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Veröffentlicht am 14.08.2022

gelungener Auftakt einer neuen Thrillerreihe

Das Profil
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Der Thriller „Das Profil“ ist Hubertus Borcks erste Krimi-Veröffentlichung und meiner Meinung nach ein gelungener Auftakt für die geplante Reihe um zwei ungleiche Hamburger Ermittler, der Lust macht mehr ...

Der Thriller „Das Profil“ ist Hubertus Borcks erste Krimi-Veröffentlichung und meiner Meinung nach ein gelungener Auftakt für die geplante Reihe um zwei ungleiche Hamburger Ermittler, der Lust macht mehr davon zu lesen.
Die Themen sind nicht ganz neu, hier aber schlüssig und spannend in Szene gesetzt: Ein psychopathischer Täter wird durch die in seiner Kindheit erlittenen Traumata zur tickenden Zeitbombe, die Opfer geben in den sozialen Medien allzu leichtfertig persönliche Details und Informationen aus ihrem Leben preis und machen sich selbst zur Zielscheibe.
Als Leser ist man der Ermittlern stets eine Schritt voraus, in Rückblenden wird die Vergangenheit des Täters dargestellt, ebenso wie in der Gegenwart sein ausgeklügeltes Vorgehen bei der Auswahl und Überwältigung seiner Opfer. Die Nähe zum Täter, die in den Schilderungen geschaffen wird, sorgt für das Empfinden von Unbehagen, man spürt seine Besessenheit und inneren Zwänge.
Im Kontrast dazu steht die Sorglosigkeit der Opfer, die vorbehaltlos ihr Leben auf Instagram ihren Followern präsentieren und es dem Täter leicht machen, sie auszuspionieren.
Auf Seiten der Polizei steht die erfahrene Ermittlerin Franka Erdmann im Mittelpunkt, die wie so viele Kriminalkommissare zumindest in der Literatur ihr Privatleben der Arbeit untergeordnet haben und mit ihrer eigenwilligen Art so manches Mal bei Kollegen und Vorgesetzten aneckt. Ihr zur Seite gestellt wird der junge Kollege Alpay Eloğlu, für den die erste Ermittlung in einem Mordfall sich gleich zur Suche nach einem Serientäter ausweitet.
Die beiden ungleichen Kollegen brauchen eine Weile, um sich aneinander zu gewöhnen, ihre kleinen Reibereien lockern die Geschichte auf, es steht jedoch stets die Ermittlungsarbeit im Vordergrund. Als Leser verfolgt man hautnah die Entwicklungen und Diskussionen zu Täter und Motiven. Die Ermittlungen sind herausfordern und komplex, da der Täter sehr geplant vorgeht und es versteht, seine Spuren zu verwischen und sich zu tarnen.
Der Spannungsbogen ist über die gesamten etwa 380 Seiten hoch und findet einen schlüssigen Abschluss in einem finalen Showdown.

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Veröffentlicht am 10.08.2022

ein erschreckendes Kapitel der ukrainischen Geschichte – fesselnd erzählt

Denk ich an Kiew
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Die aktuellen Ereignisse in der Ukraine sind derzeit sehr präsent und erschütternd. Der Roman „Denk ich an Kiew“ arbeitet ein älteres Kapitel der ukrainischen Geschichte auf, dessen nicht weniger brisanten ...

