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jules_jude

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.06.2022

Empowernde Lektüre

Queergestreift
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„Queergestreift: Alles über LGBTIQA+“ konnte mich von der ersten Seite an restlos begeistern. Das Buch klärt auf, räumt mit Vorurteilen auf, regt zum Nachdenken an und sorgt für mehr Respekt, Toleranz ...

„Queergestreift: Alles über LGBTIQA+“ konnte mich von der ersten Seite an restlos begeistern. Das Buch klärt auf, räumt mit Vorurteilen auf, regt zum Nachdenken an und sorgt für mehr Respekt, Toleranz und Offenheit und ist daher für jeden, egal ob Jung oder Alt, ob auf der Suche nach der eigenen Sexualität oder Identität oder ob man einfach nur dazu beitragen will, dass unsere Gesellschaft bunter wird, zu empfehlen.

Beginnend mit L für Lesbian und endend mit A+ für A_sexual wird jedem Buchstaben von LGBTIQA+ ein Kapitel gewidmet. In diesen wird auf leicht verständliche und sehr ansprechende Art und Weise alles Wissenswerte erklärt. Das Buch handelt von Sex, Liebe und Identität und lässt durch Interviews, persönliche Berichte und Geschichten Betroffene zu Wort kommen und lässt so die Menschen aus der queeren Community lebendig werden. Auch gibt es Checklisten für Eltern, Freunde etc. und es werden Organisationen und Anlaufstellen aus der LGBTIQA+-Community vorgestellt. Ebenso werden geschichtliche Hintergründe und Begriffe erläutert. Die schön gestalteten Illustrationen machen das Buch auch optisch zu einem Highlight, das in keinem Buchregal fehlen darf.

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Veröffentlicht am 11.01.2023

Bewegendes ukrainisches Familienporträt

Rote Sirenen
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4,5/5

In dem autobiografischen Roman "Rote Sirenen" verknüpft die Autorin auf fesselnde und bewegende Art und Weise die Vergangenheit mit der Gegenwart, sowohl was die eigene Familiengeschichte wie auch ...

4,5/5

In dem autobiografischen Roman "Rote Sirenen" verknüpft die Autorin auf fesselnde und bewegende Art und Weise die Vergangenheit mit der Gegenwart, sowohl was die eigene Familiengeschichte wie auch die Geschichte der Ukraine betrifft. Man folgt gebannt, wie die Autorin Victoria Belim sich auf ihre ukrainischen Wurzeln zurückbesinnt und wie sie sich im Jahr 2014 auf dem Weg von Brüssel aus in ihre alte Heimat macht, um dort das Rätsel um Nikodim, dem älteren Bruders ihres Urgroßvaters Sergij zu lösen, der im Kampf um eine freie Ukraine in den 30er-Jahren starb und dessen Geschichte fast ein Jahrhundert später immer noch ein Tabu ist.
Unterkunft findet Victoria bei ihrer Großmutter Valentina im ukrainischen Dorf Krutyi Bereh. Während sie gemeinsam mit ihrer Großmutter sich um den Obst- und Gemüsegarten kümmert, versucht sie mehr über das Schicksal von Nikodim herauszufinden, was aber anfangs auf heftigen Widerstand von Seiten ihrer Großmutter stößt.

Schon bald wird auch klar, was die Hähne auf dem Buchcover und der Buchtitel "Rote Sirenen" mit dem Buchinhalt zu tun haben, nimmt doch das als Hahnenhaus bezeichnete Gebäude des KGB eine wichtige Rolle bei der Recherche über Nikodim ein. So ist der KGB zwar längst aus der Gegend von Poltawa, wo die Familie lebte, zwar längst verschwunden, das ehemalige Hauptquartier des KGBs übt aber immer noch einen Schrecken auf die dortige Bevölkerung aus. Im Hintergrund ihrer Suche nach Antworten spitzt sich der Konflikt mit Russland nach der Annexion der Krim zu, während Victoria die KGB-Archive durchsucht, um Antworten auf ihre Fragen zu bekommen.
Im Verlaufe ihrer Nachforschungen macht sie neue Bekanntschaften und lässt die Leserinnen an der großen ukrainischen Gastfreundschaft teilhaben und bringt so auch einem die ukrainische Kultur und Geschichte näher, die teilweise noch sehr stark von sowjetischen Zeiten geprägt ist.

