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Veröffentlicht am 06.07.2022

ein intelligenter Krimi, am Ende etwas konstruiert

Im Augenblick des Todes
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Vincent Klieschs Thriller „Im Augenblick des Todes“ ist der 2.Band aus der Reihe um Kommissar Boesherz, als Print bereits 2015 erschienen, jedoch bin ich erst jetzt durch die Neuauflagen und die Hörbuchfassungen ...

Vincent Klieschs Thriller „Im Augenblick des Todes“ ist der 2.Band aus der Reihe um Kommissar Boesherz, als Print bereits 2015 erschienen, jedoch bin ich erst jetzt durch die Neuauflagen und die Hörbuchfassungen auf die Reihe aufmerksam geworden.
Band 1 „Bis in den Tod hinein“ hat mir als komplexer Krimi sehr gut gefallen, so dass ich neugierig auf die Fortsetzung war. Diesmal steht Kommissar Boesherz noch stärker im Fokus, seine persönliche Geschichte ist eng mit dem Fall verknüpft. Als Severin Boesherz in einer Berliner Arztpraxis einen aktuellen Tatort betritt, erwartet ihn die detaillierte Kopie eines Mordes, an dessen Aufklärung er im Rheingau 16 Jahre zuvor gescheitert ist. In beiden Fällen wurde ein Arzt brutal ermordet und mit seinen ausgeweideten Organen ein bizarres Bild inszeniert. Doch diesmal hat der Täter zusätzliche Rätsel hinterlassen, die nur Boesherz lösen kann. Dieser lässt sich auf das „Spiel“ mit dem Täter ein, während es gleichzeitig versucht, seine eng mit dem Fall verknüpfte Vergangenheit vor seinen Kollegen zu verbergen.
Wie schon im ersten Band ist die Geschichte stark auf die Ermittlungsmethoden von Boesherz ausgerichtet, der Verbrechen aufklärt, indem diese als Rätsel betrachtet und löst. Dazu passt, dass in diesem Fall der Täter mit Boesherz und der Polizei eine Art Schnitzeljagd veranstaltet.
Im Vergleich zum ersten Band fällt dieser in meinen Augen jedoch etwas ab, da die Handlung und Motivation hinter den Taten allzu konstruiert erscheint. Die Lösung wird erschwert, da Boesherz seinen Kollegen viele Erkenntnisse und Details bewusst vorenthält. Der Autor versucht oft Spannung zu erzeugen, indem Ergebnisse oder Informationen nur angedeutet aber nicht klar genannt werden, was ich als nervig empfinde, zumal es sich trotzdem früh abzeichnet, wie die Taten zusammenhängen. Auch die geheimnisvolle Beziehung Boesherz’ zu Ferdinand wirkte zu aufgebauscht und leicht durchschaubar.
Bei den Charakteren gefällt mir Olivia Holzmann mehr als der oft sehr arrogant und exzentrisch auftretende Boesherz, positiv finde ich neben dem lockeren Erzählstil mit zum Teil humorigen Dialogen die intelligent angelegte und gut recherchiert wirkende Geschichte. Das Ende war dann jedoch zu wirr und konstruiert, um zu überzeugen. Es wird aber sicher nicht mein letzter Krimi von Vincent Kliesch gewesen sein, gerne auch wieder als Hörbuchfassung mit Uve Teschner, der die Geschichte fesselnd und abwechslungsreich vorträgt.

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Veröffentlicht am 29.05.2022

spannendes Debüt, das Dickers Talent für besondere Charaktere zeigt

Die letzten Tage unserer Väter
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Dickers Debütroman „Die letzten Tage unserer Väter“, im Original bereits im Jahr 2010 veröffentlicht und nun auch auf deutsch, ist ganz anders als seine großen Erfolge aber nicht weniger fesselnd.
In diesem ...