Die aktuellen Ereignisse in der Ukraine sind derzeit sehr präsent und erschütternd. Der Roman „Denk ich an Kiew“ arbeitet ein älteres Kapitel der ukrainischen Geschichte auf, dessen nicht weniger brisanten aber wenig bekannten Ereignisse in ihrer Tragweite erschüttern und ein Stückweit erklären, weshalb die Menschen in der Ukraine sich auf keinen Fall erneut einer russischen Herrschaft unterwerfen wollen.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht die junge Katja, die im Jahr 1930 mit ihren Eltern und ihrer Schwester im Osten der Ukraine einen kleinen Bauernhof bewirtschaftet. Sie ist verliebt in einen Nachbarsjungen und erlebt einen unbeschwerten Sommer, als eine Gruppe russischer Aktivisten sich im Dorf einnistet, um die Bauern zu zwingen, sich den Kolchosen anzuschließen. Dabei gehen Stalins Männer mit großer Gewalt vor, deportieren und töten diejenigen Bauern, die ihrer Meinung nach den „Kulaken“ angehören oder Widerstand leisten. Die Steuern werden so weit erhöht, dass den Menschen kaum etwas zu Essen und zum Überleben bleibt.
Anhand des Schicksals von Katja und ihrer Familie erlebt der Leser mit, wie die Bevölkerung zunehmend unter der Gewalt und Unterdrückung sowie der Hungersnot leidet. Den Begriff Holodomor hatte ich schon gehört, die Ausmaße dieser von Stalins Herrschaft erwirkten Hungersnot war mir jedoch nicht bewusst. Die Autorin schafft mit ihrer Geschichte ein deutliches und erschütterndes Bild der Ereignisse, das mich beim Lesen oft fassungslos und mit Tränen in den Augen zurückgelassen hat.
Sie rückt ein wichtiges Kapitel nicht nur der ukrainischen Geschichte in den Fokus, auch in angrenzenden Regionen sind hunderttausende Menschen der Hungersnot zum Opfer gefallen.
Die Intensität der Bilder, die die Schilderungen heraufbeschwören und die Nähe zu den Figuren haben mir in diesem Teil des Romans ausgesprochen gut gefallen.
Die Rahmenhandlung des Romans, die im Jahr 2004 angesiedelt ist, fällt dagegen stark ab. Grundsätzlich passt das Szenario; Cassie entdeckt im Haus ihrer zunehmend an Demenz leidenden Großmutter deren Tagebuch. Die Großmutter hat es immer abgelehnt, über ihre Vergangenheit in der Ukraine zu sprechen, nun erlaubt sie ihrer Enkelin, mithilfe eines Nachbarn die auf Ukrainisch verfassten Tagebucheintragungen zu übersetzen. Die Rahmenhandlung mit Cassies Vorgeschichte und den Entwicklungen in der Vergangenheit wirkt jedoch kitschig und sehr dick aufgetragen, hier fehlt die Intensität und Nähe zu den Figuren, die die Rückblenden so lebendig werden lassen. Für Katjas Geschichte vergebe ich 5 Sterne, für die Rahmenhandlung maximal drei.

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Veröffentlicht am 02.08.2022

ein spannender und düsterer neuer Fall für Ewert Grens

Schlaft, Kinder, schlaft (Ewert Grens ermittelt )
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In Anders Roslund aktuellem Krimi “ Schlaft, Kinder schlaft“ gibt es ein Wiedersehen mit Kommissar Ewert Grens und dem Undercoveragenten Piet Hoffman.
Zu Beginn der Geschichte befindet sich Ewert Grens ...

