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Veröffentlicht am 14.12.2022

Vertauschte Rollen mit rundem Ausklang

Fragile Heart
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Um Mona Kasten war es nach ihrer Maxton Hall-Reihe (die im Übrigen jetzt für Prime Video als Serie adaptiert wird!) ruhig geworden, weswegen es doch eine schöne Sache war, dass in diesem Frühling mit „Lonely ...

Um Mona Kasten war es nach ihrer Maxton Hall-Reihe (die im Übrigen jetzt für Prime Video als Serie adaptiert wird!) ruhig geworden, weswegen es doch eine schöne Sache war, dass in diesem Frühling mit „Lonely Heart“ endlich mal wieder etwas von ihr erschienen ist, was mich auch zu begeistern wusste. Auf die Fortsetzung „Fragile Heart“ mussten wir netterweise auch nicht lange warten, denn so waren die Ereignisse aus dem ersten Band noch sehr präsent und ich konnte mich sofort wieder in das Geschehen stürzen.

Die drei Monate Zeitsprung, die zwischen den beiden Bänden liegen, werden durch Nachrichten von Rosie an Adam symbolisiert, die allesamt unbeantwortet bleiben. In der Zwischenzeit hat Adam seinen Entzug und seine Therapie durchgezogen und muss nun wieder langsam im Alltag Halt finden und dort steigen wir ein. Ehrlich gesagt finde ich es schade, dass wir an diesem Therapieprozess nicht intensiver beteiligt waren. Im ersten Band hatte ich schließlich gelobt, dass Kasten sich nicht gescheut hat, Adams gefährliche Spirale authentisch und in voller Dosis abzubilden. Sich nun den wichtigsten Teil der Behandlung zu sparen, wirkt wie eine Abkürzung genommen. Zudem setzt es uns postwendend einen anderen Adam vor. Den mochte ich zwar sehr, weil er immer empathischer wurde, aber es war doch etwas wilde Achterbahn, wenn man zuletzt von Adam seinen absoluten Zusammenbruch vor Augen hatte. Ich will nicht behaupten, dass es eine magische Heilung ist, denn immerhin vergehen ja drei Monate, aber der Kontrast ist riesig und damit erstmal irritierend. Zumal dann umgekehrt in diesen drei Monaten auch Rosie in etwas abgerutscht ist, wo nun bei ihr die Alarmglocken schrillen müssen und somit sind die Rollen einfach mal vertauscht worden.

Aber das ist anfängliches Bemängeln, aber die Entscheidung wurde nun mal getroffen und es gibt auch ehrlich Schlimmeres. Die Stimmung zwischen Adam und Rosie wird erfreulich sofort wieder aufgegriffen. Auch wenn der erste Teil des Buchs erstmal getrennt abläuft, aber das ist auch wichtig, um die aktuelle Situation der beiden zu erklären, wie vor allem auch bei Rosie, dass sie einen neuen Assistenten hat und wie es ihrer Webshow gerade geht. Aber sie denken eben viel aneinander und da entsteht sofort wieder ein Kribbeln. Deswegen ist es gut, als sie wieder Kontakt zueinander aufnehmen, auch wenn stets Elefanten im Raum sind. Es ist nicht unbefangen, aber es ist dennoch auch immer roh ehrlich, was bei der Stange hält, weil es eine interessante Mischung ist. Zudem ist eben wichtig, dass diesmal Adam ihr so viel geben kann, was sie ihm wiederum zuvor gegeben hat. Da ich in Beziehungen einen gewissen Ausgleich immer für wichtig erachte, finde ich schön, dass es so am Ende quasi unentschieden ausgeht und sie sich gegenseitig aus einem sehr dunklen Loch geholfen haben. Dazu ist eben durchgehend etwas in der Luft, was einfach toll ist.