Dickers Debütroman „Die letzten Tage unserer Väter“, im Original bereits im Jahr 2010 veröffentlicht und nun auch auf deutsch, ist ganz anders als seine großen Erfolge aber nicht weniger fesselnd.
In diesem Roman widmet sich Joël Dicker einem nur wenig behandelten geschichtlichen Thema. Seine Hauptfigur, der 22-jährige Franzose Paul-Émile, wird Ende 1940 für eine geheime britische Spionageeinheit angeworben. In Großbritannien erfährt er mit einer Gruppe Rekruten verschiedenen Alters eine harte Ausbildung. Sie haben wenig Kontakt zur Außenwelt, auch ihre Familien wissen nicht, wo sie sich befinden und in welchem Auftrag, die Rekruten kennen sich untereinander nur mit ihren neuen Spitznamen. Paul-Émile, genannt Pal, fällt es insbesondere schwer, seinen Vater in Paris zurückgelassen zu haben, zu dem er ein enges Verhältnis pflegt.
Nach der Ausbildung werden alle, die bis zum Ende durchgehalten haben, per Fallschirm hinter den feindlichen Linien in Frankreich abgesetzt, um dort im Untergrund gegen die deutsche Besatzung zu agieren, Sabotage zu verüben, das französische Widerstandsnetz auszubauen oder schwarze Propaganda zu verbreiten.
Während der Ausbildung haben sich Freundschaften zwischen den Rekruten gebildet, so dass sie zwischen den Missionen immer wieder Kontakt zueinander suchen und sich beispielsweise in London gemeinsam eine Wohnung anmieten, die zum Anlaufpunkt wird.
Im Mittelpunkt des Romans stehen Themen wie Freundschaft, Kameradschaft, Treue und Verrat. Auch in diesem Debüt zeigt sich schon Dickers Talent, sehr glaubhafte Figuren zu entwickeln mit viel Liebe zum Detail und eine große Nähe zu den Charakteren zu schaffen.
Lediglich das Verhältnis von Pal zu seinem Vater wirkt etwas zu dick aufgetragen, mit der Figur des Vaters konnte ich nicht warm werden, er erscheint zu lebensfern, ist in einer Art Scheinwelt gefangen, und emotional zu sehr auf seinen Sohn fixiert. Dieser Teil des Romans ist mir zu pathetisch geraten, auch wenn er ansonsten spannende Unterhaltung bietet und mit seinen kritischen Gedanken zum Thema Krieg und dessen Auswirkungen für die Menschen gerade vor dem Hintergrund des aktuellen Weltgeschehens zum Nachdenken anregt.
Die ungekürzte Hörbuchfassung wird von Torben Kessler ebenso überzeugend und fesselnd gelesen wie die übrigen Romane Joël Dickers.

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Veröffentlicht am 02.05.2022

ein schöner "Whodunit"-Krimi aus Schweden

Der Tod macht Urlaub in Schweden
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Der Krimi „Der Tod macht Urlaub in Schweden“ ist der Auftaktband eines schwedischen Autorenduos um eine Reihe von Morden in der Region Österlen. Der Titel passt ebenso wenig zu der Geschichte wie das schwedische ...

Der Krimi „Der Tod macht Urlaub in Schweden“ ist der Auftaktband eines schwedischen Autorenduos um eine Reihe von Morden in der Region Österlen. Der Titel passt ebenso wenig zu der Geschichte wie das schwedische Holzhaus auf dem Cover, das zwar Aufmerksamkeit erweckt, aber alles andere als typisch ist für die dänisch geprägte Region im Süden Schwedens, in der hyggelige Steinhäuser vorherrschen. Da mir schon einige Krimis von Anders de la Motte sehr gut gefallen haben, war ich neugierig genug auf diese Zusammenarbeit mit Måns Nilsson, um darüber hinwegzusehen, und meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht.
Der Krimi wird als Cozy-Crime vermarktet, und wenn schon nicht „fröhlich gemordet“ wird, so hebt sich die Geschichte doch deutlich und sehr erfreulich ab von vielen düsteren und blutigen Spannungsromanen aus Skandinavien.
Mitten im schwedischen Hochsommer wird in einem kleinen Küstenort eine prominente Maklerin in ihrem Musterhaus tot aufgefunden. Zufällig ist gerade der Stockholmer Ermittler Peter Vinston vor Ort, der aufgrund seiner Krankschreibung einen Erholungsurlaub in der Nähe seine Tochter und Ex-Frau verbringt. Auch wenn einiges nach einem Unfall aussieht, unterstützt Vinston die in Mordfällen unerfahrene örtliche Polizistin Tove Esping bei den Ermittlungen, an Feinden mangelt es der getöteten Maklerin nicht, ihr Bauprojekt war unter der Bevölkerung mehr als umstritten.
Der Krimi lebt von seinen originellen Charakteren und seinem launigen Erzählton mit viel unterschwelligem Humor. Peter Vinston und Tove Esping könnten unterschiedlicher nicht sein, was zu einigen amüsanten Szenen führt. Es ist zu schön, wenn der stets förmlich auftretende Vinston in seinem frisch gebürsteten Anzug in Toves Auto einsteigen soll, in dem es vor Hundehaaren nur so wimmelt.
Die Geschichte erinnert an klassische „Whodunit“-Krimis im Stil von Agatha Christies Miss Marple oder Hercule Poirot. Der Schauplatz und die Charaktere sind begrenzt, am Ende gibt es ein Treffen der wichtigsten Beteiligten, auf dem der Fall aufgeklärt und der Täter entlarvt wird.
Mir hat der Krimi gut gefallen, er bietet abwechslungsreiche Unterhaltung mit einem spannenden Fall, bei dem man als Leser miträtseln kann und die eine oder andere Überraschung erlebt.

