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Veröffentlicht am 06.10.2017

Millenium, die Fünfte

Verfolgung
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Lisbeth Salander, die eine zweimonatige Haftstrafe absitzen muss, da sie die Polizeiarbeit beeinträchtigt hatte, indem sie einen Jungen versteckt hielt. Dass sie dem Kind dadurch das Leben rettete, bewahrt ...

Lisbeth Salander, die eine zweimonatige Haftstrafe absitzen muss, da sie die Polizeiarbeit beeinträchtigt hatte, indem sie einen Jungen versteckt hielt. Dass sie dem Kind dadurch das Leben rettete, bewahrt sie nicht vor der Strafe. Angeblich um sie zu schützen, wird Lisbeth in das Frauengefängnis Flodberga gebracht, das einzige Frauengefängnis mit einem Sicherheitstrakt. Nach außen hin ein Vorzeige-Objekt, sieht es drinnen ganz anders aus. Gewalt bestimmt das Leben der Insassen. Lisbeth selbst wurde bisher noch nicht angegriffen, doch eine junge Frau aus Bangladesch wird regelmäßig Opfer von Gewalt, die von der Insassin Beatrice Andersson genannt Benito angestachelt wird. Benito beherrscht den gesamten Trakt samt Vollzugsbeamten. Lisbeth versucht zu helfen … Währenddessen hat Mikael Blomkvist samt seines Magazins Millenium zurückgefunden in die Normalität und erhielt die Akzeptanz seiner Leser zurück. Wöchentlich besucht er Lisbeth im Gefängnis, sieht er sich doch für ihre Haftstrafe verantwortlich. In einer persönlichen Angelegenheit bittet Lisbeth ihn, für sie zu recherchieren und prompt landen beide in einem Sumpf aus Desinformationskampagnen als moderne Kriegsführung, Bandenkriminalität, Korruption und den Dämonen aus der Vergangenheit.

Temporeich in der Handlung wie in der Erzählform mit schnell wechselnden Schauplätzen erzählt uns der Autor David Lagercrantz, wie es mit Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist weiter geht. Der Spannungsbogen wurde hoch gespannt vom Autoren und kann stets gehalten werden. Fast schon atemlos lese ich das Buch und bin gefesselt und gebannt. David Lagercrantz schafft es erneut, im Sinne Stieg Larssons, die beiden Protagonisten weiter leben zu lassen. Lisbeth und Mikael sind einzigartige Charaktere von ungeheurer Tiefe. Die Nebenfiguren ergänzen das Bild zur brillanten Perfektion. Der Schreibstil ist großartig und mitreißend, die verwendete Sprache samt der Dialoge hervorragend inszeniert. Die Handlung selbst könnte nicht brisanter und zeitgemäßer sein.

Mein Urteil: fünf von fünf möglichen Sternen und eine absolute Leseempfehlung meinerseits. David Lagercrantz kann mit seinem zweiten Teil in der Fortsetzung der Millenium Reihe überzeugen und voll punkten. Für Fans der Serie ein Must-Read, aber Liebhaber der skandinavischen Krimikunst werden bei der Lektüre voll auf ihre Kosten kommen.

Veröffentlicht am 02.10.2017

Eine weihnachtliche Zeitreise

Der Weihnachtswald
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Die junge, erfolgreiche Anwältin Eva Lankers hat nur eines im Auge: ihre Karriere. Dabei hält sie Freunde und Familie auf Abstand. Gefühle lässt sie nicht wirklich zu. Nun steht das Weihnachtsfest an und ...

Die junge, erfolgreiche Anwältin Eva Lankers hat nur eines im Auge: ihre Karriere. Dabei hält sie Freunde und Familie auf Abstand. Gefühle lässt sie nicht wirklich zu. Nun steht das Weihnachtsfest an und das verbringt die junge Frau traditionsgemäß, wenn auch widerstrebend, im Haus ihrer Großmutter Anna Koffler. Für die 95jährige Frau ist Weihnachten schon immer etwas Besonderes und Wichtiges gewesen. Währenddessen ist Eva eher der personifizierte Mr. Scrooge. Das Fest im Hause der Oma zu verbringen, heißt für Eva auch auf Philipp wieder zu treffen, den Sohn einer lieben Freundin Ihrer Großmutter und gleichzeitig deren Haushälterin. Sofort entflammen Auseinandersetzungen, die es immer bei einem Zusammentreffen der beiden gibt. Als dann aber ein Waisenmädchen, das Anna für die Festtage eingeladen hatte, plötzlich in einem Schneesturm verschwindet, begeben sich Eva und Philipp gemeinsam auf die Suche nach dem Kind.

