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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.12.2024

Spannende und humorvolle historische Kinderbuchfantasy

Feder und Kralle
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Im Valencia des Jahres 1914 begegnet Amparo eines Nachts auf dem Jahrmarkt einem Panther, der sich in einen Jungen verwandelt - genau in dem Moment, in dem die eigene Verwandlung einsetzt und sie zu einem ...

Im Valencia des Jahres 1914 begegnet Amparo eines Nachts auf dem Jahrmarkt einem Panther, der sich in einen Jungen verwandelt - genau in dem Moment, in dem die eigene Verwandlung einsetzt und sie zu einem Falken wird. Noch nie vorher ist Amparo jemandem begegnet, der ebenfalls zum Wechsel von Tag zu Nacht in eine andere Gestalt gezwungen wird, und sie nimmt Kontakt zu dem Jungen vom Jahrmarkt auf. Nun versuchen Tomás und Amparo ihrem gemeinsamen Ursprung auf die Spur zu kommen. Verschwommene Erinnerungen führen die Jugendlichen zu einem Kloster und einer alten Legende.

Das mysteriös wirkende Cover hat mich sofort in seinen Bann gezogen, und so ging es auch im Buch weiter. Amparos und Tomás Geschichte wird nicht nur durch Worter getragen, sondern auch durch Illustrationen von eleganter, düsterer Ästhetik.
Die Story von Tomás und Amparo hat mich an einen historischen Fantasyfilm (den heute wahrscheinlich kaum noch eine Seele kennt) aus dem Jahr 1985 erinnert, "Der Tag des Falken", den ich sehr mochte. Deswegen konnte ich mich für "Feder und Kralle" auch direkt erwärmen!

Veröffentlicht am 04.12.2024

#zynisch #britisch #feministisch #crime #READTHIS

Die Schnellimbissdetektivin
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Hannah Abram schlägt sich mehr schlecht als recht durchs Leben. Bei der Metropolitan Police rausgeflogen, hält sie sich nunmehr mit kleinen Gelegenheitsaufträgen über Wasser, sofern ihre Arbeitszeit in ...

Hannah Abram schlägt sich mehr schlecht als recht durchs Leben. Bei der Metropolitan Police rausgeflogen, hält sie sich nunmehr mit kleinen Gelegenheitsaufträgen über Wasser, sofern ihre Arbeitszeit in Digbys Schnellimbiss es zulässt. Für die einen versucht Hannah herauszufinden, wohin ihre Hunde entlaufen sind, der nächste will wissen, wer ihm immer Müll in den Eingang kippt, und der Gärtner:ingemeinschaft der hiesigen Kleingartenkolonie ist die Ernte geklaut worden. Hannah nimmt sich den kleinen Fällen empathielos an, sie versucht nur genug Geld zu verdienen, um das schäbige Zimmer nicht zu verlieren, das sie zur Untermiete bezieht, und einfach nicht unterzugehen. Dabei mutet Hannah Abram rotzfrech, zynisch und unaufhaltsam an. Doch eigentlich ist Hannah durchs Leben; nein, eher durch Misogynie und Institutionen, die diese schützt, gebeutelt.

Bei Liza Codys „Die Schnellimbissdetektivin“ darf man sich auf einen vor schwarzem Humor und Sarkasmus triefenden Krimi einstellen. Die Schlagabtausche zwischen Hannah und Digby werden mir noch lange in herzerwärmender Erinnerung bleiben. Trotz allen Witzes lässt die Autorin ihre Leser:innen auch die Schläge und Intrigen des Lebens und die daraus resultierende Desillusion ihrer Protagonistin spüren - no cosy crime. Mir war Hannah Abram eine chaotische und sympathische Figur, und wer sich auf die Handlung der Fälle an vielen Nebenschauplätzen einlassen kann, der sollte ebenfalls Bekanntschaft mit der Imbissdetektivin machen!

Veröffentlicht am 04.12.2024

Greift feministische Themen auf

Das Loch
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Klar folgt Asa ihrem Mann von, als dieser von seiner Firma versetzt wird - von der Großstadt geht es in das Dorf, in dem ihr Mann großgeworden ist. Ihr eigener Job scheint vernachlässigbar, sie gibt ihn ...

Klar folgt Asa ihrem Mann von, als dieser von seiner Firma versetzt wird - von der Großstadt geht es in das Dorf, in dem ihr Mann großgeworden ist. Ihr eigener Job scheint vernachlässigbar, sie gibt ihn auf. Zu verlockend scheint es, direkt neben den Schwiegereltern im Haus einzuziehen, denn dies erspart dem jungen Paar die hohe Miete, die sie in der Stadt zahlen mussten.
Asa versucht sich an das neue Leben zu gewöhnen. Ohne die Lohnarbeit als bisher feste Routine fehlt das Gerüst, das bisher ihr Leben gehalten hat, und sie findet im Haus wenig zu tun, womit sie ihre Zeit vertreiben könnte. Da Asa und Muneaki keine Kinder geplant haben, wird dieser einsame Ablauf mit ihrem bis spät in die Nacht arbeitenden Ehemann und den ungewohnten Schwiegereltern vorerst ihr Alltag bleiben.
Bei einem Besuch im Nachbarort begegnet ihr ein Tier, das sie noch nie gesehen hat. Während sie es verfolgt, fällt sie in ein brusthohes Loch, aus dem sie es erst mit der Hilfe einer zufällig vorbeilaufenden Nachbarin schafft. Frau Sera wird Asas erster wirklicher Kontakt im Ort, sie zeigt Verständnis für die bekümmerte junge Frau. Bald darauf trifft Asa auf einen weiteren im Dorf lebenden Mann, der sie vor einer aufdringlichen Rotte Kinder rettet. Er ist ein merkwürdiger und zurückgezogener Geselle, der seiner Lebensweise nahezu ein Hikikomori ist, jemand, der in Isolation vor der Gesellschaft lebt. Auf undurchschaubare Weise scheint er auch mit der Familie ihres Mannes verbunden zu sein.