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Veröffentlicht am 29.03.2022

https://wasliestdu.de/rezension/eine-stimmungsvolle-familiengeschichte-um-vier-besondere-schwestern

Sommerschwestern
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In dem Roman „Sommerschwestern“ von Monika Peetz werden vier Schwestern von ihrer Mutter zu einem gemeinsamen treffen in den holländischen Küstenort Bergen eingeladen. Mit diesem Ort sind viele Kindheitserinnerungen ...

In dem Roman „Sommerschwestern“ von Monika Peetz werden vier Schwestern von ihrer Mutter zu einem gemeinsamen treffen in den holländischen Küstenort Bergen eingeladen. Mit diesem Ort sind viele Kindheitserinnerungen verknüpft, denn die Familie hat dort jedes Jahr ihren Sommerurlaub verbracht, bis vor 20 Jahren ihr Vater dort bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen ist. Dieser Unfall bedeutete einen jähen Einschnitt in der Familie, die Mutter Henriette war mit der Situation überfordert und konnte nicht verhindern, dass ihre Töchter Doro, Yella, Amelie und Helen sich von ihr und voneinander immer weiter entfernt haben.
Die Mutter macht ein großes Geheimnis um den Anlass des Treffens, so dass sich die Schwestern zunächst allein den Erinnerungen aus ihrer Kindheit stellen müssen. Die vier sind sehr verschieden, jede trägt ihre eigenen kleinen Konflikte mit sich herum. Je mehr die Schwestern sich annähern und auf den Spuren ihrer Vergangenheit wandeln, um die Beweggründe ihrer Mutter zu verstehen, um so mehr erfährt auch der Leser über ihr Leben und die Ereignisse, die sie geprägt haben. Die Schwestern waren sich nie näher als zu den Zeiten ihrer Sommerurlaube in Holland, 20 Jahre später bekommen sie die Chance, den Zusammenhalt der „Sommerschwestern“ neu aufleben zu lassen.
Der Roman ist in erster Linie aus der Sicht Yellas erzählt, der zweitgeborenen Tochter und selbst Mutter von zwei kleinen Söhnen. Sie hatte schon immer ein schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter, kommt ihr hier aber ein Stück näher und findet in der Ruhe des kleinen Ortes die Muße, ihr Leben und ihre Beziehung zu ihren Schwestern zu reflektieren.
Auch wenn es Konflikte gibt und die Schwestern erkennen müssen, dass nicht alles aus ihrer Erinnerung ganz den Tatsachen entspricht, überwiegt in dem Roman die positive Stimmung. Die Charaktere sind liebevoll angelegt, aus dem Buch sprüht eine derartige Faszination der Ruhe und Sommeridylle der holländischen Küste, dass man sofort seinen Koffer packen und ein paar Tage dort ausspannen möchte.
Das Ende wird für meinen Geschmack etwas zu sehr geschönt und durch eine rosarote Brille betrachtet, der Rest der Geschichte wirkt zum Glück deutlich glaubwürdiger und weniger kitschig und wartet mit einigen überraschenden Wendungen auf, so dass ich mir gut vorstellen kann, in einer Fortsetzung der Reihe den Weg der Schwestern weiter zu verfolgen.
Im Hörbuch hat mir Ilka Teichmüller als Sprecherin mit ihrer sympathischen Stimme sehr gut gefallen, ihr Vortrag passt sehr gut zu der Geschichte.