Dennoch hätte ich diesen zweiten Band inhaltlich im Vorfeld wohl so nicht vermutet. Es war eine durchgängig gute Geschichte, vielleicht hätte ich mir jeweils mehr Alltag von beiden wieder gewünscht. Wir haben bei Rosie nur noch dieses unerträgliche Interview mit dem Rüpelrapper sowie der koreanischen Band von Anne Pätzold (liebe sowas ja!), wobei ich den Sinn hinter dem ersten Interview nicht wirklich verstanden haben (das wirkte für mich eher wie Zeitkommentierung statt inhaltliche Bewandtnis). Und Adam braucht zwar verständlich erstmal Abstand von der Musik, aber dennoch liegt auch für die gesamte Band alles brach und mir fehlten dazu die Gespräche, wie die Zukunft aussehen kann etc. Zwar ist es nicht schlecht, dass es so auf Rosie und Adam fokussiert war, weil so eben auch die fehlende körperliche gemeinsame Zeit wieder aufgeholt wurde, aber es wirkte eben so rausgerissen aus dem Alltag, als wäre eine künstliche Blase entstanden. Ich fand daher auch den Grund, warum Rosie bei Adam einzieht, etwas gekünstelt. Dennoch hat die Geschichte so auch echt tolle Momente noch schaffen können, wie Rosies Aussöhnung mit ihrem Vater oder auch das abschließende Benefiz-Konzert, das Musik aus dem Herzen entsprach. Am Ende war die Handlung damit auch rund und das ist eigentlich das wichtigste.

Fazit: „Fragile Heart“ büßt zwar minimal gegenüber „Lonely Heart“ ein, weil das Schwierige diesmal umschifft wurde und manches auch eher gekünstelt wirkte, aber die Handlung war rund, sie hatte ihre wichtige Botschaft und sie hat vor allem eine tolle Liebesgeschichte erzählt.

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Veröffentlicht am 07.12.2022

Eine ungewöhnliche (Liebes-)Geschichte

Anatomy
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Auf „Anatomy“ von Dana Schwartz bin ich durch die Buchcommunity aufmerksam geworden, weil so begeisterte Stimmen wegen des Covers laut wurden und ich muss zugeben, diese geniale Idee mit dem Kleid, das ...

Auf „Anatomy“ von Dana Schwartz bin ich durch die Buchcommunity aufmerksam geworden, weil so begeisterte Stimmen wegen des Covers laut wurden und ich muss zugeben, diese geniale Idee mit dem Kleid, das gleichzeitig so ein Herz darstellt, das hatte schon was. Zwangsweise habe ich mich mit dem Inhalt dann auch auseinandergesetzt und bin bei dem Untertitel „Eine Liebesgeschichte“ hängen geblieben. Passte natürlich zum Cover, aber dennoch war es für mich optisch und logisch erstmal eine wilde Mischung, weswegen es kaum verwundert, dass ich eine Geschichte bekommen habe, die ich so niemals erwartet hätte.

Bei „Anatomy“ handelt es sich um ein Jugendbuch, das im frühen 19. Jahrhundert spielt. Es ist keine Fantasy, es ist tatsächlich einfach historisch, aber mit einer sehr ungewöhnlichen Geschichte. Es ist sicherlich auch ein Krimi, da Protagonistin Hazel in eine mysteriöse Geschichte hineingezogen wird und es ist einfach ohnehin so viel. Solche Bücher bekommt man wirklich selten zu lesen, wobei ich mich stilistisch an „Enola Holmes“, wovon es schon zwei Verfilmungen bei Netflix gibt, erinnert fühlt, da es um eine jugendliche und ungewöhnliche Protagonistin mit scharfem Verstand geht, die allen gesellschaftlichen Widerständen zum Trotz ihren Weg gehen will. Hazel ist aber in erster Linie keine Detektivin, sondern sie ist an der Chirurgie interessiert. Als Frau generell, aber speziell als Dame aus gutem Hause, die schon seit ihrer Kindheit quasi für die Ehe versprochen ist, ist es ein Unding eine Karriere in der Medizin zu verfolgen. Zwar muss man manchmal bei der Geschichte ein wenig die Augen kneifen, um gewisse Umstände als gegeben hinzunehmen, aber dennoch war es auch ein interessanter Einblick in die damalige Zeit.

