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Veröffentlicht am 30.06.2023

Aneinanderreihung von Banalitäten

Mary Shelleys Zimmer
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Die 16-jährige Mary Godwin sitzt auf einem Friedhof und wartet auf ein Date mit Percy Bysshe Shelly, einem aus reichem Haus stammenden Enfant terrible. So beginnt dieser Roman, der hauptsächlich Marys ...

Die 16-jährige Mary Godwin sitzt auf einem Friedhof und wartet auf ein Date mit Percy Bysshe Shelly, einem aus reichem Haus stammenden Enfant terrible. So beginnt dieser Roman, der hauptsächlich Marys Leben folgt, daneben aber auch zahlreiche andere Schauplätze während der Jahre1815 und 1816 besucht und so wohl das Panorama eines Kontinents bieten soll, der aufgrund eines Vulkanausbruchs auf der anderen Seite der Welt, das kälteste Jahr seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen erlebt.
Mary überwirft sich schließlich mit ihrem Vater, reist mit Percy und ihrer Stiefschwester Claire durch Europa und landet irgendwann in einer Villa am Genfer See, wo sie inspiriert durch einen von dem berühmten Dichter Lord Byron ausgerufenen Wettbewerb die Idee zu ihrem zwei Jahre später erscheinenden Roman „Frankenstein“ hat.
Daneben treten hier unter anderem Johann Wolfgang von Goethe, Napoleon, Turnvater Jahn oder der Maler Caspar David Friedrich auf. Manche dieser „Prominenten“ kommen regelmäßig vor, andere werden nur ein paar Mal erwähnt und „verschwinden“ dann wieder. Dazwischen sind gelegentlich kurze Episoden aus dem Leben der normalen Leute eingestreut. Diese nehmen aber zu wenig Raum ein, um wirklich deutlich zu machen, wie dramatisch die Auswirkungen der Klimakrise waren. Großteils dreht sich die Handlung doch um sehr privilegierte Personen. Das wird bei Marys Clique besonders deutlich, die in ihrer Villa dem Hedonismus frönt, während rundum Hunger und Not herrschen.
Wahrscheinlich ist auch dies ein Grund dafür, dass ich mit der Handlung bzw den Protagonisten nicht warmgeworden bin. Außerdem haben mich die fehlenden Datumsangaben gestört. Es ist oft nicht nachvollziehbar, wie viel Zeit zwischen den Kapiteln vergangen ist oder in welcher Jahreszeit wir uns befinden.

Fazit: Dieses Buch ist weder eine historische Abhandlung (dazu gibt es zu viele Ungenauigkeiten und Anachronismen), noch eine Liebesgeschichte (dafür werden nicht genug Gefühle transportiert), noch die Entstehungsgeschichte eines Werkes der Weltliteratur (dafür spielt Marys literarisches Schaffen eine zu geringe Rolle), noch ein „Endzeitdrama“ (dafür geht es den meisten Personen zu gut.) Es handelt sich vielmehr bloß um eine Zusammenstellung von allerlei Begebenheiten, die jede für sich eher banal sind.

Veröffentlicht am 10.07.2022

Mehr Fantasy als historischer Roman

Die Bruderschaft der Runen
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Mai 1822: Ein junger Student, der gerade dabei ist, für den Schriftsteller Walter Scott zu recherchieren, kommt in einer Bibliothek unter mysteriösen Umständen ums Leben. Scott ist fest entschlossen, die ...

Mai 1822: Ein junger Student, der gerade dabei ist, für den Schriftsteller Walter Scott zu recherchieren, kommt in einer Bibliothek unter mysteriösen Umständen ums Leben. Scott ist fest entschlossen, die Hintergründe aufzuklären, und begibt sich gemeinsam mit seinem Neffen Quentin auf Spurensuche. Dass er von verschiedenen Seiten davor gewarnt wird, weitere Nachforschungen anzustellen, erhöht nur seinen Eifer und schließlich erkennt er, dass die Ursachen für Gewalttaten in der Gegenwart weit in die Vergangenheit zurückreichen, in die Zeit, als William Wallace, genannt „Braveheart“, und Robert the Bruce gegen die Engländer kämpften.
Währenddessen ist die junge Engländerin Mary auf dem Weg in die Highlands, um einen Mann zu heiraten, dem sie noch nie zuvor begegnet ist. Sie ist von düsteren Vorahnungen geplagt und hat zunehmend seltsame Träume.