Schon nach einigen Sätzen finde ich mich herrlich in der Geschichte zurecht und die Autorin kann mich mit ihrem exzellenten Schreibstil fesseln. In schöner, frischer und lebendiger Sprache erzählt die Autorin Angelika Schwarzhuber ihre Geschichte um die Familie Koffler. Die zeitlich versetzten, historischen Passagen sind sprachlich wunderbar angepasst. Die Figuren sind alle authentisch und haben Blut. Besonders die Protagonistin Eva macht eine prächtige Verwandlung durch, allerdings in kleinen Schritten, so dass die Glaubwürdigkeit bestehen bleibt. Die Geschichte selbst ist einfach nur als zauberhaft zu bezeichnen. Fast schon fieberhaft habe ich wissen wollen, wie die Story endet, so gebannt habe ich gelesen und bin den Charakteren gedanklich gefolgt. So manche Träne habe ich vor Rührung vergossen.

Nur zu gerne vergebe ich diesem Buch seine wohlverdienten fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle es unbedingt weiter. Dies ist das perfekte Buch für ein Adventswochenende, idealerweise mit Schnee, auf jedem Fall aber in eine warme Decke gehüllt und mit einer Tasse heißen Schokolade in Reichweite.

Veröffentlicht am 29.09.2017

Liebe im Zeichen der Wissenschaft

Die Schlange von Essex
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In außerordentlicher und höchst niveauvoller Sprache, die der historischen Zeit angepasst ist, hat die Autorin Sarah Perry ihren Roman verfasst. Sie besticht mit einem hervorragenden Schreibstil, der mich ...

In außerordentlicher und höchst niveauvoller Sprache, die der historischen Zeit angepasst ist, hat die Autorin Sarah Perry ihren Roman verfasst. Sie besticht mit einem hervorragenden Schreibstil, der mich fasziniert und zutiefst beeindruckt. Allein der Prolog ist die perfekte Kurzgeschichte, ein stilistisches Kleinod bis ins kleinste Detail gezeichnet. Im selben Perfektionismus sind auch die Figuren angelegt. Cora Seaborne, die Protagonistin des Buches, ist eine starke Frau mit großem Willen und brillantem Intellekt. Bei der Lektüre kann ich wunderbar eintauchen in die Zeit, in das Land und die Story reißt mich mit und hält mich gefangen. Die einzelnen Szenen sind beispiellos arrangiert und ich sehe das Buch wie einen Film vor meinen inneren Augen ablaufen.

Sarah Perry wurde 1979 in Chelmsford, England geboren und hat Kreatives Schreiben an der Royal Holloway University studiert und ihr Studium als Doctor of Philosophy abgeschlossen.

Sarah Perry legt mit "Die Schlange von Essex" ihre zweite Novell vor, die erste "After me comes the Flood" wurde bisher nicht ins Deutsche übersetzt. In Großbritannien ist die Autorin längst die Nummer eins in der Bestsellerliste und erhielt die Auszeichnung Waterstones Book of the Year 2016. "Die Schlange von Essex" wurde für acht weitere literarische Auszeichnungen nominiert, darunter ist der Costa Novel Award 2017 und der Bailey's Women's Prize for Fiction 2017. (Quelle: Wikipedia sowie die Homepage der Autorin)

Meine Bewertung: Klare fünf von fünf möglichen Sternen und eine absolute Leseempfehlung. Hier findet der Liebhaber historischer Romane alles was sein Herz begehrt: ein Bild der Zeit und das Leben Ende des 19. Jahrhunderts in England, die Rolle der Frau, die Revolution der Wissenschaft und natürlich Liebe und Passion.

Veröffentlicht am 26.09.2017

Ein harter Job

Engelsschuld
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Die Staatsanwältin Jana Berzelius hatte zwar den Selbstmord ihres Vaters noch in allerletzter Sekunde verhindern können, doch hat er nur schwerverletzt überleben können. Langsam kämpft er sich mühselig ...

Die Staatsanwältin Jana Berzelius hatte zwar den Selbstmord ihres Vaters noch in allerletzter Sekunde verhindern können, doch hat er nur schwerverletzt überleben können. Langsam kämpft er sich mühselig zurück ins Leben und muss alles neu erlernen; kommunizieren kann er noch nicht mit seiner Umwelt. Für Jana zählt es jedoch lediglich, den Ort ausfindig zu machen, an dem er ihre privaten Dokumente versteckt hält. Sie sind es, die ihr Geheimnis bewahren, der einzige Beweis ihrer Vergangenheit. Nicht ganz, es gibt da noch den Straftäter Danilo, auch er weiß Bescheid. Jana und er kennen sich bereits seit Kindertagen. Und Danilo ist gerade aus dem Vrinnevi Krankenhaus in Norrköping entkommen … Zudem erschüttern gerade grausame Morde die beschauliche Stadt. Hier scheint jemand eine Rechnung begleichen zu wollen. Es benötigt einige Zeit, bis Jana die Zusammenhänge erkennt.