Hazel wächst einem sofort ans Herz, weil sie so herrlich unangepasst ist und weil man ihr einfach gönnen würde, ihre Träume verfolgen zu können. Man fiebert regelrecht mit ihr mit, wenn sie sich als ihr verstorbener Bruder ausgibt, um chirurgische Vorlesungen besuchen zu können und wie sie schließlich auf eigene Faust sich alles an Wissen aneignet. Manchmal sind die Szenen wirklich brutal, aber ich fand, dass das der Geschichte trotz manchem Augenzwinkern eine wichtige Ernsthaftigkeit gegeben hat. Somit wurde letztlich auch Hazel als Person noch mehr in ihrem Wert hervorgehoben, weil sie eben dickköpfig, sehr intelligent, aber gleichzeitig auch empathisch und durchsetzungsfähig ist. Auf der anderen Seite haben wir Jack, der eher ein sehr einfacher Kerl ist und immer wieder neu ums Überleben kämpfen muss. Er und Hazel haben zusammen eine gute Dynamik, zumal sie ihm erst ein wenig mitleiderregend erscheint, bis er schließlich auch sie durchschaut und ihre Persönlichkeit begreift, so dass er ihr fortan als Auferstehungsmann aushilft und die Leichen ranschafft. Auch wenn sich zwischen den beiden letztlich etwas entwickelt, so würde ich dennoch sagen, dass der Untertitel „Eine Liebesgeschichte“ nicht unbedingt (nur) für sie beide gedacht ist, denn eigentlich geht es vielmehr um die Liebe von Hazel zur Chirurgie, für die sie alles riskiert.

Auch wenn „Anatomy“ mehrteilig ausgelegt ist, hätte dieser Band eigentlich sogar für sich stehen können und dieser Umstand verrät auch viel über den Erzählstil. Es ist manches Mal eher oberflächlich erzählt, vieles passiert ohne große Erklärungen. Das sorgt einerseits dafür, dass sich ein sehr angenehmes Lesetempo ergibt und man sich am Ende fragt, wie schnell man dieses Buch beendet hat, aber es bringt auch an mancher Stelle die Frage auf, wäre hier nicht noch mehr möglich gewesen? Ich bezweifle, dass diese grundsätzliche Stilistik sich im nächsten Band ändern wird, weswegen es ein Abwägen ist, was man von dieser Geschichte will. Natürlich endet der Band auch mit vielen Möglichkeiten und mir würden auch viele Fragen noch in den Kopf schießen, aber gleichzeitig war es auch so, dass es in sich rund und eben letztlich angenehm offen war. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ein Mysterium aufgebaut wird, was dann über zig Bände aufgeklärt werden muss. Dennoch begrüße ich persönlich es, noch mehr aus dieser Welt zu erleben. Eine tiefsinnige Geschichte werde ich sicherlich nicht bekommen, aber eine, die herrlich ungewöhnlich ist und die einfach im vielen Allerlei sehr viel Spaß bereitet.

Fazit: Bei „Anatomy“ mit diesem Cover und diesem Klappentext wäre ich wohl nie auf dieses Endergebnis gekommen, aber genau das ist auch der Trumpf, denn es ist eine außergewöhnliche Geschichte im Stile von „Enola Holmes“, die blutige Chirurgie mit Murder Mystery vermischt. Von „Eine Liebesgeschichte“ aber bitte nicht verleiten lassen, das empfinde ich eher doppeldeutig und unterstreicht für mich eher noch diesen doppeldeutigen Witz der Geschichte.