Auf persönlicher Ebene löst Victorias Rückkehr in die Ukraine und zu ihrer Großmutter bei ihr viele Kindheitserinnerungen aus, an denen sie die Leser
innen teilhaben lässt und die dem ganzen Roman durchziehen und ihm so eine ganz persönliche Note verleihen. Unter der Feder der Autorin werden die Orte, an denen sie ihre Kindheit verbracht hat, lebendig.
Am Ende des Romans hat Victoria nicht nur Antworten auf ihre Fragen in Bezug auf Nikodim gefunden, sondern ihre Suche half ihr auch mit dem Tod ihres Vaters abzuschließen und wieder ihren ukrainischen Wurzeln näherzukommen.

"Rote Sirenen" ist eine berührende, authentische und emotionale Familiengeschichte sowie Reise durch die Ukraine, die obwohl vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges 2022 geschrieben wurde, nicht an Aktualität einbüßt. Tolles und eindringliches Familien- und Landesporträt.

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Veröffentlicht am 21.10.2022

Fesselnder Einblick in das Leben und die Kultur der Samen

Das Leuchten der Rentiere
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"Das Leuchten der Rentiere" von Ann-Helén Laestadius ist ein sehr atmosphärisch düsteres und fesselndes Buch. Es ist ein fiktionaler Roman, der auf wahren Begebenheiten berührt.

Es erzählt die Geschichte ...

"Das Leuchten der Rentiere" von Ann-Helén Laestadius ist ein sehr atmosphärisch düsteres und fesselndes Buch. Es ist ein fiktionaler Roman, der auf wahren Begebenheiten berührt.

Es erzählt die Geschichte von Elsa, einer Samin, die in einer Rentierzüchterfamilie aufwächst und die als Kind Zeugin wird, wie ihr Rentier ermordet wird. Die Folgen und die Angst, die das schreckliche Ereignis bei ihr auslösen, begleiten sie ein Leben lang, da immer mehr Rentiere ermordet und gequält werden.
Zudem erzählt der Roman auch von der Lebensweise der Rentierzüchter, von dem generationenübergreifenden Trauma, das jeder Same in sich trägt und die Diskriminierungen, denen sie als ethische Volksgruppe ausgesetzt sind.
Ebenso handelt der Roman von Trauer und Wut. Die Samen kämpfen für ihre Rechte und ihre Existenz, aber ihre Schreie stoßen auf taube Ohren. Die brutale Tötung von Rentieren wird als Diebstahl eingestuft, die Fälle werden von der Polizei abgeschlossen, bevor es zu einer Voruntersuchung kommt und die Schweden schüren ihren eigenen, seit Generationen bestehenden Hass, wo sie nur können.
Das Buch zeigt die feindseligen Spannungen zwischen den Samen und anderen Dorfbewohnern, aber auch zwischen den Samen untereinander auf. Sie leben in einer patriarchalischen Gesellschaft, in der von den Söhnen erwartet wird, dass sie die Aufgaben der Rentierzucht übernehmen. Die Frauen sollen sich auf Haus und Kinder konzentrieren. Diese Denkweise führt häufig zu psychischen Erkrankungen.
Neben den Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen, die die Sami erfahren, ist der Roman aber auch voller Herz für die Rentierhaltung, die Familie, die Freunde und das Leben der Samen. Es wird deutlich, dass die Rentierhaltung viel mehr als nur ein Beruf für sie ist, es ist ein Teil ihres Lebens.

