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Veröffentlicht am 27.05.2023

Mutiger, tiefgründiger, nachdenklich machender Gedichtband!

Wenn aus Tränen Worte und aus Worten Gedichte werden
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Klappentext (Ausschnitt)

Traust du dich, dich all dem zu stellen? Meine Worte zu lesen, meinen Schmerz zu teilen und sie zu einem Teil von dir werden zu lassen?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: ...


Klappentext (Ausschnitt)

Traust du dich, dich all dem zu stellen? Meine Worte zu lesen, meinen Schmerz zu teilen und sie zu einem Teil von dir werden zu lassen?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzählerin, Du-Erzählerin
Perspektive: weibliche Perspektive
Gedichtlänge: kurz bis mittel

Inhaltswarnung: Mobbing, Stalking, Gewalt gegen Frauen, Gaslighting, toxische Beziehung
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: --- ♥


Meine Rezension

„Wirst du mich weiterhin immer weiter quälen […]?
Was gibt dir das?
Macht es dich glücklich,
mich zerbrechen zu sehen?“ Seite 86

Da ich der lieben Andrea schon seit Ewigkeiten auf Instagram folge und ihre Texte immer schon berührend fand und sie als unglaublich sympathischen, empathischen, lieben Menschen kennengelernt habe, habe ich natürlich sofort zugesagt, als sie mit anbot, mir ein Exemplar eines ihrer Gedichtbände zukommen zu lassen. Schließlich hatte ich mir schon lange vorgenommen, einmal etwas von ihr zu lesen. Danke an dieser Stelle übrigens an Andrea für ihre Engelsgeduld, da sich der neue Job als stressiger als erwartet herausgestellt hat und mir lange Zeit die Ruhe für ein lyrisches Werk (das man ja genießen und auf sich wirken lassen sollte) fehlte. Hier ist sie nun endlich, die Rezension, auf die du so lange warten musstest. ♥

Wenn ich an die Lektüre zurückdenke, ist ein Gefühl ganz zentral, denn ich war vor allem eines: beeindruckt. Beeindruckt von der Ehrlichkeit, mit der die Autorin über ihre (auch dunkelsten) Gefühle und ihre schmerzhafte Vergangenheit spricht, von dem Mut, der dazugehört, wenn man seine Leser:innen so nah an sich heranlässt (den ich übrigens niemals aufbringen könnte), und von der Kraft, die diese starke Frau in ihrem Leben immer wieder bewiesen hat und erneut beweisen muss. Wie erwartet (bei einer Lektorin) sind die biographischen Texte fehlerlos, aber sie sind noch so viel mehr: tiefgründig, nachdenklich machend, anklagend, versöhnlich, düster, hoffnungsvoll, teilweise richtig philosophisch. Eine große Bandbreite von Gefühlen wird hier beim Lesen abgedeckt, sodass hier garantiert für jede:n etwas dabei ist!

„Hat dein Albtraum einen Namen?
Oder bist du für jemanden der Albtraum?
Hast du das jemals in Erwägung gezogen?“ Seite 60

Gut gefallen hat mir (neben den sehr gelungenen Illustrationen) auch, dass es zu jedem Gedicht einen Song gibt, den man sich anhören kann, damit man noch tiefer in die beschriebene Stimmung eintauchen kann. Hier hätte ich mir allerdings gewünscht, dass die Lieder gleich am Beginn des Gedichts angeführt sind und dass man nicht bis zum Ende blättern muss und dadurch vielleicht schon gespoilert wird. Ich vergebe für den Gedichtband 4 gute und zufriedene Sterne – für den 5. hat es nur deshalb nicht gereicht, weil ich persönlich Lyrik, die sich reimt und rhythmisch nicht ganz so frei ist, noch eine Spur lieber mag. Doch das ist eine reine Geschmackssache.


Mein Fazit

Wen düstere Themen und seelische Abgründe nicht abschrecken (Inhaltswarnungen bitte ernst nehmen!) und wer offen ist für freie Rhythmen und moderne Lyrik, die sich nicht reimt, dem sei der mutige, tiefgründige, nachdenklich machende und ziemlich beeindruckende Gedichtband „Wenn aus Tränen Worte und aus Worten Gedichte werden“ von Andrea Benesch hiermit wärmstens ans Herz gelegt!