Der schottische Freiheitskampf ist zweifellos ein interessantes Thema und bei Sir Walter Scott handelte es sich um eine bedeutende historische Persönlichkeit. Dieser Roman kann jedoch beiden nicht gerecht werden.
Zwar wären der selbstbewusste und den Prinzipien der Wissenschaft verbundene Walter Scott und sein etwas tollpatschiger und ängstlicher Neffe ein interessantes Gespann.

Die Handlung strotzt aber nur so vor Ungereimtheiten, unlogischen oder unrealistischen Vorgängen. Außerdem gibt es übernatürliche Elemente, von denen Marys prophetische Träume noch das harmloseste sind, und manches ist schlicht absurd – wie etwa die „Ninja Mönche“.
Ich hatte häufig das Gefühl, keinen historischen, sondern einen Fantasy-Roman zu lesen.
Selbst das wäre nicht per se schlecht. Die Geschichte ist aber auch noch ziemlich vorhersehbar, es ist bald klar, wer die „Bösen“ sind.

Daher konnte dieses Buch meine Erwartungen nicht erfüllen.

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  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.07.2022

Anstrengende Protagonistin

Tod im Innviertel
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Dies war mein erster Roman aus der Reihe um die „Kräuterrosi“. Mag sein, dass ich auch deswegen Schwierigkeiten hatte, mit der Protagonistin warm zu werden.
Dabei hätte die Geschichte durchaus Potential: ...

Dies war mein erster Roman aus der Reihe um die „Kräuterrosi“. Mag sein, dass ich auch deswegen Schwierigkeiten hatte, mit der Protagonistin warm zu werden.
Dabei hätte die Geschichte durchaus Potential: Während eines Familienausflugs zum Baumkronenweg in Kopfing entdeckt Rosi zufällig eine Leiche, die in einem der Bäume hängt. Vieles deutet darauf hin, dass der geistig beeinträchtige junge Mann Selbstmord begangen hat, weil er mit der Ausgrenzung und den Hänseleien durch seine Mitmenschen nicht mehr zurechtgekommen ist.
Trotz der Bedenken ihres Lebensgefährten, des „Bumshüttensepp“, macht Rosi sich dennoch daran, sämtliche Hintergründe aufzudecken, und plötzlich wimmelt es nur so vor Verdächtigen.

Dieser Kriminalfall ist gut konstruiert und hat, von ein paar kleineren Ungereimtheiten abgesehen, eine stimmige Auflösung.
Dennoch konnte mich die Lektüre nicht packen. Die Kräuterrosi, aus deren Perspektive erzählt wird, und ihre Angehörigen wirken zu bemüht originell. Außerdem hat sie so gar kein Talent zum „Ermitteln“. Sie ist zwar eine irgendwie "nette" Person und zweifellos bemüht, zu helfen, geht aber ziemlich planlos vor und ist teilweise nicht in der Lage, die einfachsten Schlüsse zu ziehen.
Geradezu anstrengend sind dazu ihre privaten Probleme: Ihre immer gleichen Gespräche mit dem Sepp, das immer wieder darauf folgende Gedankenkarussell dazu, ob ihre Beziehung eine Zukunft hat, und erst recht ihre geradezu abenteuerlich absurden Spekulationen darüber, was mit ihrer Tochter los ist. Am Schluss gibt es sogar eine Art „Cliffhanger“, dessen Auflösung jedoch wahrscheinlich mindestens 90% der Leser schon ab der Hälfte des Buches erahnen konnten.
Mein Lesefluss geriet auch durch diverse Nebensächlichkeiten immer wieder ins Stocken, sodass, von ein paar Szenen gegen Ende abgesehen, kaum Spannung aufkommt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.07.2022

Vom Archaikum zum Holozän

Ursprung und Entwicklung des Lebens
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Der Inhalt dieses Buches umfasst ziemlich genau das, was der Titel verspricht. Wobei der Autor sogar etwas früher ansetzt und am Anfang auch ein paar Worte über den Weg vom Urknall zur Entstehung der Erde ...