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Veröffentlicht am 21.11.2022

Typischer zweiter Band, aber dennoch wirklich gut

Westwell - Bright & Dark
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Im New Adult-Bereich bleiben fortführende Handlungen eines Paares für mich unter Vorbehalt, weil man hier einfach damit leben muss, dass sich einiges etwas zieht, während es in einem Band abgearbeitet ...

Im New Adult-Bereich bleiben fortführende Handlungen eines Paares für mich unter Vorbehalt, weil man hier einfach damit leben muss, dass sich einiges etwas zieht, während es in einem Band abgearbeitet deutlich mehr Zug haben könnte. Dennoch ist es für mich kein Ausschlusskriterium, zumal mich Lena Kiefer mit dem ersten Band zu „Westwell“ auch überzeugen konnte. Aber der zweite Band bestätigt schon, dass es etwas zu langgezogen ist, dennoch gelingt es der Autorin, dass auch dieser Mittelband Bewandtnis hat.

Ich war im Vorfeld schon sehr gespannt gewesen, wie sich dieser zweite Band nun erzählen lässt, denn indem Helena eingestimmt hat, dass sie sich für ihre Familie von Jess fernhält, war klar, dass dieser Fakt nicht mal eben über den Haufen geschmissen werden würde. Zudem gibt es eben noch einen dritten Band, der klar macht, dass das große Happyend tatsächlich erst dort erfolgen wird. Wie lässt sich dann ein zweiter Band erzählen, in dem nicht viel Kontakt wird möglich sein? Als es nun also losging und Helena und Jess wirklich echt lange überhaupt keinen Kontakt habe, da habe ich gewisse Bauchschmerzen bemerkt, weil ich mir dachte, das funktioniert so nicht wesentlich viel länger, denn die Geschichte lebt eben von dem Miteinander dieser beiden. Dennoch war es auch sinnvoll, dass man die beiden wirklich einige Zeit für sich sieht, um so ihr Gefühlsleben aufzugreifen und auch aufklären zu können, was während des Zeitsprungs passiert ist. Aber auf ewig wäre das keine sinnige Unterhaltung gewesen, zumal eben Helena und Jess beide ein Familienleben haben, dass die Nerven aufreibt und wo man manchmal gerne als Reaktion Gegenstände gegen die Wand werfen würde, da braucht man definitiv Ausgleich.

Kiefer findet schließlich auch eine Lösung, wie Helena und Jess Kontakt haben können und ab hier wurde auch das Buch deutlich besser, weil es mehr Zug gab und weil man auch hingefiebert hat, wann sehen sie sich wieder, wann werden sie nicht mehr vernünftig sein? Aber es war auch clever, sie für ihre Ermittlungen zusammenzubringen, denn das ist eben der zweite große Aspekt dieser Reihe, was ist mit Adam und Valerie passiert? Während Helena im ersten Band die alleinige treibende Kraft war, war Jess noch eher skeptisch und löste sich schwerlich von der Theorie, dass Valerie schuldig war. Aber Jess als Partner ist sinnig, denn er ist von den beiden der unabhängigere, der weltgewandtere, so dass er mit seinen Kontakten mehr erreichen kann. Deswegen kommen wir auch einige Schritte weiter. Es gab durch auch sehr Überraschendes, wenn ich auch manchmal den Eindruck hatte, dass es neue Informationen sind, um es etwas zu strecken, denn in der entscheidenden Frage sind wir eher marginal vorangekommen. Da rätsle ich noch etwas, wie ich das finde, denn bislang habe ich noch keinen Riecher dafür, wie es wohl ausgehen wird. Was eigentlich gut ist, weil ich vorhersehbar auch nicht ausstehen kann, aber vielleicht wirkt die Lösung am Ende auch an den Haaren herbeigezogen, was schade wäre. Dennoch haben die beide als ermittelndes Duo gut zusammengepasst, auch weil die Antworten beide angehen.

