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Veröffentlicht am 11.06.2022

Grausige Krimis spielen nicht nur in Schweden

Blutland
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“Blutland” ist der dritte Teil einer dänischen Krimireihe um Signe Kristiansen und Martin Junckersen. Die beiden Kopenhagener Ermittler haben es zunächst mit einem “einfachen Mord” zu tun. Letztlich versinkt ...

“Blutland” ist der dritte Teil einer dänischen Krimireihe um Signe Kristiansen und Martin Junckersen. Die beiden Kopenhagener Ermittler haben es zunächst mit einem “einfachen Mord” zu tun. Letztlich versinkt Kopenhagen aber in einer Serie von Taten die die Bevölkerung stark verunsichert.

Aber nicht nur die. Im Buch beschreiben die Autoren sehr gut wie es der Polizei damit geht. Sie stehen im Fokus und sollen die Sache lösen, aber so einfach wie das von außen wirkt, ist es nicht. Hinzu kommen natürlich auch noch kleine und große persönliche Sachen, die die täglichen Ermittlungen beeinträchtigen.

Nach den ersten 100-200 Seiten nimmt die Geschichte Fahrt auf und “Blutland” zeigt sein wahres Gesicht. Relativ schonungslos werden Details an Tatorten und Gedankenwelten der Beteiligten geschildert. Für alle, die mit Nervenkitzel dieser Art gut klarkommen, ist die Reihe generell zu empfehlen.

Apropos: Wer möchte, kann sie natürlich chronologisch lesen, also zuerst noch Band 1 “Winterland” und Band 2 “Todland”. Ich selbst kannte nur den ersten und mir kam vor, dass von Band 2 nicht wirklich viel angesprochen wurde. Eine große “Lücke” gab es nicht. Für die privaten Aspekte in diesem Band ist es natürlich von Vorteil, den Serienstart zu kennen, weil da immer am meisten Informationen vorhanden sind, aber es klappt auf jeden Fall auch ohne.

Die Handlung ist spannend, packend, zeitweise schnell und auch mal humorvoll, generell direkt und gerne grausam. Leider gehen ab dem Moment, als alles schneller wird, auch ein paar wenige Handlungsstränge von Beginn des Krimis eher unter weil sie weniger wichtig sind (auch für die Polizei selbst), aber hier fehlte mir noch so eine kleine Zusammenfassung dieser Aspekte für das Ende.

Veröffentlicht am 04.06.2022

Moralische und rechtliche Grenzen ausgelotet

Die andere Schwester
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Auf dem Cover steht “Kriminalroman”, aber hier erwartet den Leser ein 370 Seiten starker Actionthriller in bester skandinavischer Tradition. Die Handlung rund um Ermittler John Adderley, der unter falscher ...

Auf dem Cover steht “Kriminalroman”, aber hier erwartet den Leser ein 370 Seiten starker Actionthriller in bester skandinavischer Tradition. Die Handlung rund um Ermittler John Adderley, der unter falscher Identität lebt, ist gespickt mit Verbrechern, Waffen, Tempo und einer wendungsreichen Geschichte rund um Schuld, Besessenheit und Verrat.

Johns Geschichte wird natürlich auch in “Die andere Schwester” angesprochen, wer aber zu seiner Person alles wissen will, sollte mit dem ersten Band “Der andere Sohn” beginnen.

Im aktuellen Buch muss John gleich an mehreren Fronten kämpfen: Er soll einen Mord aufklären, obwohl er eigentlich alle Hände voll zu tun hat, sich selbst vor einem rachsüchtigen Verbrecher zu retten.

Dieser erste Mord setzt dann auch noch eine Reihe von Ereignissen in Gang, die es John zunehmend unmöglich machen, korrekt zu ermitteln und vor allem so, dass er sich selbst nicht in Gefahr bringt. Er erfährt auf die harte Tour, dass letztlich jeder sich selbst der nächste ist und muss die Grenzen von Recht und Gesetz nicht nur einem so weit dehnen, dass sie kaum noch zu erkennen sind.

Dieser Thriller spaltet den Leser. Kennt man die Figur John Adderley etwas besser, fühlt man mit ihr mit und versteht sie auch. Andererseits sollte es in manchen Situationen moralisch eindeutig sein, was eigentlich zu tun wäre (und dass John hier falsch handelt).

Neben der spannenden Handlung wirft dieses Buch auch einen Blick auf die eigene Moral und zeigt dem Leser anhand von Johns Beispiel, dass es Dilemmata gibt, die sich nicht tatsächlich lösen lassen.

Veröffentlicht am 30.05.2022

Doppelte Unruhe an der schönen Nordsee

Nordwestnacht
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Es ist immer schön, zu dieser norddeutschen Krimireihe zurückzukehren, das kleine Team rund um Kommissarin Anna Wagner ist fast wie Familie. Auch wenn das Team natürlich zusammenwächst und andere private ...

Es ist immer schön, zu dieser norddeutschen Krimireihe zurückzukehren, das kleine Team rund um Kommissarin Anna Wagner ist fast wie Familie. Auch wenn das Team natürlich zusammenwächst und andere private Dinge eine Fortsetzung erfahren, sind die Fälle aber auch einzeln absolut verständlich und unterhaltsam.

