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Veröffentlicht am 06.08.2017

Eine Geschichte über Familie, Liebe, Faszination und gutes Essen

Monsieur Picasso und der Sommer der französischen Köstlichkeiten
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Im Frühjahr 1936 erhält Ondine, die im französischen Juan-les-Pins im Café ihrer Eltern arbeitet, einen ungewöhnlichen Auftrag. Ein Neuankömmling wünscht, dass ihm das Mittagessen regelmäßig in seine Villa ...

Im Frühjahr 1936 erhält Ondine, die im französischen Juan-les-Pins im Café ihrer Eltern arbeitet, einen ungewöhnlichen Auftrag. Ein Neuankömmling wünscht, dass ihm das Mittagessen regelmäßig in seine Villa geliefert wird. Im Ort gibt er sich als Monsieur Ruiz aus, doch Ondines Mutter kennt die Wahrheit: Es handelt sich um Picasso, der seine Anwesenheit geheim halten will! Ondine soll nur die stille Lieferantin sein, doch bald kommt sie mit dem Maler ins Gespräch und ist fasziniert von ihm…

An Heiligabend 2013 erfährt Ondines 30-jährige Enkelin Céline von ihrer Mutter, dass Ondine einst für Picasso gekocht hat. Als Beweis erhält Céline das Notizheft, in dem Ondine aufgeschrieben hat, was sie an welchem Tag für ihn zubereitet hat. Außerdem erfährt sie, dass Ondine behauptet hat, Picasso hätte ihr ein Bild geschenkt. Céline ist fest entschlossen, das Bild zu finden, würde dessen Erlös doch so viele Probleme lösen…

Auf der Suche nach einer sommerlichen Geschichte wurde mir dieses Buch empfohlen. Es beginnt mysteriös mit einem Anruf, der Céline im Jahr 2016 auf eine edle Yacht führt, auf die sie nicht recht zu passen scheint, um jemanden zu treffen. Wer das ist und warum, das erfährt der Leser erst mal nicht. Stattdessen springt die Geschichte ins Jahr 1936 und man lernt Ondine kennen, die erfährt, dass sie ab sofort fast täglich Mittagessen an Picasso liefern soll.

Ondine tut sich schwer damit, ihren Platz im Leben zu finden. Ihr geliebter Luc hat als Matrose angeheuert, um genug Geld zu verdienen und sie heiraten zu können. Doch sie hat viel zu lange nichts mehr von ihm gehört – ob er tot ist? Trotzdem ist sie nicht bereit, sich auf jemand anderen einzulassen, weshalb sie unter dem Dach ihrer Eltern lebt und arbeitet. Die Ausflüge zu Picasso sind eine willkommene Abwechslung für sie. Als sie schließlich mit ihm ins Gespräch kommt, ist sie von ihm und seinen ungewöhnlichen, provokanten Bildern fasziniert. Es wurde verständlich gemacht, warum sie immer wieder die Nähe zu Picasso sucht, obwohl sie um seine Frauengeschichten weiß. Bei der Beschreibung Picassos orientiert sich die Autorin an den historischen Quellen und zeichnet ein authentisches Bild des charakterlich nicht einfachen Malers. Schließlich muss sich Ondine entscheiden, wie weit sie als seine neue Quelle der Inspiration gehen will.

Die Autorin erzählt die Geschichte rund um Ondine kurzweilig. Mit der Zeit macht sie immer mehr Zeitsprünge, die entscheidende Momente nach den Ereignissen 1936 einfangen und die Brücke bis in die Gegenwart schlagen. Ihre ganze Geschichte wird geprägt vom Willen, über das eigene Schicksal zu entscheiden und sich nicht nur den Plänen anderer zu fügen. Dabei muss sie einige Überraschungen verarbeiten und auch Rückschläge hinnehmen. Ihr Weg ist kein einfacher, doch ich habe diese entschlossene Frau gerne auf ihm begleitet.

