Ermittlung zwischen Traum und Realität
„Der Nachtgänger“ hat mich in seinen Bann gezogen – ein Thriller, der mit einer unglaublichen Dichte an falschen Fährten und einem grandiosen Twist am Ende überzeugt. Das Autorenduo schafft es meisterhaft, ...
„Der Nachtgänger“ hat mich in seinen Bann gezogen – ein Thriller, der mit einer unglaublichen Dichte an falschen Fährten und einem grandiosen Twist am Ende überzeugt. Das Autorenduo schafft es meisterhaft, die Leser:innen ständig im Dunkeln tappen zu lassen, sodass man sich in einem Netz aus Rätseln und unerwarteten Wendungen verliert. Besonders faszinierend ist das immer wiederkehrende Thema des Schlafwandelns, das in diesem Buch eine zentrale Rolle spielt.
Die Geschichte dreht sich um einen mysteriösen Fall, bei dem der schlafwandelnde Hauptzeuge unfreiwillig in das Geschehen hineingezogen wird. Während sich Ermittler Joona Linna als Experte für Serienmörder durch zahlreiche Irrwege und falsche Fährten kämpft, laufen scheinbar eindeutige Hinweise ins Leere. Allmählich verdichtet sich das Netz aus Zweifeln und Verdächtigungen, bis in einem atemberaubenden Twist der wahre Täter entlarvt wird. Die Grenze zwischen Realität und Albtraum verschwimmt dabei immer wieder aufs Neue – eine Spannung, die dem Roman seine filmische Dynamik verleiht.
Ein Aspekt, der mich besonders berührt hat, ist die Darstellung von Joona, dem Ermittler, der diesmal allein ermittelt. Joona besticht durch seine sympathische, authentische Art – ein Charakter, der trotz der erdrückenden Dunkelheit des Falls stets einen Funken Menschlichkeit bewahrt. Seine ruhige Entschlossenheit und sein unermüdlicher Einsatz, die Wahrheit ans Licht zu bringen, machen ihn zu einem echten Leuchtturm in diesem Labyrinth aus falschen Fährten. Allerdings verliert der Krimi meiner Meinung nach davon, dass Joona diesmal allein ermittelt - die Dynamik zwischen Joona und Saga Bauer sorgte bisher für viele Sympathiepunkte und zusätzliche emotionale Tiefe. Es bleibt die Hoffnung, dass sie im nächsten Band wieder in Erscheinung tritt und das ohnehin schon faszinierende Kepler-Universum weiter bereichert.
Zudem beeindruckt die Eigenart des Autorenduos, auch Nebenfiguren mit liebevoller Detailverliebtheit einzuführen – nur um sie dann, sei es durch ihr plötzliches Ableben oder weil sie schlicht keine Rolle mehr spielen, rasch wieder verschwinden zu lassen. Dieses Stilmittel verleiht der Erzählung eine besondere Dynamik und lässt die Leser:innen stets am Rande der Erwartung verharren.
Ein winziger Kritikpunkt für mich ist allerdings, dass Kepler mehrere Subplots durch das komplette Buch ziehen, die dann quasi mit einem Schulterzucken nebenbei geklärt werden. Das lässt mich etwas fragend zurück.
„Der Nachtgänger“ ist ein mitreißendes Leseerlebnis, das durch seine spannende Handlung, das faszinierende Spiel mit dem Thema Schlafwandeln und die vielschichtige Darstellung der Figuren besticht. Vor allem Joona, der sympathische und zugleich zutiefst menschliche Ermittler, macht diesen Thriller zu einem unvergesslichen Erlebnis. Ein absolut empfehlenswerter Roman für alle, die sich in ein Labyrinth aus Geheimnissen und überraschenden Enthüllungen verlieren möchten.
Danke an Bastei-Lübbe und Lesejury für das Lese-Exemplar!