Bewertung

Cover / Aufmachung: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 5 Sterne ♥
Umsetzung: 4 Sterne
Sprache: 4 Sterne
Illustrationen: 5 Sterne ♥
Emotionale Involviertheit: 4 Sterne
Feminismus: 4 Sterne

Insgesamt:

❀❀❀❀ Sterne

Dieses Buch bekommt von mir vier zufriedene Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.04.2023

Intelligent geschriebene Genremischung (Roman, Dystopie, Gesellschaftskritik), die zum Nachdenken anregt!

New York Ghost
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Candace, Angestellte in einem Verlagshaus, arbeitet auch dann noch hingebungsvoll weiter, als immer mehr Leute aufgrund einer tödlichen und hochansteckenden Pilzinfektion ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Candace, Angestellte in einem Verlagshaus, arbeitet auch dann noch hingebungsvoll weiter, als immer mehr Leute aufgrund einer tödlichen und hochansteckenden Pilzinfektion krank werden oder aus Angst aus der Stadt fliehen. Irgendwann ist sie die einzige Überlebende im ganzen Bürokomplex - vielleicht sogar in der ganzen Stadt. Das Einzige, was ihr Halt gibt: ihr Blog „NY Ghost“, auf dem sie den Verfall der Metropole dokumentiert…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzählerin, Präteritum
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: kurz bis mittel

Inhaltswarnung: Tod von Menschen, Liebeskummer, Trauer, Suizid, Medikamentenmissbrauch, Alkoholmissbrauch, Blut, Gewalt, Schwangerschaft
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: --- ♥

Meine Rezension

„Alles andere konnte den Bach runtergehen, aber nicht New York. Seine glänzenden, reflektierenden Oberflächen und die geldgetränkte Umgebung erschienen unverwundbar.“ E-Book, Position 3722

Der Klappentext (Dystopie, Großstadt, Pilzinfektion wie bei einem meiner absoluten Lieblingsvideospiele, „The Last of Us“ ♥) hat mich in Kombination mit den begeisterten Rezensionen der Buchkritik sehr neugierig gemacht. Zuerst dachte ich trotzdem noch, der Roman wäre ein absoluter Geheimtipp, weil er in einem kleinen Verlag erschienen ist und ich ihn nur selten auf Bookstagram gesehen habe. Dann wurde ich aber mit einem gewissen Nachdruck darauf hingewiesen, dass „New York Ghost“ ein absolutes Hype-Buch gewesen ist und ich wahrscheinlich die Einzige bin, die es noch nicht gelesen hat. Spätestens jetzt führte für mich kein Weg mehr an diesem Werk vorbei!

Lasst uns zuerst die wichtigste Frage klären: Habe ich das bekommen, was ich mir erhofft habe – eine tiefgründige, literarische Dystopie? Leider nicht wirklich, denn irgendwie ließ der Klappentext gemeinerweise unter den Tisch fallen, dass dieses Buch zu ca. 75% aus Rückblenden von VOR der Pandemie besteht. Die Lektüre gestaltete sich also ganz anders als erwartet und ich hätte sicher nicht zu diesem Werk gegriffen, wenn ich das gewusst hätte. Aber war das Buch trotzdem gut? Ja, zum Glück!

„New York Ghost” hat bereits einige Preise abgeräumt und wurde von vielen Zeitschriften zu einem der besten Bücher des Jahres (2018/2019) ernannt – und schon auf den ersten Seiten wird klar, warum: Dieser Roman ist sprachlich elegant, sehr intelligent, tiefgründig und stellenweise auch fordernd geschrieben, enthält teils satirisch verpackte Gesellschafts- und Kapitalismuskritik und beleuchtet auf einfühlsame und treffende Weise sowohl Migration als auch unsere Konsumgesellschaft und das Leben junger Erwachsener in einer Großstadt.