Das eigentliche Herz der Geschichte bleibt aber das Miteinander des Paares auf einer Beziehungsebene, denn Kiefer gelingt es weiterhin gut, diese besondere Chemie zwischen Helena und Jess entstehen zu lassen. Wenn sie sich aus der Ferne beobachten, wenn sie miteinander reden und schreiben und auch wenn es wieder körperlicher wird. Da baut sich richtig etwas auf und man wünscht ihnen einfach, dass sie bald endlich völlig glücklich sein können. Überrascht war ich aber fast, dass ich Helenas Eltern diesmal fast schlimmer als Trish fand, denn sie waren sehr dominant in ihrem Handeln und wie sie beiden Kindern nahezu alles Gute verboten und untersagt haben. Deswegen war ich am Ende auch sooo stolz auf Helena und hätte gerne applaudiert, auch weil sie damit aus etwas ausbricht und wie sie eben sagt, auch andere überleben außerhalb der High Society. Ich verstehe zwar auch ihre Loyalität der Familie gegenüber, aber diesmal kam wirklich gar nichts an Gegenleistung, da kann man schon mal ans Grübeln kommen. Und Jess ist zu bewundern, dass er alle Geduld mitgebracht hat. Dass es wieder ein Cliffhanger geben würde, das war zu erwarten, aber er haut emotional noch einmal mehr rein als der letzte, denn wie es von hieraus weitergeht, ist für mich wirklich nicht abzulesen und das ist gut.

Fazit: Auch wenn es inhaltlich in den Ermittlungen etwas dünn war und einfach weitere Nebenschauplätze aufgemacht wurden, was aber zu erwarten war, so ist dennoch eine insgesamt spannende Fortsetzung entstanden, die im Miteinander des Pärchens wieder vollauf punktet und die spätestens mit dem Cliffhanger einen raushaut und damit die Zukunft undeutlich macht, aber das Happy End wird es geben!

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Veröffentlicht am 13.11.2022

Lebensgeschichte mit interessanter Idee

Alle Farben meines Lebens
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Bei Cecelia Ahern kann man wohl definitiv resultieren, dass sie keine klassischen Liebesgeschichten mehr schreibt. Auch wenn sie immer schon einen besonderen inhaltlichen Kniff drin hatte, so ging es doch ...

Bei Cecelia Ahern kann man wohl definitiv resultieren, dass sie keine klassischen Liebesgeschichten mehr schreibt. Auch wenn sie immer schon einen besonderen inhaltlichen Kniff drin hatte, so ging es doch vor allem um die partnerschaftliche Liebe. Nach „Sommersprossen“, das schon eher die Geschichte einer einzelnen Frau erzählte, wird das hier mit „Alle Farben meines Lebens“ weiter verstärkt. Es ist etwas schade, dass das Marketing angesichts des Klappentextes immer noch die übliche Liebesgeschichte anteasert, denn dann fühlt man sich möglicherweise auch ein wenig verschaukelt. Dabei kann Ahern so oder so erzählen, aber ohne gäbe es wenigstens keine Diskrepanz zwischen Erwartung und Endergebnis.

Natürlich behaltet das Buch auch Liebe, versteht mich nicht falsch, aber es ist für mich gleichzeitig nicht mit ihren Highlights wie „P.S. Ich liebe dich“ oder „Ich habe dich im Gefühl“ zu vergleichen, denn eigentlich geht es um die Reise von Alice, die den Gemütszustand von Menschen in Farben sehen kann. Das ist für mich eine ungewöhnliche Idee gewesen, auch wenn der Roman an mehreren Stellen auch andeutet, dass es nicht unmöglich sein muss, was ich auch gerne so stehen lassen. Aber ich fand auch den Aufbau dahinter sehr gut getroffen, denn als empathischer Mensch macht man sich nun doch viel Gedanken um die Gefühle seiner Mitmenschen und auch wenn ich jetzt keine Farben sehe, so versuche ich anhand von Mimik, Gestik, aber auch was wird gesagt?, was wird nicht gesagt? Antworten zu finden. So wie Alice die Farben wahrnimmt und wie sie auch sieht, wie verschiedene Farben auf andere übergreifen etc., das hat sich mir sehr logisch erklärt und ich dachte, geniale Idee. Auch wenn es für Alice zunächst eher als Bürde dargestellt wird, so habe ich mich doch bei dem Gedanken erwischt, dass ich es gerne mal selbst erleben würde. Deswegen habe ich auch über die Farbgebungen und Ähnliches sinniert und das hat mich doch inhaltlich wirklich viel beschäftigt.