In der Gegenwart ist Céline vom Gedanken besessen, das Geheimnis von Ondine zu lüften und das Bild von Picasso zu finden, das sie angeblich besessen hat. Ihrer Mutter geht es nicht gut und gerne möchte sie diese mit dem Erlös aus den Klauen ihrer Halbgeschwister befreien. Doch so nobel ihre Absicht auch ist, bei der Suche geht sie ziemlich dreist vor und ich war nicht mit jedem ihrer Schritte einverstanden. Ihre Suche führt sie nach Frankreich, wo sie ganz in der Nähe des Cafés ihrer Großmutter einen Kochkurs belegt. Gut gefallen hat mir, dass sie dabei Zeit mit ihrer unterhaltsamen Tante verbringen kann und außerdem den Sternekoch Gil kennen lernt, unter dessen harter Schale sich ein weicher Kern verbirgt, der aber immer wieder zu geheimnisvollen „Terminen“ verschwindet. Auch wenn für mich recht klar war, worauf Célines Geschichte hinauslaufen wird, fand ich das Ende gelungen.

In „Monsieur Picasso und der Sommer der französischen Köstlichkeiten“ begleitet der Leser Ondine, die im Frühjahr 1936 Picasso bekocht und zu einer neuen Inspirationsquelle für ihn wird. In der Gegenwart versucht ihre Enkelin, herauszufinden, ob Ondine wirklich ein Bild Picassos erhielt und falls ja, wo sie es versteckte. Ich bin mit den Charakteren gerne durch Höhen und Tiefen gegangen, obwohl ich insbesondere mit Célines Verhalten nicht immer einverstanden war. Gerne empfehle ich diese Geschichte über Familie, Liebe, Faszination und gutes Essen weiter.

Veröffentlicht am 06.08.2017

Auf der Suche nach Will

Heartware
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Adam Eli erhält eines Tages eine Mail, die für ihn alles verändert. Seit einiger Zeit schlägt er sich nach dem Abbruch diverser Studiengänge als Ghostwriter durch. Doch nun wird er aufgefordert, Will zu ...

Adam Eli erhält eines Tages eine Mail, die für ihn alles verändert. Seit einiger Zeit schlägt er sich nach dem Abbruch diverser Studiengänge als Ghostwriter durch. Doch nun wird er aufgefordert, Will zu suchen. Ausgerechnet Will, die er vor neun Jahren in Bolivien kennen- und lieben lernte und von der er bis heute nicht weiß, ob sie ihn auf fatale Weise verraten hat. Er bleibt skeptisch und möchte erst einmal erfahren, warum sie überhaupt gesucht wird. Dazu führt ihn die Reise nach Dubai und mitten hinein in ein gefährliches Kräftemessen von einigen der mächtigsten Menschen der Welt mit einem ungewöhnlichen Gegner…

Das Cover von „Heartware“ gefällt mir mit seiner mattgoldenen Schrift und den Hochhäusern, die aus Datenströmen zu bestehen scheinen, sehr gut. Das Internet spielt in der Geschichte eine große Rolle – das wird spätestens im Prolog klar, wo auf zwei Seiten vom Tag der Zerstörung des Internets berichtet wird. Wie konnte es dazu kommen? Diese Frage wird erst einmal nicht beantwortet und neugierig startete ich in die Geschichte, die sieben Tage vor diesem Ereignis und mit Adam Eli beginnt.

Über Adam Eli erfährt der Leser gleich zu Beginn, dass er sich eine Zeit lang in bolivianischer Gefangenschaft befand, was zuerst gar nicht zu meinem ersten Eindruck des nerdigen Ghostwriters passte. Durch die Aufforderung, Will zu suchen, kommen bei ihm viele alte Erinnerungen hoch – er konnte sie neun Jahre lang nicht vergessen, obwohl er nicht einmal wusste, ob sie noch lebt. Im Gespräch mit seinem mysteriösen Auftraggeber erhält man eine ganz kurze Zusammenfassung von Elis Vergangenheit, die mir half, einen Überblick zu gewinnen.