„Sie spendeten an Non-Profit-Organisationen, die sich gegen Niedriglohnfabriken in südostasiatischen Ländern einsetzten, obwohl sie diese nutzten. Ein Vorgehen, das ein raffiniertes Verständnis der globalen Wirtschaft zeigte.“ E-Book, Position 2230

Besonders interessant fand ich Ling Mas Entwurf der „Zombies“ – es sind hier keine blutrünstigen Monster, sondern friedliche Geschöpfe, die ohne Unterlass altbekannte Routinen ausführen, die zum Beispiel immer wieder den Tisch decken, immer wieder die Wäsche zusammenlegen oder die Blumen gießen, während sie langsam körperlich verfallen, weil sie nichts mehr essen und sich nicht mehr um sich selbst kümmern. Vermutlich eine Anspielung auf unseren oft „hirnlosen“, gierigen Konsum und den immergleichen Alltag im Hamsterrad. Wer sich die Zeit nehmen will – zu analysieren gäbe es hier jedenfalls genug! Mich überzeugten die dystopischen Passagen in der Gegenwart jedenfalls auf ganzer Linie, da die Autorin hier nichts beschönigt und dort knallhart und grausam gelitten und gestorben wird. Gerade deshalb finde ich es schade, dass diese Abschnitte nur so wenig Raum im Buch einnehmen. Auch die Protagonistin konnte mich mit ihrer unerschütterlichen, nachdenklichen, irgendwie seltsamen Art (zu der sie steht, was ich wundervoll finde!) für sich einnehmen. Ich fand sie sehr sympathisch und habe sie gerne durch die Geschichte begleitet – gerne hätte ich das auch noch länger getan, aber dazu später mehr.

„Es ist so still, ich könnte durch die Risse einer solchen Stille fallen.“ E-Book, Position 3917

Probleme hatte ich (neben den etwas blass bleibenden Figuren) vor allem mit den langen Rückblenden voller Arbeitsalltag, Shopping-Orgien und Hautpflegeprodukte. Ich bin ohnehin kein großer Fan von Rückblenden und da ich mich für diese Themen einfach so gar nicht interessiere, habe ich mich bei diesen Passagen dann schon manchmal gelangweilt; ich fand sie einfach langatmig und kam nur schleppend voran. Trotzdem gab es auch hier immer wieder interessante Stellen, die mich zum Nachdenken gebracht haben. Richtig interessant wurde es für mich erst dann wieder, als die Menschen nach und nach New York verlassen und Candace atmosphärisch beschreibt, wie sich die eigentlich so volle und laute Metropole immer weiter leert – bis sie das Gefühl hat, der letzte Mensch dort zu sein. Eine unheimliche Vorstellung, die sich beim Lesen einfach so falsch anfühlte!

Aus feministischer Sicht bin ich mit diesem Buch leider auch nicht rundum zufrieden, weil es eine sehr klischeehafte Rollenverteilung in der Gegenwart gibt – wohl auch bedingt durch den konservativen, religiösen Anführer der Gruppe Überlebender, aber trotzdem. Warum bekommen die Männer die Waffen und die Frauen sammeln dann in gesichterten Häusern die Waren ein? Das geht 2023 besser! Etwas besänftigt haben mich dafür die auf ihre eigene Art starke, intelligente Hauptfigur und die fehlenden sexistischen Beleidigungen. Das Ende würden manche vielleicht als „eigenwillig“ oder „gewagt“ bezeichnen – ich nenne es „Frechheit“! ;) Ich habe nichts gegen offenere Enden, aber was uns da serviert wird… Gerade als es richtig spannend wird, bricht die Geschichte abrupt ab – als Leser:in wird man ziemlich unhöflich im Regen stehen gelassen. Vielen Dank auch!