Hiroko Oyamadas „Das Loch“ greift feministische Themen auf. Die Protagonistin folgt ihrem Mann in dessen Heimatort und gibt infolgedessen ihre erworbene Autonomie auf, um Hausfrau zu sein. Sie verdient kein eigenes Geld mehr und ist gewissermaßen auf das Kommen und Gehen ihres Ehemannes angewiesen, denn erst wenn er nachts heimkommt, kann sie das Essen zubereiten. Der Umzug beraubt der jungen Frau all ihrer bisherigen Kontakte, denn mit den Schwiegereltern hatte sieh bisher kaum Kontakt. Asas Erlebnisse werden zunehmend surrealer, Realität und Übernatürlichkeit lassen sich nicht mehr auseinanderhalten, als wäre Asa wie einst Alice in den Kaninchenbau gefallen.

Veröffentlicht am 04.12.2024

Für alle eine Stimme, für alle ein Problem

Schwindel
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Unser Buch im feministischen Buchclub des Monats Oktober war Hengameh Yaghoobifarahs neuer Roman „Schwindel“, in dem sich vier Leute unverhofft auf einem Dach ausgesperrt wiederfinden.

Avas Date mit Robin ...

Unser Buch im feministischen Buchclub des Monats Oktober war Hengameh Yaghoobifarahs neuer Roman „Schwindel“, in dem sich vier Leute unverhofft auf einem Dach ausgesperrt wiederfinden.

Avas Date mit Robin wird unterbrochen durch das Auftauchen zweier früherer Liebhaber:innen. Überfordert von den Forderungen von Delia und Sylvia, die Ava praktisch ghostet, flüchtet diese kurzerhand aufs Dach des Wohnkomplexes, auf das ihr alle folgen. Keine:r denkt dran, Klugfon oder Schlüssel mitzunehmen, und nun sind die Vier auf dem Dach gefangen. Die perfekte und gleichzeitig schlechteste Gelegenheit für ein paar klärende Gespräche...

Ich versuche mal nicht zu spoilern. „Schwindel“ ist eine irrwitzige, humorvolle und total queere Story. Jede:r der Protagonist:innen erzählt aus der eigenen Sicht und mit eigenen Stilmitteln, was eine individuelle Verbindung zu den jeweiligen Figuren schafft. Im Rückblick erfahren wir, wie Ava zu ihren Love Interests gefunden hat. In der Jetztzeit des Romans erhalten wir einen Einblick in die Sehnsüchte, Wünsche, Ängste derer, die um Avas Aufmerksamkeit buhlen.
Ich glaube, in der Runde der heute Anwesenden beim Buchclub bin ich die einzige Hetero-Person gewesen und habe wenig zur Diskussion beigetragen, sondern viel aufgesogen, was die anderen zum Buch zu sagen hatten und darüber nachgedacht. Ich persönlich fand den Roman von vorn bis hinten richtig, richtig gut. Ich hatte nicht nur Lesespaß an Witz und Zynismus der Story, sondern mochte es, wie Hengameh Yaghoobifarah jede von deren Figuren eine eigene Stimme in die Seiten geschrieben hat. Deren Charaktere haben Ecken und Kanten, sind Kotzbrocken und liebenswert, sind zutiefst menschlich.

Veröffentlicht am 04.12.2024

cozy read lässt grüßen

Die Abende in der Buchhandlung Morisaki
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Takako kehrt zurück in das Antiquariat ihres Onkels, der ihr vor wenigen Jahren mit viel Wärme über eine schlimme Trennung geholfen hat. Diesmal scheint es nämlich, dass Onkel Satoru und Tante Momoko die ...

Takako kehrt zurück in das Antiquariat ihres Onkels, der ihr vor wenigen Jahren mit viel Wärme über eine schlimme Trennung geholfen hat. Diesmal scheint es nämlich, dass Onkel Satoru und Tante Momoko die Hilfe ihrer Nichte brauchen. Takako ist mehr als froh, Satoru und seiner Frau helfen zu können.
Seit kurzem ist sie mit Wada zusammen, den sie durch die Buczhhandlung Morisaki überhaupt erst kennengelernt hat. In ihrer noch jungen Beziehung mit Wada will sie alles richtig machen und kommt zu einigen Erkenntnissen, als sie über ihre vergangene Partnerschaft resümiert. Ihr neuer Freund plant ein Buch über das Antiquariat zu schreiben, denn auch er spürt die Wärme dieses Ortes, der Menschen selbst in tragischen Momenten miteinander auf herzerwärmende Weise verbindet. Und ein solcher Moment steht dem Antiquariat Morisaki bevor...

Einatmen, ausatmen, Tee trinken! Auch den zweiten Band um die Buchandlung Morisaki habe ich als sehr entspannend, entschleunigend und behaglich wahrgenommen. Die Rückkehr zu Takako, ihrem Onkel und den wunderbar eigentümlichen Kund:innen des Buchladens war erneut durch und durch Wohlfühlmoment, solange die Lesezeit gedauert hat. Ein Buch für die herbstliche Jahreszeit!