Ich habe „Alle Farben meines Lebens“ als Hörbuch konsumiert und hatte mit Tessa Mittelstaedt erst so meine Probleme, aber die Erfahrung habe ich inzwischen gemacht, man muss sich einfach drauf einlassen und dann wird eine zunächst ungewöhnlich erscheinende Stimme am Ende doch zu der Figur und das habe ich auch hier erlebt. So hat sie mich letztlich gut durch die Geschichte getragen. Der Inhalt hatte aber eigene Höhen und Tiefen, was vermutlich auch ganz gut dazu passt, dass Alices gesamtes Leben abgebildet wird, aber einige Passagen waren doch eher langweilig, weil man hier auch merkte, dass Alice sich selbst im Weg stand und andere waren sehr faszinierend. So mochte ich die Darstellung der Kindheit sehr, denn man konnte sich gut mit dem jungen Mädchen einfühlen, wie seltsam es für sie gewesen sein muss, zumal sie eben auch nur von ihrem älteren Bruder Hugh Verständnis bekommen hat. Lily und Billy waren wirklich anstrengende Figuren, aber Wegbegleiter, die viel über Alice erklärt haben. Sich mit ihr hier gemeinsam zurechtfinden, war direkt ein guter Einstieg, um sie trotz der emotionalen Distanz, die sie oft sucht, lieb zu gewinnen.

Anschließend werden die Zeitsprünge oft größer und es nimmt zu, dass in die Gegenwart noch einmal Rückblenden eingebaut werden, ein Kniff, den ich persönlich nicht gebraucht hätte, weil er nicht entscheidend zur Spannung beiträgt. Tatsächlich war es eher inhaltlich hin- und hergeworfen werden, was den Lesefluss (oder hier Hörfluss) eher behindert. So richtig interessant wurde es für mich wieder, als Alice sich in London einlebt und auch mit ihrem Schild eine wichtige Lektion lernt. Schließlich begegnet sie auch Andy, dem Mann, der im Klappentext erwähnt wird, doch wird sind schon weit in die zweite Hälfte hinein. Hier hat man auch deutlich gemerkt, dass es keine Liebesgeschichte ist. Auch wenn er der Mann an ihrer Seite wird, so war die Hochzeit doch auch schwer zu ertragen und ich habe mich bei bösen Gedanken erwischt. Dennoch ist es ihr Lebenspartner geworden und mir hat am Ende auch gefallen, wie erwachsen Alice die Beziehung bewertet hat, denn wir alle streiten uns schließlich mal mit denen, die wir lieben und dennoch bleibt die Liebe und man entscheidet sich immer wieder neu füreinander. Von daher war es einfach eine sehr erwachsene Geschichte mit vielen Lebensweisheiten, die Alice bis ganz zum Ende begleiten.

Fazit: Cecelia Ahern ist von klassischen Liebesgeschichte ab und bietet mit „Alle Farben meines Lebens“ eine Lebensgeschichte. Alice hat eine ungewöhnliche Gabe, die mich fasziniert hat und sehr zum Nachdenken gebracht hat. Das Buch nimmt sich inhaltlich zwar auch Pausen, aber ich habe Alice gerne auf ihrem Lebensweg begleitet.