Mein Fazit

„New York Ghost” ist ein intelligent geschriebener Roman, der ganz anders war, als ich ihn mir vorgestellt hatte – aber trotzdem auf seine Weise gut und unterhaltsam. Das Buch ist ungeschönte Dystopie, tiefgründige Gesellschafts- und Kapitalismuskritik und literarische Milieustudie (Großstadtleben, junge Erwachsene, Migration) in einem. Ling Ma hat ein Werk geschrieben, das zwar keine Hochspannung bietet, uns aber dafür zum Nachdenken anregt – und ist das nicht viel wichtiger? Schließlich ist es doch genau das, was uns von den Zombies in der Geschichte unterscheidet…

Bewertung

Cover / Aufmachung: 2 Sterne
Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 4 Sterne
Umsetzung: 4 Sterne
Worldbuilding: 4 Sterne
Einstieg: 5 Sterne ♥
Ende: 2 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Protagonistin: 4 Sterne
Figuren: 3 Sterne
Spannung: 3 Sterne
Wendungen: 2 Sterne
Atmosphäre: 4 Sterne
Emotionale Involviertheit: 4 Sterne
Feministischer Blickwinkel: 3 Sterne
Einzigartigkeit: 5 Sterne ♥

Insgesamt:

❀❀❀❀ Sterne

Dieses Buch bekommt von mir vier zufriedene Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.04.2023

Sehr hilfreiches Buch im Kampf gegen die Klimakrise und das Leugnen!

Erste Hilfe für die Erde
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Klappentext

Wie können wir unseren Planeten retten und das 21. Jahrhundert überleben? Wie argumentiert man mit Leugnern des Klimawandels? Wie können wir hier und jetzt die Klimawende schaffen? Dieses ...

Klappentext

Wie können wir unseren Planeten retten und das 21. Jahrhundert überleben? Wie argumentiert man mit Leugnern des Klimawandels? Wie können wir hier und jetzt die Klimawende schaffen? Dieses ungewöhnlich gestaltete Buch nennt die Fakten: kurz und kompakt, wissenschaftlich fundiert und nachprüfbar. Der bekannte Klimaexperte Prof. Mark Maslin entwirft keine Utopien, sondern liefert stichhaltige Argumente und gibt konkrete Tipps, was jeder von uns im Alltag beitragen kann. Wir haben allen Grund zum Optimismus, denn unsere Zukunft liegt ganz allein in unseren Händen. Zeit, den Tatsachen ins Auge zu blicken und unsere Erde vor und für uns zu retten!

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Sachbuch, Einzelband
Kapitellänge: mittel

Rezension

„Wir stehen am Abgrund. Die Zukunft unseres Planeten liegt in unseren Händen.“ E-Book, Position 63

Ich lese nur selten Sachbücher – und wenn, dann nervt es mich sehr, wenn sich die Autor:innen wiederholen und damit meine Zeit verschwenden. Dieses Buch lockte mich mit seiner Kürze, seiner Wissenschaftlichkeit und seinem brandaktuellen Thema: Klimawandel. Das ist nämlich eine Thematik, über die man gerade als Lehrerin nicht genau genug informiert sein kann. Außerdem versprach es konrete Handlungsvorschläge und dass man in jeder Situation daraus zitieren kann, sei es bei Partys oder sogar im Parlament – ganz egal eben, wo man auf Klima-Leugner:innen trifft. Daher musste ich es natürlich lesen!

Gleich am Beginn zur wichtigsten Frage: Kann das Buch wirklich alle Versprechen halten, das es auf den ersten Seiten macht? Nicht ganz! Aber ist es trotzdem eine lesenswerte Lektüre? Definitiv! Prof. Mark Maslin hat ein Sachbuch vorgelegt, das sich an (fast) alle wendet. Für wen das Thema noch komplettes Neuland ist, der:die wird langsam an das Problem herangeführt, aber auch wer sich schon etwas besser auskennt, kann hier noch einiges dazulernen. Zuerst wird kurz auf die Menschheitsgeschichte eingegangen und erklärt, wie wir überhaupt an den Punkt gelangt sind, an dem wir heute (leider) stehen (stellenweise ganz schön deprimierend, da fragt man sich schon, ob wir unseren bevorstehenden Untergang nicht vielleicht sogar verdient haben). Danach wird über die Gegenwart gesprochen und es wird uns gezeigt, wie unsere Zukunft aussehen könnte, wenn wir uns a) ab jetzt für das Klima einsetzen (friedlich, positiv, gerechter, lebenswert) oder wenn wir weiterhin b) so gut wie nichts tun (dystopisch, schlecht, das wollen wir nicht erleben, glaubt mir!).

