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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.08.2022

Humorvoller, aber eher flacher Start in eine neue Reihe

My Home Hero 1
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Der erste Band von „My Home Hero“, der neuen Manga-Reihe von Naoki Yamakawa und Masashi Asaki, bildet den Einstieg in ein bizarres Yakuza-Abenteuer, in dem Familie ganz groß geschrieben wird. So ganz kann ...

Der erste Band von „My Home Hero“, der neuen Manga-Reihe von Naoki Yamakawa und Masashi Asaki, bildet den Einstieg in ein bizarres Yakuza-Abenteuer, in dem Familie ganz groß geschrieben wird. So ganz kann der Band aber sein Versprechen von Spannung und Humor nicht einlösen, wenngleich er durchaus gute Unterhaltung bietet.

Familienvater Tetsuo fühlt sich von seiner Tochter Reika etwas vernachlässigt, seit sie von zu Hause ausgezogen ist, und versucht, den Kontakt zu intensivieren. Dabei muss er mit Entsetzen feststellen, dass Reika in unangenehme Gesellschaft geraten ist: Sie hat sich mit einem Yakuza-Mitglied eingelassen, das alles andere als edle Motive hat. Ohne groß zu überlegen, springt Tetsuo für sie in die Bresche und muss sich bald mit den Konsequenzen seines voreiligen Handelns herumschlagen …

Die Komik von „My Home Hero“ liegt ganz klar in der Figur des eher zurückhaltenden, ängstlichen Tetsuo, der neben seiner unspektakulären Karriere auch sich schlecht verkaufende Kriminalromane schreibt. Das dadurch recherchierte Wissen weiß er bald gut einzusetzen und wird dabei von seiner Ehefrau tatkräftig unterstützt. Diese kuriose Konstellation einer braven, bürgerlichen Familie, die in kriminelle Machenschaften verstrickt wird, bietet immer wieder Momente zum Schmunzeln. Dabei bleiben die Story sowie die Charaktere jedoch leider recht oberflächlich und stereotyp, was durch die sehr einfach gehaltenen, teils fast skizzenhaften Zeichnungen unterstützt wird. Der Manga wirkt dadurch häufig übereilt und hastig zu Papier gebracht.

Insgesamt ein unterhaltsamer Einstieg mit einer humorvollen Prämisse, aus der sich aber durchaus mehr machen ließe. Es bleibt zu hoffen, dass das Potenzial der Serie in den folgenden Bänden mehr ausgeschöpft wird.

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Veröffentlicht am 09.08.2022

Ein reizvolles Büchlein, jedoch kein großer Wurf

Der Schrank
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Nach „Die Schrift“ und „Das Salzfass“ ist „Der Schrank“ die dritte Novelle aus einer lose zusammenhängenden Reihe von bizarren Geschichten aus der Feder von Simon Sailer, kongenial illustriert von Jorghi ...

Nach „Die Schrift“ und „Das Salzfass“ ist „Der Schrank“ die dritte Novelle aus einer lose zusammenhängenden Reihe von bizarren Geschichten aus der Feder von Simon Sailer, kongenial illustriert von Jorghi Poll. Hinter der Brillanz von „Die Schrift“ bleibt „Der Schrank“ jedoch trotz eindeutiger Stärken etwas zurück.

Der nüchterne Titel dieses kleinen Büchleins ist Programm: Es geht um einen Schrank. Genauer gesagt, um einen ziemlich schweren und aufwendig verzierten Schrank, den Lena und ihre Kollegen vom Umzugsdienst kurz vor Feierabend noch dringend an eine Adresse in Wien liefern müssen. Während Lena als einzig Vernünftige der Truppe versucht, ihre kleine Mannschaft auf Trab zu halten, beginnen merkwürdige Dinge zu passieren. Was hat der geheimnisvolle Schrank in ihrem Laster damit zu tun?

In gewohnt trockenem Erzählton berichtet Sailer von etwas Wundersamem, das seine Figuren recht nonchalant hinnehmen. Dieser Kontrast macht viel vom Humor und der surrealen Stimmung der Novelle aus. Jedoch wirken die Ereignisse von „Der Schrank“ fast ein wenig zu banal, als dass sich ein echtes Gefühl von Phantastik einstellen könnte. Gerade die erste Hälfte des Buchs plätschert relativ ereignislos vor sich hin, und als die Wendung sich einstellt, bietet sie irgendwie zu wenig, um alles noch einmal gänzlich auf den Kopf zu stellen. Ein großer Pluspunkt in Sachen Atmosphäre sind da die realistisch-kuriosen Illustrationen, die die Geschichte begleiten und ganz nebenher politische Botschaften einwerfen, die sich mit dem Text zu einer größeren Botschaft verweben lassen.

Insgesamt ein durchaus reizvolles kleines Buch, das einiges zum Nachdenken mitgeben kann, literarisch jedoch nicht der große Wurf, den man sich vom Autor erwartet hätte.