Der Inhalt dieses Buches umfasst ziemlich genau das, was der Titel verspricht. Wobei der Autor sogar etwas früher ansetzt und am Anfang auch ein paar Worte über den Weg vom Urknall zur Entstehung der Erde verliert.
Bezüglich des Ursprungs des Lebens kann natürlich auch er keine definitive Antwort geben, die Aussagen dazu, wie der Stoffwechsel und die ersten Zellen entstanden sein könnten, sind aber sehr interessant.
Danach geht die Tour durch die verschiedenen Epochen der Erdgeschichte weiter, im Laufe derer die Evolution diverser Gruppen von Lebewesen nachgezeichnet wird, bis hin zum Auftauchen der ersten Menschen. Gut gefallen hat mir, dass Sander sich dabei nicht, wie meist üblich, nur auf Tiere konzentriert, sondern auch die Entwicklung von Pflanzen oder Pilzen beschreibt. Auch fand ich es hilfreich, dass Begriffe, die im Glossar erklärt werden, im Text fett gedruckt sind.
Die Ausführungen sind jedoch ziemlich trocken und somit zwar informativ, gerade für ein Buch über (Paläo)biologie aber zu wenig lebendig. Die enthaltenen Bilder wirken dagegen oftmals wenig professionell, wie schnell mit der Hand hingezeichnet, und tragen daher nicht viel zur Anschaulichkeit bei.

Veröffentlicht am 10.07.2022

Kaum echte Fakten, dafür viel Geschwafel

Was uns zu Menschen macht
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Laut Inhaltsangabe soll es in diesem Buch darum gehen, was den Menschen vom Tier unterscheidet und wie der Fund des Homo floresiensis, eines Urmenschen, der kaum einen Meter misst, zur Beantwortung dieser ...

Laut Inhaltsangabe soll es in diesem Buch darum gehen, was den Menschen vom Tier unterscheidet und wie der Fund des Homo floresiensis, eines Urmenschen, der kaum einen Meter misst, zur Beantwortung dieser Frage beitragen kann. Dieses Thema wäre zweifellos interessant.
Jedoch: Der weitaus überwiegende Teil des Textes beschreibt die Entstehungsgeschichte dieses Buches.
Was an sich auch nicht uninteressant wäre: Die Vorarbeiten fielen mit einem Lehrauftrag des Autors als Gastschreiber an der Universität Leiden zusammen, wo er seine Studenten gleich mal in die Recherchearbeiten miteinbezogen hat. Auch trifft er sich mit diversen Wissenschaftlern, spürt den Biographien einiger früher Archäologen nach oder unternimmt eine Reise nach Flores. Von all dem Drumherum (beispielsweise, dass Studentin X die Aufgabe Y übernimmt oder wie irgendwelche Möbelstücke aussehen) wird allerdings zu ausführlich berichtet.
Man kann hier zwar immerhin ein paar faszinierende Forscherpersönlichkeiten kennen lernen (zum Beispiel einen Missionar, der auf Flores Fossilien ausgegraben und später eine ehemalige Nonne geheiratet hat).

Über den Homo floresiensis bzw generell die Evolutionsgeschichte des Menschen habe ich aber nicht mehr erfahren, als auch in normalen Medienberichten zu lesen war. Die Überlegungen zu den Besonderheiten des Menschen bieten ebenfalls keine großartigen neuen Einsichten, sondern bestehen in oberflächlichen philosophischen Ergüssen.