Auch die beliebtesten Argumente der Klimawandel-Leugner:innen werden faktenbasiert widerlegt – was ich sehr praktisch und nützlich für den Alltag finde. Am Ende – und dieser Teil hat mir am allerbesten gefallen – sagt uns Mark Maslin noch ganz konkret, was unsere nächsten Schritte sein sollten und wie jede:r von uns etwas zu einer klimafreundlicheren Zukunft beitragen kann. Hier habe ich am meisten für mich mitnehmen können – endlich wurden mir nämlich die größeren Zusammenhänge klar und ich fühle mich jetzt viel kompetenter im Umgang mit der Krise. Damit hat Prof. Mark Maslin doch schon sehr viel erreicht!

Nicht so gut gefallen hat mir hingegen, dass sich das Buch – obwohl es wirklich sehr kurz ist und alles Unwichtige weglässt – trotz aller Versprechungen am Ende wiederholt, was ich etwas anstrengend fand. Stören könnte manche von euch auch, dass man nicht so richtig in einen Lesefluss kommt, weil der Schreibstil sehr nüchtern und die Absätze sehr kurz sind (manchmal nur ein prägnanter Satz). Dementsprechend bleibt auch das vermittelte Wissen eher an der Oberfläche (es geht eher darum, sich einen Überblick über das Thema zu verschaffen), was zumindest mir aber bei einem so kurzen und knackigen Buch von Anfang an klar war. Gewünscht hätte ich mir bei einem Werk, das sich so für eine fairere, gerechtere Zukunft einsetzt, allerdings schon, dass gegendert wird und so alle Geschlechter sichtbar gemacht werden, Herr Prof. Maslin! Bitte dann beim nächsten Buch!

Insgesamt überwiegen für mich jedenfalls eindeutig die Stärken – das ist mir besonders im Nachhinein klar geworden, weil ich gemerkt habe, dass ich immer wieder an die Lektüre zurückdenke, wenn ich zum Beispiel Nachrichten über den Klimawandel höre. Allerdings lösen das aktuelle Nichtstun der Politik und die negativen Berichte über Klimaaktivist:innen nun bei mir beim noch mehr Stress, Wut und Frust aus als vorher – aber das ist wohl der Preis, den man als „Wissende“ zahlt (ich zahle ihn gerne, denn was ist die Alternative?). Aus diesem Grund empfehle ich euch das Buch gerne weiter – besonders wenn auch ihr in einer Schule arbeitet oder Klimaleugner:innen in eurem Bekannten-, Freundes- oder sogar Familienkreis habt!

Mein Fazit

Wer (wie ich vorher) das Gefühl hat, beim Thema „Klimawandel“ nur lückenhaftes Wissen zu besitzen, wer sich gerne einen Überblick verschaffen und die größeren Zusammenhänge verstehen würde, wer nach einem wissenschaftlich fundierten Sachbuch ohne nerviges „Blabla“ sucht, wer im Bildungsbereich arbeitet, wem beim Argumentieren mit Klimaleugner_innen schnell die Argumente ausgehen, wer gerne ETWAS tun würde, aber nicht so recht weiß, wie und was und wo anfangen – euch allen kann ich „Erste Hilfe für die Erde“ nur wärmstens ans Herz legen! Dieses kurze und knackige Sachbuch wird euch mit wertvollem Wissen, Diskussionswerkzeugen, einer Vision und konkreten Handlungsvorschlägen versorgen, sodass ihr euch am Ende nicht nur informierter, kompetenter und motivierter im Umgang mit der Krise fühlen werdet, sondern – und das ist ganz wichtig – auch irgendwie hoffnungsvoller, dass wir es doch noch schaffen können.

