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Veröffentlicht am 09.12.2022

Mama gibt nie auf

Für euch
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Iris wächst unter armen Verhältnissen im Köln der 80er und 90er Jahre auf. Um die Familie über Wasser zu halten, nimmt die Mutter verschiedenste Arbeiten an – von Putzfrau bis zur Prostituierten. Das Buch ...

Iris wächst unter armen Verhältnissen im Köln der 80er und 90er Jahre auf. Um die Familie über Wasser zu halten, nimmt die Mutter verschiedenste Arbeiten an – von Putzfrau bis zur Prostituierten. Das Buch ist eine Art Liebeserklärung an eine Mutter, die der Tochter ein glückliches Zuhause schaffen will.
Das Cover zeigt ein verschwommenes schwarz-weiß Foto einiger Personen beim Feiern. Allein eine Frau im Vordergrund sticht hervor; ihre Kleidung ist in Farbe wiedergegeben, und verweist auf die Einzigartigkeit der Mutter. Die verschiedenen Teile des Romans behandeln unterschiedliche Zeitabschnitte, welche wiederum in kurze Kapitel unterteilt sind. Immer wieder sind Ausdrücke und Sätze in Kölsch eingestreut, die allesamt wiederum nur von der Mutter stammen und daher auch auf diese verweisen.
Der Einstieg ins Buch ist recht stark. Die Ich-Erzählerin spricht ihre Mutter direkt an, steht nach vielen Jahren nun endlich zu ihr und versteht schließlich, dass die Mutter alles in ihrem Leben nur für die Tochter auf sich genommen hat. Die Sicht aus der ersten Person wird den gesamten Roman über beibehalten, auch die direkte Ansprache an die Mutter. Allerdings kommt die Tiefsinnigkeit des Prologs leider nicht mehr zum Vorschein. Die Darstellung des Familienlebens erscheint oft als Art Protokoll, das die Anekdoten in einfachen kurzen Sätzen aneinanderreiht.
Mit großer Offenheit legt die Erzählerin das Leben ihrer Kindheit und Jugend dar; ein Leben in einer Parallelwelt, das sie vor ihren Schulkollegen zu verbergen versucht. Erst im Lauf ihres Lebens steht sie zu ihrer Mutter und zu deren Art, Geld fürs Familienleben aufzutreiben. Das politische Essay, das in der Inhaltsangabe angesprochen wird, blieb mir verborgen; ebenso auch wie langwierig und hart ein sozialer Aufstieg in einem wohlhabenden Land sein kann. Ein Wandlung der Erzählerin ist in der Geschichte selbst nicht erkennbar. Selbst als Studentin bleibt die finanzielle Unterstützung durch die Mutter eine Selbstverständlichkeit für die Tochter.

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Veröffentlicht am 01.11.2022

Das Glück in einer Mokkatasse

Krawall und Kekse
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1953 erstmals erschienen, gibt die Autorin dieses Buch die absurd-komische Betrachtung des Lebens als Ehefrau und Mutter von vier Kindern in einem baufälligen Herrenhaus in Vermont wieder. Ob es sich um ...

1953 erstmals erschienen, gibt die Autorin dieses Buch die absurd-komische Betrachtung des Lebens als Ehefrau und Mutter von vier Kindern in einem baufälligen Herrenhaus in Vermont wieder. Ob es sich um liegenbleibende Autos, Haushaltshilfen, die nicht wiederkommen, oder den selbstvergessenen Ehemann handelt, oder ob es die Kinder sind, die ihr auf der Nase herumtanzen, und die für den Vater erst interessant werden, wenn sie lesen und schreiben können – Shirley Jackson verewigt all ihre turbulenten Abenteuer in diesem unterhaltsamen Buch. Siebzig Jahre nach seinem ersten Erscheinen ist es immer noch ein Lesevergnügen.
Bereits am Cover steckt die Protagonistin dieses Romans vollkommen in ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter fest; oder besser gesagt im Backofen einer Küche der Fünfziger Jahre. Die Autorin erzählt die Erlebnisse ihres Alltags chronologisch, dennoch bleibt es dabei oft bei der Aneinanderreihung von Episoden. Was allerdings nicht verwundert – erschienen die Geschichten doch zunächst als Kolumnen in Frauenzeitschriften. Wenn Jackson im Erzählfluss ist – und zu erzählen hat sie wirklich viel – endet dies oft in langen verschachtelten Sätzen. Beherrscht wird die Beschreibung all dieser kleinen Begebenheiten von einer ordentlichen Prise Humor.
Man mag über die Rollenverhältnisse der damaligen Zeit schmunzeln. Genau besehen gibt es allerdings immer noch erstaunlich viele Parallelen zur heutigen Rolle einer arbeitenden Hausfrau und Mutter, die versucht, ihr Multitasking auf die unterschiedlichen Mehrfachrollen zu verteilen und diese unter einen Hut zu bringen.
Diese Lektüre bietet einige unterhaltsame Stunden mit Episoden aus einem abwechslungsreichen Familienleben. In manchen dieser Episoden mag sich der Leser wiederfinden, bei anderen wird er sich fragen, ob solche Situationen sich wirklich zugetragen haben können. Zeitlose Unterhaltung findet man in diesem Buch aber auf jeden Fall.