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Veröffentlicht am 11.07.2022

Spannendes Setting mit leider nur mittelmäßiger Handlung

Als das Böse kam
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Ivar Leon Mengers Debütroman „Als das Böse kam“ überzeugt auf den ersten Seiten mit einem extrem mysteriösen Setting, das viel Spannung verheißt. Leider wird dieses Versprechen im weiteren Verlauf des ...

Ivar Leon Mengers Debütroman „Als das Böse kam“ überzeugt auf den ersten Seiten mit einem extrem mysteriösen Setting, das viel Spannung verheißt. Leider wird dieses Versprechen im weiteren Verlauf des Romans nicht eingelöst, sodass es am Ende ein eher durchschnittliches Buch bleibt.

Die 16-jährige Juno, durch deren Augen wir die Geschichte erleben, lebt mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder Boy völlig isoliert auf einer kleinen Insel. Sie verstecken sich vor „Fremdlingen“ aus dem geheimnisvollen „Südland“, die der Familie Böses wollen – so zumindest die Geschichte, die Junos Eltern stets erzählen. Aber dieses Szenario beginnt, Risse aufzuweisen, und Junos Vertrauen in ihre Eltern schwindet allmählich. Also begibt sie sich auf eigene Faust auf die Suche nach der Wahrheit und gerät dabei in schreckliche Gefahr …

„Als das Böse kam“ bietet durch sein Set-up das Potenzial für ein grandioses Verwirrspiel, bei dem Leser*innen immer wieder hinters Licht geführt werden und unklar ist, wem Glauben geschenkt werden darf. Diese Verheißung erfüllt sich jedoch nicht, denn bereits nach einem guten Drittel des Romans ist klar, wie sich die Sachlage wirklich verhält, und daran wird auch nicht mehr gerüttelt. Das Warten auf eine interessante finale Wendung lohnt sich nicht. Nichtsdestotrotz hat der Roman seine Momente: Der knappe, nüchterne Erzählstil sorgt für einen guten Lesefluss und lässt die raue Natur der einsamen Insel und den monotonen Alltag der Familie plastisch vor dem inneren Auge zum Leben erwachen. Während im großen Erzählbogen die Spannung fehlt, wird sie im Kleinen immer wieder hervorragend erzeugt – hier tritt deutlich die Vergangenheit des Autors in der Filmbranche zutage. So bietet das Buch immer wieder Anreize zum Weiterlesen, was das Leseerlebnis selbst spannend macht. Schade ist nur, dass zuletzt nicht viel davon übrig bleibt und zum Schluss eine gewisse Enttäuschung einsetzt.

Kurz gesagt: eine tolle Grundidee, deren Potenzial leider nicht ausgeschöpft wird, dafür aber ein angenehm flüssiger Schreibstil, der durchaus Lesevergnügen aufkommen lässt.

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Veröffentlicht am 29.06.2022

Stand-up-Comedy meets Thriller – mit eher mittelmäßigem Ergebnis

Schreib oder stirb
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Wenn der Name Sebastian Fitzek auf einem Buchcover steht, greift man als Thriller-Fan gern einfach gedankenlos zu. Auf „Schreib oder stirb“ taucht zugleich aber auch der Name des Comedians Micky Beisenherz ...

Wenn der Name Sebastian Fitzek auf einem Buchcover steht, greift man als Thriller-Fan gern einfach gedankenlos zu. Auf „Schreib oder stirb“ taucht zugleich aber auch der Name des Comedians Micky Beisenherz auf und gibt die Richtung für diesen Comedy-Thriller vor: Es geht nicht ganz ernsthaft zu. Dass das leider nur so mittelprächtig funktioniert, stellt sich vor allem auf den ersten Seiten heraus, in denen das Comedy-Element eindeutig die Oberhand hat.

David Dolla ist erfolgreicher Literaturagent und gerät unversehens mitten in einen Kriminalfall: Der mutmaßliche Entführer eines kleinen Mädchens fordert von ihm einen Verlagsvertrag und die Abfassung einer Biographie im Tausch gegen Informationen über ihren Aufenthaltsort. Als Dolla sich weigert, sich auf den abstrusen Deal einzulassen, gerät er samt seines persönlichen Umfelds unversehens in Gefahr – denn offenkundig hat der in der Psychiatrie sitzende Verdächtige seine Augen und Ohren sowie Helfershelfer überall …

Als Thriller ist „Schreib oder stirb“ ein wenig überzogen, aber durchaus spannend. Eine Reihe unvorhergesehener Wendungen sorgt gegen Ende für Überraschungsmomente und Nervenkitzel. Dort muss man jedoch erst einmal hingelangen. Denn gerade der Anfang verliert sich in einer schier endlosen Aneinanderreihung erzwungener Pointen und Witzchen, die nur lose an den Verlauf der Geschichte angeknüpft sind. Viele dieser Episoden rufen sofort Assoziationen an eine Stand-up-Bühne hervor und fügen sich weder in ihrem Duktus noch inhaltlich organisch in den Text ein. Es wirkt, als habe man das Gerüst eines Thrillers zwanghaft mit humorigen Episoden aufgefüllt. Diese Vorgehensweise verliert sich ab der Mitte etwas, wo es dann hauptsächlich um die Weiterentwicklung der Thrillerhandlung geht und der leicht flapsige Ton und mitunter trockene Formulierungen sich viel besser an die Handlung anpassen. Ab hier gelingt es dem Duo, ihre beiden Stile deutlich besser zu einem organischen Ganzen zu vereinen, bei dem die Thrillerhandlung im Vordergrund steht und von humoristischen Elementen untermalt wird (nicht andersherum wie zu Beginn des Buches).