Bewertung

Einstieg: 4 Lilien
Inhalt: 4 Lilien
Verständlichkeit: 5 Lilien ♥
Schreibstil: 4 Lilien
Feministischer Blickwinkel: 3 Lilien
Insgesamt:

❀❀❀❀ Sterne

Dieses Buch bekommt von mir vier zufriedene Sterne!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.02.2023

Achtung: Nur BEDINGT als Schullektüre geeignet (Sexismus, Male Gaze, schädliche Geschlechterstereotype)!

Rico, Oskar und die Tieferschatten (Rico und Oskar 1)
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Ein Junge, der sich selbst als „tiefbegabt“ bezeichnet, sucht auf eigene Faust nach seinem verschwundenen Freund, weil er glaubt, dass dieser vom berüchtigten Kindesentführer ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Ein Junge, der sich selbst als „tiefbegabt“ bezeichnet, sucht auf eigene Faust nach seinem verschwundenen Freund, weil er glaubt, dass dieser vom berüchtigten Kindesentführer „Mister 2000“ gekidnappt wurde.

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band 1/4
Erzählweise: Ich-Erzählweise, Präteritum
Perspektive: männliche Perspektive
Kapitellänge: mittel bis lang

Tiere im Buch: + Im Buch werden keine Tiere verletzt, gequält oder getötet.
Inhaltswarnung: Sexismus, Sexualisierung von Frauen, Krankheit, Tod, Gewalt gegen Kinder
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): nicht bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: ---

Rezension

„In meinem Kopf geht es manchmal so durcheinander wie in einer Bingotrommel.“ Seite 11

„Rico, Oskar und die Tieferschatten“ ist im Jahr 2008 erschienen, wurde mit dem Jugendliteraturpreis ausgezeichnet und gilt als beliebte. Meine Erwartungen an dieses Buch waren daher dementsprechend hoch.

Doch ist dieses Buch, das für Kinder ab 10 Jahren empfohlen wird, wirklich die perfekte Klassenlektüre und hält auch einer feministischen Analyse stand? Kurz und knapp: Nein! Leider ist dieses Buch voller Male Gaze, objektifiziert und sexualisiert Frauen, verharmlost ganz nebenbei Prostitution und enthält Bodyshaming. So erklärt zum Beispiel die Mutter des Protagonisten, wenn ihre Brüste mal zu „Hängemöpsen“ würden, dann gebe es einfach neue (= Schönheitsoperation) – und sind das nicht genau die toxischen Schönheitsideale und Körperbilder, die wir unseren Kindern (besonders den Mädchen) in diesem Alter vermitteln wollen? Genau so mag ich meine preisgekönte Schullektüre – NICHT! Wie kann man in der heutigen Zeit so etwas ernsthaft noch publizieren? Gab es da niemanden im gesamten Veröffentlichungsprozess beim Verlag, der gesagt hat: Diese 5 Stellen sind nicht mehr zeitgemäß, die streichen wir raus? Es macht mich ziemlich wütend, wenn gerade Kinderbuchautorinnen (deren Publikum sehr einfach zu beeinflussen ist) für das Thema überhaupt kein Bewusstsein haben, ja, sich scheinbar überhaupt noch nie damit beschäftigt haben und dann munter wie Elefanten im Porzellanladen schädliche Stereotype reproduzieren. Das geht einfach nicht! Gerade von Kinderbuch-Autor:innen und -verlagen erwarte ich hier mehr!

Das Schlimme ist Folgendes: Von den schädlichen Geschlechterstereotypen, den wenigen weiblichen Figuren und dem Sexismus mal abgesehen, ist dieses Buch RICHTIG gut. Deshalb bin ich gleich doppelt enttäuscht. Wir bekommen hier nämlich einen spannenden Kinderkrimi serviert, der in einem angenehmen, kindgemäßen und trotzdem nicht zu einfachen Schreibstil geschrieben ist und nicht nur liebenswürdige, komplexe Außenseiter-Figuren, sondern auch humorvolle Dialoge und wichtige Botschaften enthält. Auch die behandelten Themen (Anderssein, Freundschaft, Zusammenhalt, Familie, Mut) und die authentische Beschreibung des Settings (in Wirklichkeit ist dieses Buch eine Berliner Milieustudie) haben mich auf ganzer Linie überzeugt. Die Geschichte ist auch bei meiner Klasse sehr gut angekommen, manche lesen nun sogar in ihrer Freizeit die Fortsetzung.

