Cover-Bild zu zweit
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Tropen
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 160
  • Ersterscheinung: 14.01.2023
  • ISBN: 9783608501902
Simon Strauß

zu zweit

Novelle

»Diese Geschichte tut schön weh.« Lars Eidinger

Ein stiller Teppichhändler, der sich ganz den Häusern und Dingen verschrieben hat. Eine junge Frau, die sich auf ihr Talent zur Improvisation und ihr heiteres Wesen verlässt. Eine alte Stadt, die über Nacht von einer alptraumhaften Flut heimgesucht wird. Zwei Fremde, die das Schicksal in einer Nacht zusammenführt und die herausfinden müssen, was es heißt, zu zweit zu sein. 

Es ist Nacht und er kann nicht einschlafen. Auf das Dach schlägt der Regen. Irgendwann steht er auf und geht die Treppe hinunter. Kniehoch steht das Wasser im unteren Stock. Schuhe, Kleider, Schüsseln, Kissen schwimmen darin. Ein Hubschrauber ist dann und wann zu hören. Er zieht sich Stiefel an und geht hinaus, um Hilfe zu suchen. Eine Frau hat sich auf ein Floß gerettet. Sie treibt auf dem wilden Fluss, die Ufer gezeichnet von der Zerstörung. Alles, was sie ausgemacht hat, hilft ihr jetzt nicht mehr. Sie ist auf sich allein gestellt. Das Floß lässt sich nicht steuern, genauso wenig wie ihre Angst …

Diese feine Novelle erzählt von einem Ausnahmezustand, einer Welt ohne festen Boden. Und sie fragt, wie zwei Fremde, die unterschiedlicher nicht sein könnten, doch zusammenfinden. Eine außergewöhnliche Liebesgeschichte mit einem besonderen Blick für all das, was unsere Welt im Verborgenen ausmacht.

»Strauß hat einen schönen eigenen Tonfall, der das Zeitgenössische in sich trägt, aber dennoch auch den Sound der Väter kennt, (...) und zu schlichter Sinnlichkeit findet.« Florian Illies, Die Zeit

»Erzählen bedeutet für Simon Strauß gelebten Essayismus im Stil eines Robert Musils.« Björn Hayer, Die Presse

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.03.2023

Novelle mit nachhaltiger Wirkung

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REZENSION – Die belletristischen Werke des Althistorikers und FAZ- Feuilletonisten Simon Strauß sind gewiss keine leichte Kost. Wer sich erstmals an ein Werk des 35-Jährigen wagt, mag Mühe haben, an der ...

REZENSION – Die belletristischen Werke des Althistorikers und FAZ- Feuilletonisten Simon Strauß sind gewiss keine leichte Kost. Wer sich erstmals an ein Werk des 35-Jährigen wagt, mag Mühe haben, an der düsteren Stimmung, die seinen drei Büchern eigen ist, Gefallen zu finden. In Strauß' Debüt, der Erzählung „Sieben Nächte“ (2017), ging es um einen jungen Mann, der einsam und melancholisch über sein künftiges Leben nachdenkt. Auch im zweiten Buch „Römische Tage“ (2019) lässt Strauß einen jungen Mann angesichts unserer modernen Zeit wieder in trister Stimmung über die verlorenen Ideale der Antike und unsere Welt von morgen sinnieren. In seinem nun dritten Buch, der im Januar beim Tropen Verlag erschienenen Novelle „zu zweit“, treffen wir auf einen jungen Mann, der sich mit dem Leben in Einsamkeit abgefunden hat, seine Mitmenschen meidet. Wieder ist es diese Melancholie, die zunächst abschrecken mag. Doch irgendwann ist man dann doch von dieser eigenartigen Stimmung und bildstarken Sprache gebannt.
In Strauß' Erzählung geht es um einen Mann und eine Frau, die - jeder auf eigene Art einsam, doch im Charakter gegensätzlich - nur der Zufall zusammenführt. Der Verkäufer, der missliebig eine vom Vater heruntergewirtschaftete Teppichhandlung übernommen hat, erwacht mitten in einer Regennacht in seiner Dachstube. Beim Rundgang durchs Haus und vor die Tür wird er vom Hochwasser, das die Stadt bereits überflutet hat, überrascht. Er scheint bei der Evakuierung vergessen worden zu sein, zieht sich Stiefel an und geht in die Katastrophennacht hinaus. Die junge Frau, ebenfalls auf sich allein gestellt, hat sich vor dem Hochwasser auf ihr vom Onkel vererbte Floß gerettet und treibt manövrierunfähig auf dem Fluss. Allein auf sich gestellt, hat sie Angst und fühlt sich hilflos. Beim Sprung von der Brücke landet der Teppichhändler, statt in der Flut zu versinken, nun ausgerechnet auf dem Floß der Frau. Jetzt sind sie „zu zweit“, aber deshalb weniger einsam?
Der Reiz dieser Novelle liegt in der Kunst des Autors zu beschreiben, wie sich die beiden so gegensätzlichen Charaktere aneinander herantasten. Statt auf Menschen zuzugehen, hatte sich der Verkäufer immer weiter von ihnen zurückgezogen und sich ersatzweise den materiellen Dingen zugewandt, in ihnen lebende Wesen gesehen, mit ihnen sogar gesprochen. Schon als Kind hatten ihm bei Begegnungen mit Menschen die passenden Worte gefehlt. Ganz anders die junge Frau: Sie hatte sich immer gern mit Menschen umgeben und plapperte bei jeder Begegnung gleich drauflos, verließ sich in ihrem planlosen, improvisierten Leben ganz auf ihr heiteres Wesen. „Wen immer sie traf, ließ sie nur schwer zu Wort kommen. Verordnete Ruhe hielt sie nicht aus.“ Schon von ihrer lebenslustigen Mutter hatte sie den Satz gehört: „'Siehst du, wie schön es ist, nicht allein zu sein.' Der Satz war als Imperativ gemeint.“
Doch jetzt, beim unerwarteten Zusammentreffen auf dem führungslosen Floß, war es ausgerechnet der Verkäufer, der nach langem Schweigen mit Fingerzeig auf die Kajüte den ersten Satz sprach: „'Wollen wir nicht reingehen?', als gäbe es keinen Zweifel daran, dass sie zusammengehören, weil er er ist und sie sie. In dieser Flutnacht, auf diesem Floß – nicht mehr der eine und die andere, sondern eben das: zu zweit.“ Beide suchen am anderen Halt. Doch zu zweit zu sein, bedeutet nicht zwingend das Gegenteil von Einsamkeit oder gar Zweisamkeit.
Gegen Ende der Novelle deutet sich zwar, wenn man es so verstehen will, eine schüchterne, zaghafte Liebesgeschichte an. Doch ob es wirklich eine wird, überlässt Simon Strauß den Lesern. Gerade dieses offene Ende seiner durch tiefgründige Charakterisierung beider Protagonisten so eindrucksvollen und leisen Erzählung mag einen in gewisser Weise unbefriedigt zurücklassen. Doch ist es gerade dieses offene Ende, das die Novelle „zu zweit“ noch lange nachwirken lässt.