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Veröffentlicht am 11.09.2022

Das sinkende Schiff verlassen

Auf See
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Um dem Chaos der Welt zu entkommen, hat ein Tech-Unternehmer vor einigen Jahren eine schwimmende Stadt in der Ostsee erbaut. Die ursprüngliche Qualität dieser “Seestatt” ist allerdings schon seit längerer ...

Um dem Chaos der Welt zu entkommen, hat ein Tech-Unternehmer vor einigen Jahren eine schwimmende Stadt in der Ostsee erbaut. Die ursprüngliche Qualität dieser “Seestatt” ist allerdings schon seit längerer Zeit Vergangenheit. Für Yada, die Tochter des Unternehmers sollte die schwimmende Heimat auch ein Schutz vor der geheimnisvollen Krankheit sein, an welcher ihre Mutter gestorben ist. Eines Tages entdeckt die Jugendliche, dass die Erzählungen des Vaters nicht ganz der Wahrheit entsprechen.

Das Cover wird beherrscht von einer nicht ganz runden Blase, oder – je nach Betrachtungsweise -einem Wassertropfen und erinnert auf den ersten Blick an ein Werk aus dem Science-Fiction-Bereich vor fünfzig oder sechzig Jahren. Eine eindeutige Einordnung in ein Genre ist schwierig, lässt sich das Buch doch auch nicht als reine Dystopie erkennen. Der Schreibstil wirkt einfach, strotzt andererseits stellenweise mit einer Vielzahl aneinandergereihter Fremdwörter. Die fünf Abschnitte des Romans tragen als Titel jeweils die grammatischen Bezeichnungen englischer Zeitformen.

Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven wiedergegeben. Die Jugendliche Yada erläutert ihr Leben auf der künstlichen Insel als Ich-Erzählerin, über die anderen Charaktere erfährt man vom allwissenden Erzähler und dazwischen stechen Beiträge eines Archivs heraus, die sich ebenfalls mit dem Thema künstlich erschaffener Orte befassen und der Realität entspringen. Sie bilden für mich - leider – die wichtigsten und interessantesten Passagen des Romans, lesen sich aber wie reine Sachbucheinträge. Am Ende des Buchs befinden sich zur Vertiefung Angaben von Büchern, die der Autorin als Ideenquellen dienten.

Enzensberger wagt sich an eine verstörende Zukunftsvision, schneidet auch sozialkritische Themen an, bleibt aber immer oberflächlich. Auch die einzelnen Charaktere weisen keine Tiefe auf. Aufgrund des Klappentexts habe ich mir mehr von diesem Roman erwartet, auch konnte ich nicht herausfinden auf welche Weise das Handeln der Frauen in diesem Buch “besser” als das der Männer herausgearbeitet sein sollte. Die Hauptcharaktere sind zwar fast ausschließlich Frauen, aber damit hat es sich auch schon.

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Veröffentlicht am 28.08.2022

Liebe ohne Nebensächlichkeiten

Mittwochs am Meer
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Jeden Mittwoch fährt der Pariser Maurice in ein verträumtes Hafenstädtchen in der Bretagne, um eine Fabrik vor der Insolvenz zu retten. Sein ruhiger Charakter steht ganz im Gegensatz zu jenem der Einheimischen. ...

Jeden Mittwoch fährt der Pariser Maurice in ein verträumtes Hafenstädtchen in der Bretagne, um eine Fabrik vor der Insolvenz zu retten. Sein ruhiger Charakter steht ganz im Gegensatz zu jenem der Einheimischen. Eines Tages schenkt ihm die schöne Rezeptionistin einen Liebesbrief und einen Gedichtband von Rimbaud. Die Worte der Frau berühren ihn, die beiden treffen sich und eine leidenschaftliche Affäre entsteht, die das Paar nun wöchentlich den ganzen Sommer über auslebt. Als sie zu einer gemeinsamen Reise aufbrechen, nimmt die Geschichte eine unerwartete Wendung.

