich überwinden, das Buch in die Hand zu nehmen – doch nicht, weil ich Angst hatte, vor Spannung nicht mehr aufhören zu können...

Das änderte sich in der zweiten Hälfte! Plötzlich schien alles wie ausgetauscht: der Plot wurde zusammenhängend, während die Protagonisten endlich zu begreifen schienen, was überhaupt passierte. Der Leser wird in die Geschichte hineingezogen und irgendwann ist es wirklich das Verwirrspiel, mit dem geworben wird.

Doch dann kam das Ende. Hier ließ es wieder rapide nach und war meiner Meinung nach nur noch darauf aus, den Leser irgendwie zu schocken und überall noch einen Plot-Twist herzuzaubern, bei dem man sich wirklich fragt, was das noch soll. Jeden Charakter soll man auf einmal mit ganz anderen Augen sehen und das auch noch unglaublich spannend finden – leider wirkte es eher billig.

„The Wife Between Us“ ist ein Buch, dass oft richtig in Fahrt kommt, an vielen wichtigen Stellen jedoch großartig versagt. Immer wieder wird man als Leser gepackt, dann wieder mit einem Augenrollen fallen gelassen. Es ist seine Zeit wert, wenn man auch nicht wirklich profitiert – es sei denn, man möchte lernen, was man bei einem Thriller richtig und falsch machen kann.

Veröffentlicht am 14.12.2016

Ein toller Reisebericht aus Australien!

Clown Under
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»Ich bin neunzehn Jahre alt, habe keine Erfahrung im Showbusiness und stand noch nie in der Manege. Dennoch habe ich große Lust auf Zirkus!«

Nur mit dem Rucksack bepackt, reist Andreas Schaible nach dem ...

»Ich bin neunzehn Jahre alt, habe keine Erfahrung im Showbusiness und stand noch nie in der Manege. Dennoch habe ich große Lust auf Zirkus!«

Nur mit dem Rucksack bepackt, reist Andreas Schaible nach dem Abitur durch Australien und landet so bei einem Zirkus. Aber nicht in irgendeinem Zirkus - Nein, es ist der Silvers Grand Magic Circus, einer der zehn weltbesten Zirkusse und der größte Zirkus Australiens. Um sein Work and Travel - Jahr zu finanzieren, beginnt er dort als Frischling, wie er von den Artisten, dem Direktor und anderen Arbeitern genannt wird. 6 Monate Popcorn einsammeln, das Zelt aufbauen und Nebelmaschienen in Positon bringen. Doch schon bald merkt er, dass er zu höherem berufen ist und klettert in der Karriereleiter von Putzfrau über Magier-Assistent zum Clown, der seinen eigenen Show−Act auf der Bühne hat. So reist er an der Seite des Zirkusses in einem Wohnwagen mit Gemeinschaftsduschen, -toiletten und -küche durchs Outback, bis in die Millionenstadt Melbourne und weiter an der Südküste entlang.

»Australien. Ein riesiges Land voller Überraschungen. Strahlend blaues Wasser, trockene Wüsten aus roter Erde, Krokodile, tosende Wasserfälle, einsame Strände mit dem weißesten Sand des Planeten, Schlangen, giftige Spinnen, Korallenriffe und jede Menge Sonne. Ein Land der Gegensätze. Auf der einen Seite die einsame Weite des kargen Outbacks, auf der anderen der tropische Dschungel.«

Mit Formulierungen wie diesen entführt der erst 24 jährige Autor uns an das andere Ende der Welt und in die magische Zirkuswelt des Silver Grand Magic Circus. Egal ob er von dem harten Alltag als "der Mann im Hintergrund" oder von seinen Auftritten in der Manege berichtet, tut er es immer mit einer sprachlichen Raffinesse und lässt es so vorkommen, als säße man selbst auf der Tribüne, in der Hoffnung alles würde ohne Fehler ablaufen.

Wer jedoch große Infos über Australien, Work & Travel und Auslandsjahr erwartet, wird hier eher enttäuscht sein. Es werden zwar hin und wieder mal kleiner Infos über das Land eingestreut, aber man kann es nicht als lehrreich bezeichnen. Auch wer dachte hier seine Tipps zu den Themen Kosten, Planung und Reise zu erhalten, wird eher leer ausgehen. Das Buch ist halt doch eher ein Zirkusroman und Reisebericht. Wenn man dieses beachtet, ist es ein unterhaltsames, kurzweiliges Buch, dass das gesamte Gefühlsprektrum abdeckt.

Veröffentlicht am 27.09.2016

Stark gekürzte Ausführung des Buches

Schattengrund
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Schattengrund in Siebenlehen, einem Dorf im Harz. Jedoch schlagen ihre Eltern das Erbe aus. Als sie dann auch noch ein verdächtiges Gespräch ihrer Eltern mithört, fasst sie den Entschluss nach Siebenlehen ...

Schattengrund in Siebenlehen, einem Dorf im Harz. Jedoch schlagen ihre Eltern das Erbe aus. Als sie dann auch noch ein verdächtiges Gespräch ihrer Eltern mithört, fasst sie den Entschluss nach Siebenlehen zu gehen und sich selbst ein Bild von dem Haus zu machen. Im Dorf entgegnet man ihr mit Misstrauen, Hass und lässt sie sogar verfluchen. Als sie den Auslösern dafür auf den Grund geht, entdeckt sie schreckliches...

Elisabeth Herrmann liefert mit diesem Buch einen soliden Thriller für Jugendliche ab. Sie führt gut durch die Geschichte von Nico und beschreibt Orte wie das Haus und das Dorf gut, sodass eine mystische und angespannte Stimmung entsteht. Der Schreibstil ist angenehm und lässt den Leser flüssig durch die Geschichte kommen. Teilweise war es dann aber doch eher komisch, besonders wenn es um die Sagen ging, die sich um das alte Dorf ranken. Außerdem ist (SPOILER!) ein sehr an den Haaren herbeigezogenes Ende, wenn es darum geht, wie Nico das Haus am Ende doch noch erbt. (SPOILER ENDE!)

Was mich sehr an dem Hörbuch gestört hat, war wieviel von dem Originalbiuch weggekürzt wurde. Dabei wurden wichtige Szenen wie: "Er stand vor dem Fenster und blickte durch den Spalt zwischen den Vorhängen. Er konnte alles sehen. Von Außen jedoch musste er unsichtbar erscheinen..." ausgelassen. Solche Szenen können jedoch die Spannung sehr heben. Ansonsten sehr gut eingesprochen und mit viel Variationen den Charakteren eine Stimme verliehen.

Alles in Allem ein guter Jugendhtriller, der jedoch noch ausbaufähig ist und für für eingefleischte Thrillerleser jedoch eher wie ein Provinzkrimi rüberkommt