In Anders Roslund aktuellem Krimi “ Schlaft, Kinder schlaft“ gibt es ein Wiedersehen mit Kommissar Ewert Grens und dem Undercoveragenten Piet Hoffman.
Zu Beginn der Geschichte befindet sich Ewert Grens an einem persönlichen Tiefpunkt. Umso mehr berührt es ihn, als sich auf dem Friedhof eine fremde Frau neben ihn auf „seine“ Bank setzt, während er wie so oft den Tod seiner Frau Anni betrauert, und ihm von dem Verschwinden ihrer 4-jährigen Tochter erzählt. Es ist über drei Jahre her, dass diese aus einem Parkhaus entführt wurde und verschwand, ohne dass die Polizei eine Spur von ihr finden konnte. Vor kurzem wurde das Mädchen für Tod erklärt, die Mutter muss jedoch einen leeren Sarg betrauern.
Als Grens kurz darauf erfährt, dass am selben Tag ein weiteres 4-jähriges Mädchen entführt wurde und seitdem spurlos verschwunden ist, verfällt er in einen manisch anmutenden Aktionismus. Er setzt sich über Regeln und Grenzen hinweg, auch ein angeordneter Zwangsurlaub hindert ihn nicht daran, sich wie gewohnt nachts ins Präsidium zu schleichen und seine Kontakte zu nutzen, um dem Verbleib der Mädchen auf die Spur zu kommen.
Die Geschichte ist keine leichte Kost, sie führt in die Abgründe des Darknets und zu einem international agierenden Pädophilenring. Obwohl viele Szenen nur im Ansatz geschildert werden, schafft es Roslund eine sehr düstere und bedrückende Stimmung zu erzeugen. Ich war beim Lesen ebenso dankbar wie Ewert Grens oder Piet Hoffmann, die Bilder und Videos nicht bis ins Detail und bis ans Ende mitverfolgen zu müssen. Das durch die Andeutungen angestoßene Kopfkino reichte aus, um beim Lesen an meine Grenzen z kommen. Aber das Wissen, dass diese Fiktion auf realen Übergriffen beruht, die sich Tag für Tag auf der Welt abspielen, macht es umso wichtiger, diese grausame Gewalt gegen Kinder zu thematisieren, um sie wirkungsvoll bekämpfen zu können.
Kommissar Ewert Grens ist als Hauptcharakter eine schwierige Figur, seine Traumata wirken in diesem Band so dominant, dass seine Glaubwürdigkeit darunter leidet. Ähnliches gilt aber in allen Bänden auch für Piet Hoffmann, doch für die Spannung muss man das ähnlich wie bei Actionfilmen im Kino vielleicht in Kauf nehmen.
Das offen gehalten Ende lässt hoffen, dass es eine Fortsetzung der Reihe geben wird, ich bin auf jeden Fall wieder dabei.

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Veröffentlicht am 06.07.2022

ein intelligenter Krimi, am Ende etwas konstruiert

Im Augenblick des Todes
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Vincent Klieschs Thriller „Im Augenblick des Todes“ ist der 2.Band aus der Reihe um Kommissar Boesherz, als Print bereits 2015 erschienen, jedoch bin ich erst jetzt durch die Neuauflagen und die Hörbuchfassungen ...

Vincent Klieschs Thriller „Im Augenblick des Todes“ ist der 2.Band aus der Reihe um Kommissar Boesherz, als Print bereits 2015 erschienen, jedoch bin ich erst jetzt durch die Neuauflagen und die Hörbuchfassungen auf die Reihe aufmerksam geworden.
Band 1 „Bis in den Tod hinein“ hat mir als komplexer Krimi sehr gut gefallen, so dass ich neugierig auf die Fortsetzung war. Diesmal steht Kommissar Boesherz noch stärker im Fokus, seine persönliche Geschichte ist eng mit dem Fall verknüpft. Als Severin Boesherz in einer Berliner Arztpraxis einen aktuellen Tatort betritt, erwartet ihn die detaillierte Kopie eines Mordes, an dessen Aufklärung er im Rheingau 16 Jahre zuvor gescheitert ist. In beiden Fällen wurde ein Arzt brutal ermordet und mit seinen ausgeweideten Organen ein bizarres Bild inszeniert. Doch diesmal hat der Täter zusätzliche Rätsel hinterlassen, die nur Boesherz lösen kann. Dieser lässt sich auf das „Spiel“ mit dem Täter ein, während es gleichzeitig versucht, seine eng mit dem Fall verknüpfte Vergangenheit vor seinen Kollegen zu verbergen.
Wie schon im ersten Band ist die Geschichte stark auf die Ermittlungsmethoden von Boesherz ausgerichtet, der Verbrechen aufklärt, indem diese als Rätsel betrachtet und löst. Dazu passt, dass in diesem Fall der Täter mit Boesherz und der Polizei eine Art Schnitzeljagd veranstaltet.
Im Vergleich zum ersten Band fällt dieser in meinen Augen jedoch etwas ab, da die Handlung und Motivation hinter den Taten allzu konstruiert erscheint. Die Lösung wird erschwert, da Boesherz seinen Kollegen viele Erkenntnisse und Details bewusst vorenthält. Der Autor versucht oft Spannung zu erzeugen, indem Ergebnisse oder Informationen nur angedeutet aber nicht klar genannt werden, was ich als nervig empfinde, zumal es sich trotzdem früh abzeichnet, wie die Taten zusammenhängen. Auch die geheimnisvolle Beziehung Boesherz’ zu Ferdinand wirkte zu aufgebauscht und leicht durchschaubar.
Bei den Charakteren gefällt mir Olivia Holzmann mehr als der oft sehr arrogant und exzentrisch auftretende Boesherz, positiv finde ich neben dem lockeren Erzählstil mit zum Teil humorigen Dialogen die intelligent angelegte und gut recherchiert wirkende Geschichte. Das Ende war dann jedoch zu wirr und konstruiert, um zu überzeugen. Es wird aber sicher nicht mein letzter Krimi von Vincent Kliesch gewesen sein, gerne auch wieder als Hörbuchfassung mit Uve Teschner, der die Geschichte fesselnd und abwechslungsreich vorträgt.

