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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.09.2017

Dein Leben in einem Buch

Und du kommst auch drin vor
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Die junge Referendarin Frau Müller ist sichtlich mit ihrer Klasse überfordert und die Jugendlichen tanzen ihr auf der Nase herum. Trotzdem unternimmt sie mit der Klasse einen Ausflug zur städtischen Bibliothek, ...

Die junge Referendarin Frau Müller ist sichtlich mit ihrer Klasse überfordert und die Jugendlichen tanzen ihr auf der Nase herum. Trotzdem unternimmt sie mit der Klasse einen Ausflug zur städtischen Bibliothek, dort findet im Rahmen einer Buchwoche die Lesung der Autorin Leah Eriksson statt. Sie liest aus ihrem Werk „Dinge, die du nie erfährst!“ vor. Eigentlich hört niemand aus der Runde zu. Nur Kim Josephine, denn sie schnappt ein paar Brocken auf, mehr unbeabsichtigt und ist dann fasziniert. Das ist Doch ihr Leben, was diese Leah da vorliest und ihre Sprache! Diese Autorin hat ihr Leben gestohlen! Klar weiß Kim selbst, das klingt unglaubwürdig bis verrückt, und so ist sie auch nicht verwundert, dass sie ihre beste Freundin Petrowna erst davon überzeugen muss, dass sie Recht hat. Was die beiden Mädchen dann aber in dem Buch weiter lesen, ist erschreckend. Können sie das Schicksal, das dem Mädchen im Buch und somit Kim widerfährt noch abwenden?

Die Autorin Alina Bronsky schreibt in herrlicher und frischer Sprache, was das Lesen sehr angenehm und flüssig macht. Die Geschichte vom Buch im Buch finde ich super interessant und außerordentlich gelungen. Das verwendete Tempo ist zügig und lässt die Seiten nur so dahin fliegen. Die Charaktere sind allesamt liebenswert und sprühen vor Leben. Die Dialoge sind voller Realität und machen das Buch aus. Der Plot ist abgefahren, ja, aber durchaus tiefsinnig und versteckten Botschaften durch-sät. Selbstfindung, Freundschaft, Liebe, Familie, die Wichtigkeit der eigenen Person – all diese Themen hat Alina Bronsky hervorragend in Szene gesetzt.

Von Herzen gerne vergebe ich diesem Buch seine wohlverdienten fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle es uneingeschränkt weiter. Dies ist ein Coming-of-Age-Roman, voller Humor aber zugleich zum Nachdenken anregend. Dies ist ein Jugendbuch, doch auch ich habe mich beim Lesen exzellent unterhalten gefühlt. Ganz klar hat das Buch das Zeug zum Pageturner, ich habe es verschlungen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie die Geschichte ausgeht.

Veröffentlicht am 07.09.2017

Reif für die Insel

Hund aufs Herz
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Lara bekommt aus völlig heiterem Himmel von ihrem Ehemann Marcel die Nachricht, dass er nach fast 20 Jahren Ehe die Scheidung wünscht, er habe eine andere, die noch dazu in der gemeinsamen Firma tätig ...

Lara bekommt aus völlig heiterem Himmel von ihrem Ehemann Marcel die Nachricht, dass er nach fast 20 Jahren Ehe die Scheidung wünscht, er habe eine andere, die noch dazu in der gemeinsamen Firma tätig ist, uns sie sei schwanger. Er habe sich immer Kinder gewünscht und sie, Lara, habe das ignoriert. Natürlich fühlt Lara sich, als ob jemand ihr den Boden unter den Füßen wegzieht. Zunächst ist Lara völlig aufgeschmissen und versucht, bei gemeinsamen Freunden für ein paar Tage unterzukommen. Aber die Freunde schlagen sich allesamt auf Marcels Seite und Lara verbringt die erste Nacht in ihrem neuen Leben bei ihren Eltern. Sicher herzensgute Menschen, aber eben auch Eltern, das bleiben sie ein Leben lang. Da bekommt Lara also noch zusätzlich zu ihrem Schmerz gewisse Vorhaltungen über die eigenen gemachten Fehler. Glücklicherweise fällt ihr dabei schnell ihre wirklich beste Freundin ein: Wiebke. Die lebt allerdings auf Usedom. So beginnt für Lara eine Reise vom Ruhrgebiet und ab auf die Insel. Hier warten ganz neue Aufgaben und Abenteuer auf eine starke Frau, die sich nicht unterkriegen lässt.