Die Autorin Emelie Schepp versteht es wirklich, ihre Figuren anzulegen. Die Staatsanwältin Jana Berzelius, die nach außen hin die kühle, leicht arrogante Karrierefrau gibt, arbeitet schwer daran, ihr Geheimnis zu wahren. Ich kann vom ersten Moment an sehr gut mit ihr mitfiebern. Die anderen Charaktere sind ebenfalls authentisch und haben alle Ecken und Kanten, das hebt die Spannung und das Lesevergnügen noch einmal mehr an. Der Spannungsbogen wird hoch gehalten von Emelie Schepp und ihr Tempo ist durchaus zügig. Der Schreibstil der Autorin ist faszinierend und mitreißend. Die Lektüre ist Unterhaltung pur und an Dramatik fast nicht zu überbieten. Die Geschichte selbst lässt mir sozusagen das Blut in den Adern gefrieren und beeindruckt mich zutiefst.

Von Herzen gerne vergebe ich diesem Buch seine wohlverdienten fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle es absolut weiter. Die Reihe um die Staatsanwältin Jana Berzelius steht für kühle, schwedische Crime Noir. Die Übergänge von Gut und Böse sind zuweilen fließend, Gänsehaut und fröstelnde Schauer sind auf jeden Fall garantiert. Nun warte ich ganz gespannt auf den nächsten Teil der Reihe, der in Schweden bereits in diesem August erschienen ist.

Veröffentlicht am 20.09.2017

Zwei Kulturen

Willkommen bei den Friedlaenders!
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Adrienne Friedlaender ist Journalistin und alleinerziehende Mutter von vier Söhnen. Als sie im Sommer 2015 die Berichterstattung über die Flüchtlingswelle mit ihren Kindern im Fernsehen verfolgt, fragt ...

Adrienne Friedlaender ist Journalistin und alleinerziehende Mutter von vier Söhnen. Als sie im Sommer 2015 die Berichterstattung über die Flüchtlingswelle mit ihren Kindern im Fernsehen verfolgt, fragt der jüngste Sohn unvermittelt: „Warum nehmen wir eigentlich niemanden auf? Alle reden immer von Mitleid und wie schrecklich all das für die armen Flüchtlinge ist, aber keiner will sie ins Haus lassen. Finde ich eigentlich echt komisch.“ Dem konnte Adrienne Friedlaender nur zustimmen und nachdem sie dann den Familienrat einberufen hatte, stand der Entschluss fest – wir nehmen einen Flüchtling in unserer Familie auf! Gesagt getan. Die Autorin besucht mit zwei ihrer Söhne das Erstaufnahmelager Schnackenburgallee in Hamburg. Den Kontakt zu dem Flüchtling Moaaz hatte eine gute Freundin der Friedlaenders, die in dem Lager als Musiktherapeutin arbeitete, eingefädelt. Nach einem kurzen zurückhaltenden Gespräch fragte einer der Jungen, „Können wir ihn bitte gleich mit nach Hause nehmen?“ Zu bedrückend war die Atmosphäre in der Unterkunft, zu verängstigt wirkte Mooaz. Der verstand dann die Frage auch fast nicht, ob er es sich vorstellen könnte in der Familie zu leben, oder besser, er traute seinen Ohren nicht. Auf dem Heimweg tat sich dann jedoch bereits das größte Problem auf: die Familie besitzt einen Hund! In Syrien leben Menschen nicht mit Tieren zusammen. Doch auf die Frage, ob er lieber wieder umkehren möchte, schüttelte Moaaz nur den Kopf. Er würde den Hund schon verkraften. So begann ein Abenteuer.

„Meine Familie hat keinen Plan gehabt, ich denke zu viel Vorbereitung kann eher schaden, wenn man alles zu Ende denken würde und sich zu viele Gedanken macht … dann macht man es nie. Und trotzdem würde ich alles so wieder tun in meinem Leben, das ist eine Entscheidung des Herzens!“ Dies sagte die Autorin Adrienne Friedlaender in der NDR Talkshow und hatte mich als zukünftige Leserin bereits gewonnen. Das Buch liest sich ganz wundervoll, in verständlicher Sprache und mit lustigen Episoden aufgepeppt berichtet die Autorin von ihrem veränderten Leben. Was es heißt, mit zwei Kulturen in einem Haus zu leben. Was Moaaz von den Friedlaenders lernen konnte und umgekehrt, was er ihnen beibrachte. Eine Geschichte, die berührt, die sich tief ins Herz hineinbohrt und dort ausbreitet.

Von Herzen gerne vergebe ich diesem Buch fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle es unbedingt weiter. Es ist ein Buch über Menschlichkeit, schöne Erfahrungen, aber auch von den alltäglichen Schwierigkeiten, die auftreten, wenn ein neues Familienmitglied integriert wird.