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Veröffentlicht am 09.11.2022

Mysteriös gut und mysteriös schwach

Sechs Tage zwischen dir und mir
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Wenn ich Liebesgeschichten brauche, die besonders emotional herausfordern, dann ist Dani Atkins sicherlich eine sichere Bank. Ich war in den letzten Jahren etwas nachlässig bei ihren Neuerscheinungen, ...

Wenn ich Liebesgeschichten brauche, die besonders emotional herausfordern, dann ist Dani Atkins sicherlich eine sichere Bank. Ich war in den letzten Jahren etwas nachlässig bei ihren Neuerscheinungen, wenn sie auch entweder ungelesen oder auf meinem Wunschzettel vorhanden sind, aber bei „Sechs Tage zwischen dir und mir“ bin ich mal wieder froh, relativ zeitnah an die Veröffentlichung zugegriffen zu haben.

Die Geschichte könnte nicht dramatischer anfangen, denn das, was vermutlich alle als Worst Case bezeichnen würde, ist eingetroffen: die Braut wurde vor dem Altar sitzen gelassen. Es ist zum Einstieg wirklich ein Hammer, der es aber auch ermöglicht, mit Hauptfigur Gemma sofort einen inneren Pakt einzugehen, dass man zu ihr hält. Dabei fällt gleich auf, dass sie allen Widerständen zum Trotz an ihre große Liebe glaubt, während alle drum herum glauben, dass Finn wirklich gegangen ist. Mit dieser Ausgangssituation ergeben sich gleich unzählige Fragen, denn was ist da alles passiert? Ein besserer Aufhänger für einen Roman kann einem fast nicht gelingen, denn es ist außergewöhnlich und wirft so viele Fragen auf, dass man nur noch weiterlesen will.

Die Geschichte ist schließlich auf zwei Zeitebenen erzählt. Die Gegenwart zeigt Gemmas Versuche, der Situation auf den Grund zu gehen und die Vergangenheit erzählt die Liebesgeschichte des Paares nach. Auch wenn ich die Erzählweise genau richtig empfand (wenn sich auch für mich später die Zeitebenen mal zu sehr auflösten und es unnötig lästig gemacht hat), so musste die Autorin viel mit Geheimnissen arbeiten, um nicht gleich alles zu verraten. Das wiederum hatte zur Folge, dass aber beide Charaktere zwischendurch nicht sonderlich gut wegkommen, was ich als schade empfinde. Und es hat noch nicht mal mit einer charakterlichen Generalverurteilung zu tun, denn auch Verhalten, das man selbst nicht aufweist, kann man mit Empathie nachvollziehen. Die beiden sind aber bewusst so mysteriös manchmal gezeichnet worden, dass es schwierig wurde. Finn wirkte so wie der, der immer verschwand und es fiel schwer, seine süßen Taten zwischendurch wirklich noch als solche zu sehen und Gemma wirkte stets blind vor Liebe, weil sie lieber immer nur nahm, wenn Finn gab, als mal vorher zu hinterfragen, warum er immer so vieles angetan hat.

Es ergibt sich am Ende ein schlüssiges Bild und es gipfelt in einem wahren Showdown, den ich auch sehr genossen habe, aber hier hat sich für mich doch deutlich gezeigt, dass Atkins sich etwas Emotionalität selbst genommen hat, indem sie die Charakterebene zwischendurch für einen anderen erzählerischen Kniff vernachlässigen musste. Das macht es insgesamt weiterhin zu einer empfehlenswerten Lektüre, aber es macht es auch nicht zu ihrem besten Werk, denn gerade bei Finn dachte ich doch zwischendurch, dass ich emotional nie zu ihm zurückfinden werde.

Fazit: „Sechs Tage zwischen dir und mir“ stellt den neusten Streich von Dani Atkins dar und man bekommt bei ihr einfach sicher gute Unterhaltung. Ich fand die Ausgangslage hier spannend und es waren immer genug offene Fragen da, aber die so um Offenheit bemühte Erzählweise hat auch etwas Emotionalität eingebüßt, weil die Charaktere mir so manches Mal entglitten.

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