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Veröffentlicht am 06.03.2022

Ein bewegendes Buch über das Schicksal junger Mädchen in Indien

Das Mädchen mit dem Drachen
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In ihrem aktuellen Roman „Das Mädchen mit dem Drachen“ bleibt die französische Autorin Laetitia Colombani ihrem Thema treu, bewegende Geschichten von mutigen Frauen zu erzählen, die sich gegen gesellschaftliche ...

In ihrem aktuellen Roman „Das Mädchen mit dem Drachen“ bleibt die französische Autorin Laetitia Colombani ihrem Thema treu, bewegende Geschichten von mutigen Frauen zu erzählen, die sich gegen gesellschaftliche Repressionen oder schicksalhafte Lebensumstände stellen.
Dieser Roman spielt, wie schon ein Teil ihres ersten Romans „Der Zopf“, in Indien und es gibt ein Wiedersehen mit der kleinen Lalita, deren Geschichte hier eine zentrale Rolle spielt. Die französische Lehrerin Léna reist nach einem persönlichen Schicksalsschlag nach Indien, um dort zu sich selbst zu finden. Am Strand beobachtet sie die 10-jährige Lalita, die dort in den frühen Morgenstunden ihren Drachen steigen lässt. Kurz darauf trifft sie mit Preeti zusammen, die andere junge Frauen in Selbstverteidigung unterweist und sich als Anführerin dieser Gruppe auf furchtlose Weise für die Rechte von Frauen einsetzt. Von Preeti erfährt Léna, mit welchen Widrigkeiten Frauen und insbesondere diejenigen aus der Gruppe der Dalit, der untersten hinduistischen Gesellschaftsgruppe, zu kämpfen haben. Léna beschließt, dabei nicht tatenlos zuzusehen, sondern die Mädchen zu unterstützen. Mit Hilfe ihrer neuen indischen Freunde schafft sie es, eine Schule für Dalit-Kinder zu gründen und Eltern dazu zu bewegen, ihre Kinder dort hinzuschicken. Doch schon bald muss Léna erkennen, dass es nicht leicht ist, die traditionellen Sitten und Gebräuche zu durchbrechen.
Die Autorin vermittelt auch in diesem Buch wieder eine große Nähe zu ihren Hauptfiguren, sie zeigt schonungslos, wie schwer es die jungen Mädchen insbesondere der Dalit haben, sich eine eigene Zukunft aufzubauen. Sie erzeugt Hoffnung, verschweigt aber auch nicht, wie sehr die Menschen dort in ihren Traditionen und dem täglichen Kampf ums Überleben gefangen sind. Die Geschichte der Mädchen macht umso betroffener in dem Wissen, dass ähnliche Szenen für viele dem Alltag entsprechen. Der Roman beruht auf dem realen Projekt einer Dalit-Schule in der Region Rajasthan, die Laetitia Colombani auf einer Reise nach Indien besucht hat. Diese persönlichen Eindrücke tragen sicherlich dazu bei, dass sie Charaktere und Szenen so lebendig wirken, man spürt, wie sehr der Autorin das Thema am Herzen liegt. 
Lediglich die Rahmenhandlung um Léna habe ich als unglücklich gewählt empfunden. Ihr persönliches Schicksal ist etwas zu dick aufgetragen, sorgt für unnötiges Pathos und lässt ihre Motivation zu dem Projekt fragwürdig erscheinen. 
Insgesamt kann ich das Buch aber aufgrund seines wichtiges Themas wärmstens empfehlen, im Hörbuch des Argon-Verlags lässt  Cathlen Gawlich die Szenen mit ihrem angenehmen Vortrag lebendig werden. 

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