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Veröffentlicht am 29.05.2022

spannendes Debüt, das Dickers Talent für besondere Charaktere zeigt

Die letzten Tage unserer Väter
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Dickers Debütroman „Die letzten Tage unserer Väter“, im Original bereits im Jahr 2010 veröffentlicht und nun auch auf deutsch, ist ganz anders als seine großen Erfolge aber nicht weniger fesselnd.
In diesem ...

Dickers Debütroman „Die letzten Tage unserer Väter“, im Original bereits im Jahr 2010 veröffentlicht und nun auch auf deutsch, ist ganz anders als seine großen Erfolge aber nicht weniger fesselnd.
In diesem Roman widmet sich Joël Dicker einem nur wenig behandelten geschichtlichen Thema. Seine Hauptfigur, der 22-jährige Franzose Paul-Émile, wird Ende 1940 für eine geheime britische Spionageeinheit angeworben. In Großbritannien erfährt er mit einer Gruppe Rekruten verschiedenen Alters eine harte Ausbildung. Sie haben wenig Kontakt zur Außenwelt, auch ihre Familien wissen nicht, wo sie sich befinden und in welchem Auftrag, die Rekruten kennen sich untereinander nur mit ihren neuen Spitznamen. Paul-Émile, genannt Pal, fällt es insbesondere schwer, seinen Vater in Paris zurückgelassen zu haben, zu dem er ein enges Verhältnis pflegt.
Nach der Ausbildung werden alle, die bis zum Ende durchgehalten haben, per Fallschirm hinter den feindlichen Linien in Frankreich abgesetzt, um dort im Untergrund gegen die deutsche Besatzung zu agieren, Sabotage zu verüben, das französische Widerstandsnetz auszubauen oder schwarze Propaganda zu verbreiten.
Während der Ausbildung haben sich Freundschaften zwischen den Rekruten gebildet, so dass sie zwischen den Missionen immer wieder Kontakt zueinander suchen und sich beispielsweise in London gemeinsam eine Wohnung anmieten, die zum Anlaufpunkt wird.
Im Mittelpunkt des Romans stehen Themen wie Freundschaft, Kameradschaft, Treue und Verrat. Auch in diesem Debüt zeigt sich schon Dickers Talent, sehr glaubhafte Figuren zu entwickeln mit viel Liebe zum Detail und eine große Nähe zu den Charakteren zu schaffen.
Lediglich das Verhältnis von Pal zu seinem Vater wirkt etwas zu dick aufgetragen, mit der Figur des Vaters konnte ich nicht warm werden, er erscheint zu lebensfern, ist in einer Art Scheinwelt gefangen, und emotional zu sehr auf seinen Sohn fixiert. Dieser Teil des Romans ist mir zu pathetisch geraten, auch wenn er ansonsten spannende Unterhaltung bietet und mit seinen kritischen Gedanken zum Thema Krieg und dessen Auswirkungen für die Menschen gerade vor dem Hintergrund des aktuellen Weltgeschehens zum Nachdenken anregt.
Die ungekürzte Hörbuchfassung wird von Torben Kessler ebenso überzeugend und fesselnd gelesen wie die übrigen Romane Joël Dickers.

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