Insgesamt ist "Das Leuchten der Rentiere" ein sehr bewegendes und lehrreiches Buch, das zwar fiktiv ist, aber auf realen Verbrechen an den Sami beruht und mit ruhiger, aber eindringlicher Sprache einen Einblick in das Leben der Samen im heutigen Schweden gibt sowie die Kluft zwischen Ihnen und den anderen Dorfbewohnern beschreibt.
Laestadius gelingt es, die Ausweglosigkeit der Situation eindrücklich zu vermitteln. Das mangelnde Interesse der Polizei und die schwedische Gesetzgebung, die nicht die richtige Bezeichnung für die begangenen Straftaten bereithält. Anfangs noch etwas langsam erzählt, nimmt der Roman im weiteren Verlauf immer mehr an Fahrt auf und wird zum Ende hin richtig spannend. Trotz des traurigen und tragischen Themas ist die Geschichte nicht ohne Hoffnung und allein schon wegen des tollen atmosphärischen Schreibstils, der es schafft, einen das Leben und die Kultur der Samen näher zu bringen, lesenswert.

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Veröffentlicht am 26.09.2022

Leise aber kraftvolle Dystopie

Unsre verschwundenen Herzen
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"Unsre verschwundenen Herzen" von Celeste Ng ist eine bewegende Hommage an die Liebe um jeden Preis und die Suche eines Jungen nach der Wahrheit. Die Geschichte selbst ist eindringlich erzählt, erschütternd, ...

"Unsre verschwundenen Herzen" von Celeste Ng ist eine bewegende Hommage an die Liebe um jeden Preis und die Suche eines Jungen nach der Wahrheit. Die Geschichte selbst ist eindringlich erzählt, erschütternd, erschreckend, aber letztlich auch hoffnungsvoll.

Der dystopische Roman spielt in einer nahen Zukunft, die durch die Augen des zwölfjährigen Bird Gardner betrachtet wird.
Im ersten Abschnitt lernt man Bird kennen, der von seinem Vater Noah genannt wird. Birds Mutter Margaret Miu, die chinesischer Abstammung ist, verschwand, als er neun Jahre alt war. In den letzten drei Jahren haben Bird und sein weißer Vater versucht, ein ruhiges, konformes Leben zu führen, das nicht die Aufmerksamkeit der Nachbarn, Lehrer, Kollegen oder anderer Menschen um sie herum erregt, die auf den kleinsten Hinweis auf etwas Unamerikanisches achten. Bird geht zur Schule, er lernt über PACT - das Gesetz zum Schutz der amerikanischen Kultur, ein Gesetz, das eingeführt wurde, nachdem das Land sich in einem schlechten sozialen und wirtschaftlichen Zustand befand, es herrschte Hunger und es kam zu Aufständen auf den Straßen, niemand war sicher. Die Regierung hat dieses Gesetz erlassen, um die Lage zu beruhigen. Um die Menschen zu schützen. Doch es hat eher zu Misstrauen und Rassismus geführt.
In der zweiten Hälfte erfährt man aus der Sicht eines Erwachsenen, wie es zu dieser Situation kam und was es mit dem Verschwinden von Birds Mutter auf sich hat.

Obwohl man weiß, dass es sich hier um eine fiktive Geschichte handelt, fühlt es sich sehr real an, was den Roman so eindringlich und bedrückend macht.
Es ist ein Buch über Familie, Liebe, die Suche nach der Wahrheit und über einen kleinen Jungen, der Antworten sucht und mutig ist.
Es ist auch ein zutiefst politisches Buch, das sich mit Themen wie Anti-Asiaten-Hass, Mutterschaft, Familientrennung, Polizeibrutalität, sozioökonomischer Ungleichheit und mehr auseinandersetzt. Es ist erschreckend zu lesen, denn obwohl es sich um ein fiktives Werk handelt, fühlt sich der Zustand der Welt in diesem Buch nur allzu real an.


Ng schafft es, die Charaktere lebendig werden zu lassen, besonders Bird wächst einem ans Herz.
Mit ihrem emotionalen und leicht poetischen Schreibstil fängt sie die Hilflosigkeit derjenigen Familien ein, bei denen die Eltern von ihren Kindern getrennt werden sowie Hass und Ausgrenzung ausgesetzt sind. Anfangs noch etwas verwirrend, offenbart sich mit jeder zusätzlichen Seite, wie es dazu kam, dass Familien getrennt wurden und warum Bird und sein Vater versuchen nicht aufzufallen. Einmal angefangen fällt es schwer, mit dem Lesen aufzuhören, auch wenn das Thema kein leichtes ist.

Eine Geschichte, die nachdenklich macht.