Mit der Protagonistin Lara kann ich sofort mitfiebern und mitfühlen, eine starke Frau, die ihren eigenen Weg gehen muss. Gerade dieser Charakter ist der Autorin fantastisch geglückt. Völlig real geht sie durch Höhen und Tiefen, nach einer Nachricht, mit der sie nie gerechnet hätte. Der Schreibstil ist, wie immer bei der Autorin, frisch, fließend und harmonisch. Das Lesen ist angenehm, das verwendete Tempo unterstützt die Atmosphäre des Romans. Die Sprache natürlich, die eingearbeiteten Dialekte sind äußerst liebenswert.

Von Herzen gerne vergebe ich fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle das Buch selbstverständlich weiter. Leser, die ganz, ganz viel Herz und Humor serviert bekommen möchten und einfach mal wieder in ein Buch eintauchen und genießen möchten, kommen hier voll und ganz auf ihre Kosten.

Veröffentlicht am 03.09.2017

Kidnapping

Finster ist die Nacht
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Detective Macy Greeley ist eine Sonderermittlerin der Landespolizei, sie wird überall dort eingesetzt, wo es keine Kriminalbeamten vor Ort gibt. Sie ist eine starke Frau, beißt sich durch alles durch, ...

Detective Macy Greeley ist eine Sonderermittlerin der Landespolizei, sie wird überall dort eingesetzt, wo es keine Kriminalbeamten vor Ort gibt. Sie ist eine starke Frau, beißt sich durch alles durch, auch durch ihre privaten Probleme. Als alleinerziehende Mutter des zweieinhalbjährigen Luke gibt sie trotzdem alles für ihren Beruf. Der Vater des kleinen Luke, Ray Davidson, sitzt für den Rest seines Lebens im Gefängnis. Unterstützt wird sie von ihrer Mutter Ellen. Sie dachte, dass sie in ihrem aktuellen Fall noch ganz am Anfang stünde, aber dann überschlagen sich die Ereignisse. Der bekannte Radiomoderator Philip Long wurde entführt, des nachts ruft er Macy an, im Glauben, die Nummer seiner Ehefrau gewählt zu haben. Macy kann Philip tatsächlich ausfindig mache, als das Unerwartete geschieht. Philip gerät vor Macys Auto, sie kann weder ausweichen, noch in Zeit bremsen. Sie erfasst Philip, ihr Wagen überschlägt sich, sie wird verletzt. Philip jedoch wird vor ihren Augen von einer Person in Motorradboots erschossen, Macy selbst kann nicht eingreifen. Selbst angeschlagen, nimmt sie die Ermittlungen erneut auf, jetzt handelt es sich jedoch um einen Mordfall. Die Täter scheinen schnell gefunden, aber ist in diesem Fall wirklich alles, wie es den Anschein hat?

In kurzen, markanten Sätzen erzählt die Autorin Karin Salvalaggio ihre Kriminalgeschichte. Die Gegend in Montana samt seinen Einwohnern beschreibt sie geradezu spröde. Das lässt mein Kopfkino starten, alles wirkt sehr real. Die Sprache, die die Autorin verwendet, ist knapp und präzise, ohne Schnörkel. Schon nach wenigen Sätzen war ich in der Geschichte angekommen, quasi hineingeworfen ins Geschehen. Die Protagonistin Macy Greeley gerecht, durchsetzungsstark und versucht, ihr Privatleben mit ihrem Beruf in Einklang zu bringen. Eine smarte Polizistin, mit der ich sofort mitleiden kann. Der Fall selbst zeigt auf, wie Polizeiarbeit tatsächlich funktioniert. Tempo und Spannung gefallen mir gut.

Nur zu gerne vergebe ich dem Buch verdiente fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle es selbstverständlich weiter, an Leser, die gute sowie niveauvolle Krimis lieben. Ich habe das Buch an einem Wochenende durchgesuchtet und möchte nun auch bald die ersten beiden Bände in der Reihe um Macy Greeley lesen.

Veröffentlicht am 02.09.2017

Wohin die Reise führt

Palast der Finsternis
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Anouk, Lilly, Jules, Will und Hayden alle 16 bzw. 17 Jahre alt sind allesamt aus guten Hause und hochgebildet. Die Jugendlichen haben sich auf Einladung hin beworben, an einer Expedition teilzunehmen. ...