Ich durfte diese Geschichte als Rezensionsexemplar von SAGA Egmont Deutschland hören, was meine Meinung über das Hörbuch aber nicht beeinflusst. Das Cover ist in Pastellfarben gehalten und versetzt den Betrachter an den Strand einer kleinen Stadt. Sprecher Frank Stieren schafft mit seiner Aussprache und Betonung die Zuhörer vollkommen in die Geschichte eintauchen zu lassen. Der Schreibstil ist einfach und von zahlreichen bildhaften Beschreibungen gekennzeichnet; das Ambiente des Hafenstädtchen in der Bretagne, aber auch die zahlreichen kulinarischen Höhepunkte des Buches erstehen durch die passende Wortwahl und eben auch durch das perfekte Vortragen des Sprechers direkt vor dem geistigen Auge des Publikums. Die Liebesszenen wirken im Gegensatz dazu eher technisch und plump.
Auch die Charaktere wirken stellenweise doch recht klischeehaft und machen die Handlung etwas realitätsfern. Die Wandlung des korrekten Insolvenzverwalters überrascht und erscheint nicht logisch – soweit man in der Liebe überhaupt von Logik sprechen kann.
Das Hörbuch schenkt angenehme Stunden; die leichte Liebesgeschichte versetzt einen in entspannte Stimmung mit wunderschöner Kulisse.

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Veröffentlicht am 05.08.2022

Immer wieder donnerstags

Am liebsten sitzen alle in der Küche
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Zufällig treffen drei Frauen um die 50 aufeinander und werden schließlich sogar zu Freundinnen. Und das, obwohl sie unterschiedliche Lebensgeschichten hinter sich haben: eine alleinerziehende Ärztin, eine ...

Zufällig treffen drei Frauen um die 50 aufeinander und werden schließlich sogar zu Freundinnen. Und das, obwohl sie unterschiedliche Lebensgeschichten hinter sich haben: eine alleinerziehende Ärztin, eine frisch Geschiedene und eine kinderlose Powerfrau aus der Werbebranche. Und doch finden sie - neben anderen Vorlieben – eine maßgebende Gemeinsamkeit: sie wollen sich an einem bestimmten Mann rächen, der sich selbst über- und die drei Frauen unterschätzt.
Das bunte Cover zeigt einzelne Zeichnungen der drei unterschiedlichen Protagonistinnen, den Großteil des Umschlags beansprucht aber der Titel des Buches. Aussagekräftige Überschriften leiten jeweils die Kapitel ein, der Schreibstil ist recht salopp und lässt einen rasch in der Geschichte vorankommen; die Dialoge sind teils in Umgangssprache verfasst, die Gedanken und manche Aussagen der Werbefachfrau in ihrer türkischen Muttersprache, deren Bedeutung sich immer aus dem nachfolgenden Text ergibt.
Die Geschichte ist sehr unterhaltsam und auch nachvollziehbar. Die Dialoge der drei Frauen, die sich wöchentlich zum gegenseitigen Austausch treffen, sind lebensecht und auch ihre Charaktere sind authentisch. Die am Küchentisch besprochenen Themen wirken wirklich wie aus dem Leben von Personen, die sich in der zweiten Lebenshälfte befinden. Auf recht humorvolle Weise gelingt es der Autorin sogar ernsteren Themen wie Fremdenfeindlichkeit, der Begegnung mit undurchsichtigen Gestalten aus Partnerportalen oder anonymen Bewertungen im Internet mit einem Augenzwinkern den Schrecken zu nehmen.
Die im Klappentext angekündigte Rache kommt recht spät und auch eher nur kurz zum Zug. Doch eigentlich ist oder wäre sie auch gar nicht unbedingt notwendig, um den Zusammenhalt der drei Frauen darzustellen. Denn das Hauptaugenmerk dieses Buches liegt in der Freundschaft, die für die drei recht spät, aber dafür umso haltbarer im Entstehen ist. Insgesamt handelt es sich um eine recht kurzweilige Geschichte mit minimalen Längen und ein paar Klischees, die dem Publikum unbeschwerte Lesestunden schenkt.

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