Abwechselnd zu den Kapiteln aus Elis Perspektive gibt es Kapitel aus der Sicht von Mariel Marigny. Diese wurde damit beauftragt, Eli bei der Suche nach Will zu begleiten. In ihr steckt mehr als eine hübsche Reisebegleiterin, wie Eli zunächst denkt. Sie ist eine Hackerin, die pragmatisch denkt und bereit ist, Risiken einzugehen. Über sie selbst erfährt man wenig, sondern erhält durch ihre Augen vor allem einen Eindruck davon, wie Eli auf andere wirkt. Außerdem gibt es immer wieder Kapitel, die mit „Y“ übertitelt sind. In diesen begleitet man angebliche Interpol-Mitarbeiter bei der Jagd sowie eine Frau auf der Flucht und wird Zeuge von merkwürdigen Vorfällen im Netz. Während Eli und Marigny sich Will suchen enthalten diese eingestreuten Kapitel Hinweise darauf, worum es im Kern eigentlich bei all dem geht.

Eli und Marigny sind ein ungleiches Duo, das mir zusammen sehr gut gefallen hat. Die beiden trauen sich nicht über den Weg, müssen aber notgedrungen zusammenhalten und sich aus so manch brenzliger Situation retten. Aus Elis Perspektive erfährt man in dieser Zeit auch immer mehr über die gemeinsame Zeit mit Will, das mich verstehen ließ, warum er von dem Gedanken an sie nicht loskommen kann. Warum Will aber überhaupt gesucht wird, das bleibt lange unklar. Elis Auftraggeber behauptet lediglich, sie habe etwas gestohlen. Wie das die Vorkommnisse aus den Y-Kapiteln erklärt bleibt lange unklar, während der Fokus auf Elis Suche liegt. Auch wenn es immer wieder spannende Momente gab, hat sich diese für mich etwas hingezogen. Ich hätte mir früher mehr Erklärungen gewünscht. Auch die digitalen Ungereimtheiten und ihre Folgen hätten noch stärker thematisiert werden können.

Alle Ereignisse führen schließlich zum großen Moment der Enthüllung, der viele Fragen beantwortet und Erlebtes in neuem Licht erscheinen lässt. Ohne das Stichwort künstliche Intelligenz, das der Klappentext vorweg nimmt, hätte ich bis zu diesem Moment höchstens eine vage Vermutung gehabt, dass es sich um dieses Thema dreht. Die Dialoge rund ums Thema liefern viel Stoff zum Nachdenken, ob ein Szenario wie das Beschriebene möglich ist und ob man selbst das Thema eher als Chance oder Bedrohung sieht. Gleichzeitig wird es noch einmal richtig spannend und dramatisch, denn das Leben aller steht auf dem Spiel. Hier wurde das Potential der endlich voll ausgeschöpft und dem Leser ein starker Abschluss geboten.

In „Heartware“ wird Adam Eli von einer einflussreichen Person aufgefordert, sich auf die Suche nach seiner alten Liebe Will zu machen, die neun Jahre zuvor verschwand und ihn vielleicht verraten hat. Die Suche wirft zunächst mehr Fragen auf, als sie beantwortet, während eingeschobene Y-Kapitel brisante Hinweise liefern, wie alles zusammenhängt. Ich hätte mir erste Antworten noch früher gewünscht. Die letzten Kapitel liefern schließlich Spannung und Aha-Erlebnis zugleich und runden das Buch gelungen ab. Ich kann Euch deshalb empfehlen, Euch selbst auf die Suche nach Will zu machen!