Hätten Fitzek und Beisenherz diesen Stil von Anfang an durchgehalten, wäre „Schreib oder stirb“ insgesamt ein gut gelungener Comedy-Thriller geworden. So funktioniert das Buch eher mittelprächtig und erfordert gerade beim Einstieg einiges an Durchhaltevermögen, bis man sich durch die Flut an platten Pointen à la „Im Licht von Umkleidekabinen sieht jeder furchtbar aus“ zum spannenden Teil vorgekämpft hat. Der funktioniert dann aber tatsächlich richtig gut und belohnt die Geduld mit einem spannenden Showdown und einem unerwarteten Aha-Erlebnis.

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Veröffentlicht am 24.04.2022

Überzeugende Idee, ausbaufähig in der Umsetzung

Genuine Madness
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„Genuine Madness“ von Tobias Miller ist ein Wissenschafts- und Science-Fiction-Thriller mit einer überzeugenden Prämisse und interessantem Worldbuilding. Sprachlich und handwerklich bleibt das Buch allerdings ...

„Genuine Madness“ von Tobias Miller ist ein Wissenschafts- und Science-Fiction-Thriller mit einer überzeugenden Prämisse und interessantem Worldbuilding. Sprachlich und handwerklich bleibt das Buch allerdings leider etwas hinter seinem Potenzial zurück, birgt aber trotzdem spannende Lesestunden.

In den Vereinigten Staaten der Zukunft hat sich eine ganz neue Art von Zwei-Klassen-Gesellschaft herausgebildet: Die Bevölkerung wird unterteilt in die intelligenten Smarts und die weniger intelligenten Lames, was durch einen einzigen IQ-Test in der Grundschule lebenslänglich und unveränderlich festgelegt wird. Smarts stehen alle Möglichkeiten und der Zugang zu höherer Bildung offen, Lames hingegen schlagen sich mit wenig angesehenen, aber notwendigen Tätigkeiten durch und können weder auf sozialen Aufstieg noch auf simple Zugeständnisse wie anständige medizinische Versorgung oder die Gewährung eines Kredits hoffen. In diese Welt wird John geboren und hat das Pech, sich am Tag seines IQ-Tests vor Nervosität kaum konzentrieren zu können. Er wird als Lame eingestuft, dabei sitzt ein kluger Kopf auf seinen Schultern, der sich etwa ohne Schwierigkeiten eine Fremdsprache beibringen kann. Als ihm zehn Jahre später das Angebot unterbreitet wird, an einer experimentellen Studie zu einer Droge teilzunehmen, die seine Hirnleistung auf die eines Smarts hochzufahren verspricht, zögert er nicht lange. Angekommen in der Großstadt und im Leben eines Medizinstudenten, werden ihm die Ungerechtigkeiten des Systems und die Risiken seines scheinbaren Auswegs schnell bewusst. Bald stellt er fest, dass er sich zur Verwirklichung seines Traums mit gefährlichen Leuten eingelassen hat.

Tobias Millers Romanidee ist absolut originell, durchdacht und clever. Er schildert ein unfaires System, das auf die Spitze getrieben wurde, in seinen Ansätzen aber im Leistungsdenken der modernen Gesellschaft bereits fest verankert ist. „Genuine Madness“ wirft Fragen auf, die nicht nur in der fernen Zukunft Relevanz besitzen: Welchen Einfluss hat unsere Herkunft auf unsere Erfolgsaussichten? Wie viel Solidarität braucht eine Gesellschaft? Wie viel Selbstoptimierung ist gut für uns? Leider krankt diese an sich hervorragende Idee an einer oft holprigen Ausdrucksweise, blassen und wenig nachvollziehbaren Charakteren und einer gewissen Emotionslosigkeit gegenüber extremen Themen wie sexueller Gewalt. Hier bleibt meist eine große Distanz zu mir als Leserin bestehen, die dafür sorgt, dass ich mit den Charakteren nicht wirklich mitfühlen kann. So überzeugend das Setting auch ist, die Geschichte kann doch nie so richtig mitreißen. Das kann auch die originelle Prämisse nicht vollständig kompensieren.

„Genuine Madness“ ist ein absolut vielversprechendes Buch, dem es jedoch noch etwas am Schreibhandwerklichen mangelt. Wenn der Autor dieses Potenzial noch weiter ausschöpft, kann man sicher mit Vorfreude weiteren spannenden Romanen mit cleveren, gut recherchierten Ideen entgegenblicken.

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