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Veröffentlicht am 22.06.2022

Finden von Antworten im Dunklen - Krimi aus Nigeria mit Aktualitätsbezug

Lightseekers
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Absolut fesselnd und zum Nachdenken anregend lässt der Krimiroman „Lightseekers“ die Leser*innen in das zeitgenössische Nigeria eintauchen und erzählt eine nachvollziehbare Geschichte.

In der ländlichen ...

Absolut fesselnd und zum Nachdenken anregend lässt der Krimiroman „Lightseekers“ die Leser*innen in das zeitgenössische Nigeria eintauchen und erzählt eine nachvollziehbare Geschichte.

In der ländlichen Universitätsstadt Okriki am Stadtrand von Port Harcourt in Nigeria werden drei Universitätsstudenten zu Tode verbrannt, umringt von einem wütenden Mob, der überzeugt ist, dass sie Diebe sind. Es ist kein Geheimnis, wer für ihre kaltblütigen Morde verantwortlich ist. Sieben Personen wurden festgenommen und stehen vor Gericht. Dr. Taiwo, ein Kriminalpsychologe, wird beauftragt, genau diesen öffentlichen Lynchmord an den drei Universitätsstudenten zu untersuchen. An der Oberfläche scheint das Verbrechen einfach zu sein, da der Mob bei seinem Streben nach Selbstjustiz außer Kontrolle gerät, nachdem die drei Opfer des Diebstahls beschuldigt wurden. Aber etwas passt nicht zusammen, denn die örtliche Polizei, die Stadt und die Universität versuchen, die Angelegenheit zu vertuschen.

Der Autor Femi Kayode ist wie sein Protagonist auch Psychologe, der, nachdem er das Video der realen Lynchmorde an vier Studenten der University of Port Harcourt gesehen hatte, die Psychologie hinter diesem menschlichen Verhalten untersuchen wollte. Was sowohl die fiktiven als auch die realen Morde noch schrecklicher machte, war die Aufzeichnung und Verbreitung des Filmmaterials auf YouTube. Zu sehen, wie ihre Kinder brutal gefoltert und getötet wurden und es mit jedem Anblick erneut zu erleben hatte eine verheerende Wirkung auf die Eltern der Opfer. Hier tritt die Macht und zerstörerische Natur der sozialen Medien zu Tage und wie unter den richtigen Bedingungen unregulierte soziale Medien es schaffen, Öl ins Feuer gießen und so die Menschen zu irrationalen Gewaltaktionen manipulieren können.

Ebenso zeichnet Kayode eine authentische Darstellung der nigerianischen Kultur und gibt einen Einblick in das Leben in Nigeria. Er bewegt sich hierbei nahtlos zwischen den Welten des extremen Reichtums und der Armut, die mit Mangel an Möglichkeiten, Elektrizität und Infrastruktur begleitet wird, sowie durch einen Alltag, der durch regelmäßig vom Militär errichtete Straßensperren oder Bestechungsgelder geprägt ist. Darüber hinaus bietet das Buch ein aufschlussreiches Bild der beunruhigenden Geschichte Nigerias, wie den Schrecken des Biafra-Bürgerkriegs und der Entdeckung des Öls, in deren Folge es zu Mord, zur verheerenden Zerstörung des Landes sowie entsetzlicher Brutalität und Gewalt kam.

„Lightseekers“ ist ein intelligenter, komplexer und fesselnder Krimi, der einen von der ersten Seite in seinen Bann zieht und den man kaum aufhören kann zu lesen, weil man herausfinden will, was passiert ist und wer dafür verantwortlich ist. Gut gefallen hat mir auch der Einblick in das Leben in Nigeria und sein gesellschaftspolitisches Klima. Was der Krimi außerdem lesenswert macht, ist, dass er es einerseits mit Leichtigkeit schafft, ein zufriedenstellendes Gleichgewicht zwischen der Behandlung wichtiger sozialer Themen und der Aufrechterhaltung einer ansprechenden Erzählung zu finden und dass er andererseits nicht zu weit in die dunklen Winkel der Verzweiflung abschweift. Es ist ein erschütternder Kriminalroman, aber es gibt ein Aufflackern von Licht inmitten all der Dunkelheit.

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