Veröffentlicht am 06.08.2017

Emotionale Geschichte über einen Neuanfang

Nachtblumen
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Die neunzehnjährige Jana trägt auch im Sommer lange Kleidung, nimmt ihre Fischermütze nie ab und schläft am liebsten unter dem Bett. Auf Sylt erhält sie eine wertvolle Chance: Sie kann dort eine Ausbildung ...

Die neunzehnjährige Jana trägt auch im Sommer lange Kleidung, nimmt ihre Fischermütze nie ab und schläft am liebsten unter dem Bett. Auf Sylt erhält sie eine wertvolle Chance: Sie kann dort eine Ausbildung als Bauzeichnerin machen und während der Zeit mit vier anderen jungen Erwachsenen in einem Wohnprojekt im Haus ihres neuen Chefs wohnen. Jana ist von so viel Unterstützung ohne Hintergedanken zunächst überfordert und lebt sich nur langsam ein. Auch auf ihre neuen Mitbewohner muss sie sich erst einstellen. Ihre Gedanken kreisen immer häufiger ausgerechnet um Collin, der am liebsten schweigt, zeichnet und niemanden so recht sich heranlässt. Was wird Jana aus ihrer Chance machen?

Zu Beginn des Buches lernt der Leser Jana kennen, für die gerade ein ganz neuer Lebensabschnitt beginnt. Sie hat alles hinter sich gelassen, um auf Sylt eine Ausbildung zu beginnen. Nach wenigen Seiten lernt sie ihre neue Therapeutin Dr. Flick kennen, die auf Jana viel nahbarer und herzlicher wirkt als ihre Vorgänger. Auch die Völkners, bei denen Jana für die nächsten drei Jahre wohnen soll, sind von Beginn an herzlich. Ich fand die Vorstellung klasse, dass sie in ihrer Firma jungen Erwachsenen eine Chance geben, die auf den ersten Blick nicht die perfekten Bewerber sind, in denen sie aber Potential sehen. Gleichzeitig konnte ich gut verstehen, dass Jana von so viel Freundlichkeit erst einmal überwältigt ist.

Jana lernte ich als unsicher und zurückhaltend kennen. Was in ihrer Vergangenheit vorgefallen ist bleibt vorerst im Dunkeln. Sie will auf Sylt unbedingt alles richtig machen und auf keinen Fall negativ auffallen. Doch es gibt verschiedene Situationen, in denen sie sich unwohl fühlt und ihr das auch anzumerken ist, zum Beispiel in der Berufsschule. Von Collin erhält sie dazu den Ratschlag, keine Schwäche auszustrahlen. Ansonsten schweigt dieser sie meist an, selbst wenn sie zu zweit an einem versteckt gelegenen Ort am Strand sitzen. Er legt ein widersprüchliches Verhalten an den Tag und ist ein undurchschaubares Rätsel. In die Ich-Erzählerin Jana konnte ich mich hingegen sehr gut hineinversetzen. Durch die Therapiesitzungen mit Dr. Flick erfuhr ich allmählich auch mehr über ihre Vergangenheit, was mich besser verstehen ließ, welche Erinnerungen sie verfolgen.

Wie auch für Jana war für mich als Leser zu Beginn des Buches alles neu und aufregend. Mit der Zeit wird die Geschichte etwas ruhiger und die Beziehungen zu den anderen Mitbewohnern und den Völkners rücken in den Mittelpunkt. Hier war es interessant zu erleben, wie Jana mit den ganz unterschiedlichen Charakteren zurechtkommt. Insbesondere ihr kompliziertes Verhältnis zu Collin wird immer wichtiger. Hier gibt es viele schöne, aber auch nachdenkliche und erschütternde Momente. Insbesondere wenn es um die beiden geht wählt die Autorin ihre Worte behutsam und trifft den richtigen Ton. Die Zeit rast unterdessen weiter, die Monate fliegen geradezu dahin und man erlebt mit, wie Jana an ihren Aufgaben wächst. Auf den letzten 60 Seiten wurde für mich zu viel Story zu wenig Platz gegeben. Die Ereignisse wurden sehr schnell abgehandelt, weshalb mich das emotional passende Ende trotzdem nicht voll überzeugen konnte.