Nach “Nordwesttod” und “Nordwestzorn” ist das beschauliche Küstenörtchen St. Peter-Ording erneut ein Verbrechensschauplatz. Gleichzeitig taucht der Leser auch in die TV-Branche ein, denn die tolle Kulisse des Ortes wird ebenso für den Dreh einer Folge von “Tödlicher Norden”, einer TV-Krimiserie, genutzt.

Somit gibt es gleich doppelte Unruhe im Revier von Anna Wagner und Dienststellenleiter Hendrik Norberg.

Der Krimi ist spannend, schnell gelesen und wunderbar in das Setting eingebettet. Die Ermittlungen könnten natürlich etwas straffer erzählt werden, aber letztlich läuft es in der Realität ja auch oft so, dass Kleinigkeiten ein großes Hindernis darstellen können und entscheidende Hinweise nicht an die richtige Person gelangen.

Eine gelungene Fortsetzung, ich hoffe auf noch viele weitere “Nordwest-X”.

Svea Jensen ist ein Pseudonym von Angelika Svensson.

Veröffentlicht am 25.04.2022

Stockholms Kriminelle schlafen nie

Mörderische Witwen
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Es ist schade, dass es viele innenpolitische Probleme in Schweden gibt, aber sie bieten immer wieder gute Ansatzpunkte für Thriller. Pascal Engman ist da als ehemaliger Journalist prädestiniert dafür, ...

Es ist schade, dass es viele innenpolitische Probleme in Schweden gibt, aber sie bieten immer wieder gute Ansatzpunkte für Thriller. Pascal Engman ist da als ehemaliger Journalist prädestiniert dafür, den Finger in genau diese Wunden zu legen.

Er verknüpft alle Arten radikaler und religiöser Kriminalität zu einem (hoffentlich) fiktiven Plot, der zwar auch ohne die sehr kurzen Kapitel sehr fesselnd ist, die vielen knappen Abschnitte lassen einen das Buch noch schwerer aus der Hand legen.

Manche Details kann man als aufmerksamer Leser auch zwischendurch vorhersehen, wenn die Charaktere noch im Dunkeln tappen. Das Puzzle, wie das eine mit dem anderen zusammenhängt, ergibt sich nach und nach vor dem inneren Auge.

Die gut 500 Seiten lesen sich daher sehr flott und auch wenn die Thematik um einen bevorstehenden Terroranschlag ernst ist, wird man als (Schweden-)Thriller-Fan gut unterhalten. Zwischendurch gibt es auch noch Zeit, die Charaktere kennenzulernen.

Eine kleine Warnung an alle, die das nicht mögen: Es gibt am Ende einen Cliffhanger zu einer Hauptperson. Meist ist das ja als gutes Zeichen für eine Fortsetzung zu werten und mir persönlich macht es auch nichts aus.

Eine echte Kritik aber muss ich anbringen. Der Text auf der Rückseite. Es steht dort weniger als beim Klappentext, aber die wenigen Sätze führen viel zu weit und enthüllen wesentliche Punkte.

“Mörderische Witwen” ist zwar der dritte Teil mit Vanessa Frank von der Mordkommission, aber die Geschichten funktionieren auch unabhängig. Wer Vanessa noch besser kennen will, sollte aber mit “Feuerland” beginnen. Band 2 heißt “Rattenkönig”.

Veröffentlicht am 12.04.2022

Hörgenuss von Wien bis Budapest

Der letzte Tod
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Gänsehaut entwickelt sich hier gerade zu Beginn sehr häufig. Nicht nur, weil der Hörer Kriminalinspektor August Emmerich und seinen Kollegen Ferdinand Winter an einen Tatort begleiten darf, sondern weil ...

Gänsehaut entwickelt sich hier gerade zu Beginn sehr häufig. Nicht nur, weil der Hörer Kriminalinspektor August Emmerich und seinen Kollegen Ferdinand Winter an einen Tatort begleiten darf, sondern weil Cornelius Obonya die Geschichte so fesselnd und abwechslungsreich liest.

Gerade dann, wenn unvermittelt durch direkte Rede ein neuer Charakter seinen Auftritt hat, hört man das und findet im Hörbuch dadurch sofort heraus, dass hier nun jemand ganz anderes spricht als man das auf Papier erkennen könnte.

In “Der letzte Tod” sind wir wieder zurück in Wien, diesmal im Jahr 1922. Die Nachwehen des Krieges sind noch spürbar, für die einen körperlich, für andere seelisch und wieder für andere finanziell. Und für manche alles zusammen. Mitten in diese Misere hinein gibt es eine spezielle Leiche für Emmerich und Winter.

Starb der Mann wirklich in dem Tresor, in dem seine Leiche gefunden wird? Aber nicht nur der Fall ist wie gewohnt spannend, Wien und andere Orte, wie sie vor 100 Jahren waren, werden dank der Autorin vor dem inneren Auge lebendig.

Obonya und die Krimis von Alex Beer sind nun schon seit Beginn der Reihe vor einigen Jahren so miteinander verwoben, dass ich - würde ich die Bücher lesen - sicher alles mit Obonyas Stimme und seinen verschiedenen Stimmlagen und Akzenten in mir hören würde.

Er kann einfach jede Figur, vom adeligen Wiener bis zum ungarischen Polizist, mit wenigen Worten zum Leben erwecken. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass er Emmerich “ist” - würden die Bücher verfilmt, gibt es meiner Meinung nach nur eine logische Wahl für die Hauptrolle.

“Der letzte Tod” ist Teil 5 der Reihe um Kriminalinspektor August Emmerich.