Konnte mich leider deutlich weniger in den Bann ziehen als erhofft
Cruel Castaways - RivalNachdem mich bisher die "All Saints High"-Reihe und die "Boston Belles"-Reihe von L. J Shen in ihren Bann gezogen haben, habe ich mich sehr über den Nachschub der Dark-Romance-Queen gefreut, der im Dezember ...
Nachdem mich bisher die "All Saints High"-Reihe und die "Boston Belles"-Reihe von L. J Shen in ihren Bann gezogen haben, habe ich mich sehr über den Nachschub der Dark-Romance-Queen gefreut, der im Dezember als spätes Weihnachtsgeschenk erschienen ist. Mit "Cruel Castaways - Rival" beginnt die Autorin eine dreibändige Reihe, in der die drei reichen, aber von ihren schwierigen Familien auf einem Internat geparkten Freunde Christian, Riggs und Arsène ihr Glück finden. Alles in allem konnte mich L. J. Shen auch mit diesem Roman wieder gut unterhalten, leider habe ich jedoch nicht die überwältigende Sogwirkung gespürt, die mich beim Lesen ihrer anderen Werke begeistert hat. Ich weiß nicht, ob es an der für mich recht generischen Handlung, oder an meinem nachklingenden Bookhangover von "The Seven Husbands of Evelyn Hugo" liegt, aber Christian und Arya konnten mich leider erst spät in ihren Bann ziehen...
Das Cover ist wie ein typisches L. J. Shen-meets-LYX-Verlag-Buch gestaltet: hübsch anzusehen, aber stimmungsmäßig ein glattes "Thema verfehlt". Dieser weiß-rosa-Covertraum mit hellen Lichtpunkten, weißen Rosen und zarten Knospen könnte leider nicht schlechter zur Atmosphäre des Buches passen (außer vielleicht es wären noch Herzchen und Einhörner zu sehen). Denn "Cruel Castaways" ist meilenweit entfernt von einer heiteren, zarten Feelgood-Romanze, welche durch die Gestaltung impliziert wird. Hier geht es nicht süß, unschuldig oder gar romantisch zu - diese Geschichte ist mal wieder explizit, gefühlskalt und hart und hätte daher trotz der Tatsache, dass es hier deutlich zivilisierter und zahmer zugeht als in anderen Büchern der Autorin in meinen Augen eher einen schwarz-roten Vamp-Look verdient gehabt.
Erster Satz: “Fass. Bloß. Nichts. An.”
Sagen wir es wie es ist: die ersten 250 Seiten hat mich die Geschichte leider völlig kalt gelassen. Das liegt zum einen daran, dass die Handlung sehr vorhersehbar und die Dynamik schlichtweg unoriginell ist. Bei allen Facetten der Handlung - egal ob es um den Schadensersatz Prozess rund um Aryas Vater ging, Christians Ambitionen als Anwalt, die geteilte Vergangenheit von Arya und Christian oder ihre Enemies-to-Lovers-Beziehung, die daraus resultiert - hatte ich das Gefühl, das genauso schon mal irgendwo gelesen zu haben. Dabei gibt sich L. J. Shen wirklich Mühe, die rund 450 Seiten abwechslungsreich zu gestalten und wechselt dazu zwischen zwei Ich-Perspektiven und zwei Zeitebenen. Sowohl Arya als auch Christian dürfen abwechselnd erzählen, wie sie sich damals als Teenager kennengelernt haben und wie sie sich heute wieder begegnen. Dabei ist von Anfang an klar, was die beiden damals getrennt hat und dass Arya früher oder später in Christian ihren Jugendfreund erkennen und seine Charade aufdecken wird. Die wenigen Fragen über den Verlauf des Lebens der beiden zwischen dem aktuellen und dem vergangenen Handlungsstrang, die zunächst offenbleiben und über den Verlauf des Romans geklärt werden, sind dabei nur wenig drängend und haben mich zu wenig interessiert, um gespannt weiterzulesen.
“Scheiß auf sie alle. Auf unsere Familien. Unsere Eltern. Die Leuchte, die uns unrecht tun. Scheiß auf Weihnachtsessen, Christbäume, Bienenwachskerzen und hübsch verpackte Geschenke. Von heute an sind wir drei eine Familie. Wir verbringen jedes Weihnachten, jedes Ostern, jedes Thanksgiving zusammen. Wir stehen füreinander ein, und wir werden verdammt noch mal gewinnen.”
Selbst der Schreibstil wirkte auf mich uninspiriert. Auch wenn sich die Autorin hier wieder an Themen aus dem Dark Romance Genre bedient, und toxische Anklängen, intrigante Manipulationen, roher Schmerz, sexuelle Belästigung und Gewalt miteinbindet, wirken diese Aspekte wie Fremdkörper in der ansonsten deutlich zahmeren Geschichte. Diesmal scheint die teilweise derbe Sprache der Figuren und ihre Grausamkeit sich selbst und anderen gegenüber nicht so recht zu passen und beinahe aufgesetzt zu sein. Dementsprechend kamen auch die Gefühle der Figuren, die wie gewohnt auf der schmalen Linie zwischen Liebe und Hass tanzen, nicht lebensecht bei mir an und fühlten sich mehr wie ein unangenehmes Schleudertrauma als eine emotionale Achterbahnfahrt an.
“Du spielst mit dem Feuer", vernahm ich Arsènes warnende Stimme in meinem Kopf. "Mag schon sein" antwortete ich. "Aber wie könnte ich dieser wunderschönen Flamme widerstehen?”
Auch die Figuren haben mich leider enttäuscht. Zwar ist es bei Büchern der Autorin normal, dass man die Figuren nicht zu jedem Zeitpunkt der Handlung unbedingt sympathisch findet - anders als in ihren anderen Romanen, wirkten die beiden auf mich aber weder glaubwürdig noch besonders interessant, sodass ich nicht das neugierige Bedürfnis verspürte, ihnen weiter auf den Grund zu gehen. Sowohl Christian, der sich in seiner Selbstdarstellung gerne als eiskalter Rächer darstellt, dabei aber sofort alles stehen und liegen lässt, seine gesamte Karriere und sein Leben aufgibt, als er Arya wieder begegnet, als auch Arya, die von jetzt auf gleich alle Beziehungen zu den Menschen in ihrem Umfeld auf den Kopf stellt und für die Konsequenzen wohl ein Fremdwort sind, wirkten auf mich nicht wirklich greifbar und logisch. Auch ihre Beziehung und ihre gemeinsame Vergangenheit wirkte auf mich konstruiert und einfach unecht. Von den Nebenfiguren möchte ich gar nicht erst anfangen. Egal ob Aryas Vater, der vom Vater des Jahres und strahlendem Held bis zum triebgesteuerten Bösewicht auf wenigen Seiten eine 180-Grad-Kehrtwende hinlegt, ohne dabei an Tiefe zu gewinnen, oder Aryas Freundin Jillian, die nichts tut außer existieren - hier konnte mich leider niemand für sich gewinnen. Zwar bin ich nach dem Lesen grundsätzlich schon gespannt auf Riggs und Arsènes Geschichte, aber da beide recht blass blieben und mir auf den ersten Blick nicht sonderlich sympathisch waren, weiß ich nicht, ob ich die nachfolgenden Bände lesen werde.
Fazit:
"Cruel Castaways - Rival" konnte mich leider deutlich weniger in den Bann ziehen als erhofft. Anders als in den Vorgängern der Autorin haben mich weder die Figuren noch die Handlung oder die Atmosphäre der Geschichte wirklich überzeugen können. Schade!