In „Nachtblumen“ wagt die Protagonistin Jana auf Sylt einen kompletten Neustart. Ich konnte mich sehr gut in sie hineinversetzen und fand es interessant, ihre Entwicklung mitzuerleben. Der Fokus des Buchs liegt auf ihrer Beziehung zu den anderen Mitbewohnern, insbesondere dem verschlossenen Collin, zu dem sie sich hingezogen fühlt. Emotional und authentisch erzählt die Autorin eine starke Geschichte mit Höhen und Tiefen. Lediglich vom Ende hätte ich mir mehr erhofft. Ich vergebe vier Sterne für diese Geschichte über das Erwachsenwerden und Sich-selbst-finden mit Charakteren, deren Vergangenheit Schatten birgt.

Veröffentlicht am 06.08.2017

Von der Suche nach der Liebe, einem Vater und dem legendären Töveree Fisk

Wenn die Wellen leuchten
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Rhea ist auf der Nordseeinsel Amrum aufgewachsen, die sie nur selten verlassen hat. Als Kind wurde sie von ihren Mitschülern gehänselt, weil sie ihren Vater nicht kennt und ihre Mutter Filine die Erinnerung ...

Rhea ist auf der Nordseeinsel Amrum aufgewachsen, die sie nur selten verlassen hat. Als Kind wurde sie von ihren Mitschülern gehänselt, weil sie ihren Vater nicht kennt und ihre Mutter Filine die Erinnerung an ihn nur langsam mit ihr teilt. Gleichzeitig war sie fasziniert von der Legende des Töveree Fisk, der früher mit seinem blauen Leuchten Schiffe gerettet hat. Ob sie eine magische Schuppe von ihm im Watt finden kann? Als Erwachsene betreibt sie gemeinsam mit ihrer Mutter eine Minigolfanlage auf der Insel. Noch immer hofft sie, irgendwann ihren Vater zu finden. Als sie eines Tages ein verlockendes Angebot erhält, wagt sie den Sprung ins Ungewisse…

Nachdem mich die Ostsee-Trilogie der Autorin begeistern konnte, habe ich mich riesig über die Nachricht gefreut, dass das nächste Projekt eine Nordsee-Trilogie ist. Der Prolog nimmt den Leser mit ins 18. Jahrhundert: Im Sturm gerät ein Schriff in Seenot und wird von einem blau leuchtenden Fisch gerettet – dem Töveree Fisk? Als einziger Beweis für dessen Eingreifen bleibt dem Kapitän eine blau schimmernde Schuppe. Eine schöne Legende, auf die auch im Titel angespielt wird und die mich neugierig darauf machte, welche Rolle der Töveree Fisk in der Geschichte spielt.

Die Protagonistin Rhea lernt man zuerst als Kind kennen, dass von den anderen wegen ihres unbekannten Vaters geärgert wird und die Strandkrabben als ihre Freunde betrachtet. Vierzehn Jahre später, im Jahr 1979, ist aus Rhea eine starke Frau geworden, die fest mit der Insel verbunden ist und der dennoch etwas fehlt: Das Wissen, wer ihr Vater wirklich war. In Rückblenden aus der Perspektive von Filine erfährt man genau wie Rhea als Kind Stück für Stück alles, was sie über ihn weiß. Ich mochte Rheas besonnenes Wesen von Beginn an sehr. Auch Filine verstand ich mit jeder Rückblende besser.