Mein Fazit

Mein Fazit ist deshalb: Man kann dieses Buch durchaus noch als Schullektüre lesen, aber NUR wenn man die problematischen Stellen ordentlich begleitet, die Kinder darauf aufmerksam macht und sie kritisiert bzw. den toxischen Gedankengängen etwas entgegensetzt. In diesem Falle (auch ich habe es genau so gemacht) kann ich das Buch weiterempfehlen und vergebe 4 Sterne. Da ich aber weiß, dass die wenigsten Lehrpersonen in diesem Bereich so viel Bewusstsein für die Problematik haben, gibt es von mir keine generelle Empfehlung. Bitte weicht in diesem Fall auf zeitgemäßere, modernere Autor
innen aus!

Bewertung

Cover / Aufmachung: 2 Sterne
Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 5 Sterne ♥
Umsetzung: 4 Sterne
Worldbuilding: 5 Sterne ♥
Einstieg: 4 Sterne
Ende: 5 Sterne ♥
Schreibstil: 5 Sterne
Protagonist: 5 Sterne
Figuren: 5 Sterne
Spannung: 4 Sterne
Wendungen: 5 Sterne ♥
Atmosphäre: 4 Sterne
Emotionale Involviertheit: 5 Sterne
Feministischer Blickwinkel: 1 Stern (!)
Einzigartigkeit: 4 Sterne

Insgesamt:

❀❀❀❀ Sterne

Dieses Buch bekommt von mir vier Sterne!

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Veröffentlicht am 28.12.2022

Ruhiger, atmosphärischer, unheimlicher Mystery-Thriller mit kleinen Schwächen!

Winter People - Wer die Toten weckt
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Spoilerfreie Rezension!

Klappentext

Durch einen grausamen Mord verliert Sara ihre kleine Tochter Gertie. Ein Brief mit einem uralten Geheimnis hilft ihr, Gertie von den Toten zurückzuholen — für sieben ...

Spoilerfreie Rezension!

Klappentext

Durch einen grausamen Mord verliert Sara ihre kleine Tochter Gertie. Ein Brief mit einem uralten Geheimnis hilft ihr, Gertie von den Toten zurückzuholen — für sieben Tage, in denen sie von ihrem geliebten Kind Abschied nehmen kann. Doch sie ahnt nicht, worauf sie sich einlässt. Denn manchmal finden die Toten nicht zurück. Und das Grauen hält Einzug in die Wälder von Vermont ...

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Figurale Erzählweise, Präteritum
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: mittel bis lang

Content Note / Inhaltswarnung: Tod von Menschen, Tierquälerei, Tod von Tieren, Trauer, Tod von Kindern, Blut, Gewalt, Depression, Suizidgedanken
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: ---

Rezension

„Als ich das erste Mal eine Schlafende sah, war ich neun Jahre alt.“ Seite 13

Vor vielen Jahren habe ich mir dieses Buch aufgrund des Klappentexts gekauft. Dann habe ich es einmal begonnen, aber schon nach wenigen Seiten wieder abgebrochen, weil es mich nicht sofort fesseln konnte. Daraufhin verstaubte es jahrelang in meinem Regal – nicht ohne mich vorwurfsvoll aus der Ferne anzuschauen. Zum Glück ging es einer Bookstagram-Kollegin genau gleich – schnell wurde eine Herbst-Leserunde ins Leben gerufen. Liebe Rika, danke für den bereichernden, spannenden Austausch!