Anouk, Lilly, Jules, Will und Hayden alle 16 bzw. 17 Jahre alt sind allesamt aus guten Hause und hochgebildet. Die Jugendlichen haben sich auf Einladung hin beworben, an einer Expedition teilzunehmen. Es gilt das Palais du Papillon zu erkunden. Der Palast wurde im Jahre 1789 vom Adligen du Bessancourt erbaut. Es handelt sich um einen unterirdischen Palast, in dem die Familie Bessancourt Zuflucht gesucht hatte, um den Kämpfen der Französischen Revolution zu entgehen. Begleitet wird die Reise von Professor Dorf sowie der Leitenden Wissenschaftlerin Miss Sei vom der Sapani Corporation. Die Anreise beginnend am JFK Flughafen New York nach Paris könnte man schon mal als luxuriös bezeichnen, alles ist vom Feinsten. Doch was wird die Gruppe in Frankreich erwarten? Und wie viel ist noch vorhanden, von dem unterirdischen Bau? Welche Abenteuer haben die Jugendlichen zu bewältigen?

Bereits der Prolog kann mich fesseln, so spannend beginnt das Buch, dass ich gleich mitten in der Story bin. Die Geschichte erzählt der Autor in zwei Ebenen, aus der Sicht des Mädchens Anouk, das an der Expedition teilnimmt und immer wieder eingestreut, kurze Kapitel aus dem Jahre 1789, dann aus der Sicht der Tochter des Erbauers des Palais du Papillon. Die Erzählweise hebt die Spannung und lockert gleichzeitig das Geschehen auf. Die Charaktere sind Stefan Bachmann unglaublich gut geglückt, trotz oder gerade wegen ihrer Eigenarten sind sie echt und glaubwürdig.

Meine Bewertung: klare fünf von fünf möglichen Sternen und eine absolute Leseempfehlung an junge und alte Leser gleichermaßen, die die Spannung eines Thrillers gepaart mit Fantasy und Horrorelementen geboten bekommen wollen. Mich selbst hat dieses Buch gefangen genommen und ich konnte es nicht mehr aus der Hand legen. Faszination pur!

Veröffentlicht am 30.08.2017

Jäger und Gejagte

Halali
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Die 82jährige Holda lebt mit ihrer Enkelin Laura im selben Hochhaus, in unterschiedlichen Appartements versteht sich. An Abenden, die die beiden in regelmäßigen Abständen gemeinsam verbringen, erzählt ...

Die 82jährige Holda lebt mit ihrer Enkelin Laura im selben Hochhaus, in unterschiedlichen Appartements versteht sich. An Abenden, die die beiden in regelmäßigen Abständen gemeinsam verbringen, erzählt Holda ihre Geschichte. Wie das war, das Leben, in den Nachkriegsjahren, Anfang der 50er in Bonn. Holda hat als Vorzimmerdame im Innenministerium gearbeitet. Laura hat einen ähnlichen Beruf ergriffen, allerdings nennt sich das heute „Assistenz der Geschäftsführung“. Unverheiratete Frauen wurden damals noch Mädchen und Fräulein genannt, vieles was heute als selbstverständlich gilt, war damals noch unschicklich. Ziel der jungen Frauen war es, einen Ehemann zu ergattern, denn dann galten sie als versorgt. So wurde in der Kantine versucht zu flirten mit den unverheirateten jungen Regierungsräten oder mit den Studenten. Aber wer ist hier Jäher und wer der Gejagte?

In feiner, auserwählter Sprache, durchzogen mit Sätzen im Bonner Dialekt erzählt Ingrid Noll eine wunderbare Geschichte. Mich begeistert besonders, dass sie dafür ihre Protagonistin Holda erzählen lässt. Holda und ihre Enkelin Laura, die so verschieden sind und doch soviel gemeinsam haben, faszinieren mich. Meine persönliche Heldin ist jedoch die Gräfin, die Tante von Holdas Freundin und Kollegin Karin. Eine feine Dame, zwar nicht reich, aber vornehm und mit dem Herzen auf dem rechten Fleck. Ingrid Nolls Gespür für feinsinnigen Humor ist einzigartig und unerreicht. Die Geschichte selbst ist spannend wie fesselnd und nimmt völlig unerwartete Wendungen. Der kalte Krieg und dessen Auswirkungen sind beängstigend greifbar.

Ganz still und leise hat sich dieses Buch in mein Herz geschlichen und nimmt nun dort einen Favoritenplatz ein. Selbstverständlich vergebe ich dem Buch fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle es nur zu gerne weiter. Wer ein bisschen Bonner Luft in den 50er Jahren schnuppern möchte, sollte sich unbedingt auf diese Zeitreise begeben und er wird nicht enttäuscht werden – versprochen! Ganz wundervoll beschreibt die Autorin zudem die Unterschiede zwischen damals und heute – was waren die Lieblingsessen, wie war der Ablauf im Büro, die Moralvorstellungen.