Besonders interessant fand ich Filines Begabung, Minigolf-Hindernisse zu bauen und mit ihnen eine Geschichte zu erzählen. Daraus ergibt sich für sie auch eine tolle Gelegenheit, nur für eine Weile die Insel zu verlassen, wodurch Schwung in die Geschichte kam. Sie macht neue Bekanntschaften, die sie darum bitten, Geschichten zu erzählen. Dadurch erfuhr man noch mehr über ihre Kindheit und andere Inselbewohner. Dieses Eintauchen machte Spaß, ich lernte die bezaubernde Insel Amrum und dessen Bewohner immer besser kennen und nicht selten kannte ich danach ein neues Geheimnis.

Der Leser begleitet Rhea und Filine über mehrere Jahrzehnte durch Höhen und Tiefen. Die Jahre flogen beim Lesen geradezu dahin. Schön fand ich, dass es auch ein Wiedersehen mit Henny Badonin aus der Ostsee-Trilogie gab. Auch Kalle aus „Die eine, große Geschichte“ spielt eine Rolle. Dieses Buch kenne ich leider noch nicht und ich hatte das Gefühl, dass mir dadurch Vorwissen fehlte, um ihn besser verstehen zu können.

Im Buch gibt es immer wieder entscheidende Momente, die Rhea oder Filines weiteren Weg nachhaltig bestimmen. Diese waren mal schön oder bittersüß und mal dramatisch und machten die Handlung abwechslungsreich. Für meinen Geschmack neigten aber zu viele Personen dazu, wortlos die Insel zu verlassen. Zum Ende hin kam mir die Wendung in Richtung Happy End außerdem zu abrupt. Trotzdem hat mir der Abschluss gefallen, denn die drängendsten Fragen wurden geklärt. Gleichzeitig warten weitere Geheimnisse darauf, gelüftet zu werden, sodass ich mich schon sehr auf die Fortsetzung freue.

„Wenn die Wellen leuchten“ erzählt die Geschichte von Rhea und Filine, die auf der Nordseeinsel Amrum leben. Der Leser begleitet die beiden durch abwechslungsreiche Jahre, in denen sie nach der Liebe und dem legendären Töveree Fisk suchen. Mir hat es Spaß gemacht, mich gedanklich in diese schöne Geschichte fallen zu lassen. Sehr gern empfehle ich das Buch weiter.

Veröffentlicht am 06.08.2017

Über das Leben, die Liebe, Bootsbau und Piraten

Das Leben fällt, wohin es will
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Marie ist in ihren Zwanzigern und lässt sich durchs Leben treiben. Am liebsten feiert sie mit ihren Freunden auf dem Kiez bis in den frühen Morgen. Ihr Geld verdient sie mit wechselnden Jobs, seit kurzem ...

Marie ist in ihren Zwanzigern und lässt sich durchs Leben treiben. Am liebsten feiert sie mit ihren Freunden auf dem Kiez bis in den frühen Morgen. Ihr Geld verdient sie mit wechselnden Jobs, seit kurzem arbeitet sie in einem Café. Auf den schnieken Festen ihrer Familie, denen eine Werft gehört, lässt sie sich als schwarzes Schaf nur blicken, wenn sie unbedingt muss. Doch dann erkrankt ihre Schwester, die Geschäftsführerin der Werft, an Brustkrebs. Sie bittet Marie, bei ihr einzuziehen und ihr mit ihren beiden Kindern und dem Haushalt zu helfen. Gleichzeitig setzt ihr Vater sie als Christines Vertretung in der Werft ein, wo sie die Familie repräsentieren soll. Plötzlich ist Maries Leben alles andere als entspannt. Christine geht es zunehmend schlechter und in der Werft gerät sie immer wieder mit Daniel, der rechten Hand ihres Vaters, aneinander. Dieser will sie zum mitdenken motivieren und ist dabei auch noch charmanter, als Marie es gern hätte…

Ich habe mich riesig über die Nachricht gefreut, dass auch in diesem Jahr wieder ein neuer Roman von Petra Hülsmann erscheint. Das Cover passt sehr gut zur neuen Aufmachung der bisherigen Bücher. Anker, Rettungsring und Seesterne versprechen eine Geschichte, in der das Wasser eine große Rolle spielt. Schnell wird die Verbindung klar, denn die Protagonistin Marie lernt man kennen, während sie sich fertig macht für das Frühlingsfest der Werft ihrer Familie.