War es eine gute Entscheidung, das Buch nach so vielen Jahren endlich vom SUB zu befreien? Ja, definitiv – auch wenn es sein volles Potential leider nicht ausschöpfen kann. Fest steht, dass man für diese Geschichte definitiv in der richtigen (ruhigen, geduldigen) Stimmung sein muss, denn die Story entfaltet sich sehr langsam und die Autorin nimmt sich viel Zeit für das Beschreiben des düsteren, winterlichen, frostigen Settings. Wer diese Geduld nicht mitbringt, wird das Buch schon nach wenigen Seiten abbrechen – und sollte sich vermutlich auch nicht durchkämpfen, weil das Erzähltempo bis zum letzten Drittel so gemächlich bleibt. Gerade durch diesen Schreibstil (und den Kontrast zwischen der unaufgeregten Erzählweise der Autorin und den schockierenden, brutalen Vorkommnissen, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen) entstehen aber eine dichte, zeitweise richtig unheimliche Atmosphäre und so mancher Gänsehautmoment. Das hat mir richtig gut gefallen!

„Auntie, sag es mir bitte“, bettelte ich. „Können die Toten zurückkehren?“
[…]
„Ja“, antwortete sie schließlich. „Es gibt einen Weg.“ Seite 19

Erzählt wird die Geschichte auf zwei Zeitebenen; ein Handlungsstrang spielt am Beginn des 20. Jahrhunderts und zwei weitere finden in der Gegenwart statt. Ich mochte beide Zeitebenen. Richtig gefesselt hat mich die Geschichte jedoch erst nach ca. 150 Seiten, danach konnte ich aber kaum noch aufhören. Mit dem Figurenensemble bin ich insgesamt ebenfalls zufrieden – auch wenn die Charaktere nicht immer besonders sympathisch sind und mir nicht wirklich ans Herz gewachsen sind. Sie hätten schon noch etwas mehr Tiefe vertragen können.

In „Winter People“ stehen der Tod des eigenen Kindes und Trauer im Mittelpunkt, aber auch Schuldgefühle, Übernatürliches und psychische Krankheiten bis hin zur Suizidalität werden thematisiert – einmal mehr und einmal weniger tiefgründig. Sicher keine leichte Lektüre – wer vor kurzem Ähnliches erlebt hat, sollte diesen Roman deshalb auf jeden Fall meiden. Im letzten Drittel hat mich die Geschichte dann etwas verloren, weil die Handlung sich dann stärker um menschliche Probleme und Konflikte dreht, ein bisschen zu einem 0815-Thriller mutiert und das Übernatürliche etwas zu sehr in den Hintergrund tritt. Meiner Meinung nach hätte man aus diesem Buch noch viel mehr herausholen können. Insgesamt wurde ich aber trotzdem gut unterhalten und konnte einige kurzweilige Lesestunden mit dieser Geschichte verbringen.

Aus feministischer Sicht gibt es übrigens nichts auszusetzen, weil die Geschichte voller starker, intelligenter, komplexer Frauenfiguren und fast frei von Geschlechterklischees ist. Den Bechdel-Test besteht das Buch problemlos. Ich kann mir sehr gut vorstellen, in der Zukunft wieder einmal ein Buch von Jennifer Mahon zu lesen.

Mein Fazit

Wer in der richtigen (geduldigen) Stimmung ist, wird mit dem zwar ruhig, aber sehr atmosphärisch erzählten Mystery-Thriller „Winter People“ einige unterhaltsame, kurzweilige Stunden verbringen können. Wer sich jedoch atemlose Spannung und Action erwartet, sollte um dieses Buch lieber einen großen Bogen machen! Mir hat die Geschichte jedenfalls insgesamt wirklich gut gefallen, deshalb gibt es von mir 4 Sterne und eine (eingeschränkte) Leseempfehlung!

Bewertung

Cover / Aufmachung: 3 Sterne
Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 4 Sterne
Umsetzung: 4 Sterne
Worldbuilding: 4 Sterne
Einstieg: 2 Sterne
Ende: 3 Sterne
Schreibstil: 4 Sterne
Protagonistinnen: 4 Sterne
Figuren: 4 Sterne
Spannung: 3 Stern
Wendungen: 3 Sterne
Atmosphäre: 5 Sterne ♥
Emotionale Involviertheit: 3,5 Sterne
Feministischer Blickwinkel: 5 Sterne ♥
Einzigartigkeit: 4 Sterne

Insgesamt:

❀❀❀❀ Sterne

Dieses Buch bekommt von mir vier zufriedene Sterne!

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  • Charaktere