Marie lebt von Tag zu Tag, ohne sich über irgendetwas allzu sehr den Kopf zu verbrechen. Am liebsten macht sie auf dem Kiez die Nacht zum Tag und ist deshalb viel zu spät dran für das Fest. Dort angekommen erwischt Daniel, der die rechte Hand ihres Vaters ist und den sie überhaupt nicht leiden kann, sie gleich in einer peinlichen Situation. Mit ihrer Interessiert-mich-nicht-Einstellung wurde Marie mir erst einmal nicht unbedingt sympathisch und ich war gespannt, ob sie im Laufe der Geschichte eine Entwicklung durchmachen wird.

Schon bald ändert sich für Marie alles mit der Nachricht, dass ihre Schwester an Brustkrebs erkrankt ist. Plötzlich muss sie sich um zwei Kinder kümmern und obendrein zu repräsentativen Zwecken in der Werft erscheinen, wo sie kritisch beäugt wird. Marie ist zunächst völlig überfordert, wächst aber allmählich an ihren Aufgaben, was ich schön fand. Ihre Reibereien mit Daniel fand ich unterhaltsam. Ich mochte ihn schon bald sehr und fand es gut, wie er Marie aus zum Anpacken bringen will, worauf so gar keine Lust hat. Einige Entwicklungen fand ich allerdings zu abrupt.

Die Szenen mit Christine sind sehr berührend. Ihr geht es zunehmend schlechter, und so kümmert sich Marie bald nicht nur um Christines Kinder, sondern muss ihr helfen, mit den Auswirkungen der Behandlung fertig zu werden und sie zum Essen zu bewegen. Für mich waren diese Szenen aus persönlichen Gründen sehr hart zu lesen, einige Abschnitte musste ich ganz überspringen. Dieses ernste Thema nahm für mich Teile der Leichtigkeit aus der Geschichte, die ich bei den vorherigen Büchern der Autorin so mochte.

Marie wurde mir im Laufe des Buches immer sympathischer, denn ich stellte fest, dass in ihr mehr steckt, als man zunächst dachte. Immer wieder macht sie Andeutungen, dass Ereignisse in der Vergangenheit für ihren Lebensweg verantwortlich sind und ich war neugierig, was dahinter steckt. Vor allem ihre Beziehung zu Daniel, die zu Beginn vor allem durch Abneigung geprägt war, wandelt sich im Laufe des Buches stark. Sie durchlebt Höhen und Tiefen, die eins gemeinsam haben – sie konnten mich sehr gut unterhalten. Bald freute ich mich über jedes Mal, wenn die beiden aus ganz verschiedenen Gründen aufeinander trafen. Der Abschluss des Buches ist dann zwar recht kurz, der hoffnungsvolle Ton rundete die Geschichte aber gut ab.

„Das Leben fällt, wohin es will“ erzählt von Marie, deren Leben sich durch die Krebsdiagnose bei ihrer Schwester völlig ändert. Statt bis in den frühen Morgen auf dem Kiez zu feiern zieht sie als Hilfe zu ihrer Schwester und muss sie zusätzlich in der Werft der Familie vertreten. Es hat Spaß gemacht, zu erleben, wie Marie sich durch die neue Verantwortung wandelt. Ihre Reibereien mit Daniel, der rechten Hand ihres Vaters, waren besonders amüsant. Die Erkrankung ihrer Schwester sorgte für sehr berührende Szenen, welche das Buch deutlich ernster machten als die bisherigen Bücher der Autorin. Eine Geschichte über das Leben, die Liebe, Segeln, Bootsbau und Piraten, die aber auch ernste Töne anschlägt.